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2. Kein Produkt ist so transparent wie Zertifikate.Lars Brandau, Geschftsfhrer des DDV, Brse Online 26/2009Wenn der Kunde nur kauft, was er versteht, verbaut er den Banken die Mglichkeit, ber komplizierte Strukturen Gebhren zu verschleiern.FAZ vom 29.06.2007 Es ist jahrzehntelange
E N D
1.
6. Tag des Bank- und Kapitalmarktrechts
ARGE Bank- und Kapitalmarktrecht im DAV
Rechtsanwalt Andreas W. Tilp
„Zertifikate – selbst gestellte Haftungsfalle
für Emittenten und Vertrieb?“ Literaturliste ansprechenLiteraturliste ansprechen
2. 2
„Kein Produkt ist so transparent wie Zertifikate.“
Lars Brandau, Geschäftsführer des DDV, Börse Online 26/2009
„Wenn der Kunde nur kauft, was er versteht, verbaut er den Banken die Möglichkeit, über komplizierte Strukturen Gebühren zu verschleiern.“
FAZ vom 29.06.2007
„ Es ist jahrzehntelange Rechtspraxis, den Kunden gegenüber nicht nur unehrlich, sondern auch untreu zu sein.“Tilp, Bankrechtstag 2007 der BrV, Hannover
3. 3 Übersicht Literatur (Auswahl)
Rechtsprechung (Auswahl)
Terminologie
Gemengelage
Derivate-Kodex
Reformbestrebungen
Vertriebs-Konstellationen
Die 10 Missstände in der Zertifikatebranche
Branchen(un)ethik/Illegale Zuwendungen
Haftung des Emittenten
Haftung des Vertriebes
Abschließende Thesen Tilp
4. 4 I. Literatur (Auswahl) Böhm, Regierungsentwurf zur Verbesserung der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus Falschberatung, BKR 09, 221
Bömcke/Weck, Die Auswirkungen der deutschen Einlagensicherung auf den Anlegerschutz – insbesondere bei der Vermittlung von Lehman-Zertifikaten, VuR 09, 53
Leuering/Zetzsche, Die Reform des Schuldverschreibungs- und Anlageberatungsrechts – (Mehr) Verbraucherschutz im Finanzmarktrecht?, NJW 09, 2856
Märker/Hillesheim, Brennpunkt Finanzkrise: Anlegerschutz in Deutschland, ZRP 09, 65
Mülbert, Anlegerschutz bei Zertifikaten – Beratungspflichten, Offenlegungspflichten bei Interessenkonflikten und die Änderungen durch das Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG), WM 07, 1149
Podewils/Reisich, Haftung für „Schrott“-Zertifikate? – Aufklärungs- und Beratungspflichten nach BGB und WpHG beim Erwerb von Zertifikaten, NJW 09, 116
Schindele, Zertifikate: Produktgruppe mit Zukunft?, BankPraktiker 09, 428
Schwintowski, Der Geeignetheitstest nach § 31 Abs. 4 WpHG, BKR 09, 217
Spindler, Aufklärungspflichten eines Finanzdienstleisters über eigene Gewinnmargen? – Ein „Kick-Back“ zu viel, WM 09, 1821
Tilp, Missstände in der Zertifikate-Branche – Möglichkeiten für effektiven Rechtsschutz, Tagungsband Bankrechtstag 2007 (2008), S. 91
Witte/Mehrbrey, Haftung für den Verkauf wertlos gewordener Zertifikate – der Fall Lehman Brothers, ZIP 09, 744
5. 5 II. Rechtsprechung (Auswahl) BGH, Urt. v. 13.07.2004, XI ZR 178/03, WM 04, 1774 (Indexzertifikate sind keine Börsentermingeschäfte)
OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 05.06.2008, 16 U 205/07, WM 08, 1917 (Emittentin von OS ändert Bezugsobjekt)
LG Frankfurt a.M., Urt. v. 24.10.2008, 2-19 O 62/08 (Lehman, DJ EUROSTOXX Select Dividend 30-Index-Zertifikat; Haftung (-))
AG Leipzig, Urt. v. 10.11.2008, 115 C 3759/08, WM 09, 19 (Premium Express Defensiv VIII Zertifikat; Haftung (+))
LG Frankfurt a.M., Urt. v. 28.11.2008, 2-19 O 62/08, WM 09, 17 (Lehman, DJ EUROSTOXX Select Dividend 30-Index-Zertifikat; Haftung (-))
LG Hamburg, Urt. v. 15.12.2008, 318 O 4/08, VuR 09, 143 (Dresdner Alpha Express Zertifikat II; Haftung (+))
LG Frankfurt a.M., Urt. v. 07.04.2009, 2-19 O 211/08 (Lehman, Alpha-Expresszertifikat; Haftung (+))
LG Rottweil, Urt. v. 07.05.2009, 3 O 345/08 (Lehman, Cobold-Anleihe 62; Haftung (+))
OLG Bamberg, Urt. v. 11.05.2009, 4 U 92/08, WM 09, 1082 (Swap; Haftung (-), keine Beratungspflicht über Gewinnmarge)
