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Evolution und Revolution: Geschichte der (Massen-)Medien im Überblick. Sitzung vom 24.10.2006. Ziele der Sitzung. Überblick über die Mediengeschichte von der Antike bis zur Gegenwart Fähigkeit, die in den folgenden Sitzungen behandelten Medien historisch einzuordnen
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Evolution und Revolution: Geschichte der (Massen-)Medien im Überblick Sitzung vom 24.10.2006 Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Ziele der Sitzung • Überblick über die Mediengeschichte von der Antike bis zur Gegenwart Fähigkeit, die in den folgenden Sitzungen behandelten Medien historisch einzuordnen Verständnis für wechselseitige Bedingtheit von medialen und gesellschaftlichen Entwicklungen • Menschheitsgeschichte = Mediengeschichte Medienangst als Konstante der Menschheitsgeschichte Exkurse: Medienangst in der Antike/im Mittelalter Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Begriffsklärungen • Definition ‚Medium‘ • (allgem.) vermittelndes Element (vgl. Duden) • bezogen auf den Gegenstand der Vorlesung: Vermittler von Kommunikationsinhalten (verbal und non-verbal) • Definition ‚Massenmedium‘ • Vermittler von Massenkommunikation • Definition ‚Massenkommunikation‘ (vgl. Maletzke 1963: 32) • öffentlich • durch technische Verbreitungsmittel, indirekt • einseitig • an disperses Publikum Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
‚Gesetzesähnliche Aussagen‘zur Mediengeschichte (vgl. Schanne 2001: 52-55) • „Medien sterben nicht“ • Riepl‘sches Gesetz/Komplementaritätsthese • „Nicht jedes neue Medium setzt sich durch“ • „Beschleunigung der Medienentwicklung“ • Evolution der Menschheit als 24-Stunden-Tag (vgl. Schramm 1981): Sprache um 21.33 Uhr, Schrift um 23.52 Uhr, Buchdruck um 23.59’14, Zeitung um 23.59’28, Radio um 23.59’55, Fernsehen um 23.59’56 • „Gesellschaftlicher Bedarf nach Medien“ • Gesellschaftliche Entwicklungen forcieren die Entwicklung von Medien (und mediale Entwicklungen forcieren die Entwicklung der Gesellschaft, SK) Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Medien in der Antike Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Entstehung und Entwicklung der Schrift • Älteste bekannte Schriften: Keilschrift (Sumerer) und Hieroglyphen (Ägypter) im 3. Jahrtausend v. Chr. • Ursprung: Wirtschaftssystem(Vorläufer: ‚calculi‘, Rollsiegel) • Bildschriften (Piktogramme) • Keilschrift: durch Abstraktion und Phonetisierung zur Silbenschrift • Durch Schrift Erstellung von Verträgen, Gesetzeswerken, religiösen Texten etc. sowie Austausch von komplexeren Informationen über Distanzen möglich Entstehung der ersten Großreiche und Hochkulturen Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Entstehung und Entwicklung der Schrift • Entstehung der ersten Alphabet- bzw. Buchstabenschriften zwischen 1700 und 1500 v. Chr. in Syrien • Vorteil gegenüber Bild- und Silbenschriften: unbegrenzte Ausdrucksfähigkeit • Übernahme, Anpassung und Weiterentwicklung des Alphabets durch die Griechen (zwischen 1100 und 800 v. Chr. ?) • vokalisiert auf die meisten indoeuropäischen Sprachen anwendbar • Verbreitung durch Erfindung des Pergaments begünstigt Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Exkurs: Medienangst in der Antike • Buchstabenschrift: Novität/Penetration der Gesellschaft Kulturpessimismus „Denn im Vertrauen auf die Schrift werden sie (die Menschen) ihre Erinnerungen mithilfe geborgter Formen von außen heranholen, nicht von innen aus sich herausziehen; so dass sie sich vielwissend dünken werden, obwohl sie größtenteils unwissend sind, und schwierig im Umgang sein, weil sie scheinweise geworden sind statt weise“ (aus: ‚Phaidros‘, Platon, 428 – 348 v. Chr.). Trivialitäts-, (Miss-)bildungs-, (A-)sozialisationsthese Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Medien im Mittelalter Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Medien und Kommunikation im Mittelalter • Mittelalter: Vormachtstellung der Kirche in der öffentlichen Kommunikation und auf dem Mediensektor • Buchproduktion in den Skriptorien der Klöster • Bildungsmonopol der Kirche bis zum 14. Jhd. • Kirchen als ‚Medienräume‘ • Hauptteil der Nachrichtenübermittlung durch Herolde oder Briefe (z.B. ‚Fugger-Zeitungen‘), den Reichen und Mächtigen vorbehalten • Belletristik ausschließlich an Höfen und in Klöstern • ‚Einfaches Volk‘: Information und Unterhaltung durch Kauf- und Spielleute, Pilgerreisende, Bader etc. Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Exkurs: Medienangst im Mittelalter • Beispiel: Fahrende/Spielleute • Charakteristika: bisher unbekannte Mobilität; abgelöst vom herkömmlichen Sozialsystem (Novität, Fremdartigkeit) • hoher Unterhaltungswert der ‚populärkulturellen‘ Darbietungen • insbesondere Anfeindungen durch die Kirche, „weil das Medium Fahrende/Spielleute ... selbstverständlich populärer war als das Medium Prediger“ (Faulstich 2000: 176) • Machthabende sahen Machtstellung bedroht! • Spielleute quasi ohne rechtlichen Schutz und häufig Opfer von Übergriffen Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Medien in der Neuzeit Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Die Erfindung des Buchdrucks • Vorläufer des Buchdrucks: Holzschnitt (nachgewiesen seit 1423) • entwickelt zur Verbreitung von Heiligenbildern • genutzt auch zur Herstellung von Einblattdrucken mit Nachrichten über politische Ereignisse, Naturkatastrophen und Sensationen • Weiterentwicklung zu ganzseitigem Buchdruck • 1450: Erster Druck mit beweglichen Bleilettern unter einer Presse (Johannes Gutenberg, Mainz) Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Die Entwicklung der Druckmedien • Revolution der Medienwelt – und Gesellschaft: • Zwischen 1452 und 1454 Druck von 180 ‚Gutenbergbibeln‘ • Produktion von Sachbüchern für die säkularen Universitäten (humanistische Bildungsbewegung) • Später auch Druck von belletristischen Werken • Verbreitung von Nachrichten und Pamphleten über Flugblätter und –schriften Durchsetzung der Reformationsbewegung • Lutherbibel als Grundstein einer ‚deutschen Einigung‘ Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Die Entwicklung der Druckmedien • 1583 erste ‚Meßrelation‘ (‚relatio historica‘, Köln) • 1605 erste Zeitung (‚Relation‘, Straßburg) • 1650 erste Tageszeitung (‚Einkommende Zeitungen‘, Leipzig) • 1682 erste Zeitschrift in Deutschland (‚Acta Eruditorum‘, Leipzig) Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Geschichte der audiovisuellen Medien Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Die Entwicklung der optischen Medien: Fotografie • 1837: Erste Daguerreotypie (Louis Jacques Mandé Daguerre) • keine Aufzeichnung sich bewegender Objekte aufgrund langer Belichtungszeit • Ab 1840: Portraitaufnahmen • 1859: erste Fotografie, auf der sich bewegende Menschen festgehalten werden • Im 19. Jhd.: Fotografieangstdebatte • Hintergrund insbsondere: scheinbare Entwertung der bildenden Künste Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Die Entwicklung der optischen Medien: Film • 1880: eine Fotoserie zu einem galoppierendem Pferd wird dem Publikum als ‚Laufbilder‘ vorgeführt • 1895: Gebrüder Lumiére präsentieren den ‚Cinematographe‘ und einen Kurzfilm, der auf einen Schirm projiziert wird • 1896: ‚Welttournee‘ der Gebr. Lumiére mit verschiedenen Filmen • 1896: das erste deutsche Kino in Berlin Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Die Entwicklung des Hörfunks • 1887/88: Heinrich Hertz entwickelt ‚Resonator‘ zur Erzeugung und Übertragung elektromagnetischer Wellen • 1897: Guglielmo Marconi überträgt telegrafische Nachrichten über 5000 m; bereits 1901 über 3400 km (England – Neufundland) • 1906: erste Funksendung am Weihnachtsabend im New Yorker Hafen • 1920: Erste regelmäßige Rundfunkausstrahlung in Philadelphia Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Die Entwicklung des Hörfunks • Deutschland: erste Funkübertragung 1920 • ab 1923: regelmäßiger Unterhaltungsrundfunk aus Berlin • deutsche Haushalte mit Radioempfang: 1923 – 469; 1926 – 1,2 Mio.; 1928 – über 2 Mio. • in den 1920er Jahren: Hörfunkangstdebatte in Deutschland • Fokus: (Zer-)Störung der sozialen Ordnung Bsp.: Gedicht „Der Radiotenkrieg“ (Klabums) über das Schicksal einer Nachbarschaftsgemeinschaft: „Nichts, das diesen Frieden stören mochte – bis Beelzebub das Radio erfand!“ Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Die Entwicklung des Fernsehens • 1884: Paul Nipkow entwickelt unter Rückgriff auf Hertz das Prinzip der Bildübertragung • 1910: Arthur Korn/Edouard Belin übertragen Bilder von Berlin nach Paris (‚Fototelegrafie‘) • 1924: August Karolus präsentiert Vertretern von Industrie und Post den ‚Großen Fernseher‘ • 1928: Auf der 5. Funkausstellung wird dem Publikum ein ‚Fernseher‘ vorgeführt • 1935: Beginn von Fernsehausstrahlungen in Deutschland (dreimal 90 Sendeminuten/Woche) • Anfangs nur 50 Empfangsgeräte deutschlandweit • Bis nach Ende des 2. Weltkrieges Rezeption allein in ‚Fernsehstuben‘ bzw. ‚Fernsehtheatern‘ möglich Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Neue Medien nach 1945 Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Entwicklung des Comics • 1895 (?): erster (wöchentlich fortgesetzter)‚Comic Strip‘ in der New York Post‘ • 1897: erste ‚Comic Strip‘-Sammlungen(USA) • 1904: erster täglich erscheinender Comic Strip (USA); erste ‚Comic Books‘ • 1933: Erstes Comic-Heft (‚Funnies on Parade‘) in den USA • 1935-37: Comic-Strips ‚Vater und Sohn‘ in der Berliner Illustrierten • Verbot (amerikanischer) Comics während des Dritten Reiches • Ab ca.1950: erste Comic-Hefte in der BRD Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Entwicklung des Internet • 1957: ‚Sputnik-Schock‘ • 1958: Gründung der Advanced Research Projects Agency (ARPA) (USA) • 1969: ARPAnet mit vier Rechnern • 1972: Öffnung des ARPAnet für Forschungs-einrichtungen und Universitäten in den ganzen USA • 1983: TCP/IP-Protokoll ( ‚Internet‘) • 1988/89: Erste Internet-Anbindungen deutscher Universitäten • 341.634 %341.634 Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Entwicklung des Internet • 1991: Entwicklung der www-Oberfläche • 1993: das www ist für weite Teile des Internet verfügbar • Wachstumsrate in diesem Jahr: 341.634 % • 1995: www ist es die meistgenutzte Oberfläche Verdopplung der Nutzerzahlen ca. alle 10 Monate (90er Jahre) • Nutzungsraten in Deutschland: • 1997: 6,5 % der Gesamtbevölkerung • 1999: 17,7 % der Gesamtbevölkerung • 2001: 38,8 % der Gesamtbevölkerung • 2003: 53,5 % der Gesamtbevölkerung • 2006: 59,5% der Gesamtbevölkerung Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Entwicklung der Computerspiele • 1958: ‚Tennis for Two‘am Brookhaven National Laboratory • 1962: ‚Spacewars!‘ am MIT • 1972: ‚Pong‘ • 1974: ‚Home Pong‘ • 1977: erste Spielkonsolen von Atari und Commodore • 1979: erste Adventure- und Rollenspiele • 1981: Personal Computer (PC) von IBM; ‚Pac Man‘ auf Spielautomaten Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Entwicklung der Computerspiele • 1984: ‚Great Video Game Crash‘, stärkere Verlagerung des Computerspielgeschäfts von der Konsole auf den PC • 1985: ‚Tetris‘ • 1989: ‚Sim City‘ • 1992: erster Ego-Shooter (‚Wolfenstein 3D‘) • 1993: ‚Myst‘ • 1997: ‚Ultima Online‘ • 1999: ‚Counter Strike‘ • 2004/05: ‚World of Warcraft‘ Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Verwendete Literatur • Faulstich, Werner (2000): Medienkulturen, München: Fink (hier: S. 171-188). • Hiebel, Hans H. u.a. (1999): Große Medienchronik, München: Fink. • Klabums, Eusebius. Der Radiotenkrieg. In: Der Deutsche Rundfunk. Heft 26. 1925. S. 1643 • Merten, Klaus (1994): Evolution der Kommunikation. In: ders./Schmidt, Siegfried J./Weischenberg, Siegfried (Hrsg.): Die Wirklichkeit der Medien. Eine Einführung in die Kommunikationswissenschaft, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 141-162. • Maletzke, Gerhard (1963): Psychologie der Massenkommunikation, Hamburg. • Schanne, Michael (2001): Mediengeschichte. In: Jarren, Otfried/Bonfadelli, Heinz (Hrsg.): Einführung in die Publizistikwissenschaft, Bern u.a.: Haupt, S. 47-68. Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke
Verwendete Literatur • Schramm, Wilbur (1981): What is a long time? In: Wilhoit, George C./de Bock, J.H. (Hrsg.): Mass Communication Review Yearbook, Vol. 2, Beverly Hills/London, S. 202-206. • Wilke, Jürgen (2000): Grundzüge der Medien- und Kommunikationsgeschichte, Köln u.a.: Böhlau. Internetquellen: • http://www.weikopf.de/Sprache/Schrift/schrift.html • http://de.wikipedia.org • http://www.bilderstrom.de/stmichael/faecher/deutsch/kanon/ kanondiskussion/dateien/vergessen.doc • http://www-user.tu-chemnitz.de/~voj/epub/comicverlage2002/ comicverlage2002.pdf • http://www.michaelkaul.de/Geschichte/geschichte.html Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke