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Grundlagen der Internationalen Beziehungen . 4. Vorlesung Liberalismus und Konstruktivismus. Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft. Überblick. Teil 1: Staat und Gesellschaft als Determinanten der int. Beziehungen: der Liberalismus
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Grundlagen der Internationalen Beziehungen 4. Vorlesung Liberalismus und Konstruktivismus
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Überblick • Teil 1: Staat und Gesellschaft als Determinanten der int. Beziehungen: der Liberalismus • Teil 2: Ideen und Identitäten in den int. Beziehungen: der Konstruktivismus
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Liberale internationale Theorie • Eingebettet in die Politische Theorie des Liberalismus, betont der Liberalismus als IB-Theorie im Gegensatz zum Realismus • Staatliche Präferenzen als zentrale Erklärung außenpolitischen Verhaltens • die Akteursvielfalt in der außenpolitischen Interessenbildung, • Freiheit, Partizipation, Wohlstand, Frieden und Glück als zentrale Werte, • nationale Politikstile und Kooperationsmuster als Erklärungsfaktoren int. Politik, • sowie Demokratisierung als politische Strategie.
Konfliktträchtigkeit menschlichen Handelns, Anthropologische oder systemische Begründung für das Primat der Macht, Überleben kommt vor Moral Nationales Interesse als zentrale Analysekategorie Innergesellschaftliche Einflussfaktoren int. Politik, Fortschritt in den int. Beziehungen ist möglich, Demokratisierung als Strategie Realismus/Liberalismus
(Neuer) Liberalismus • Weiterentwicklung liberaler Theorie in Abgrenzung zum liberalen Institutionalismus (inside-out): • Fokus nicht auf der Staatenwelt und den Bedingungen stabiler Kooperation durch Regime, sondern auf die Welt der staatlich organisierten Gesellschaften • „For liberals, the configuration of state preferences matters most in world politics, not as realists argue, the configuration of capabilities and not as institutionalists maintain, the configuration of information and institutions“ (Moravcsik 1997).
(Neuer) Liberalismus • Kollektive Präferenzbildung der staatlich verfassten Gesellschaften bilden das für int. Beziehungen relevante Geschehen. • Aus den Interaktionen dieser Präferenzen entsteht internationale Politik. • Zwei Mechanismen: Selektion und Externalisierung
Selektion • Subsystemische Strukturen (gesellschaftliche Machtverhältnisse, Institutionen) beeinflussen die gesellschaftlichen Anforderungen an staatliche Außenpolitik • Politikergebnisse sind durch innerstaatliche Entscheidungsprozesse geprägt
Externalisierung • Subsystemische Strukturen prägen die Verhaltensroutinen der Staaten • Staaten externalisieren ihr innergesellschaftliches Verhalten (z.B. Herrschaft des Rechts) als Außenpolitik • Daraus lässt sich folgern: Staaten streben eine ihren inneren Gegebenheiten angepasste internationale Ordnung an
Erklärungsfaktor Gesellschaftsordnung • Subsystemische Strukturen: • Sozioökonomische Strukturen: moderne und traditionelle Gesellschaften • Herrschaftsordnungen: Demokratie/Nicht-Demokratie • Stärke des Staates: Verhältnis von Staat und Gesellschaft • Typ der Interessenvermittlung: pluralistisch, korporatistisch, monopolistisch • Staaten streben in der internationalen Umwelt nicht primär nach Macht, sondern nach gesellschaftlich definierten Zielen (Wohlfahrt, aber auch idealistisch-altruistische Ziele)
Erklärungsfaktor Präferenzen • Nach der Präferenzbildung durch gesellschaftlich/innerstaatliche Prozesse interagieren die Regierungen. Daraus entsteht internationale Politik. • Präferenzkonstellationen determinieren die Möglichkeit und Stabilität von Kooperation im internationalen System
