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Regelhafte Phasen beim Spracherwerb. Referenten: Michael Statnik & Renate Klaszki. Inhalte des Referates :. Überblick über die Phasen Lernmechanismen Lexikonaufbau / Lexikonentwicklung Erwerbstheorien und Studien Sprachspezifische Unterschiede. Einleitung.
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Regelhafte Phasen beim Spracherwerb Referenten: Michael Statnik & Renate Klaszki
Inhalte des Referates: • Überblick über die Phasen • Lernmechanismen • Lexikonaufbau / Lexikonentwicklung • Erwerbstheorien und Studien • Sprachspezifische Unterschiede
Einleitung • Das Kind muss die Regeln der sprachlichen Komponenten und ihres Zusammenspiels erlernen • Sprachliche Äußerungen sind hoch strukturiert
Phasen des Spracherwerbs: • Vorsprachliche Phase • Ein-Wort-Phase • Zwei- / Mehrwort - Phase • Die ersten Sätze
1. Vorsprachliche Phase • beginnt bereits vor dem Gebrauch der ersten Wörter • Präferenz für die Muttersprache • Wahrnehmung verschiedener Rhythmen und Melodien • Realisierung einzelner Phonemen • Unterscheidung sprachlicher und nicht-sprachlicher Laute
Kindgerichtete Sprache (im sehr hohen Ton) mit besonderer Funktion • Äußerungen wie: “Na, mein kleiner süßer Spatz.” “Schau mal, da drüüüüben.” “Das ist bäääääähhhhhh.” • Gurrphase: (2. – 6. Monat) • Baby beginnt, Vokallaute zu produzieren und nachzuahmen • Lautproduktion in bestimmten Situation
Lallphase: (6. – 9. Monat) • Produktion der ersten, silbischen Laute („mamama“, „wawa“, „gaga“ oder „lalala“ ) • Lallen als Reaktion auf die Äußerungen der Mutter • Hinweisen mittels Gesten auf Objekte • Bewusstes Einsetzen der Laute für bestimmte Situationen (z.B: „mmmmm“ bei Wunsch-äußerung)
2. DIE EIN-WORT-PHASE Erste Worte fast ausschließlich so genannte „soziale Wörter“ Bsp: „Mama“ „da“ „hier“ „auch „Auto“ „Ball“ „nein“ „ ja“ 4 Formen von Aussprach-Vereinfachungen: 1. Auslassen schwieriger Laute ( z.B. tinkt statt trinkt ) 2. Ersetzung schwieriger Laute ( fafe statt Kaffee ) 3. Umstellung z.B. von Konsonanten ( Kapser statt Kasper ) 4. Auflockerung von Konsonantenanhäufungen durch Sprossvokale ( Burot statt Brot)
Auslassen unbetonter Silben („poo“ statt „shampoo“) Wiederholen von Silben („Baba“ statt „Baby“) Duplikation von Konsonanten bei schwierigen Wörtern: Spiegel Giegel Flieger Gieger Traktor Tratro Bedeutungserwerb: Erkenntnis, daß alle Dinge einen Namen haben Wörter als „Eigennamen“ • „Fast mapping“
3 Phasen des Bedeutungserwerbs nach KUCZAJ & BARRETT (1986) 1. Phase: Wörter werden situativ gebraucht 2. Phase: Wörter werden zum Referieren gebraucht 3. Phase : neue Wortarten werden erschlossen und Aussagen modifiziert
Theorien zum Bedeutungserwerb: • CLARK‘ S MERKMALSTHEORIE • 1. Erschließung von Bedeutung mithilfe von semantischen Merkmalen • 2. Unmarkiertes (allgemeinere Formen) wird schneller erlernt als markiertes (spezifische Formen), da häu-figer gebraucht • - Bsp: „Hut“ = unmarkiert • „Jägerhut, Melone, Zylinder“ = markiert
Wortschatz / Lexikalische Entwicklung: Zunächst langsames Anwachsen des Vokabulars (nach 3-4 Monaten „Repertoire“ von ca. 10 Wörtern Im Alter von 18 Monaten “magische Grenze“ von 50 Wörtern danach „vocabulary spurt“
Übergeneralisierung / Überdiskriminierung: Übergeneralisierung = Gebrauch einzelner Wörter für mehrere Objekte oder Ereignisse Bsp: - alle Männer „PAPA“ oder „ONKEL“ - alle vierbeinigen Tiere „HUND“ - alles was süß schmeckt „BONBON“
