270 likes | 495 Views
Gewalt gegen Polizeibeamte. KAI Alter: 36 Dienstjahre: 20 Dienstgrad: Polizeikommissar Funktion: Hundertschaft – Gruppenführer Vorfall: Schlag mit Eisenstange auf den Kopf durch Demonstranten Folgen: Stauchung der Halswirbelsäule
E N D
KAI Alter: 36 Dienstjahre: 20 Dienstgrad: Polizeikommissar Funktion: Hundertschaft – Gruppenführer Vorfall: Schlag mit Eisenstange auf den Kopf durch Demonstranten Folgen: Stauchung der Halswirbelsäule Eine Woche krankgeschrieben, danach zwei Wochen nur Innendienst Wieder voll Einsatzfähig nach zwei Monaten In der ersten Zeit Distanz zu anderen Leuten Schnellere aggressivere Stimmungslage Gesichtsausdruck des Täter (Hass in den Augen) nicht vergessen, aber Sonst keine psychischen Folgen
ANDREA Alter: 37 Dienstjahre: 12 Dienstgrad: Polizeikommissarin Funktion: Einsatz-und Streifendienst Anlass: Ruhestörung – betrunkener Mann auf der Straße Vorfall: Zusammen mit Kollegen von unter Drogeneinfluss stehendem Täter massiv geschlagen Folgen: Drei Tage stationär behandelt Eine Woche krankgeschrieben, danach zwei Wochen nur Innendienst Schuldgefühle gegenüber Kollegen Angst vor Außendienst Albträume, Selbstmordgedanken, Flashbacks, Todesangst Diagnose: mittelgradige PTBS
KLAUS Alter: 50 Dienstjahre: 24 Dienstgrad: Polizeiobermeister Funktion: Schutzpolizei, Verkehrsdienst Anlass: Geschwindigkeitsmessung Vorfall: Täter versucht Radargerät zu stehlen und kommt mit Messer in der Hand auf ihn zu Schusswaffengebrauch angedroht Täter flieht – 33 min. bis zum Eintreffen der Verstärkung Folgen: Schlafstörungen, Flashbacks, Vermeidungsverhalten Vermehrter Alkoholkonsum zum Einschlafen Kontakt zum Polizeipsychologen Sechswöchiger Klinikaufenthalt mit Einzel- und Gruppentherapie Dann halbes Jahr ambulante Psychotherapie
Gliederung • 1. Ausmaß und Entwicklung von Gewalt gegen Polizeibeamte 1.1Gewalterscheinungen 1.2 Entwicklungstendenzen 1.3 Erklärungsansätze • 2. Beschreibung der Gewaltübergriffe 2.1 Einsatzsituation, Art und Weise des Übergriffs 2.2 Situationsmerkmale 2.3 Beamtenmerkmale 2.4 Tätermerkmale • 3. Folgen 3.1 für den Beamten 3.2 für den Täter • 4. Präventionsansätze gegen gewalttätige Übergriffe auf Polizeibeamte 4.1 bezüglich des PVB 4.2 bezüglich des Vorgesetzten/Dienstherren 4.3 bezüglich der Gesellschaft
KFN – Studie „Gewalt gegen Polizeibeamte“ • Teilnehmer ca. 86000 PVB aus 10 Bundesländern - Rücklaufquote 25,1 %, 20938 Personen => 21,3% weiblich => 61,7% zwischen 30 und 49 Jahre
1. Ausmaß und Entwicklung von Gewalt gegen Polizeibeamte 1.1 Gewalterscheinungen insgesamt breites Spektrum an Gewalthandlungen - Dominanz „verbale Gewalt“ => 80,9 % wurden beschimpft oder beleidigt (jeder fünfte mind. einmal im Monat) => 65,4 % wurden mit Worten bedroht - körperliche Gewalt => 1/3 leichte körperliche Gewalt (Festhalten, Anpacken, Schubsen) => jeder sechste wurde geschlagen oder getreten => jeder elfte Angriff mit Waffe/gefährlichem Werkzeug
1. Ausmaß und Entwicklung von Gewalt gegen Polizeibeamte 1.2 Entwicklungstendenz • allg. zwischen 2000 und 2008 = Anstieg Widerstandsdelikte gegen die • Staatsgewalt • Anteil viktimisierter Polizeibeamten von 2,6 % auf 4,5 % gestiegen • - schwereÜbergriffe mit DU > 2 Mon. konstant niedrig • - 68,5 % der Übergriffe max. 6 Tage DU • subj. Meinungsbild der Beamten = Wahrscheinlichkeit Gewaltübergriff • (sehr) viel größer geworden • Übergriffe je Einsatzsituation • - Zunahme in allen Bereichen • => HG – 2000 noch 5,8%, 2010 bereits 11,4% (Gewaltschutzgesetz)