OLG Hamburg, Urt. v. 15.05.2009, 1 U 85/08, WM 09, 2036 (XXL-Anleihe; Haftung (-))
6. 6 LG München I, Urt. v. 29.05.2009, 35 O 6511/08 (Cross-Currency-Swap; Haftung (+))
OLG Celle, Urt. v. 11.06.2009, 11 U 140/08, BKR 09, 385 (Kickback-Rspr. nicht auf „Allgemeine Anlageberater“ übertragbar)
LG Hamburg, Urt. v. 23.06.2009, 310 O 4/09, BB 09, 1828 (Lehman-Zertifikat; Krupsky ./. Hamburger Sparkasse; Haftung (+); Beratungspflicht über Gewinnmarge bei Eigenvertrieb sowie fehlende Einlagensicherung)
LG Chemnitz, Urt. v. 23.06.2009, 7 O 359/09, WM 09, 1505 (Bonus Barriere Zertifikat; Haftung (+))
LG Potsdam, Urt. v. 24.06.2009, 8 O 61/09, BKR 09, 204 (Lehman, 7,5 % Real Estate Garant Anleihe; Haftung (+))
OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.06.2009, I-9 U 187/08, WM 09, 1410 (Zinssammler-Anleihe; keine Auskunftspflicht über einkalkulierte Gewinnmarge)
BGH, Urt. v. 30.06.2009, XI ZR 364/08, WM 09, 1500 (Klauseln in Allgemeinen Emissionsbedingungen eines OS sind AGB)
LG Hamburg, Urt. v. 01.07.2009, 325 O 22/09, WM 09, 1363 (Lehman, Bull Express Garant Anleihe; Haftung (+); Beratungspflicht über reduzierten Ausgabepreis)
LG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.07.2009, 2-19 O 255/08 (Lehman, Alpha-Expresszertifikate; Haftung (+))
LG Frankfurt a.M., Urt. v. 10.07.2009, 2-21 O 45/09 (Lehman, Index-Anleihe; Haftung (+); Beratungspflicht über Höhe der Boni)
LG Hamburg, Urt. v. 10.07.2009, 329 O 44/09, WM 09, 1511 (Lehman, Index Basket Zertifikat; Haftung (+))
7. 7 BGH, Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08, ZIP 09, 1654 (Informationspflicht der Bank zum Umfang der Einlagensicherung von Kundengeldern)
LG Stuttgart, Urt. v. 17.07.2009, 8 O 129/09, WM 09, 1697 (Lehman, Eurostoxx-50-Index-Zertifikat; Haftung (-))
LG Frankfurt a.M., Urt. v. 21.07.2009, 2-19 O 327/08 (Lehman, DAX-Kupon-Zertifikat; Haftung (+))
OLG Dresden, Urt. v. 24.07.2009, 8 U 1240/08, ZIP 09, 2144 (Rechtsirrtum über Auskunftspflicht über Kickback bei geschlossenen Fonds; Rev.: II ZR 258/09)
OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 29.07.2009, 23 U 76/08, WM 09, 1563 (Swap; keine Beratungspflicht über Gewinnmarge)
LG Potsdam, Urt. v. 29.07.2009, 8 O 427/08 (Lehman, Bonus Express Defensiv Zertifikat; Haftung (-); keine Vermutung aufklärungswidrigen Verhaltens bei verschwiegenem Kickback, ausdrücklich gegen BGH v. 12.05.2009)
LG Schweinfurt, Urt. v. 05.08.2009, 14 O 192/09, WM 09, 1696 (Lehman, Express Bonus III-Zertifikat; Haftung (-))
LG Itzehoe, Urt. v. 06.08.2009, 7 O 39/09, WM 09, 1745 (Lehman- Zertifikat; Haftung (-))
OLG Oldenburg, Urt. v. 11.09.2009, 11 U 75/08, BB 09, 2390
OLG Celle, Urt. v. 30.09.2009, 3 U 45/09, ZIP 09, 2091 (Swap, keine Beratungspflicht über Gewinnmarge)
OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09 (gegen OLG Dresden v. 24.07.2009; gegen OLG Oldenburg v. 11.09.2009)
8. 8 III. Terminologie Die bisherigen Begrifflichkeiten sind weder rechtssicher noch rechtsklar.
Wikipedia-Definition „Zertifikate“: Zertifikate sind im Allgemeinen Wertpapiere und zählen zu den strukturierten Finanzprodukten. Sie werden von Banken emittiert und vorwiegend an Privatkunden verkauft; sie sind daher klassische Retail-Produkte. Mit Zertifikaten wird auch dem Privatanleger ermöglicht, komplizierte Strategien nachzubilden oder in schwer zugängliche Anlagen – wie etwa Rohstoffe – zu investieren. Der Handel findet vor allem außerbörslich statt. Das erste jemals emittierte Zertifikat war im Juni 1990 ein DAX-Zertifikat der Dresdner Bank.
Frankfurter Wertpapierbörse: Strukturierte Produkte gemäß diesen AGB sind Optionsscheine, Zertifikate und Reverse Convertibles.
