580 likes | 759 Views
Roland Stettler. Medikamentöse Behandlung von Schlafstörungen. Schlafstörungen Folgen. Konzentrations- / Gedächtnisprobleme Unruhe / Gereiztheit / erhöhte Ängstlichkeit Tagesmüdigkeit Absenzen am Arbeitsplatz müdigkeitsbedingte Unfälle
E N D
Roland Stettler Medikamentöse Behandlung von Schlafstörungen
SchlafstörungenFolgen • Konzentrations- / Gedächtnisprobleme • Unruhe / Gereiztheit / erhöhte Ängstlichkeit • Tagesmüdigkeit • Absenzen am Arbeitsplatz • müdigkeitsbedingte Unfälle • Selbstbehandlung mit Alkohol und rezeptfreien Medikamenten
SchlafstörungenRisikofaktoren • höheres Lebensalter • weibliches Geschlecht • andere gesundheitliche Beschwerden • psychiatrische Erkrankungen • unspezifische psychische Belastungen mit emotionaler Anspannung
SchlafstörungenEpidemiologie • internationale Studien: • Gesamtprävalenz: 19-46% • mittel bis schwere Ausprägung: 13% • enge Kriterien: 1.3% (Ein-/Durchschlafstörung und Tagesbefindlichkeitsstörung) Hochstrasser B., 1993
SchlafstörungenEpidemiologie • Erhebung Allgemeinpraxen Schweiz: • Gesamtprävalenz: 44% • mittelschwer: 30% • schwer: 5% • dem Arzt nicht bekannt: 59% Haldemann R. et al., 1996
SchlafstörungenEpidemiologie • werktätige Population Schweiz: • Gesamtprävalenz: 45% • Ein-/Durchschlafstörungen zum Erhebungszeitpunkt: 19% • markante Tagesschläfrigkeit: 13% Schmitt BE et al., 2000
SchlafstörungenPhänomenologische Einteilung • Dyssomnien • Störung in Menge, Qualität oder Zeitpunkt des Schlafes • Insomnien / Hypersomnien / Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen • Parasomnien • Dysfunktionen in Verbindung mit Schlaf, Schlafstadien und partiellem Erwachen • Somnambulismus, Alpträume etc.
SchlafstörungenInsomnie • Kriterien (ICD-10): • Klagen über Ein- und Durchschlafstörungen und /oder schlechte Schlafqualität • wenigstens 3x/Woche während mind. 1 Monat • deutlicher Leidensdruck oder Störung der beruflichen und sozialen Leistungsfähigkeit • überwiegendes Beschäftigtsein mit Schlaf-störung und nachts und tagsüber übertriebene Sorge über negative Konsequenzen
SchlafstörungenHypersomnie • Kriterien (ICD-10): • übermässige Schlafneigung oder Schlafanfälle während des Tages, keine Erklärung durch ungenügende Schlafdauer • auftreten täglich, länger als 1 Monat oder in wiederkehrenden Perioden kürzerer Dauer • deutliche Erschöpfung oder Beeinträchtigung der beruflichen und sozialen Leistungsfähigkeit
SchlafstörungenSchlaf-Wach-Rhythmusstörungen • Kriterien (ICD-10): • individuelles Schlaf-Wach-Muster ist nicht synchron mit dem gesellschaftlich normalen Schlaf-Wach-Rhythmus (Schlaflosigkeit wd Hauptschlafperiode, Hypersomnie wd Wachpeiode) • fast täglich über mind. 1 Monat oder wiederkehrend für kürzere Zeiträume • deutliche Erschöpfung oder Beeinträchtigung der beruflichen und sozialen Leistungsfähigkeit
SchlafstörungenParasomnien • Tiefschlaf-assoziert (vorwiegend erste Nachthälfte): • Somnambulismus (Schlafwandeln) • Pavor nocturnus • REM-Schlaf-assoziert (vorwiegend zweite Nachthälfte): • Alpträume • Verhaltensstörungen im REM-Schlaf • weitere Parasomnien: • Störungen mit rhythmischen Bewegungen wd des Einschlafens oder wd des Schlafens • Bruxismus (nächtliches Zähneknirschen) • Somniloquie (Sprechen im Schlaf)
SchlafstörungenSchlafbedarf • Schlafdauer • intra- und interindividuell sehr variabel • zwischen 5h bis 9h • 25% davon erheblich abweichende Schlafdauer (Kurz- und Langschläfer • Abendtypen (Nachtigallen) • Morgentypen (Lerchen)