1. Erklärungsansätze für die Zunahme von Gewaltübergriffen gegen Polizeibeamte 1.3 Erklärungsansätze • Respektlosigkeit gegenüber Polizei in Gruppe der Jugendlichen und Heranwachsenden • Gegenargument; Schüler und Erwachsene mehrheitlich positiv eingestellt (vgl. Schülerbefragung: Baier et al., 2010; repräsentative Bevölkerungsbefragung: Baier et al., 2011). • Zunehmende Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft • Gegenargument; Abnahme der Gewaltkriminalität laut PKS • Polarisierungstendenzen in der Gesellschaft • Milieubildung mit eigenem Normen – und Wertesystem
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe 2.1 Einsatzsituation, Art und Weise des Übergriffs Abb. 11: Anlass des Einsatzes Art des Übergriffs: - bei Familienstreitigkeiten zu 92,5% körperliche Gewalt - bei Demonstrationen zu 61,3% Waffen/gefährliche Gegenstände
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe 2.2 Situationsmerkmale - zeitlich • Wochentag • 63,1% der Übergriffe zwischen Freitag und Sonntag • - Demonstrationen, Veranstaltungen zu 80% • - Familienstreitigkeiten zu 55% • Jahreszeit • Jahreszeit Juni - August = 32,2% Uhrzeit Abb. 7: Uhrzeit des Übergriffs (Fallzahl)
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe 2.2 Situationsmerkmale - örtlich Örtlichkeit der Übergriffs 47% der Übergriffe auf Straßen/öffentlichen Plätzen/Parks/Parkplätze 23,6% in Wohnung/Haus/Gärten 2,8% Stadion/Stadionumgebung Abb. 9: Lichtverhältnisse am Ort des Übergriffs
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe 2.2 Situationsmerkmale – durchgeführte Maßnahme Abb. 10: Polizeiliche Maßnahmen zum Zeitpunkt des Übergriffs (Mehrfachnennung)
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe 2.3 Beamtenmerkmale • Risikofaktoren für Angriffe • Jüngere Beamte stärker gefährdet als ältere Beamte • größere und schwerere Beamte stärker gefährdet als Kleinere und Leichtere • Beamte mit Migrationshintergrund • Beamte aus dem Streifeneinzeldienst/besondere Einsatzeinheiten • männliche Beamte stärker gefährdet als weibliche Beamte • bei 14,3% der gewalttätigen Übergriffe trugen PVB Zivilbekleidung • Bei 47,5% der gewalttätigen Übergriffe trugen PVB Handschuhe
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe 2.3 Beamtenmerkmale Abb. 13: Mentale Vorbereitung , Bewertung der Situation und Kommunikation mit dem Täter vor dem Übergriff nach Einsatzsituation (in %; in Klammern: Anzahl Fälle)
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe 2.4 Tätermerkmale • Täter sind überwiegend • meist Alleintäter = 74,8% • Mehrheit ist männlichen Geschlechts = 92,9% • Durchschnittlich jüngeren Alters = ca. 60% unter 25 Jahre (meist in Gruppen) • 64,2 % der Täter sind deutscher Herkunft • Weitere Tätermerkmale • In 71,1% alkoholisiert • In 64,8% polizeilich bekannt • 19,3% bewaffnet mit Waffe/gefährlichen Werkzeug • 72,1% bereits im Vorfeld • 26,4% allein handelnd, männlich, erwachsen und deutsch
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe 2.4 Tätermerkmale • Tätermotive • in 37,8% um sich einer Festnahme zu entziehen • In 30,5% Feindschaft gegenüber Polizei • - Anstieg; 2005 24,9% - 2009 32,2% • Besondere Tätergruppe bei Demonstrationen • Anteil an Gruppentaten am höchsten • Am häufigsten Waffeneinsatz • Hinterhaltsituationen • Hauptmotiv ist Feindschaft gegen Polizei • Bei jedem vierten Übergriff Tötungsabsicht unterstellt
3. Folgen des gewalttätigen Übergriffs 3.1 für den Beamten - physisch Abb. 15: Häufigkeit von Verletzungen verschiedener Körperpartien (in %) • Verletzung durch Übergriff • bei Personenkontrollen 55,1% Verletzung der Hände/Arme • - bei Veranstaltung nur 37,3% • bei Streitigkeiten (nicht Familie)35,5% Gesichtsverletzung/Kopf • - bei Demonstrationsgeschehen 23,0%