WpPG sowie EU-Prospekt-VO (EG) Nr. 809/2004
„Schuldverschreibungen“, falls Kapitalgarantie
„Derivatives Wertpapier“, falls keine Kapitalgarantie
Bundesregierung: „Bei Zertifikaten bestehen aus Finanzstabilitätsperspektive grundsätzlich die gleichen Risiken wie beim Handel mit Derivaten.“
9. 9 Zertifikate-Arten/Rendite-Risiko-Profil
(Quelle: Bert Rürup, 2009)
gering Rendite hoch hoch Hebel--Zertifikate Aktien Index-Zertifikate Aktienanleihen Industrieanleihen
Bonus-Zertifikate
Staatsanleihen Risiko Discount--Zertifikate
Garantierte Zertifikate -
Express -Zertifikate Outperformance-/ Sprint- Zertifikate Basket-/Themen-/ Strategie--Zertifikate
10. 10 IV. GemengelageAusgewählte Fakten Stand 8/2008(vor der Lehman-Insolvenz am 15.09.2008)
Per Ende August 2008 über 370.000 unterschiedliche Produkte; pro Handelstag kamen im Juli 2008 rund 2.600 neue hinzu
Im August 2008 liegt das investierte Marktvolumen bei etwa 125 Mrd. EUR
Etwa 5 % der Deutschen halten Zertifikate
Nur 12 % der Bankkunden fragen aktiv nach Zertifikaten
Privatanleger stellen die ganz überwiegende Masse der Erwerber
Weniger als die Hälfte der Privatanleger zählen zu der Gruppe der Selbstentscheider
Zertifikate sind besonders vertriebsintensiv mit der Folge mannigfacher Anreize durch Zuwendungen (u.a. Kickback; Schmiergelder)
Ca. 70% der Zertifikate werden außerbörslich gehandelt
Deutsche Bank, Commerzbank und ABN Amro repräsentieren über 50 % des börslichen Handels
In nur knapp über 10 % der Produkte werden liquide Umsätze getätigt
11. 11
12. 12 Zertifikatevolumen 8/2008 bis 8/2009
13. 13 Player
14. 14 Rechtsbeziehungen
15. 15 V. Derivate-Kodex
DDV
Die früheren beiden deutschen Interessengemeinschaften „Derivate Forum e. V.“ und „Deutsches Derivate Institut (DDI)“ haben mit Wirkung zum 01.01.2008 einen gemeinsamen neuen Verband gegründet, den „Deutscher Derivate Verband e.V.“ (www.deutscher-derivate-verband.de)
Mitglieder des DDV sind ausschließlich Emittenten von Derivaten; zusammen verzeichnen sie mehr als 90 % des gesamten deutschen Markts mit derivativen Wertpapieren
Derivate-Kodex des DDV
Inhalt entspricht dem früheren Derivate Kodex des Derivate Forum
(Inkrafttreten: 01.01.2007)
Freiwillige verbindliche Selbstverpflichtung für die Mitglieder des DDV
16. 16 Inhalt
Die Bonität des Emittenten wird jederzeit offen dargestellt.
Der Basiswert wird transparent dargestellt.
Die Darstellung derivativer Wertpapiere folgt dem Prinzip der Produktklarheit.
Derivative Wertpapiere werden zu Preisen angeboten, die in angemessener Relation zu Produktstruktur und Marktsituation stehen.
Jeder Unterzeichner stellt sicher, dass grundsätzlich ein Handel für die eigenen derivativen Wertpapiere möglich ist.
Die Unterzeichner des Kodex verpflichten sich zu dessen Einhaltung.
Bei wiederholten Verstößen eines Mitglieds kommt dessen Ausschluss aus dem DDV in Betracht; Problem: Drittschutz? („Dieses DERIVATE KODEX-Signet dient dem Anleger als Orientierung. Es wird auf den Produktpublikationen der Emittenten platziert und garantiert die Einhaltung der festgelegten Regeln.“)
17. 17 VI. Reformbestrebungen Gesetzgebungs-Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks. 16/5290 v. 09.05.2007
Vorschläge der italienischen Finanzaufsicht (Konsultationsdokument der italienischen Finanzaufsicht – CONSOB, www.consob.it, vgl. BT-Drucks. 16/10199, S. 16ff v. 05.09.2008):
Komplette Aufschlüsselung der einzelnen Produktbestandteile
Darstellung des fairen Werts dieser Bestandteile
Offenlegung jeglicher Kosten
Spezielle Vorgaben für den Handel mit Zertifikaten
Konsultationspapier der Europäischen Kommission v. 29.04.2009 zwecks Verbesserung von Anlegerschutzmechanismen für PRIPs (Packaged Retail Investment Products; IP/09/666):
Interessenkonflikte
Zuwendungen
Angemessenheit des Geschäftsabschlusses
18. 18
19. 19
20. 20
21. 21
22. 22 VIII. Die 10 Missstände in derZertifikatebrancheM 1: Mangelhafte Prospektierung Prospektanforderungen nach WpPG und der EG-ProspektVO 809/2004
I. d. R. keine Einzelprospekte/vereinfachte Verkaufsprospekte, sondern
Basisprospekte mit großem Umfang und Komplexität
Werbeprospekte (Termsheets), mit dem Hinweis auf mangelnde Rechtsverbindlichkeit
Nachtragsprospekte
Keine Verbindlichkeit von Werbeaussagen
Keine klaren Vorgaben zum transparenten Prospektaufbau
Prospektierungspflicht zu „Risikofaktoren“ gem. Art. 8 ProspektVO i.V.m. Anhang V (für Zertifikate mit Kapitalgarantie) und Art.15 ProspektVO i.V.m. Anhang XII (für Zertifikate ohne Kapitalgarantie):
U.a. klare Offenlegung der Risikofaktoren, die für die Beurteilung der mit den Wertpapieren-Marktrisiken wesentlich sind.
Soweit ersichtlich, finden sich bisher jedenfalls keine Prospektinhalte zu
Intransparenter Preisgestaltung
Kundenfeindlichen Mistrade-Regelungen
Illegalen Zuwendungen
Sind Angaben für die Anlageentscheidung eines verständigen Prospektlesers erheblich, sind sie auch wesentlich. Es gilt die Formel von Assmann: Was würde ein verständiger Prospektleser „eher als nicht“ berücksichtigen? Vgl. auch den Maßstab aus § 13 Abs.1 S.2 WpHG: ...“wenn ein verständiger Anleger die Information bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde“
23. 23 M 2: Keine Begrenzung desBonitätsrisikos von Emittenten Keine Mindestanforderungen
Bezgl. haftendem Eigenkapital
Bezgl. Einstufung durch Rating-Agenturen
Entwicklungen am Zertifikatemarkt gebieten Mindeststandards
Zunehmendes Angebot von Zertifikatesparplänen
Anbieter aus dem Bereich geschlossener Fonds drängen zusehends auf den Markt
Große Anbieter gliedern das Geschäft teilweise auf Tochterunternehmen aus, die nur mit Mindestkapital ausgestattet sind (teilweise mit Patronatserklärungen)
24. 24 M 3: Umgehungsmöglichkeiten hinsichtlich Anlegerschutzvorschriften Anlageformen, deren Vertrieb anlegerschützenden Einschränkungen unterliegt, werden als Underlying von Zertifikaten verwendet, z. B.
