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Kleine Geschichte der Mathematik. Die Entdeckung. Nach ca. 350 Jahren im Jahr 1993 wurde das letzte große Rätsel der Mathematik endlich gelöst, nach dem alle großen Mathematiker über 3 Jahrhunderte sich vergeblich daran versucht hatten:
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Kleine Geschichte der Mathematik Die Entdeckung Nach ca. 350 Jahren im Jahr 1993 wurde das letzte große Rätsel der Mathematik endlich gelöst, nach dem alle großen Mathematiker über 3 Jahrhunderte sich vergeblich daran versucht hatten: Es war die wichtigste Mathematikvorlesung des Jahrhunderts. Zweihundert Mathematiker lauschten wie gebannt. Nur ein Viertel von ihnen verstand den Inhalt der Vorlesung wirklich. Die meisten waren gekommen, weil das Gerücht herumging, dass etwas Bedeutendes geschehen sollte. Der Vortragende war Andrew Wiles, ein Engländer, der in den achtziger Jahren eine Professur in Princeton angenommen hatte und der den Ruf erworben hatte, einer der begnadetsten Mathematiker seiner Generation zu sein. Er war schon 40, ein Alter, in dem die meisten Mathematiker keine bedeutenden Entdeckungen mehr machen. In den letzten Jahren war es still um ihn geworden, die meisten glaubten schon, seine Karriere sei am Ende. Dabei hatte er sich sieben Jahre lang insgeheim mit einer der letzten ungelösten Fragen der Mathematik beschäftigt. Andrew Wiles konnte als erster die Gültigkeit der Fermat‘schen Behauptung beweisen. Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Das Problem Schon als 10-jähriger lernte Wiles, wie die meisten anderen Schüler seines Alters auch, den wichtigsten Satz der Schulmathematik, den Satz des Pythagoras:In einem rechtwinkligen Dreieck ist das Quadrat über der Hypothenuse gleich der Summe der Quadrate über den beiden anderen Seiten. oder c² = a² + b ² Interessant dabei sind solche Lösungen, bei denen die Länge der drei Seiten ganzzahlig sind. Beispiele dafür sind:a=3, b= 4 und c = 5, da gilt: 3² + 4² = 5², oder aucha = 5, b = 12 und c = 13, da 5² + 12² = 13². Es gibt unendlich viele solcher sog. pythagoreischen Zahlentripel, sie sind nur nicht immer einfach zu finden. Wiles interessierte sich schon als Kind für die Frage, ob es solche ganzzahligen Zahlentripel auch für Gleichungen der Form geben mag, wenn n > 2 ist. Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Der Beginn der Geschichte Im 17. Jahrhundert hat der Hobbymathematiker Pierre de Fermat eine Behauptung aufgestellt, die die Welt der Mathematiker 350 Jahre lang in Atem halten sollte. Fermat beschäftigte sich mit den großen griechischen Mathematikern und studierte deren Schriften. Dabei stieß er auf den Satz des Pythagoras, der uns allen in der Form a² + b² = c² bekannt ist. Fermat wollte wissen, ob es solche ganzzahligen Lösungen auch für höhere Exponenten gibt. Also a³ + b³ = c³ oder allgemein: mit n > 2 Pierre de Fermat1601 - 1655 Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Der Beginn der Geschichte Fermat glaubte herausgefunden zu haben, dass es ganzzahlige Lösungen für diese Gleichungen nicht gibt. Allerdings, und das ist in der Mathematik fatal, fehlt der Beweis dafür. Fermat notierte lediglich an den Rand seiner Schrift, die er gerade studierte, den berühmten Satz: Es ist unmöglich, einen Kubus in zwei Kuben zu zerlegen, oder ein Biquadrat in zwei Biquadrate, oder allgemein irgendeine Potenz größer als die zweite in Potenzen gleichen Grades. Ich habe hierfür einen wahrhaft wunderbaren Beweis gefunden, doch ist der Rand hier zu schmal, um ihn zu fassen.