3. Folgen des gewalttätigen Übergriffs 3.1 für den Beamten - psychisch • Psychische Folgen • 27,6% Schlafstörungen • - unter 30jährige nur 8,9% • 10,6% Auswirkung auf soziale Kontakte • 8,6% Auswirkung auf Partnerschaft • 4,6% Alkoholprobleme • Verdacht PTBS • - Männer = 4,7% • - Frauen = 6,7%
3. Folgen des gewalttätigen Übergriffs 3.1 für den Beamten - rechtlich Abb. 19: Rechtliche Konsequenzen nach Geschlecht, Alter und Tätigkeitsbereich (in %, in Klammern: Anzahl der Fälle) • Im Untersuchungszeitraum hat keine der Anklagen zu einer Verurteilung des • betroffenen Beamten geführt! • =>Studie über Intranet der Polizei geführt, dementsprechend wurde keine • Personen befragt die wegen Verurteilung aus der Polizei ausgeschieden sind
3. Folgen des gewalttätigen Übergriffs 3.1 für den Beamten - beruflich • Der Beamte ist durch den Zwischenfall dauerhaft Außendienstunfähig • 71 Personen = 3,2 % • Der Beamte bekam eine neue Verwendung • 96 Personen = 4,4 % • Überschneidung = 22 % • Wie ist es zu dieser Entscheidung einer anderen Verwendung gekommen? • 67,8 % auf ärztliche Empfehlung • 50,6 % auf eigenen Wunsch • 21,8 % vom Vorgesetzten
3. Folgen des gewalttätigen Übergriffs 3.2 für den Täter - unmittelbar • Täter unmittelbar festgenommen = 80,9% • Täter später ermittelt und festgenommen = 10,1% • Täter entkommen = 9% • Täter verletzt mit ambulanter Versorgung = 36,3%
3. Folgen des gewalttätigen Übergriffs 3.2 für den Täter – Ausgang des Strafverfahrens • Abb. 21: Ausgang des Strafverfahrens für den Täter (in %, 1949 Nennungen) • in 90% der Fälle wurde ein Strafverfahren eingeleitet – 1/3 eingestellt • Im Falle einer Verurteilung • ca. 50% zu einer Geldstrafe • ca. 30% Bewährungsstrafe • ca. 15% Freiheitsstrafe
4. Präventionsvorschläge gegen gewalttätige Übergriffe auf Polizeibeamte 4.1 bezüglich des PVB 1. Verbesserte Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten 2. Gefahren gehen auch von anscheinend ungefährlichen Situationen aus. 3. Weibliche Polizeibeamte wirken sich in spezifischen Situationen deeskalierend aus. 4. Im Vorfeld des Einsatzes Informationsbeschaffung zum Täter einholen 5. Verbale Kommunikation ist eine wichtige Strategie, die hilft, die Folgen eines Übergriffs abzumildern. 6. Umfassende Schutzausstattungen als Führungs- und Einsatzmittel 7. Prävention geschieht auch auf dem Weg der guten Nachsorge. (durch Kollegen und psychologische Betreuung)
4. Präventionsvorschläge gegen gewalttätige Übergriffe auf Polizeibeamte 4.2 bezüglich des Dienstherren/Vorgesetzten 1. Der Leitfaden zur Eigensicherung sollte auf seine Praxistauglichkeit unter veränderten Umständen (u.a. Täterverhalten) geprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden. 2. Die Nachbereitung von Gewaltübergriffen sollte stärker als bisher durch den Dienstherrn bzw. Vorgesetzten gefördert werden. 3. Der Wunsch der Beamten nach Fortbildung sollte respektiert werden. Zugleich sollte die Wirkung der Teilnahme an Fortbildungen stärker als bisher evaluiert werden.
4. Präventionsvorschläge gegen gewalttätige Übergriffe auf Polizeibeamte 4.3 bezüglich der Gesellschaft 1. Das Bild der Polizeibeamten sollte durch geeignete Maßnahmen in der Öffentlichkeit verbessert werden. 2. Gewalt gegen Polizeibeamte härter bestrafen („§ 115 StGB Jetzt!“). 3. Gesellschaftlichen Polarisierungstendenzen als eine mögliche Ursache für die Zunahme von Gewalt gegen Polizeibeamte sollte entgegen getreten werden.
DISKUSSION • Wie viel Gewalt muss ein PVB hinnehmen ? • Was könnten Gründe für die Gewaltzunahme gegenüber PVB sein ? • Wie können sich PVB in Zukunft besser davor schützen ? • Ist das Mitführen von FEM gewaltfördernd oder eher deeskalierend ?