SchlafstörungenPolysomnographie • Elektroenzephalographie (EEG) • Elektrooculogramm (EOG) • Elektromyogramm (EMG) • bei speziellen Fragestellungen: • atmungsphysiologische Parameter • EMG-Aktivität der Beine (M. tibialis anterior)
SchlafstörungenSchlafstadien • Wachzustand • REM-Schlaf • Stadium 1: • Einschlafphase oder Leichtschlaf • Stadium 2: • oberflächlicher Schlaf • Stadium 3+4: • Tiefschlaf
SchlafstörungenVeränderungen im Alter • Verkürzung der nächtlichen Schlafperiode (Nickerchen tagsüber) • deutliche Verringerung Tiefschlafanteil (bis unter 5%) • Zunahme Schlafunterbrechungen in Anzahl und Dauer • insgesamt verminderte Schlafeffizienz
SchlafstörungenDifferentialdiagnostik: “5 P” • physisch • physiologisch • psychologisch • psychiatrisch • pharmakologisch
SchlafstörungenDifferentialdiagnostik: “5 P” • Physisch • internistische Erkrankungen • kardiovaskulär / pulmonal / endokrin-metabolisch / rheumatologisch • urologische Erkrankungen • neurologische Erkrankungen • degenerativ / periodische Beinbewegungen / RLS • Schlafapnoe
SchlafstörungenDifferentialdiagnostik: “5 P” • Physiologisch • Alter • Jet lag • Schichtarbeit • Kurzhospitalisation • schlechte Schlafhygiene
SchlafstörungenDifferentialdiagnostik: “5 P” • Psychologisch • Stress • Lebensereignisse • schwere Krankheit
SchlafstörungenDifferentialdiagnostik: “5 P” • Psychiatrisch • Depression • Angsterkrankungen • Suchterkrankungen • Schizophrenie • Somatoforme Störungen
SchlafstörungenDifferentialdiagnostik: “5 P” • Pharmakologisch • Alkohol, Koffein, Nikotin • Stimulanzien • Antihypertensiva • Zytostatika, Steroide • Theophylline • Schilddrüsenhormone • MAO-Hemmer • Beta-Blocker, Diuretika
SchlafstörungenSchlaf-Apnoe-Syndrom • Prävalenz: 2-4%, vorwiegend Männer • obstruktiv / zentral • Leitsymptome • Schnarchen • Tagesmüdigkeit mit Einschlafneigung • nächtliche Atempausen • Schlafstörungen • Häufige Symptome • unruhiger Schlaf/kognitive Defizite/mangelnde Leistungsfähigkeit/Persönlichkeitsveränderungen/morgendlicher Kopfschmerz/Neigung zu depressiver Verstimmung /Gereiztheit/Konzentrationsschwäche
SchlafstörungenRestless-Legs-Syndrom (RLS)Periodische Beinbewegungen (PLMs) • Prävalenz: je 4-8%; • 40% idiopathisch, 60% internistische Grunderkrankung oder Schwangerschaft • RLS • Missempfindungen in beiden Beinen vor Einschlafen, Drang Lage der Beine zu verändern • PLMs • Episoden stereotyper Bewegungen der Gliedmassen, vorwiegend Beine, im Schlaf, keine Missempfindungen, Schlaf fragmentiert
SchlafstörungenNarkolepsie • Symptome • erhöhte Tagesschläfrigkeit • imperativer, mehrmals am Tage auftretender Schlafdrang • Kataplexie (plötzlich auftretender Muskeltonusver-lust bei intensiven Gefühlsregungen) • Schlaflähmung (wenige Min. anhaltende Bewegungsunfähigkeit und Sprachblockierung im Übergang vom Schlaf zur Wachheit, endet durch äussere Reize) • hypnagoge Halluzinationen (visuell, taktil, kinetisch, akustisch) • fragmentierte Nachtschlaf
SchlafstörungenAlkohol • verkürzte Einschlafzeit • REM-Suppression erste Nachthälfte • REM-Rebound zweite Nachthälfte • Vermehrte Wachphasen zweite Nachthälfte • Veränderungen persistieren teilweise auch unter Abstinenz nach chronischer Einnahme
SchlafstörungenDepression • 70-90% der Patienten mit Depression haben schwere Schlafstörung • signifikante Assoziation zwischen Insomnie und Depression • typisches Muster • Störung der Schlafkontinuität • verlängerte Einschlaflatenz • häufiges nächtliches Erwachen • Früherwachen • Schlafarchitektur