Single-Hedge-Fonds
Index ausgewählter Hedge Fonds
Ausschluss ordentlicher Gerichtsbarkeit durch Schiedsabreden?
Vgl. z. B. § 48 der Bedingungen für Geschäfte an der FWB:
„Bei Streitigkeiten aus Geschäften, die den vorstehenden Bedingungen unterliegen, gilt, sofern keine abweichende Abrede getroffen wurde, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts der Frankfurter Wertpapierbörse als vereinbart.“
§ 37h WpHG: „Schiedsvereinbarungen über künftige Rechtsstreitigkeiten aus Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen oder Finanztermingeschäften sind für Verbraucher unverbindlich.“
Vgl. auch §§ 1029 ff ZPO
25. 25 M 4: Mangelnde Produktvergleichbarkeit Monopolistischer Emittentenmarkt
Vielzahl, (einzigartige) Ausstattungsmerkmale und Komplexität der Zertifikate erschweren/vereiteln Vergleichbarkeit
Keine Vorgaben zu Klassifizierung
Der Value-at-Risk-Indikator (VaR) des DDV ist unzureichend
Er enthält keine Worst-case-Angabe, sondern gibt lediglich einen Wahrscheinlichkeitswert für die angegebene Haltedauer an
Er indiziert nicht die Fairness (Angemessenheit) eines Preises
26. 26 M 5: Kostenintransparenz Monopolistische Preisbildung durch Emittenten
bezüglich Ausgabepreis
bezüglich Sekundärmarktpreise
Monopolistisches Market-Making
Keine Leerverkaufsmöglichkeiten für Anleger
Unsichtbare Preisaufschläge
Mangel an Preisvergleichsmöglichkeit verschiedener Anbieter aufgrund unterschiedlicher Ausstattungsmerkmale
Fairness der Preise hängt alleine von der Fairness des Anbieters ab
27. 27 M 6: Intransparente Preisberechnung (1) Im Ausgabepreis versteckte Kosten
Kosten der Produkterstellung
Transaktionskosten innerhalb des Basiswertes
Vertriebskosten
Im weiten Sinne
Bei Fremdvertrieb
Bei hauseigenem Vertrieb
Bei konzerninternem Vertrieb
Im weitesten Sinne
z.B. Kosten des Market-Making
Gewinnmarge
Offene Kosten zusätzlich zum Ausgabepreis
Ausgabeaufschlag/Agio
Verwaltungsgebühren/Managementgebühren
28. 28 M 6: Intransparente Preisberechnung (2) Intransparenzen
Basiswert
Rückzahlungsbetrag
Einflussfaktoren (z.B. Behandlung von Dividenden und Kapitalmaßnahmen)
Mechanismen (Berechnungsformeln/finanzmathematische Methoden)
„Fairer“ Preis
Quotierter Preis (Spread = Spanne zwischen An- und Verkaufspreis)
„Marktgerechter“ Preis
29. 29 Zu M 6: Transparente Preisberechnung als verfassungsrechtliches Gebot? Analogie zur Rechtssprechung des BVerfG?
Ausgangspunkt: Strukturelles Ungleichgewicht zwischen Emittent und Anleger, Kosten- und Preisintransparenz
Verfassungsrechtlicher Schutzauftrag zur Kompensation der auf situativer Unterlegenheit beruhenden gestörten Vertragsparität (BVerfG, WM 05, 1505 (Bestandsübertragung); WM 05, 1515 (Überschussbeteiligung); WM 06, 633 (Rückkaufswert); VersR 06, 961 (Prämiengestaltung bei der privaten Unfallversicherung).
Der strukturell unterlegene Kunde muss durch Transparenz in die Lage versetzt werden, bei Abschluss des Vertrages das Leistungsversprechen seines Vertragspartners bewerten zu können.
Vgl. auch das Urteil des LG Frankfurt a. M. v. 10.03.2008, WM 08, 1061, zur Unwirksamkeit von Swap-Verträgen wegen Verstoß gegen das AGB-rechtliche Transparenzgebot
30. 30 M 7: Intransparenter Handel Die Regelwerke der Börsen begünstigen die Emittenten (z.B. bei Mistrades)
Rund 70% der Zertifikate werden außerbörslich gehandelt
Vor- und Nachhandelstransparenz nach § 31g WpHG beziehen sich zwar auf außerbörsliche Systeme, jedoch nur auf Aktien und aktienvertretende Zertifikate (z.B. zweitverbriefte ausländische Aktien)
31. 31 M 8: Beschränkung des Handels Keine kontinuierliche Quotierungspflicht der Emittenten
Dementsprechende Regularien von Handelsplätzen, z. B. der EUWAX, können durch Segmentswechsel umgangen werden
Ausnahmen sollten nur in klar definierten außergewöhnlichen Marktsituationen gerechtfertigt sein
Keine Pflicht zur Verfügungstellung einer reibungslos funktionierenden technischen Infrastruktur
32. 32 M 9: Mistrade-Regelungen (1) Beispiele
Baden-Württembergische Wertpapierbörse (Ausführungsbestimmungen, 3.10. Mistrades):
„Eine Preisermittlung, die zu einem Preis getätigt wurde, der offensichtlich vom marktgerechten Niveau erheblich abweicht . . . .“
Société Générale (interne Vereinbarung mit Banken, § 7 Mistrades):
(1.) Die Parteien vereinbaren ein vertragliches Aufhebungsrecht für den Fall der Bildung nicht marktgerechter Preise im außerbörslichen Geschäft (Mistrade) . . .
