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Theorie-Praxis-Seminar

Theorie-Praxis-Seminar. Modul Umgang mit literarischen Texten. Literatur als Lebenshilfe. Werkbezogene Literaturdidaktik. Lesepädagogische Literaturdidaktik. Konzepte der Literaturdidaktik. Bremer Kollektiv. Rezeptionsbezogene Literaturdidaktik.

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Presentation Transcript


  1. Theorie-Praxis-Seminar Modul Umgang mit literarischen Texten

  2. Literatur als Lebenshilfe Werkbezogene Literaturdidaktik Lesepädagogische Literaturdidaktik Konzepte der Literaturdidaktik Bremer Kollektiv Rezeptionsbezogene Literaturdidaktik

  3. Der traditionelle Literaturunterricht (nach Frommer 1988) (automatische) Konkretisation: Ergänzungen, Füllungen von Leerstellen, Assoziationen, ...; Nähe zum Text; ... Text Text-Ebene

  4. … und da stand eine mächtige Burg…

  5. Der traditionelle Literaturunterricht (nach Frommer 1988) Interpretation: Reduktion, Abstraktion; Distanz zum Text; ... Meta-Ebene Konkretisation: Ergänzungen, Füllungen von Leerstellen, Assoziationen, ...; Nähe zum Text; ... nicht zur Sache gehörendes Privatvergnügen! Text Text-Ebene

  6. Von der "Konkretisation" zur "Interpretation" (nach Frommer 1988) Interpretation: Reduktion, Abstraktion; Distanz zum Text; ... Meta-Ebene Konkretisation (Ergänzungen, Füllungen von Leerstellen, Assoziationen, ...; Nähe zum Text; ... ) Text Text-Ebene = didaktisch fruchtbare Gegebenheit!

  7. KONKRETISATION INTERPRETATION (auslaufender Prozess) (anlaufender Prozess) • Reflexion • Vorstellungstätigkeit • Distanz zum Text • Verstrickung in den Text • Text als "Partner" • Text als Gegenstand • Interaktion mit dem Text • Diskurs über den Text • subjektive Unverbindlichkeit • "intersubjektiver" Geltungsanspruch • Privatcharakter • Öffentlichkeit • Beliebiges Herausgreifen eines einzelnen Anhaltspunkts • Verantwortung gegenüber dem Text als Ganzes, Verankerung in einem Bezugsrahmen • Erweiterung des Textes • Reduktion durch Abstraktion

  8. Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht • weg vom ausschließlich analytischen und lehrerzentrierten Umgang • handlungsorientiert: aktiver Umgang mit dem Text, Reagieren auf den Text • produktionsorientiert: Erzeugen von neuen Texten, Textteilen oder Textvariationen verzögertes Lesen Individualisierung Grundsätze Selbsttätigkeit Schüler-orientierung

  9. Ein Beispiel: • Der Nebel hat dieses Nebelgedicht halb zugedeckt. Kannst du einfügen, was der Nebel verdeckt hat? Setze in die Lücken Wörter ein, von denen du meinst, dass sie gut hineinpassen. • Lest euch eure Gedichte dann gegenseitig vor. • Vergleicht sie mit dem Nebelgedicht von Wolfgang Bächler.

  10. Schülertext: Der Nebel ist unheimlich. Er bedeckt die Bäume und die Sträucher, die parkenden Autos, die Sterne am Himmel. Der Nebel kommt näher und näher und wird immer unheimlicher, wird dicker und dicker, drückt gegen die Mauer, leckt an den Häusern mit feuchter Zunge, mit seinem Bart deckt er alles zu. Und ich bin auch verschwunden.

  11. Handlungs- und Produktionsorientierter LU: Methodische Grundtypen Vom Fragment zum Text: vorausgestaltend - antizipierend • nur die Überschrift präsentieren • bestimmte Wörter weglassen • Gedicht zu Ende schreiben

  12. Peter Bichsel:  San Salvador Er hatte sich eine Füllfeder gekauft. Nachdem er mehrmals seine Unterschrift, dann seine Initialen, seine Adresse, einige Wellenlinien, dann die Adresse seiner Eltern auf ein Blatt gezeichnet hatte, nahm er einen neuen Bogen, faltete ihn sorgfältig und schrieb: „Mir ist es hier zu kalt", dann „ich gehe nach Südamerika", dann hielt er inne, schraubte die Kappe auf die Feder, betrachtete den Bogen und sah, wie die Tinte eintrocknete und dunkel wurde (in der Papeterie garantierte man, dass sie schwarz werde), dann nahm er seine Feder erneut zur Hand und setzte noch großzügig seinen Namen Paul darunter. Dann saß er da. Später räumte er die Zeitungen vom Tisch, überflog dabei die Kinoinserate, dachte an irgendetwas, schob den Aschenbecher beiseite, zerriss den Zettel mit den Wellenlinien, entleerte seine Feder und füllte sie wieder. Für die Kinovorstellung war es jetzt zu spät. Die Probe des Kirchenchores dauert bis neun Uhr, um halb zehn würde Hildegard zurück sein. Er wartete auf Hildegard. Zu all dem Musik aus dem Radio. Jetzt drehte er das Radio ab. Auf dem Tisch, mitten auf dem Tisch, lag nun der gefaltete Bogen, darauf stand in blauschwarzer Schrift sein Name Paul. „Mir ist es hier zu kalt", stand auch darauf. Nun würde also Hildegard heimkommen, um halb zehn. Es war jetzt neun Uhr. Sie läse seine Mitteilung, erschräke dabei, glaubte wohl das mit Südamerika nicht, würde dennoch die Hemden im Kasten zählen, etwas müsste ja geschehen sein. Sie würde in den „Löwen" telefonieren. Der „Löwen" ist mittwochs geschlossen. Sie würde lächeln und verzweifeln und sich damit abfinden, vielleicht. Sie würde sich mehrmals die Haare aus dem Gesicht streichen, mit dem Ringfinger der linken Hand beidseitig der Schläfe entlangfahren, dann den Mantel aufknöpfen. Dann saß er da, überlegte, wem er einen Brief schreiben könnte, las die Gebrauchsanweisung für den Füller noch einmal ‑ leicht nach rechts drehen ‑ las auch den französischen Text, verglich den englischen mit dem deutschen, sah wieder seinen Zettel, dachte an Palmen, dachte an Hildegard. Saß da. Um halb zehn kam Hildegard und fragte: „Schlafen die Kinder?“ Sie strich die Haare aus dem Gesicht. (Aus: Bichsel, Peter: Eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kennenlernen. Freiburg und Olten: Walter Verlag 1964. S. 35f

  13. Handlungs- und Produktionsorientierter LU: Methodische Grundtypen Vom Fragment zum Text: vorausgestaltend - antizipierend Vom Original zur Transformation: nachgestaltend - umgestaltend • nur die Überschrift präsentieren • eine Vorgeschichte erfinden • bestimmte Wörter weglassen • die Geschichte weitererzählen • Gedicht zu Ende schreiben • einen inneren Monolog schreiben • eine Personenbeschreibung entwerfen • Text aus der Perspektive einer anderen Figur schreiben Eine systematische Übersicht über handlungs- und produktionsorientierte Verfahren finden Sie in den Materialien.

  14. Aus: Gerhard Haas, Wolfgang Menzel, Kaspar H. Spinner: Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht. In: PD H.123/1994, S. 24: „Auswahlverzeichnis der wichtigsten Verfahrensweisen des handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterrichts“ 1. Textproduktive Verfahren 1.1 Restaurieren und Antizipieren 1.1.1 Einen Text aus seinen Teilen selber zusammensetzen (z. B. ein in seine einzelnen Verse auseinander geschnittenes Gedicht oder aus den alphabetisch aufgelisteten Wörtern ein eigenes Gedicht verfassen) 1.1.2 Texte entflechten (z. B. ein Gedicht, das von der Lehrkraft aus zwei Gedichten zusammengefügt worden ist) 1.1.3 Versgliederung herstellen (wenn ein Gedicht wie Prosa geschrieben vorgelegt wird) 1.1.4 Die syntaktische Struktur herstellen (bei einem Text, der mit veränderter Satzstellung vorgelegt wird - z. B. eine Gedichtstrophe von Hölderlin) 1.1.5 Ausgelassene Wörter/Sätze einfügen 1.1.6 Mit vorgegebenen Reimwörtern eines Gedichtes ein eigenes Gedicht machen 1.1.7 Ein reimloses Akrostichon schreiben, z. B. zu FRIEDE, KRIEG, LIEBE, FREUDE usw. 1.1.8 Zu einem Titel oder zu Schlüsselwörtern einen eigenen Text verfassen 1.1.9 Montage-Gedichte gestalten: aus vorliegenden Texten (z. B. Schlagzeilen, Kurzmeldungen, Anzeigen/Werbetexten usw.) ein Gedicht aufbauen 1.1.10 Den Schluss eines Textes selber verfassen 1.1.11 Während der Lektüre eines Textes an einer Stelle einhalten und eine Fortsetzung entwerfen 1.1.12 Sich durch eine Phantasiereise („Stell dir vor, du...“) in eine Textsituation hineinführen lassen und dazu einen Text verfassen