SchlafstörungenAnamneseerhebung • Art der Schlafstörung (Ein-/Durchschlafstörung/Früherwachen) • Bettzeiten, Schlafdauer, Verhaltensgewohnheiten während nächtlicher Wachphasen • Begleitsymptomatik (kognitive/emotionale Aktivität/veg. Sy.) • Schlafverhalten tagsüber, Tagesbefindlichkeit • Verlauf und Dauer der Störung • Genussmittelkonsum (Kaffee,Nikotin,Alkohol) und abendliche Essgewohnheiten • Medikamenteneinnahme, besonders Schlafmittel • Subjektive und objektive auslösende Ursachen • Systemanamnese (psychiatrisch/somatisch) • Schlaftagebuch über 1-2 Wochen
SchlafstörungenUntersuchungen • somatischer + neurologischer Status • psychiatrische Exploration • Partnerbefragung • hämatologische und blutchemische Untersuchung • endokrinologischer Status • Rheumafaktoren-Bestimmung • EKG, Langzeit-EKG • EEG • evtl. Bildgebung: CT, MRI
SchlafstörungenIndikationen Schlaflabor • obligatorisch • schlafabhängige Atemstörungen • periodische Beinbewegungen im Schlaf/ Restless Legs / Nächtlicher Myoklonus • Narkolepsie • nächtliche epileptische Anfälle • Parasomnien • Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus • empfehlenswert • chronifizierte Insomnie ohne erkennbare Ursache und Dauer > 1 Jahr
SchlafstörungenTherapieschema • Ausschluss von exogenen, organischen, psychiatrischen oder psychosozialen Ursachen • Aufklärung, Beratung und Schlafhygiene • Entspannungsverfahren und psychotherapeutische Führung • Phytotherapeutika • Hypnotika oder andere schlaffördernde Mittel
Schlafstörungen10 Regeln der Schlafhygiene • Körperliche Tätigkeit fördert Müdigkeit Keine Spitzenleistungen, dafür Abendspaziergang • Abends nur leichte Mahlzeit • Training des vegetativen Nervensystems, z.B. warm und kalt duschen • Kaffee, Tee und andere Stimulantien stören. Alkohol erleichtert Einschlafen, beeinträchtigt Durchschlafen
Schlafstörungen10 Regeln der Schlafhygiene • Schlafzimmer: wohliges Bett, Dunkelheit, Ruhe • Schlafzeit knapp bemessen: Schlafdefizit ist zwar unangenehm, aber ungefährlich. Mittagsschläfchen programmiert abendliche Schlafstörung. • Regelmässigkeit: zur gleichen Zeit abends zu Bett gehen und morgens aufstehen; Einschlafritual: Monotonie hilft einschlafen.
Schlafstörungen10 Regeln der Schlafhygiene • Lieber aufstehen und lesen als stundenlang im Bett wälzen • Paradoxie: “Ich will gar nicht einschlafen”; Durchbrechen des Terrors der Erwartungshaltung 10 Schlafmittel können Schlafstörungen programmieren
SchlafstörungenEntspannungsverfahren • Autogenes Training • Biofeedback-Verfahren • Muskelrelaxation nach Jacobson • Hypnose • Meditationstechniken
SchlafstörungenVerhaltenstherapie • Stimuluskontrolle • paradoxe Intention • Schlafrestriktionstherapie • kognitive Therapieverfahren
SchlafstörungenPhytotherapeutika • Johanniskraut (Hypericum perforatum) • milde stimmungsaufhellende Wirkung • Hopfenzapfen (Lupuli strobulus) • beruhigende und schlaffördernde Wirkung • Melissenblätter (Melissae folium) • leicht dämpfende und beruhigende Wirkung • Passionsblumenkraut(Passiflorae herba) • leicht sedierende Wirkung • Baldrianwurzel (Valerianae radix) • beruhigende und schlaffördernde Wirkung
SchlafstörungenPhytotherapeutika • standardisierte Präparate und Tees • Nebenwirkungsrate sehr gering (Cave Kava-Kava) • nur wenig bekannt über Interaktionen • problematische brom- oder barbiturhaltige oder alkoholhaltige Kombinationspräparate • Keine nicht offiziell registrierten Präparate
