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Einsatzmöglichkeiten der Fallstudie im Unterricht. Universität des Saarlandes WS 06/07 Hauptseminar : Anwendung von Unterrichtsmethoden mit dem Schwerpunkt berufliche Schulen Dozent: Werner Barkey Referenten: Vanessa Mertins (Theorie) und Jan Gladel (Praxis). Motivation.
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Einsatzmöglichkeiten der Fallstudie im Unterricht Universität des Saarlandes WS 06/07 Hauptseminar: Anwendung von Unterrichtsmethoden mit dem Schwerpunkt berufliche Schulen Dozent: Werner Barkey Referenten: Vanessa Mertins (Theorie) und Jan Gladel (Praxis)
Inhaltsübersicht • Überblick • Konstruktion von Fallstudien • Verlaufsstruktur des Lernprozesses • Methodische Varianten • Vor- und Nachteile • Fazit • Literatur 1 2 3 4 5 6 7
1. Überblick 1.1 Definition Die Fallstudienarbeitist eine „methodische Entscheidungsübung aufgrund selbständiger Gruppendiskussion am realen Beispiel einer konkreten Situation.“ (Kosiol 1957, S. 36) • Grundstruktur der Fallstudie: (Kaiser/Kaminski 1999, S. 137) • Konfrontation mit einem Praxisfall • Diskussion • Suche nach alternativen Lösungsmöglichkeiten • Entscheidung für eine Alternative • Begründung • Vergleich mit Realität
1. Überblick 1.2 Lernziele Lernziele der Fallstudiendidaktik: • Praxisnahe Analyse komplexer Sachverhalte • Eigenständige Auseinandersetzung mit Inhalten • Erweiterung der Handlungskompetenzen Nicht die Lösung, sondern die Entscheidung und die Argumentation stehen im Vordergrund! (Weitz 1996, S. 7)
1. Überblick 1.3 Einsatzmöglichkeiten Einsatzmöglichkeiten der Fallstudiendidaktik: • Erarbeitung neuer Lerninhalte • Vertiefung eines Lerngebiets • Behandlung von Entscheidungsfällen aus der betrieblichen Praxis • Gezielte Berufsvorbereitung (Hugenschmidt/Technau 2005, S. 61)
1. Überblick 1.4 Historische Wurzeln Kasuistik Reformpädagogik BWL Fallstudiendidaktik Situationstheoretischer Ansatz der Didaktik Entscheidungstheorien Emanzipatorische Pädagogik (Kaiser 1983, S. 11)
2. Konstruktion von Fallstudien 2.1 Grundsätzliche Vorgehensweise Wie gehe ich Schritt für Schritt bei der Erstellung einer Fallstudie vor? • Wirklichkeitsbereich der Fallstudie • Konkretes Ereignis • Problemstellung • Lernziele • Fragestellungen • Informationsquellen (Landwehr 2003, S. 169f.)
2. Konstruktion von Fallstudien 2.2 Vier Kriterien für didaktisch wertvolle Fallstudien Situative Repräsentation • Lässt sich der Realitätsausschnitt so verallgemeinern, dass er einer wissen-schaftlichen Theorie entspricht? • Werden Erkenntnisse der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften konkret abgebildet? • Entspricht die Thematik allgemeiner wissenschaftlicher Erkenntnis (Widerspruchsfreiheit)? Auswahl- und Bewertungskriterien von Fallstudien • Ist der Fall exemplarisch für den gesamten Realitätsausschnitt? • Ist der Fall praxisgerecht (z.B. branchentypisch und realistisch)? • Ist eine Handlungsabfolge mit handelnden Personen gegeben? • Ist der Fall bedeutsam für jetzige und zukünftige berufliche bzw. außerberufliche Situationen des Lernenden? • Lädt der Fall zur Rollenidentifikation ein? • Spricht der Fall (Alltags-) Probleme des Lernenden an? Wissenschaftliche Repräsentation Subjektive Adäquanz • Ist der Fall konkret formuliert, sodass er • das Vorstellungsvermögen anregt? • Ist die Komplexität der Situation • angemessen reduziert? • Motiviert der Fall durch einen Konflikt oder • eine Störung? Subjektive Bedeutsamkeit (Reetz 1994, S. 218 ff.)