(3.) Eine erhebliche und offenkundige Abweichung vom marktgerechten Preis liegt insbesondere vor,
(a) bei einem Referenzpreis > 0,40 Euro wenn die Abweichung – ausgehend vom Referenzpreis – mindestens 20% oder mindestens 0,20 Euro beträgt
Cortal Consors PNB Paribas (Sonderbedingungen für den außerbörslichen Handel in Wertpapieren und Derivaten, (4.) Mistrade Regelung):
(1) Aufhebungsrecht
Im außerbörslichen Handel gelten so genannte Mistrade-Regelungen. Nach diesen steht den Parteien ein vertragliches Aufhebungsrecht für den Fall der Bildung nicht marktgerechter Preise im außerbörslichen Geschäft (Mistrade) zu. Ein Geschäft kann aufgehoben werden, wenn ein Mistrade vorliegt und eine Vertragspartei die Aufhebung rechtzeitig verlangt. Die einzelnen Kriterien für die Geltendmachung eines Mistrades können bei den unterschiedlichen Handelspartnern variieren.
33. 33 M 9: Mistrade-Regelungen (2) „Mistrades“
99% der Mistrade-Anträge werden von Emittenten gestellt (laut den Handelsüberwachungsstellen der Börsen Frankfurt und Stuttgart)
Zu Mistrade-Anträgen im börslichen Handel werden widersprüchliche Angaben gemacht
Zu Mistrade-Anträgen im außerbörslichen Handel existieren keine Statistiken
Intransparenz, da mangelhafte Definitionen von Mistrades
Intransparente Ermessensspielräume für Emittenten
Keine konkreten und objektiv nachvollziehbaren Schwellenwerte
Damit Spielräume für willkürliches Verhalten der Emittenten
Nahezu alle Mistrade-Anträge werden seitens der Emittenten gestellt und positiv beschieden
34. 34 Zu M 9: Rspr. zu Mistrades Bisher nur eine BGH-Entscheidung: Urt. v. 25.06.2002, ZIP 02, 1436
Tatbestand
Optionsscheinkauf im Jahr 1999
Kommissionsgeschäft
Mistrade-Vertrag zwischen Bank und Emittent
Kaufpreise um „ein Vielfaches zu niedrig“
Entscheidungsgründe
Zurückverweisung
Mistrade-Vertrag ist grds. zu Lasten des Anlegers möglich
Den Interessen des Auftraggebers muss jedoch „angemessen Rechnung getragen“ werden; Schadenersatzpflicht gemäß § 122 BGB
Voraussetzungen der konkreten Mistrade-Regelung müssen vorliegen
Interner einseitiger Kalkulationsirrtum berechtigt nicht zur Anfechtung, aber ggf. § 242 BGB gegen Anleger, falls dieser den Irrtum kannte oder kennen musste und die Vertragsdurchführung schlechthin für den Emittenten unzumutbar ist.
Urteil konnte die bei Mistrades aufgeworfenen Fragen nur ansatzweise klären
Aktuelle Rechtswirklichkeit nicht mit damaligem Sachverhalt vergleichbar
Vgl. auch OLG Schleswig, Beschl. v. 09.01.2004, ZIP 04, 1845
35. 35 M 10: Illegale Zuwendungen Nahezu jede Finanzdienstleistung betroffen
Aktiver Vertrieb von Zertifikaten über Banken und Finanzdienstleister
nur 5% der Deutschen wissen, wie viel Provisionen ihre Bank oder ihr Finanzdienstleister für Beratung wirklich erhalten (GfK-Studie aus 2007, laut Online-Newsletter von www.geopolitical.biz)
Befragung der Uni Mainz und des Unternehmensberaters Investors Marketing bei 250 Banken, Sparkassen, Finanzvertrieben und freien Beratern, Studie aus 8/2007:
Trotz MiFID wollen nur 75 % der Finanzdienstleister versteckte Kosten auch ohne Bitte des Kunden darlegen.
Deutsches Institut für Service-Qualität, vgl. FOCUS-Money 18/2008:
Auch fünf Monate nach Einführung der gesetzlichen Auskunftspflicht mauert die Mehrzahl der Institute weiter. Für Platz eins der transparentesten Bank reichten bereits 57,5 von 100 möglichen Punkten – was viel über das diskrete Geldgewerbe aussagt. Die Gesamtwertung addiert die drei Teile Offenheit im Internet (40 Punkte), Wertpapierabrechnung (30 Punkte) und Antwort auf die Nachfrage des Kunden (30 Punkte).
36. 36
37. 37 Zitat aus einer Bankpublikation
„Die große Lebenslüge:
Das Problem der Banken ist grundsätzlicher Natur.
Eigentlich sollten ihre Berater die Kunden beraten.
Doch in Wirklichkeit müssen sie denen unsinnige
oder überteuerte Produkte verkaufen.
Dieser Irrsinn hat fatale Folgen:
Die Kunden verlieren ihr Vermögen.
Die Großbanken verlieren ihre Kunden.