SchlafstörungenBenzodiazepinrezeptoragonisten • Interaktion mit GABA-A-Rezeptor • Verstärkung der Wirkung des hemmenden Neurotransmitter GABA • Verkürzung Einschlaflatenz, weniger Aufwachvorgänge, Verlangerung Gesamtschlafzeit • Tiefschlafanteil sowie REM-Schlaf vermindert
SchlafstörungenAuswahlkriterien Schlafmittel • Charakteristika des Präparates • Wirkdauer, Pharmakokinetik • Erwünschte Begleitwirkung für Tagessymptomatik, z.B. Angst • Nebenwirkungsprofil • psychiatrische NW, Kognition • Motorik • Atmung • Charakteristika des Patienten • Alter • Abususrisiko • Suizidalität
SchlafstörungenBZD: unerwünschte Effekte • Tagessedation • Gleichgültigkeit • Toleranzentwicklung • Rebound-Phänomene beim Absetzen • anterograde Amnesie • Muskelschwäche / Ataxie • Abhängigkeit • delirante Zustände • Atemdepression
SchlafstörungenBZD: unerwünschte Effekte • Beachten von potentiell gefährlichen Wechselwirkungen mit anderen psychotropen Substanzen (Alkohol, Medikamente) • Aufklärung über mögliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit • starke interindividuelle Variabilität im Alter (Wirkung und Nebenwirkungen)
SchlafstörungenBZD: (relative) Überdosierung • Verwirrtheitszustände • paradoxe Vigilanzsteigerungen • Halluzinationen • Beeinflussung der Motorik (Muskelrelaxation, Ataxie, Sturzgefahr) • Atemdepression
Schlafstörungen“5-K-Regel” • Klare Indikation • Kleinstmögliche Dosierung • Kürzestmögliche Behandlungszeit bis maximal 4 Wochen • Keinesfalls abrupt absetzen • Kontraindikationen beachten
SchlafstörungenBZD: Bedingungen für Langzeitbehandlung • chronisches Schlafdefizit • Tagesbefindlichkeit ohne Behandlung beeinträchtigt • Rebound-Insomnie ausgeschlossen • kausal behandelbare Insomie ausgeschlossen • keine Abhängigkeitsvorgeschichte • andere schlafanstossende Substanzen u/o nicht medikamentöse Therapieansätze kontraindiziert oder unwirksam • regelm. Absetzversuche, Intervalltherapie wurden versucht • Patient nur von Dauertherapie mit Schlafmitteln profitiert • langjährige Einnahme des Schlafmittels problemlos mit gutem Erfolg und ohne Tagesbeeinträchtigug toleriert • Absetzen des Schlafmittels bringt mehr Schaden als Nutzen
SchlafstörungenLangzeiteinnahme: Konzepte • Standardintervalltherapie • Kontrollierte Bedarfsintervalltherapie • Niederigdosierte Kombinationstherapie
SchlafstörungenAuswahl von Antidepressiva • Amitriptylin (Saroten, Tryptizol) • Doxepin (Sinquan) • Mianserin (Tolvon) • Mirtazapin (Remeron) • Nefazodon (Nefadar) • Trazodon (Trittico) • Trimipramin (Surmontil)
SchlafstörungenAntidepressiva:Nebenwirkungen • Mundtrockenheit • kardiovaskuläre Störungen (orthostatische Hypotonie, Rhythmusstörungen) • Akkommodationsstörungen • Miktionsstörungen (v.a. bei Prostataadenom) • Gastrointestinale Störungen • Gewichtszunahme • Leberfunktionsstörungen • Tremor • epileptische Anfälle / Verwirrtheit
SchlafstörungenNeuroleptika • bisher unzureichend untersucht • in erster Linie bei Schlafstörung in Zusammenhang mit Psychose • bei schwer dementen Patienten (Pipamperon) • Nebenwirkungen: • orthostatische Hypotension • anticholinerge und extrapyramidalmotorische NW
SchlafstörungenNeuroleptika • Chlorprothixen (Truxal) • Levomepromazin (Nozinan) • Pipamperon (Dipiperon) • Promazin (Prazine) • Thoiridazin (Melleril)