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MASSIMO GIORDANO DAS INTERVIEW. eit kurzem sind Sie Exklusivkünstler eines re- nommierten CD-Labels, gerade erschien dazu auch Ihr erstes Soloalbum. Ist da ein Traum wahr geworden? Das kann man wirklich so sagen. Nachdem ich schon seit Jahren in der halben Welt als Sänger un-
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MASSIMOGIORDANO DASINTERVIEW eitkurzemsindSieExklusivkünstlereinesre- nommiertenCD-Labels,geradeerschiendazu auchIhrerstesSoloalbum.IstdaeinTraum wahrgeworden? Daskannmanwirklichsosagen.Nachdemich schonseitJahreninderhalbenWeltalsSängerun- terwegsbin,hatsichnunauchdieChanceergeben, einenExklusivvertragmiteinerPlattenfirmaabzu- schließenunddiesesersteAlbumaufzunehmen. Ichbinüberglücklichdarüber! DieCDenthältArienunteranderemaus»DonCar- lo«,»MadamaButterfly«,»Turandot«und»Andrea Chenier«,allesamtKlassikerdesTenorrepertoires,die schonvonunzähligenVorgängernaufgenommenwur- den.Wie,denkenSie,könnenSieesschaffen,trotz- demAufmerksamkeitdamitzuwecken? DasistmitSicherheiteineHerausforderung.Aber jederSänger,jederKünstlerhatseineeigenePersön- lichkeitundnähertsichdiesenArienfolglichaufseine eigeneArt.EsgehtjabeiderOpernieumsSingen allein,sondernauchumsGestalten.IndiesemSin- nehabeichversucht,dieArienaufmeineWeisezu gestalten–natürlichaufderBasisdessen,wasdie großenTenörederVergangenheitvormirgemacht haben.AberesistebenmeineganzpersönlicheIn- terpretation. KönnenSiehierfüreinBeispielnennen? IchsingeaufdemAlbumunteranderem„Amor tivieta“,dieAuftrittsariedesLorisaus»Fedora«. VieleTenöresingensienachdemMotto:„Ichbinder Tenor!Schauther,dabinich!“MiraberistdieInter- pretationdiesesStückswichtigeralsdieAusstellung stimmlicherFähigkeiten.IchhaltedieseAriefürein eherintimesStück,beginneganzsanftundsteigere micherstlangsam,bevoresdannzumSchlussauf dashoheAhinaufgeht. SiesprachenbereitsdieVorbildfunktionvonGesangs- größenderVergangenheitan.Siehörensichalsobe- wusstalteAufnahmenan? IchhöremiralleberühmtenSängerderVergangen- heitan.Werdasnichttut,begehtmeinesErachtens einengroßenFehler.AlsKünstlermüssenwiraus Foto:Crawford 24 6/2013 DASOPERNGLAS
VollerWunder DieKarrieredesitalienischenTenorsnimmtimmermehranFahrtauf. Dr.AndreasLaskasprachmitihmübererfüllteund(noch)unerfüllteTräume.
„AlsSängerteiltmansichselbstmit,kehrtseinInneres derVergangenheitlernen.IchzumBeispielvereh- redieKunstvonAlfredoKraus.DieEleganzseines Singens,seineArtzuphrasierenunddenTextzu gestaltenhabeneineganzeEpochegeprägt.Wiralle –undichsagebewusstalle–könnenundmüssen vondieserGesangskunst,diesergestalterischenIn- telligenzlernen. WelcheweiterenVorbilderhabenSie? DamussichunbedingtFrancoCorellinennen.Er hatte–dasindsichwohlalleGesangsexperteneinig –einedergroßartigstenStimmenderGesangsge- schichte.AberdashatnureinenTeilseinerFaszi- nationskraftausgemacht.ErhattesoeineEnergie, einebesondereGestaltungsintensität.Ichglaube, dassdasmitseinemLampenfieberzusammenhing. ErhattejaregelrechtAngstdavor,aufdieBühnezu gehen.UnddieseAngsthaterdanninGestaltungs- kraftumgemünzt.AndereTenörehattenvielleicht eineähnlichbedeutendeStimme,habenesaber nichtgeschafft,dieZuhörersozupacken,wiees Corellikonnte. IchkönnteaberauchEditaGruberovanennen. Mitihrhabeich»Norma«gesungenundwerdedas nächstesJahrinWienwiederholen.Wiesienachso vielenJahrenKarrieresingt,grenztschonfastanein Wunder.VonihrkannmaneineMengelernen. IhreinternationaleKarrierehatinjüngsterZeitrasant anFahrtaufgenommen.WiehabenSiediesenSprung insJetset-Lebenerlebt? Ichbemühemicheinfach,immermitbeiden BeinenaufdemBodenzubleiben,liebees,zu