“ Allgemein: Eine Lösung für die Gleichung mit n > 2 gibt es nicht. Darauf hin begann eine beispiellose Jagd nach dem Beweis dieser Aussage Diese Briefmarke aus der tschechischen Republik beschreibt den Satz von Fermat Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Mathematische Beweise In der Naturwissenschaft und in unserem alltäglichen Leben ist ein Beweis wesentlich weniger anspruchsvoll als in der Mathematik. Wir gehen im Allgemeinen davon aus, dass eine Sache bewiesen ist, wenn das Gegenteil nach unseren Vorstellungen nicht existieren kann weil die Indizien überzeugend sind oder weil niemand bisher eine andere Erfahrung gemacht hat. Ein Fingerabdruck am Tatort gilt vor Gericht als Beweis, da man davon ausgeht, dass es keine zwei Menschen auf der Welt gibt, die den gleichen Fingerabdruck haben. Allerdings hat das noch niemand mit Sicherheit beweisen können. Mathematische Beweise hingegen sind unumstößlich. Wer einen mathematischen Beweis gefunden hat, kann sicher sein, dass dieser auch In hunderten von Jahren noch gültig ist. Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Der Satz von Pythagoras und sein Beweis Ziel des Beweises ist es, zu zeigen, dass der Satz des Pythagoras für alle rechtwinkligen Dreiecke gilt. Dabei einigen wir uns darauf, dass wir die die Katheten mit a und b bezeichnen und die dem rechten Winkel gegenüberliegende Seite mit c. Rechts sind vier identische rechtwinklige Dreiecke abgebildet, die zusammen mit dem gekippten Quadrat ein größeres Quadrat ergeben. Wenn der Satz des Pythagoras gilt, dann kann man die Fläche des großen Quadrates auf zwei Arten berechnen: • Als Summe der Flächen der vier rechtwinkligen Dreiecke und des gekippten Quadrates. • Als Quadrat der Kantenlänge des Quadrates, wobei die Kantenlänge gleich a + b ist. Wir führen auf der nächsten Seite den Beweis. Büste von Pythagoras ca. 570 – 510 v. Chr. Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Der Satz von Pythagoras und sein Beweis Zu 1: Die Fläche eines Dreieck berechnet sich aus F = (g x h)/2. Damit gilt für die vier Dreiecke: F = 4 x (a x b)/2 oder 2 a b. Das gekippte Quadrat hat die Kantenlänge c. Die Fläche ist also c² C² ergibt sich nach dem Satz des Pythagoras aus c² = a² + b². Daraus ergibt sich als Gesamtfläche: F = a² + b² + 2ab. Zu 2: Die Kantenlänge des großen Quadrates ist a + b. Daraus ergibt sich als Fläche F = (a + b)². Wenn der Satz des Pythagoras gilt, müssen beide Flächen gleich sein. Also: a² + b² + 2ab = (a+b)² Nach der 1. Binomischen Formel gilt: a² + b² + 2ab = a² + 2ab + b² ,offensichtlich steht auf beiden Seiten dasselbe, was zu beweisen war. Alternativ kann man auch schreiben: c² + 2ab = a² + 2ab + b², so dass sich nach Subtraktion von 2ab wieder der Satz des Pythagoras ergibt. Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Pythagoras und die Zahlentheorie Zur Zeit von Pythagoras (im 6. Jhd. v. Chr.) war die Welt der Zahlen noch weitgehend unerforscht. Ein Untersuchungsgegenstand von Pythagoras und seinen Schülern war es, das Wesen der Zahlen und deren Besonderheiten genauer zu untersuchen. Dieses Gebiet der Mathematik wird Zahlentheorie genannt und ist auch heute noch ein beliebtes Forschungsgebiet in der Mathematik. Grundlage der Zahlentheorie ist die Erforschung der Primzahlen (2, 3, 5, 7, 11, 13, 17 usw.).Da alle natürlichen Zahlen aus Primfaktoren gebildet werden (z.B. 20 = 2 * 2 * 5), genügt es oft, Aussagen über Primzahlen zu machen. Diese können dann auf alle anderen natürlichen Zahlen übertragen werden. Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Pythagoras und die Zahlentheorie Pythagoras entdeckte z.B. die vollkommenen Zahlen. Das sind Zahlen, deren Teiler addiert genau die Zahl selber ergeben. Die Zahl 6 hat z.B. die Teiler 1, 2 und 3. Deren Summe 1+2+3 ergibt wieder die Zahl 6. Die nächste vollkommene Zahl ist die Zahl 28, da die Summe ihrer Teiler 1+2+4+7+14 wieder 28 ergibt. Pythagoras entdeckte außerdem, dass vollkommene Zahlen immer die Summe aufeinander- folgender Zahlen sind. So ist 28 = 1+2+3+4+5+6+7. Die nächste vollkommene Zahl ist die Zahl 496. (1+2+4+8+16+31+62+124+248=496) Heute versucht man, große, vollkommene Zahlen mit Hilfe von Computern zu finden. Die Abstände zwischen den vollkommenen Zahlen sind also recht groß und werden immer größer. Bis heute ist es noch nicht gelungen, zu beweisen, ob die Anzahl der vollkommenen Zahlen endlich oder unendlich groß ist. Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Euklid (geb. um 330 v. Chr.) Euklid war ein weiterer großer griechischer Mathematiker, der die Zahlentheorie weiter entwickelte. Bis zu seiner Zeit ging man davon aus, dass jede Zahl entweder eine ganze Zahl sei oder durch einen Bruch ausgedrückt werden konnte. Es gab also nur die Menge der rationalen Zahlen. Euklid bewies als erster, dass es so genannte irrationale Zahlen geben muss, die nicht durch einen Bruch dargestellt werden können. Sein berühmter Beweis zeigt, dass die eine irrationale Zahl sein muss. Die berühmteste irrationale Zahl ist die Zahl pi = 3,141592... Die Zahl pi wurde im Jahr 1996 bis auf 6 Milliarden Stellen nach dem Komma berechnet. Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Über 1000 Jahre Stillstand Mit den Griechen endete die Entwicklung der Mathematik zunächst. Der Grieche Diophant verfasste das berühmte Buch Arithmetica, dass den damaligen Stand der Mathematik widerspiegelte. Erst weit über 1000 Jahre später wird die Mathematik weiterentwickelt. Berühmte Mathematiker des 17. Und 18. Jahrhunderts sind z.B. Pierre de Fermat, Rene Descartes,Leonhard Euler oder Isaac Newton, die sich alle mit den Problemen der griechischen Mathematiker auseinander setzten. Eine beliebte Aufgabe der Zahlentheorie der damaligen Zeit war es, sog. befreundete Zahlen zu finden. Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Freunde Befreundete Zahlen sind zwei Zahlen, deren Teilersumme die jeweils andere Zahl bildet. Zwei solche befreundete Zahlen sind z.B.220 und 284. Die Teiler von 220 sind: 1+2+4+5+10+11+20+22+44+55+110 ergibt 284 Die Teiler von 284 sind: 1+2+4+71+142 ergibt 220. Diese beiden Zahlen galten schon im Mittelalter als Symbol der Freundschaft und der Liebe. Erst Fermat entdeckte ein weiteres Paar befreundeter Zahlen, die Zahlen 17296 18416. Leonard Euler entdeckte 22 weitere Paare sehr großer Zahlen. 1866 entdeckte ein 16 jähriger Italiener ein Paar, das bisher übersehen worden war. Die Zahlen 1184 und 1210. Die Suche nach besonderen Zahlen an sich bringt die Menschheit sicherlich nicht wesentlich weiter. Bei der Suche wurden aber neue mathematische Verfahren entdeckt, die die Mathematik als Ganzes voranbringen. Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Leonard Euler Einer der größten Mathematiker des 18. Jahrhunderts war Leonard Euler. Er verbrachte viele Jahre seines Lebens am Hof der russischen Zaren, für die er viele mathematische Probleme von der Navigation über Finanzfragen bis zur Fragen der Akustik und der Bewässerung löste. Ihm gelang als erster der Durchbruch bei Fermats Problem, Indem er die Frage nach der Lösung für die Gleichung für n = 3 beantworten konnte. Sein Beweis zeigte, dass es keine Lösung dafür gibt. Um den Beweis zu führen, musste er mit imaginären Zahlen rechnen, die erst im 16. Jhd. durch den Italiener Bombelli entdeckt wurden. Imaginäre Zahlen beantworten die Antwort nach der Frage, was denn die Wurzel aus –1 sei. Dieses Problem war bis dahin unlösbar. Bombelli führte die Zahl i als imaginäre Zahl ein, definert als Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Weitere Schritte Hundert Jahre nach Fermats Tod waren erst zwei Fälle der Gleichung gelöst. Es war bewiesen, dass es keine Lösung gibt für die Gleichung durch Euler und durch Fermat selbst. Noch immer aber standen Beweise aus für eine unendliche Zahl von Gleichungen usw. Wir haben schon gehört, dass die Primzahlen bei der Lösung des Problems eine entscheidende Rolle spielen. Ist der Beweis für n = 3 angetreten, so muss er nicht auch für n = 6 oder n = 9 angetreten werden, da 6 und 9 aus den Primfaktoren 2 und 3 bestehen. Es genügt also, den Beweis für solche n anzutreten, die Primzahlen sind. Allerdings ein schwacher Trost, denn auch die Anzahl der Primzahlen ist vermutlich unendlich groß. Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Die Jagd beginnt Im 19. Jahrhundert beginnt die Jagd nach der Lösung des Fermat-Problems richtig.Es wurden sogar Preise für das Auffinden des Beweises ausgesetzt.Bekannt geworden ist unter vielen andern die Französin Sophie Germain, die mit dem deutschen Mathematiker Carl Friedrich Gauß über das Fermat-Problem korrespondierte. Da es sich damals für eine Frau nicht schickte, Mathematik zu betreiben, musste sie sich als Mann ausgeben. Anfang des 20. Jahrhunderts hat der Industrielle Paul Wolfskehl einen Preis in Höhe von 100 000 Mark ausgeschrieben für denjenigen, der Fermats Satz beweisen könne. Wolfskehl war ein Hobbymathematiker, der sich wegen einer unglücklichen Liebe umbringen wollte. Am Abend vor seinem geplanten Selbstmord befasste er sich mit den Aufzeichnungen von Ernst Kummer über das Fermat-Problem. Da fand er eine Lücke in der Argumentation und unter dieser Beschäftigung vergaß er seine geplanten Freitodabsichten. Nach Aussetzung des Preises ging eine Flut von angeblichen Beweisen beim Preiskomitee ein. Sämtliche Lösungsvorschläge erwiesen sich jedoch als fehlerhaft. Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Die Jagd ist zu Ende Der Wolfskehl-Preis ging aber doch endlich nach fast 90 Jahren an Andrew Wiles.Wiles Arbeit stützte sich auf die Vorarbeit zweier Japaner, die in den 50 Jahren diesog. Taniyama-Shimura Vermutung äußerten. Diese besagt, dass es zwischen elliptischen Kurven und Modulformen eine engeVerbindung gibt. Was auch immer dieses bedeuten mag, auf jeden Fall hat Wiles diese Vermutung bewiesen und damit wurde gleichzeitig bewiesen, dass Fermatsletzter Satz richtig war: Es gibt keine natürlichen Zahlen n für die gilt: mit n > 2 Jochen Pellatz 01-2009
Kleine Geschichte der Mathematik Wozu das Ganze? „Sie könnten fragen, warum ich unbegrenzte Zeit auf ein Problem verwende, dass vielleicht einfach nicht lösbar ist. Die Antwort ist, dass ich gerne an diesem Problem arbeitete und ganz besessen davon war. Ich genoss es, meinen Grips daran zu erproben.“ (Andrew Wiles) Der Mathematiker Titchmarsh hat einmal gesagt: Zu wissen, dass pi irrational ist, kann praktisch nicht von Nutzen sein, doch wenn wir es wissen können, wäre es sicher unerträglich, es nicht zu wissen. Andrew Wiles im Jahr 2005 Jochen Pellatz 01-2009