3. Verlaufsstruktur des Lernprozesses 3.1 Die Fallstudie als Methodengroßform Konfrontation Information Exploration Resolution Disputation Kollation 1 Plenum Gruppenarbeit Gruppenarbeit Gruppenarbeit Plenum Plenum 2 3 4 5 6
3. Verlaufsstruktur des Lernprozesses 3.2 Die sechs Phasen in Überblick (Kaiser/Kaminski 1999, S. 144)
3. Verlaufsstruktur des Lernprozesses 3.3 Konfrontation mit dem Fall (Phase 1) KONFRONTATION • Was ist passiert? • der Fall • die agierenden Personen • die Rahmenbedingungen • Schüler: • verstehen den Fall • können das Problem identifizieren • Lehrkraft: • vermittelt Faktenwissen
3. Verlaufsstruktur des Lernprozesses 3.4 Information (Phase 2) • Welche Informationen brauchen wir? • Wo und wie bekommen wir sie? • Information über das bereit gestellte Material • selbstständiges Erschließen von Informationen INFORMATION • Schüler: • beschaffen, • analysieren, • bewerten und • nutzen Informationen • Lehrkraft: • berät die Schüler
3. Verlaufsstruktur des Lernprozesses 3.5 Exploration (Phase 3) EXPLORATION • Welche Lösungen sind denkbar? • Erarbeitung möglicher Falllösungen • Diskussion alternativer Lösungsmöglichkeiten • Schüler: • entwickeln neue Handlungsmöglichkeiten • bewerten diese • Lehrkraft: • berät die Schüler
3. Verlaufsstruktur des Lernprozesses 3.6 Resolution (Phase 4) RESOLUTION • Welche Folgen hat die getroffene Entscheidung? • Evaluation der Vorteile, Nachteile und Konsequenzen jeder Lösung • Entscheidung für eine Lösung • Schriftliche Fixierung der Lösung • Begründung für eine Lösung • Lehrkraft: • beobachtet den Alternativenfindungsprozesses • unterstützt die Schüler • Schüler: • wägen Vor- und Nachteile ab • bewerten die Lösungsvarianten • treffen eine Entscheidung und begründen sie
3. Verlaufsstruktur des Lernprozesses 3.7 Disputation (Phase 5) DISPUTATION • Was spricht für, was gegen die getroffene Entscheidung? • Präsentation der Entscheidung • Diskussion • Verteidigung der Entscheidung • Lehrkraft: • leitet die Diskussion • betont wichtige Erkenntnisse • Schüler: • verteidigen ihre Entscheidung • prüfen kritisch die Entscheidungen der anderen
3. Verlaufsstruktur des Lernprozesses 3.8 Kollation (Phase 6) KOLLATION • Welche Entscheidung wurde in der Realität getroffen? • Vergleich der Gruppenlösungen mit der in der Wirklichkeit getroffenen Entscheidung • Prüfung auf Tragfähigkeit • Schüler: • lernen reale Entscheidung kennen • analysieren und bewerten die Entscheidungen • reflektieren mögliche Gründe für die reale Entscheidung • Lehrkraft: • präsentiert reale Entscheidung • betont wichtige Erkenntnisse
4. Methodische Varianten (Kaiser 1976, S. 55)
5. Vor- und Nachteile 5.1 Vorteile Vorteile • Einbringung subjektiver Erfahrungen • Entwicklung kognitiver Strukturen • Steigerung intrinsischer Motivation • Integration von Wissenserwerb und Wissensanwendung • Reduzierung von abstraktem Wissen • Lernen durch Aktivierung der vorhandenen Kenntnisse • Steigerung der Verantwortung in der Gruppe • Umgang mit komplexen Situationen • Trainieren von analytischem, selbstständigen Denken • Erwerb von Schlüsselqualifikationen (z.B. Kontaktfähigkeit, Teamfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Durchsetzungsvermögen, Entscheidungsfreude) • Erwerb von Kenntnissen über die Arbeits- und Wirtschaftswelt • Förderung von Kreativität und Urteilsfindung