  15. 1.2 Transformieren 1.2.1 Eine mögliche Fortsetzung zu einem Text schreiben 1.2.2 Eine mögliche Vorgeschichte zu einem Text (bzw. zu einer einzelnen Figur) schreiben 1.2.3 Eine im Text nur angedeutete Handlung ausfabulieren 1.2.4 Paralleltexte verfassen. Z. B. schreiben die Schüler zu einem Gedicht mit dem Thema ‚Sommer’ oder ‚Krieg’ oder ‚Hass’ usw. thematische Varianten in analoger Form 1.2.5 Einen inneren Monolog, eine erlebte Rede, einen Brief oder eine Tagebuchnotiz einer Figur verfassen 1.2.6 In Ich-Form Figuren des Textes vorstellen („Ich heiße Pippi...“) 1.2.7 Sich selber in einen Text hineindichten und eine Szene gestalten 1.2.8 Eine Figur aus einer Geschichte herauslösen und in einer anderen Welt auftreten lassen (z. B. Eulenspiegel sitzt eines Morgens in unserer Klasse) 1.2.9 Einen Text verkürzen (z. B. ein langes Gedicht verknappen) oder einen Text ausbauen (z. B. eine Kürzestgeschichte zu einer kleinen Erzählung ausbauen) 1.2.10 Einen Text für andere Adressaten bzw. in einem anderen Stil nacherzählen 1.2.11 Einen Text in eine andere Sprachvarietät umschreiben (z.B. eine Dramenszene in Dialekt setzen) 1.2.12 Einen Text aus veränderter Perspektive umschreiben 1.2.13 Dem Text eine andere Aufbaustruktur geben (z. B. vom Schluss der Geschichte her erzählen) 1.2.14 Einen Text in eine andere Textsorte umschreiben (z. B. aus einem Kurzprosatext ein Gedicht machen) 1.2.15 Interpretierendes Schreiben von Gedichten: Zwischen die originalen Zeilen werden Kommentare, Bemerkungen, Zwischenrufe, Gegenaussagen, Beschwichtigungen usw. eingefügt 1.2.16 Einen Gegentext schreiben, z. B. zu einem idyllisierenden Naturgedicht einen Text über Umweltzerstörung 1.2.17 Textcollagen herstellen 1.2.18 Nach dem Muster eines Textes selbst einen Text schreiben 1.2.19 Eine Hörszene zu einem Text erarbeiten 1.2.20 Ein Karten-/Würfel-/Quizspiel zu einem Text herstellen und durchführen (z. B. ein Würfelspiel zu einem Abenteuerbuch oder ein Quartett zu bekannten Kinderbüchern).

  16. 2. Szenische Gestaltungen 2.1 Eine Textsituation als lebendes Bild darstellen (als wenn ein Fotograf ein Foto einer Spielszene gemacht hätte) 2.2 Pantomimisch eine stillgestellte Ausdrucksfigur (Statue) gestalten, die die Botschaft eines Textes (im genauesten Sinn des Wortes) zur Anschauung bringt (zwei bis sechs Personen) 2.3 Eine Textstelle pantomimisch darstellen 2.4 Innere Dialoge unter Anleitung eines Spielleiters führen (Leiter fragt z.B. eine Figur, was sie über eine andere denkt, fragt dann die andere, was sie zu diesen Gedanken sagt usf.) 2.5 Abstrakte Begriffe auftreten und sprechen lassen (z.B. zu Aschenbachs Versuch, Venedig zu verlassen: Der Tod, das Meer, die Liebe, die Kunst treten auf und reden zu Aschenbach, raten ihm zur Abfahrt oder zum Hierbleiben) 2.6 Einen Text oder Textteil aufspielerische Weise darstellen, auch als Puppen-, Marionetten-, Schattenspiel oder als Videoszene

  17. 3. Visuelle Gestaltungen 3.1 Einen Text in eine seine Aussage bezeichnende Schreib- oder Druckform übersetzen (Größe, Volumen, Farbe, Form der Buchstaben, Wörter, Sätze): sog. Schreibgestaltung 3.2 Bilder zu einem Text zeichnen/malen 3.3 Bildcollagen zu einem Text erstellen 3.4 Für eine Erzählung die graphische Verlaufskurve mit eingefügten Schlüsselsätzen oder -wörtern gestalten 3.5 Eine Literaturzeitung herstellen. Der mögliche Inhalt am Beispiel von Wedekinds Frühlings Erwachen: eine Inhaltsangabe - ein fiktives Gespräch mit einem Regisseur - die Charakterisierung der Figuren des Dramas anhand von fiktiven Tagebucheinträgen, Briefen, Dialogen, Verhören, Nachrufen u. a. - fiktive Szenenfotos - die Personenkonstellation in Form einer Collage - ausgewählte Gedichte mit thematischen Anklängen - Dialog eines damaligen mit einem heutigen Lehrer - Äußerungen fiktiver Leser/Zuschauer - die Biographie Wedekinds u. a.

  18. 4. Akustische Gestaltungen 4.1 Mit verschiedenen Vortragsweisen experimentieren (einen Text z. B. ärgerlich, pathetisch, befehlend vorlesen) 4.2 Einen Text vertonen (z. B. mit Orff-Instrumenten) 4.3 Zum Vorlesen/Lesen eines Textes die passende Hintergrundmusik suchen, in der sich der Inhalt in gewisser Weise spiegelt oder in der sich die Gefühle der Hörer ausdrücken bzw. mit deren Hilfe Hörer den Text ‚interpretieren’

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