singenundmichdemPublikummitzuteilen.Aber dasWichtigsteinmeinemLebenistmeineFamilie: meineFrau,meineTochter,meineEltern.Siehelfen mirundgebenmirKraft.Ansonstengenießeichdas Reisen.IchbineingroßerKunstfreundundbesuche beimeinenGastspielenstetsdiegroßenMuseen. VorbestimmtenGemäldenkönnteichstundenlang stehenbleiben! ParallelzurbeginnendenWeltkarrierehabenSiebe- gonnen,IhrFachzuerweitern.Statt»Manon«,»La Bohème«und»L’elisird’amore«stehenjetztWerke wie»Carmen“«,»Tosca«und»DonCarlo«aufdem Programm.HabenSiesichvomlyrischenFachschon verabschiedet? AufkeinenFall!Auchwennichnachundnach,so- weitesmeineStimmeerlaubt,dramatischerePartien angehe,werdeichdochimmerauchlyrischeParti- enimRepertoirebehalten,etwadenAlfredoinder »Traviata«.DasistwichtigfürmeineStimme,sonst verliertsieanElastizität;unddaswäregefährlich. AuchdergroßePavarottihatdasimmersogemacht; Fotos:Crawford 26 6/2013 DASOPERNGLAS
MASSIMOGIORDANO erkonnteaneinemAbend»Elisir«singenundam nächsten»Unballoinmaschera«. BesondershäufigsingenSiederzeitdenCavarados- si,inZürichetwa,aberauchinHamburg,Berlin, LondonundSanFrancisco.WardasZufalloderliegt IhnendiesePartiebesondersamHerzen? DiesePartiebedeutetmirwirklichsehrviel,seitmir FrancoZeffirellivorJahrendafürdieAugengeöffnet hat.Sieistsovielfältig!CavaradossiistvollerEnergie, eristeinstolzerMann,abereristauchvollerLiebe: LiebezumLeben,zurKunst–undzuTosca.Alldas bringterimLaufederOperzumAusdruck.Letzt- endlichsinddasallesGefühle,dieauchTeilunseres Lebensheutesind.Deshalbversucheich,mitjeder ProduktionnochtieferindieseRolleeinzudringen, wirklichjedesWort,jedenTonauszuloten.Amspan- nendstenistfürmichderdritteAkt.Ichbinfestdavon überzeugt,dassCavaradossikeineSekundelangan dieBegnadigungdurchScarpiaglaubt.Cavaradossi weiß,dassScarpianochniejemandenbegnadigthat, dassanderSachealsoetwasfaulist.DasganzeDu- ettstehtdannunterdieseremotionalenSpannung. Toscaisteuphorischundträumtvondergemeinsa- menZukunft,Cavaradossigehtscheinbaraufdiese Träumeein,weilersienichtzerstörenwill–undweiß dochganzgenau,dassallesvergebensist. WiesindSieüberhauptzurMusikundzumSingen gekommen? DasisteineGeschichtevollerZufälle–oderauch vollerWunder,wieesmeinVaternennt.Meineers- tenmusikalischenSchrittehabeichaufderBlock- flötegemacht.WirwarengeradevonNeapelnach Triestgezogen,undgleichgegenübervonunserem HauswareineKirche.Dorthabeichoftwährend derGottesdienstegespielt.Priesterwarenmeine erstenMusiklehrer.EinesTagesfragtemichmein Vater–erwarursprünglichSteinmetz,aberarbei- tetejetztalsHausmeisteramKonservatorium–,ob ichnichteinerichtigemusikalischeAusbildungam nachaußen.“ Konservatoriummachenwolle.Allzugernehätteich Klavier,GeigeoderGitarregelernt.Aberaufdiesen InstrumentenhatteichnochnieeinenTongespielt. IchhättealsokeineAufnahmeprüfungmachenkön- nen.Sokamesdann,dassichdiePrüfungmitder Blockflötemachte.Gleichdanachaberhabeichzur Querflötegewechselt. UnddasSingen? Langsam!Ichsagteja,dassdaseinebesondere Geschichteist.Also:Mittlerweilewarich17oder18 JahrealtundstandkurzvordemDiplominQuerflöte. EinesTagessagtemeinKlavierbegleiter,dergelegent- lichauchmeinenVatersonebenbeibeineapolitani- scheCanzonenbegleitete:„Massimo,vielleichthast dujaauchsoeineschöneStimmewiedeinVater. SingdochmaleineCanzone.“Ichhattenichtwirklich Lust,dennzumGesanghatteicheigentlichkeinerlei Affinität.Daswarmirimmerzuäußerlich.Abererhat insistiert,bisich„Coren’grato“anstimmte.Dahat ermirsofortgesagt,dassichsoeineschöneStimme hätte,dassichunbedingtGesangstudierenmüsse. IchhabemirdasdanneinpaarTagelangüberlegt, danneinpaarMalmitmeinemBegleitergeübt–und schließlichtatsächlichfürdieGesangsklassevorge- sungen.Undobwohlichzuvornochnieauchnur eineStundeGesangsunterrichtgehabthatte,wurde 6/2013 27 DASOPERNGLAS