5. Vor- und Nachteile 5.2 Nachteile Nachteile • Hoher Zeitaufwand bei Vorbereitung und Durchführung • Punktuelle Betrachtung statt Dynamik • Vereinfachte Abbildung der Realität • Vernachlässigung von Routineproblemen • Generalisierung schwierig • Abwesenheit von Handlungskonsequenzen
6. Fazit „Das Merkmal der Fallstudiendidaktik liegt in der Zielsetzung handlungs- und entscheidungsbezogenen Unterrichts, der sich auf die Lebenswelt der Lernenden bezieht und das Lernen sich somit unmittelbar an der Bewältigung konkret erfahrener Lebenssituationen ausrichtet.“ (Niedermayr 1992, S. 127) „Schulisches Lernen ist vor allem dann bildungswirksam, wenn Lernen mit dem Leben verknüpft ist, wenn unterrichtlich aufgearbeitet wird, was man unmittelbar sieht, hört, erlebt.“ (Kaiser/Kaminski 1999, S. 151)
6. Fazit • Fazit: • Die Fallstudienmethode … • kann und will andere Unterrichtsmethoden nicht ersetzen, • ist aber eine Möglichkeit der Förderung von Entscheidungs- und Problemlösungsfähigkeit, • wobei der Lernende und seine Lebenswelt im Mittelpunkt stehen. • Tipp: • In Mathes (2004, S. 169-177) findet sich eine umfassende Sammlung von Unterrichtsbeispielen für den Fallstudieneinsatz in der Wirtschaftslehre.
7. Literatur Gugel, Günther (2003), Methoden-Manual II: Neues Lernen, 2. Aufl., Weinheim: Beltz-Verlag. Hugenschmidt, Bettina; Technau, Anne (2005), Methoden schnell zur Hand, Stuttgart: Ernst Klett Schulbuchverlage, S. 61-63. Kaiser, Franz-Josef (1976), Entscheidungstraining, 2. Aufl., Bad Heilbrunn/Obb.: Klinkhardt. Kaiser, Franz-Josef (Hg.) (1983), Die Fallstudie, Bad Heilbrunn/Obb.: Klinkhardt. Kaiser, F.-J.; Kaminski, H. (1999), Methodik des Ökonomie-Unterrichts, Bad Heilbrunn/Obb.: Klinkhardt. Kosiol, E. (1957): Die Behandlung praktischer Fälle im betriebswirtschaftlichen Hochschulunterricht (Case Method). Ein Berliner Versuch, Berlin: Duncker und Humboldt.
7. Literatur Mathes, Claus (2004), Wirtschaft unterrichten. Methodik und Didaktik der Wirtschafstlehre, 3., überarb. u. erw. Aufl., Haan-Gruiten: Europa-Lehrmittel. Mattes, Wolfgang (2002), Methoden für den Unterricht, Paderborn: Schöningh. Niedermair, Gerhard (1992), Fallstudienarbeit als ökologische Lernchance in der kaufmännisch-beruflichen Ausbildung, in: Erziehungswissenschaft und Beruf 1, S. 126-134. Reetz, L. (1994), Wirtschaftsdidaktik, Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt. Völler, Heribert (1998), Planung und Durchführung von Rollen- und Planspielen im Wirtschaftslehreunterricht, Winklers Flügelstift 2/1998, S. 22-28. Weitz, B. O. (2000), Fallstudienarbeit in der ökonomischen Bildung, Hochschuldidaktische Schriften des Instituts für BWL der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Beitrag Nr. 4/2000, Halle (Saale).