Kooperation • Staaten versuchen ihre Präferenzen bestmöglich zu verwirklichen. Dabei ist die zentrale Frage, wie die subsystemischen Strukturen auf die Möglichkeit von Kooperation wirken. • Aus der Perspektive des Liberalismus braucht es zur Kooperation keinen Hegemon (Realismus) und keine int. Regime (Institutionalismus)
Kooperation II • Interaktion zwischen Staaten, deren interne Präferenzaggregation aus einem gewaltfreien Politikstil resultiert und nicht-militärische außenpolitische Ziele hervorbringt, sind in der Regel friedlich • Internationale Kooperation wird dadurch erleichtert, dass Staaten mit regelgeleiteten und kooperativen Politikstilen interagieren • Frieden und Kooperation werden durch Interaktion von Staaten mit hoher innergesellschaftlicher Transparenz gestärkt
Konstruktivismus in den IB • Seit den 1990ern intensive Theoriedebatte zwischen Rationalisten (Realismus, Institutionalismus und Liberalismus) und Konstruktivisten • Gegenpositionen zu rationalistisch/materialistischen Theorien: • Internationale Umwelt der Staaten ist sozial konstruiert • Präferenzen der Staaten sind nicht gegeben, sondern durch Ideen, Normen und Identitäten vorgeprägt • Akteure haben andere Dispositionen: nicht Zweckrationalität, sondern soziale „Angemessenheit“ von Handlungen ist zentral
Konstruktivismus: Akteure und ihre Dispositionen • Konstruktivismus geht nicht von einem dominanten Akteurstyp aus; theoretisch relevant sind vielmehr die Handlungsdispositionen der Akteure • Akteure in der internationalen Politik handeln nach einer „Logik der Angemessenheit“, die einer „Logik der Konsequenzen“ als idealtypische Alternative gegenübersteht • Angemessenheit bedeutet: Handeln im Rahmen moralischer Prinzipien, gesellschaftlicher Regeln und sozialer Erwartungen. Nicht Konsequenzen, sondern soziale Konformität stehen im Vordergrund
Konstruktivismus: Handlungsmodi • Habituelles Handeln: Routinen • Normatives Handeln: verinnerlichte Werte • Kommunikatives Handeln: Diskurs
Konstruktivismus: Strukturen • Systemische Theorie: Strukturen haben primäre Relevanz • Nicht-materielle, ideelle und inter-subjektive Strukturen sind zentral (und nicht etwa Ressourcen) • Prinzipielle und instrumentelle Ideen: Normen/Werte und Wissen • Identität: in/out group/Freund-Feind • Das internationale System als Form sozialer Ordnung
Soziale Ordnungen des int. Systems • Englische Schule • Int. Anarchie als spezielle Form sozialer Ordnung: anarchische Gesellschaft • Staatliche Souveränität ist konstitutive soziale Norm und nicht Ergebnis der anarchischen Struktur • World Polity-Ansatz • Int. System als Ordnung ist Ausdruck einer spezifischen „westlichen“ Weltkultur (durch die festgelegt wird, wie ein Akteur zu sein hat und was als Rationalität gilt)
Auswirkungen inter-subjektiver Strukturen auf die Anarchie • Politik im Kontext von Gemeinschaft: Balance gemeinsamer und gegensätzlicher Interessen auf Grundlage geteilter Werte, Normen und geteilten Wissens • Freundschaft (positive Rückkopplung) • Politik im Kontext von Gegensätzlichkeit: Kooperationshindernis aus Mangel an gemeinsamen Zielen und Problemlösungsstrategien • Feindschaft (negative Rückkopplung)
Internationale Sozialisation • Prozess der Aneignung, Internalisierung und Reproduktion von Ideen und Identitäten im int. System • Vorangetrieben durch Argumentation und Überzeugung • Erfolgsbedingungen für erfolgreiches Argumentieren/Überzeugen • Bei neuartige Situation • Bei hohem Grad an Legitimität und Autorität der Akteure/Ideen • Im Modus der Deliberation (ideale Sprechsituation) • Bei gesellschaftlicher Resonanz
Systemische Transformation • Unter konstruktivistischen Annahmen ist Systemtransformation möglich • Auseinandersetzung über fundamentale Orientierungen prägen die Entwicklung des int. Systems • Konfessionelle Auseinandersetzung im 17. Jhd • Absolutismus/Demokratie im 19. Jhd • Ost-West-Konflikt im 20. Jhd • Säkular-religiöse Konfliktformation im 21. Jhd • ?