MASSIMOGIORDANO ichZweiteroderDrittervonrundeinhundertBewer- bern.MeinFlötendiplomhabeichaberimJahrdarauf dennochgemacht. SpielenSiedennheutenochFlöte? Nein.Mit18oder19JahrenhabeichinTriestmein letztesKonzertgegeben–eineUraufführung–und seitdemmeineFlötenichtmehrangefasst. Warumdas? KurznachdemKonzertfandaufSchlossDuino beiTriesteininternationalerMusikwettbewerbstatt. IchsaßdamalsimPublikum.UnterdenKandidaten wareinganzjungerMann,allenfallssoaltwieich: EmmanuelPahud.Alsichihnspielenhörte,wusste ich:Sowieerwerdeichniespielenkönnen.Also habeichmeinenFlötenkastenfürimmergeschlossen undmichvondaanausschließlichdemGesangge- widmet.EineEntscheidung,dieichniebereuthabe. SpäterhatteichdanneinmaldieIdee,dassichja TaminosingenunddabeiselbstdieFlötespielen könnte.AberzueinemTamino-Debütistesleider niegekommen… WiehabenSiedenBeginnIhrerKarriereerlebt?War esschwer,Fußzufassen? IchhatteinTriesteinegroßartigeLehrerin,Cecilia Fusco.Siehatmichgefördert,aberauchgefordert. SohatsiemichbereitsnachsechsMonatenGe- sangsunterrichtdasersteMalaufsKonzertpodium geschickt,weileinandererTenorabgesagthatte.Mit dabeiwardamalsauchCarloCossutta.Alsichhörte, wiesichCossuttainseinerGarderobeeinsang,wollte ichkurzerhandwiedernachHausegehen.Wiesollte ichnebensoeinemMeisterbestehen?AberCecilia Fuscohatmirgutzugeredet,unddasKonzertwar dannsoetwaswieeineFeuertaufe.Esistschließlich etwasganzanderes,obmanalsInstrumentalistmit demInstrumentinderHandvordemPublikumsteht oderaberalsSänger,derselbstdasInstrumentist. Manteiltsichquasiselbstmit,kehrtseinInneres nachaußen,unddasMusikmachenbekommteine ganzandere,fastschonphilosophischeDimension. Dashabeichdamalsbegriffen.Aberdaswarnoch nichtderDurchbruch.NachmeinemAbschlusshabe ichersteinmaldieganzeOchsentourgemachtund zunächstimChorunddannkleineSolopartienge- sungen. WannkamdannderDurchbruch? Daswar1997.IchhabedamalsdenWettbewerb vonSpoletogewonnen.AlsPreisdurfteichdieTi- telpartieinMozarts»LaClemenzadiTito«singen. Rückwirkendbetrachtetwardasziemlichgewagt. DasistschließlichkeineAnfängerpartie.Dorthörte michderTenorPaoloBarbacini,derdamalsdasThea- tervonParmaleitete.Erludmichein,beiihmalsCo- verundZweitbesetzungzuGiuseppeSabbatiniden Wertherzusingen,waswiederumdasInteressebei Agenturengeweckthat.UndplötzlichgingesSchlag aufSchlag:Esfolgten»DonPasquale«inTriest,»Ro- méoetJuliette«inParmamitMariellaDeviaund schließlichimJahr2000Massenets»LeJongleur deNotre-Dame«zurSaisoneröffnungderOpervon RomunterderLeitungvonGianluigiGelmetti. UndwiewirdesnunweitergehenmitderKarriere? NeueRollen?SpannendeProduktionen? IchhabeeinengroßenTraum:EinesTagesmöch- teichAndreaCheniersingen.Dasistauchsoeine faszinierendvielschichtePartiewieCavaradossioder auchWerther,indiemanvielvonsichselbsteinbrin- genkann.Dasliebeichammeisten.Ichhabekeine Ahnung,obdieserTraumjeWirklichkeit,obmeine StimmedieserPartiejegewachsenseinwird. ZunächstkommenmeinDebütalsMaurizioin »AdrianaLeucouvreur«ineinerNeuproduktionin WienanderSeitevonAngelaGheorghiuundmein ersterGabrielein»SimonBoccanegra«.Dashoffeich jedenfalls,denndiesesDebütsollinParmastattfin- den,undbislanghabeichnochkeinenunterschrie- benenVertrag… DieitalienischenOpernhäuserdurchlaufenseiteini- gerZeiteineKrisenperiode… Daskannmanwohlsagen.Zurzeitdurchlaufen wirinItalienüberhaupteinedunklePeriode–inder KunstwieinderPolitik.Mankannnurhoffen,dass esbaldwiederaufwärtsgeht! Foto:Crawford 28 6/2013 DASOPERNGLAS