Beispiel nach THOMSON & CHAPMAN (1977) : dogs apple Bears balls of soap Horses a tomato Cats cherries Hippopotamus = DOGGIE APPLE = peaches Rhinoceros strawberries Lamb oranges Wolf onion Cookie Monster round biscuits
Überdiskriminierung : bedeutet, dass ein Kind z.B. das Wort ESSEN zwar für Brot, Gemüse und Fleisch gebraucht, jedoch aber nicht für Kekse oder Eiskrem Erklärung: Das Kind ist (noch) nicht in der Lage, Einzelobjekte als Elemente einer bestimmten Kategorie zu identifizieren
Constraints als Lernmechanismen: • Kind wird beim Erlernen von Wörtern von Annahmen bzw.Constraints“ geleitet, um Bedeutungsmöglichkeiten zu reduzieren man unterscheidet zwischen: • Object scope constraint (Ganzheitsannahme) • Taxonomy constraint (Taxonomieannahme) • Mutual exclusivity (Disjunktionsannahme) • Lexical contrast constraint (Annahme v. Sinnrelationen)
1. Object Scope Constraint (Ganzheits-annahme): Annahme des Kindes, daß neues Wort sich auf das „ganze“ Objekt bezieht. 2. Taxonomy Constraint (Taxonomieannahme) Annahme, daß das neue Wort für Objekte aus derselben Kategorie steht. MARKMAN‘S Experimente
3. Mutual exclusivity constraint :(Dis-junktionsannahme): durch Überwindung der Ganzheitsannahme folgt Annahme, daß auch Objektteile benannt werden können 4. Lexical contrast constraint: Annahme, daß es semantische Relationen zwischen Wörtern gibt. (Bsp: DACKEL = Unterklasse von HUND)
Syntax und Wortbedeutung: Syntactic bootstrapping: Analyse der Art und Weise, wie Wörter verwendet werden => dadurch Bedeutungserschließung syntaktische Merkmale als Hinweisreize auf die Induktion von Wortbedeutungen
Erwerb von Verben durch syntaktische Constraints: • mithilfe des „syntactical bootstrappings“ können Kinder bei Sätzen wie: 1. The duck is gorpingthe bunny. (gorping=Kunstwort) 2. The duck and the bunny are gorping. darauf schließen, dass es im 1.Satz um eine kausative Handlung geht und im Satz 2. um eine synchrone Aktion.
Ein-Wort-Äußerungen als Holophrasen bzw. als erste Versuche, ganze Sätze zu äußern
3. Die ZWEI-WORT und MEHRWORT –PHASE: erste Zwei-Wort-Äußerungen im Alter von 18 – 24 Monaten einige Beispiele: „Mama hier“ „mehr habe“ „Ball weg“ „Tür zu“ „Papa Hut“ „da Hund“ „Kleines Balla“ „will das“ sie sind kontextlos betrachtet immer noch mehrdeutig Bsp: „Tür zu“ „Mach die Tür zu“ „Ist die Tür zu?“ „Ich mache Tür zu“
Zwei-Wort-Äußerungen als eine „TELEGRAPHISCHE SPRACHE“: • Äußerungen bestehen am Anfang zumeist aus Inhaltswörtern (Nomen, Verben, Adjektive) • - Häufiges Weglassen von Funktionswörtern (Konjunktionen, Präpositionen, Artikel)
8 Arten von semantischen Relationen nach BROWN: „Kinder versuchen durch 2-Wort-Äußerungen, semantischen Relationen Ausdruck zu verleihen“ 1. Handelnder – Handlung : „Mama kommt“ 2. Handelnder – Objekt der Handlung: „Mama Saft“ 3. Objekt - Handlung : „Saft trinken“ 4. Ort – Handlung : „dort weh“ 5. Objekt / Person – Ort: „Zug drauf“ 6. Besitzer – Besitz : „Opa Biene“ 7. Eigenschaft - Objekt / Person : „schön Moritz“ 8. Deixis –Objekt oder Person: „da Bagger“
Entwicklungen der Grammatik: • hohe Sensitivität gegenüber Strukturprinzipien der • Sprache • 2-Wort-Äußerungen folgen grammatischen Regeln • z.B. bezüglich Wortordnung („mehr Saft“ statt „Saft • mehr“) • Ausdrücken erster Vergangenheitsformen