Und die Berater werden krank.“
38. 38 quirin bank
39. 39 Kickback
40. 40 Gängige Formen der Zuwendungen vgl. (seit 01.11.2007) Legaldefinition in § 31d Abs. 2 WpHG
Vertriebsprovisionen
Zweck: konkrete Vermittlung des Geschäfts
Häufig aus Agio/Ausgabeaufschlag
Bei Zertifikaten häufig aus Marge zwischen An- und Verkaufspreis (des Festpreisgeschäfts)
Als fixer Bestandteil des Geschäfts/ nachschüssig in Relation zum gesamten Vertriebserfolg des Vertriebinstituts
Bestandsorientierte/laufende Provisionselemente
Im Zusammenhang mit dem Umfang des Kundenbestandes
Zweck: nachhaltiger Vertriebserfolg, z. B. Halten des Geschäfts
Berechnet zu einem bestimmten Stichtag/anhand gewichtetem Bestand innerhalb eines vereinbarten Zeitraums
Aus Verwaltungsvergütung/spezifischer Vertriebsvergütung/sonstigen laufenden Kosten, z. B. Indexberechnungsgebühren bei Zertifikaten
Sonstige Zuwendungen und Unterstützungsleistungen
Finder‘s Fee/Zuführungsprovision
Marketingvergütung
Technische Unterstützung
Schulung
41. 41 „Kickback I“ (Bank gibt) :
BGH, Urt. v. 19.12.2000, XI ZR 349/99
WestLB: zahlt Kickback an den Vermögensverwalter ihres Kunden
Höhe des Schadensersatzanspruches: DM 1.411.942,31; Höhe des Kickbacks: DM 6.896,77; also 0,49%
Aufklärungspflicht aus c.i.c. über die „bestehende Provisions- und Gebührenbeteiligungsvereinbarung“
Begründung: Bank schafft Anreiz zur „Gefährdung der Kundeninteressen“
„Auf jeden Fall hat es für die Einschätzung eines Vermögensverwalters entscheidende Bedeutung, wenn dieser sich hinter dem Rücken des Kunden von dessen Depotbank eine Beteiligung an Provisionen und Gebühren versprechen lässt. Ein derartiges Verhalten enthält eine schwerwiegende Treuwidrigkeit“.
Zurückverweisung: OLG Köln, Urt. v. 20.02.2002, WM 03, 338
42. 42 „Kickback II“ (Bank nimmt):BGH, Urt. v. 19.12.2006, XI ZR 56/06 HVB: nimmt Kickback ihrer Tochter-KAG
Tatbestand
Beratungsvertrag (Empfehlung)
Investmentfonds
(der Tochtergesellschaft) Konzerninterner Vertrieb
Kommissionsgeschäft
Verschwiegenes Kickback aus Agio sowie Bestandsprovisionen
Entscheidungsgründe
Beratungspflicht verletzt, „Interessenkonflikt“
Schadenersatz
Vermutung beratungsgerechten Verhaltens bzgl. der mit
Kickback bemakelten Geschäfte
Zurückverweisung zur Klärung der Verschuldensform; obiter: „Rechtsirrtum schließt Vorsatz aus“
Zurückverweisung: OLG München, Urt. v. 19.12.07, ZIP 08, 66
43. 43 „Kickback III“ (Medienfonds): BGH, Beschl. v. 20.01.2009, XI ZR 510/07 Noch unter dem Vorsitzenden Richter Nobbe
Beschluss nach Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 544 Abs. 7 ZPO: Zurückverweisung an das OLG wegen evidenter
Verletzung rechtlichen Gehörs
Medienfonds
Beklagte = Bank
Empfehlung im Rahmen einer Anlageberatung
Verschwiegene Zuwendungen aus Agio und weiteren Provisionen
BGH bejaht Anwendung von Kickback II wegen Aufklärungspflicht über „erheblichen Anreiz . . . und dem damit verbundenen Interessenkonflikt“
44. 44 „Kickback IV“ (Organisationsverschulden):BGH, Urt. v. 12.05.2009, XI ZR 586/07 Selber Sachverhalt wie aus Kickback II (nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde); Vorsitzender Richter Wiechers
Organisationsverschulden einer Bank liegt vor, wenn sie ihren Geschäftsbetrieb nicht so organisiert, „dass bei ihr vorhandenes Wissen den Mitarbeitern, die für die betreffenden Geschäftsvorgänge zuständig sind, zur Verfügung steht und von diesen auch genutzt wird“.
Vorsätzliches Organisationsverschulden der Bank liegt vor, „wenn sie ihre Verpflichtung zur Aufklärung der Kunden gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat (bedingter Vorsatz) und es gleichwohl bewusst unterlassen hat, ihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären“.
Nach § 282 BGB a.F., § 280 Abs. 1 S. 2 n.F. muss der Schuldner beweisen, dass er weder fahrlässig noch vorsätzlich gehandelt hat
Rechtsirrtum schließt den Vorsatz aus, Beweislast für den Irrtum liegt bei der Bank
Die Aufklärungspflicht über die Rückvergütungen folgt aus Kenntnis der
Auskunfts- und Herausgabepflichten nach §§ 675, 667 BGB (Geschäftsbesorgung);
§§ 383, 384 Abs. 2 HGB (Kommissionär)
dazu veröffentlichten Rechtsprechung
darauf Bezug nehmenden BAWe-Richtlinie v. 26.05.1997
Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens: Bank muss beweisen, „dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte“.
45. 45 Offene Fragen
Dogmatische Begründungen der Pflicht zur Offenlegung
Interessenskonflikt
§ 383, 384 Abs. 2 HGB (bei Kommissionsgeschäft)
§§ 675, 667 BGB (bei Geschäftsbesorgung)
§ 667 BGB Herausgabepflicht
„Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.“; vgl. auch BAWe-RiL gemäß § 35 Abs. 2 WpHG v. 26.05.1997
Außerhalb Beratungsverträgen (oder gar nur mit Banken, vgl. OLG Celle, Urt. 11.06.2009, 11 U 140/08)?
Alle Kapitalanlagen?
Außerhalb Kommissionsverträgen?
Fremdvertrieb/Hauseigener Vertrieb?