erste Plural und Artikelformen sichtbar das Partizip Perfekt wird vereinfacht d.h. ohne Präfix ge- verwendet („kommen“ statt „gekommen“)
Modelle zur Interpretation von 2-Wort Äußerungen: • 1. Das Grammatikmodell der Pivot-Open-Strukturen von BRAINE (1963): • 2-Wort-Äußerungen bestehen am häufigsten aus einem Funktionswort (Pivot) und einem Inhaltswort (Open) • Bsp: P + O: „no milk, more shoe, all broke“ • Regeln der Pivot-Grammatik: P + O S O + P • O + O • „Durch diese Regeln lassen sich alle 2-Wort-Äußerungen generieren“
2. Das syntaxorientierte Modell von BLOOM & BROWN: 2-Wort-Äußerungen mit einer Oberflächen, - und Tiefenstruktur und 2 identische Äußerungen mit zwei unterschiedlichen Tiefenstrukturen: beschreibt Handlung (Anziehen der Socke) „mommy sock“ beschreibt Relation (Mommy‘s Socke)
Pragmatische Kompetenz: das Kind sucht die Kommunikation am Anfang: Intentionen äußern mithilfe von Gesten mit ca. 2 Jahren: Intentionen werden versprachlicht Kind lernt soziolinguistische Vorschriften (z.B. Höflichkeit)
2-Wort-Äußerungen und ihre Funktion: HALLIDAY (1975) unterscheidet 7 GRUNDFUNKTIONEN der Sprache: Sprache als ... 1. als Instrument : „Ich will“ 2. zur Regulation: „Mach X“ 3. zur Interaktion: z.B. grüßen, fragen 4. Ausdruck von Gefühlen: „das aua“ 5. zur Planung und Problemlösung 6. zur Imagination: „Ich Pirat“ 7. zur Information: „Mama kommt“
4. SATZPRODUKTION / SPRACHERWERB IM VORSCHULALTER: • im Alter von 2 ½ Jahren beginnen Kinder mit der Äußerung ganzer Sätze • Häufig korrekter Gebrauch von: 1. Funktionswörtern, • 2. Flexionsmorphemen • 3. Kasusmarkierungen, • 4. Tempus und Pluralformen
Wortfolge-Strategie: Präferenz, ‘Subjekt-Objekt- Verb‘ – Sätze zu äußern • Bsp: aus SCUPIN (1907) - Ein 3-jähriges Kind ändert in einem Kinderlied eine Zeile: • Backe backe Kuchen • Der Bäcker hat gerufen • Wer will guten Kuchen backen • Der muss haben sieben Sachen • Korrektur des Kindes: Der muss sieben Sachen haben (S-V-O)
Studie zum Erwerb grammatikalischer Morpheme von BROWN & DE VILLIERS (1973) : Erwerb von Morphemen des Englischen erfolgt in einer bestimmten Reihenfolge: 1. Present progressive: -ing 2. Präp. : in 3. Präp. : on 4. Plural: -s 5. Irreguläre Verbform : went 6. Possessiv - Bildung : -‘s 7. “be” als Vollverb 8. Artikel: the, a 9. Past tense regulär: -ed 10. Numerus (3.Person) – regulär: -s 11. Num. (3.Person) – irregulär: does,has 12. Auxilliare: is, were 13. Contractible Copula be: -‘s (That’s a dog) 14. Contractible Aux: -‘s, -‘re (They’re running)
Fazit: semantisch und syntaktisch weniger komplexe Morpheme werden zuerst erlernt Bsp: past tense “-ed “ 2 semant. Features (action, tense) Formen von “be“ 3 semant. Features (action, tense, number) Unbetontes (z.B: Artikel) im Englischen wird langsamer erworben als Betontes (Präpositionen)
3 Stufen der strukturellen Reorganisation nach BROWN: 1. rote stage: Das Kind ruft grammatisch korrekte Formen „Männer, gesehen – went, came“, die es auswendig gelernt hat, aus dem Gedächtnis ab und zwar als unanalysierte Einheiten 2. rule stage: unkorrekte Äußerungen wie „foot-s, go-ed, Männer-s, geseht) weisen auf die Erkenntnis des Kindes hin, dass Wörter aus Einheiten bestehen; reguläre Muster werden auf irreguläre ausgedehnt Übergeneralisierung 3. korrekte Formen: Bildung korrekter Formen (Männer, gesehen, went, came) , die in ein neu erworbenes Regelsystem integriert sind.
3 Stufen der strukturellen Reorganisation nach BROWN: correct forms rote stage (Männer/ feet, went) Correct forms rule stage (Männer-s/ foot-st, go-ed U–SHAPED-FORM
Entwicklung in Bezug auf Semantik: • Kind setzt Weltwissen bei Interpretation von Sätzen ein • Nomen-Verb-Nomen -Strategie • Probleme bei Interpretation reversibler Sätze • Richtige Interpretation (Weltwissen) von irreversiblen • Sätzen wie: „Die Katze wird von dem Jungen gejagt
Studien gegen ausschließlich regelhafte Phasen: • Unterschiede in der 1-Wort-Phase in Bezug auf • den Lexikonerwerb • Abweichungen in Bezug auf die ersten Wortkombinationen Unterschiede in der telegraphischen Phase
Sprachspezifische Unterschiede nach BATES: • mehrere Studien zeigen, daß der Erwerb je nach Sprache unterschiedlich sein kann: • Türkische Kinder benutzen grammatische Morpheme (Flexion) schon zu Anfang • Italienische Kinder neigen dazu, das Subjekt wegzulassen • Serbo-Kroatische Kids ignorieren Wortreihenfolge im Satz
Quantitatives Wachstum des Wortschatzes: AlterWortschatz 1,5 J. : ca. 50 Wörter 2 J. : ca. 300 3 J. : über 500 16 J. : 60.000 Wortschatz der deutschen Sprache: 300.000 – 500.000 Wörter im Alter von 18. Monaten : Wortexplosion
Muster /Theorien der Zuwachsgeschwindigkeit : • Nach GOLDFIELD (1990): gibt es ein schnelles und sprunghaftes Anwachsen • nach CLARK (1993) : eher kleine treppenförmige Sprünge • nach BLOOM (1993) &REZNICK (1990): ein graduelles, lineares Wachstum • nach BATES (1995) : eine exponentielle Wachstumskurve • nach GOLDFIELD (1996) : einen abwechselnden Verlauf von (ausgedehnten) Spurtintervallen
Erklärungsversuche für den Vokabelspurt: • Entwicklung phonologischer Fähigkeiten • Fähigkeit zur Kategorisierung • „alle Dinge der Welt benennbar“ • Erwerb einer kritischen Menge früher Wörter als Auslöser
Zusammenfassung der allgemeinen Erwerbsprinzipien : 1.) Betonte Silben und Wörter werden leichter wahrgenommen und erlernt 2.) Endsilben und Wörter in Endstellung von Satzteilen oder Sätzen werden ebenfalls schneller erworben 3.) Semantische Zusammenhänge werden oft mit der Wortfolge in Verbindung gebracht 4.) (Deutsche) Kinder verstehen und produzieren meist Sätze in der SVO-Form
5.) Normalformen werden zugunsten von entdeckten Regelhaftigkeiten aufgegeben (gesingt statt gesungen) 6.) Regelhaftigkeit wir in jedem Fall gesucht, auch wenn sie nicht vorhanden ist (Übergeneralisierung) 7.) Bedeutung kommt vor der Form (d.h. erst wenn etw. verstanden wurde, kann es geäußert werden) 8.) Zur Bedeutungserschließung werden intuitiv neben sprachlichen auch nonverbale Zusammenhänge genutzt (Mutter benennt und zeigt auf ein Objekt)
Empirische Studie zum Lexikonerwerb von C. Kauschke: • Untersuchung basiert auf Spontansprachdaten von 32 Kindern im Alter von 13, 15, 21 und 36 M. Ergebnisse: zunächst eine exponentielle, dann lineare Zunahme des produktiven Wortgebrauchs im Zeitraum von 13 - 36 Monaten • deutlicher Zusammenhang zwischen der Anzahl der verschiedenen Wörter (types) und deren Verwendungshäufigkeit (token)
Methoden zur Erfassung des kindlichen Lexikons: Analysen der Spontansprachdaten von Kindern Angaben der Eltern über die Wörter, die ihr Kind benutzt oder versteht Gegenstand der Untersuchung: phonetisch konsistente Äußerungen mit einem erkennbaren referentiellen Bezug
Komposition (Wortarten) des Lexikons: Anfangs relationale Wörter (Bsp.: weg, rein, hier, da) und personal-social words (Bsp.: hallo, nein, aua) vorherrschend Weiterer Verlauf: personal-social words gehen von über 41% (13. Monat) auf 7,5% (36. Monat) zurück, die relationalen Wörter bleiben eine große Gruppe, gehen aber von 34% auf 16% zurück.
Anteil der NOMEN wächst insbesondere im 2. Lebensjahr an : • mit 13 Monaten: 10 % • mit 15 Monaten: 15 % • mit 21 Monaten: 27 %