Über „Margen“ im „2-Personen-Verhältnis“? vgl. jeweils erstmals bejahend LG Frankfurt/M, Urt. v. 10.03.2008, WM 08, 1061 (Swap), sowie LG Hamburg, Urt. v. 23.06.2009, 310 O 4/09 (Lehman)
46. 46 BaFin-RiL v. 23.08.2001,veröffentl. im BAnz. am 04.09.2001Teil B 1.2, Abs. 3: Vereinbart das Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit anderen eingeschalteten Unternehmen die teilweise Rückzahlung von dem Kunden als Aufwendungsersatz in Rechnung gestellten fremden Kosten an sich („Kickback-Vereinbarungen“), so hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden hierüber aufzuklären. Auf vereinbarte Geldzahlungen oder andere geldwerte Vorteile (z. B. Research-Ergebnisse etc.), die das Wertpapierdienstleistungsunternehmen etwa im Rahmen seiner Vermittlungstätigkeit, mittelbar oder unmittelbar erhält und die wirtschaftlich im Zusammenhang mit Kundengeschäften stehen, hat das Wertpapierdienstleistungs-unternehmen den Kunden zumindest in allgemeiner Form hinzuweisen und diese auf Nachfrage zu erläutern. Die Aufklärung bezieht sich im Rahmen des Kommissionsgeschäfts auch auf die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe dieser Beträge.Teil B 1.2, Abs. 4, S. 1:Soweit die Informationen nicht schon bei Begründung der Geschäftsbeziehung erteilt wurden, so können sie spätestens vor Erbringen einer Wertpapierdienstleistung erfolgen. ?vgl. zuvor schon BAWe-RiL v. 26.05.1997, veröffentl. im BAnz. am 03.06.1997; BAWe-RiL v. 09.05.2000, veröffentl. im BAnz. am 15.07.2000?vgl. nunmehr WpDVerOV v. 20.07.2007, in Kraft seit 01.11.2007 (BGBl. I S. 1432): Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung – WpDVerOV); Enthält keine Vorgaben zur Aufklärungspflicht über Zuwendungen.
47. 47
48. 48 § 31 WpHG: Allgemeine Verhaltensregeln
…
(3) Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind verpflichtet, Kunden rechtzeitig und in verständlicher Form Informationen zur Verfügung zu stellen, die angemessen sind, damit die Kunden nach vernünftigem Ermessen die Art und die Risiken der ihnen angebotenen oder von ihnen nachgefragten Arten von Finanzinstrumenten oder Wertpapierdienstleistungen verstehen und auf dieser Grundlage ihre Anlageentscheidungen treffen können. Die Informationen können auch in standardisierter Form zur Verfügung gestellt werden. Die Informationen müssen sich beziehen auf
das Wertpapierdienstleistungsunternehmen und seine Dienstleistungen;
die Arten von Finanzinstrumenten und vorgeschlagene Anlagestrategien einschließlich damit verbundener Risiken;
Ausführungsplätze und
Kosten und Nebenkosten.
Verhältnis § 31d WpHG zu § 31 WpHG?
§ 31d WpHG als lex specialis?
Wie ist die Offenlegungspflicht aus § 31d WpHG zu qualifizieren?
Aufklärungspflicht?
Aufklärungsobliegenheit?
Genügt ein Verkaufsprospekt für die Erfüllung der Offenlegungspflicht?
49. 49 Die neuen Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren (bank-verlag medien, Stand: 06/2007)
? B Möglichkeiten der Vermögensanlage
4 Zertifikate
4.1 Grundlagen (BIWP 06/07, Seite 44)
Vergütungen für den Vertrieb von Zertifikaten
Für ihre Leistungen im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Zertifikaten können Kreditinstitute vom Emittenten Vergütungen erhalten. Im Primärmarktgeschäft, d.h. in der Emissions- bzw. Zeichnungsphase, ist dies regelmäßig der Fall.
Mitunter wird auch eine Zahlung aus einer vom Emittenten vereinnahmten Verwaltungsgebühr geleistet. Die Höhe dieser Provisionen wird in der Regel in Abhängigkeit von einem zu bestimmten Stichtagen in den Depots beim Kreditinstitut vorhandenen Bestand am jeweiligen Zertifikat bemessen. Nähere Einzelheiten erhalten Sie bei Ihrer depotführenden Bank.
50. 50 ? E Was Sie bei der
Ordererteilung beachten sollten
3 Zahlungen Dritter an die Bank (BIWP 6/07, Seite 152)
Im Zusammenhang mit der Durchführung Ihrer Wertpapiergeschäfte kommt es regelmäßig zu Geldzahlungen oder der Gewährung von geldwerten Vorteilen (z. B. Überlassen von IT-Hardware oder Software, Durchführung von Schulungen) durch Dritte an Ihre Bank. Beispiele für Geldzahlungen sind Vergütungen einer Fondsgesellschaft im Zusammenhang mit dem Verkauf von Investmentfonds (siehe Kapitel B 5.4) sowie Vergütungen von Emittenten in Zusammenhang mit dem Verkauf von Zertifikaten (siehe Kapitel B 4.1) oder Anleihen. Auch Vergütungen durch Broker, die Ihre Bank bei der Ausführung der Aufträge im Ausland einschaltet, sowie durch Börsen und Clearingorganisationen sind international nicht unüblich. Nähere Einzelheiten erhalten Sie bei Ihrer depotführenden Bank.
51. 51 Änderung der Rechtsprechung? Bisheriges Motto des BGH: für uns hat sich zivilrechtlich nichts geändert:
„Das WpHG hat an der Rechtslage zur (vor)vertraglichen Aufklärungs- und Beratungspflicht, welche vor seinem In-Kraft-Treten bestand, nichts wesentliches geändert“, BGH, Urt. v. 05.10.1999, ZIP 99, 1915, 1918.
„§§ 31ff WpHG kommt keine eigenständige, über die zivilrechtlichen Aufklärungs- und Beratungspflichten hinausgehende schadensersatzrechtliche Bedeutung zu“, BGH, Urt. v. 19.12.2006, ZIP 07, 518, 520.
Demgegenüber bankennahe Juristen:
MiFID erledige „Bond“ gemeinschaftsrechtlich (Mülbert).
„Für eine nach den Vorschriften der (Umsetzung der) MiFID zulässig vereinnahmte Provision kann keine zivilrechtliche Herausgabepflicht bestehen“ (Rozok).
Diesen erteilt Ellenberger eine klare Absage, vgl. Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 2009, S. 346.
52. 52 X. Haftung des Emittenten
Vertragliche Ansprüche aus den Zertifikatebedingungen,
§§ 145 ff; 793 ff BGB
“Garantiehaftung” mittels DERIVATE-KODEX-Signet
Prospekthaftung
Prospektierungspflicht bzgl. der den aufgezeigten Missständen zugrundeliegenden Umstände
§ 13 VerkProspG i. V. m. §§ 44 ff BörsG
Haftung für falsche und unterlassene Kapitalmarktinformationen
unterlassene Insiderinformation, §§ 37 b, 12 ff WpHG
unwahre Insiderinformation, §§ 37 c, 12 ff WpHG
Mistrades
53. 53 XI. Haftung des Vertriebes
Beratung versus Information (= Aufklärung), vgl. die Nomenklatur in §§ 2 Abs. 3 Nr. 9; 31 Abs. 3 WpHG sowie § 37a WpHG a.F. (bis 05.08.2009)
Problem: Ist die Abgabe von Empfehlungen konstitutiv für den Abschluss eines Beratungsvertrages?
Kardinalpflichten des § 31 WpHG:
Erbringung der Dienstleistungen „mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit“ (Abs. 1 Nr. 1)
Bemühen, Interessenskonflikte zu vermeiden; bei Unvermeidbarkeit: Eindeutige Darlegung der allgemeinen Art und Herkunft der Interessenkonflikte (Abs. 1 Nr. 2)
Pflicht zur Information über Art und Risiken (Abs. 3)
Explorationspflichten: Bei Anlageberatung oder Finanzportfolioverwaltung nach Abs. 4; ansonsten nach Abs. 5
Verhaltenspflichten gemäß §§ 31ff WpHG
Anleger-, Anlage- (“Bond”, BGH, Urt. v. 06.07.1993, NJW 93, 2433) und Anbieter-Gerechtigkeit (“Bandbreiten-Optionsschein”, BGH, Urt. v. 05.10.1999, ZIP 99, 1915) – Dreidimensionales Pflichtengefüge
54. 54 Beratungsverschulden / Aufklärungsverschulden
Exploration (einschlägige Kenntnisse und Erfahrungen zu Zertifikaten werden im WpHG-Bogen bisher i. d. R. nicht erfragt)
Allgemeine Informationsmaterialien (das damalige DDI veröffentlichte im Februar 2007 die “erste neutrale Zertifikatebroschüre für Einsteiger”)
Spezielle Informationsmaterialien (z.B. Prospekte; vgl. auch § 37d WpHG a.F. (bis 01.11.2007)
Strukturierte Wertpapiere = Finanzinstrumente i.S.v. § 2 Abs. 2b WpHG und Wertpapiere i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpHG
Abschluss kundenbezogener Wertpapiergeschäfte ist Wertpapierdienstleistung gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpHG (Finanzkommissionsgeschäft) oder § 2 Abs. 3 Nr. 2 WpHG (Eigenhandel); eine theoretisch denkbare Anlagevermittlung wäre Wertpapierdienstleistung i.S.v. § 2 Abs. 3 Nr. 3 WpHG
Anlageberatung u¨ber Wertpapiere ist Wertpapierdienstleistung i.S.v. § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 9 WpHG; der Abschluss von Wertpapiergeschäften im Rahmen einer Vermögensverwaltung stellt eine Wertpapierdienstleistung i.S.v. § 2 Abs. 3 Nr. 7 WpHG dar
55. 55
56. 56
57. 57
Illegale Zuwendungen
§§ 31d, 31 WpHG
§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 263, 266 StGB
Pflichten: Inhalt
Bestehen einer Zuwendungs-Abrede
Interessenkollision
Absicht, gegen Herausgabepflicht zu verstoßen
Verstoß gegen Herausgabepflicht
Pflichten: Zeitpunkt
nur vor Geschäftsabschluss?
oder auch danach?
Dauerpflicht?
Pflichten: Erfüllung
genügen die BIWP?
genügen die Verkaufsprospekte?
genügen AGB? vgl. Urt. des LG Heidelberg v. 31.07.2008, 3 O 98/08
58. 58 Verschulden
§§ 282 BGB a. F.; 280 I 2 BGB: Der Pflichtverletzer muss beweisen, dass er weder fahrlässig noch vorsätzlich gehandelt hat
Beweislast zum Verschulden ist auch im Rahmen des § 823Abs. 2 BGB grds. gegen den Pflichtverletzer gerichtet
Organisationsverschulden, insb. BAWe-/BaFin-RiL
§ 31 BGB/ § 278 BGB
Rechtsirrtum?
Haftungsbegründende Kausalität
Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens
wie lautet die Kausalitätsfrage?
Schaden
Grundsatz: Komplette Rückabwicklung
59. 59 XII. Abschließende Thesen Tilp In der Zertifikatebranche herrschen vielfältige Missstände, insb.
Intransparente Preisgestaltungen
Kundenfeindliche Mistrade-Regelungen
Illegale Zuwendungen
Freiwillige Selbstverpflichtungen der Emittenten genügen nicht
Es bedarf gesetzgeberischer Eingriffe zur Gewährleistung effektiven Anlegerschutzes bei Zertifikaten, insb.
Schaffung rechtssicherer und –klarer Begrifflichkeiten
Schaffung der erforderlichen Transparenzen auf Produkt-, Prospekt-, Vertriebs- und Handelsebene
Schaffung eines öffentlichen Registers für Prospekte
Schaffung eines öffentlichen Registers für Regelwerke der Börsen und Handelsplattformen
60. 60 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
61. 61