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Aktuelle Entscheidungen des EuGH/EuG. Terminplan. 11.06.2012 25.06.2012 09.07.2012 Jeweils 18 Uhr c.t. bis 20 Uhr. Vorschau. Verhältnis des Unionsrechts zum nationalen Recht (Vorrang). EuGH, 20.10.2011, Interedil(C-396/09). EuGH, 08.09.2010, Winner Wetten (C-409/06).
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Terminplan • 11.06.2012 • 25.06.2012 • 09.07.2012 Jeweils 18 Uhr c.t. bis 20 Uhr
Vorschau • Verhältnis des Unionsrechts zum nationalen Recht (Vorrang) • EuGH, 20.10.2011, Interedil(C-396/09) • EuGH, 08.09.2010, Winner Wetten (C-409/06) • Staatshaftung der Mitgliedstaaten bei Verletzung des Gemeinschaftsrechts • EuGH, 25.11.2010, Fuß (C-429/09) • EuGH, 19.05.2011, Iaia u.a.(C-452/09) • EuGH, 08.09.2011, Q-Beef und Bosschaert(C-89/10)
Verhältnis des Unionsrechts zum nationalen Recht (Vorrang) Urteil des Gerichtshofs vom 20.10.2011, Interedil(C-396/09) Vorabentscheidungsersuchen eines italienischen Gerichts in einer Insolvenzsache
C-396/09 „Vorabentscheidungsersuchen – Befugnis eines unteren Gerichts, dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen – Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 – Insolvenzverfahren – Internationale Zuständigkeit – Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners – Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes in einen anderen Mitgliedstaat – Begriff ‚Niederlassung‘“ Quelle: Stichwortkette aus dem Urteilskopf
Vorlagefrage 4 „Steht, wenn die Entscheidung der Corte suprema di cassazione über die Zuständigkeit [ …] auf einer Auslegung von Art. 3 der Verordnung beruht, die von der des Gerichtshofs abweicht, Art. 382 der italienischen Zivilprozessordnung, wonach die Corte suprema di cassazione über die Zuständigkeit endgültig und verbindlich entscheidet, der Anwendung des genannten Artikels in der Auslegung des Gerichtshofs entgegen?“
VERORDNUNG (EG) Nr. 1346/2000 DES RATESvom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren Artikel 3 - Internationale Zuständigkeit (1) Für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. Bei Gesellschaften und juristischen Personen wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, daß der Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen der Ort des satzungsmäßigen Sitzes ist. (2) Hat der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen im Gebiet eines Mitgliedstaats, so sind die Gerichte eines anderen Mitgliedstaats nur dann zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens befugt, wenn der Schuldner eine Niederlassung im Gebiet dieses anderen Mitgliedstaats hat. Die Wirkungen dieses Verfahrens sind auf das im Gebiet dieses letzteren Mitgliedstaats belegene Vermögen des Schuldners beschränkt.
Antwort des EuGH „Es ist mit dem Unionsrecht nicht vereinbar, dass ein nationales Gericht nach einer nationalen Verfahrensvorschrift an die rechtliche Beurteilung eines übergeordneten nationalen Gerichts gebunden ist, wenn diese Beurteilung des übergeordneten Gerichts nicht dem Unionsrecht in seiner Auslegung durch den Gerichtshof entspricht.“ (Tenor Nr. 1) Ebenso bereits: EuGH, 05.10.2012, Elchinov (C-173/09)
Vorlagerecht gilt unbeschränkt Das nationale Gericht, das Unionsrecht anwendet, muss für die volle Wirksamkeit dieser Normen sorgen, indem es erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Bestimmung aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewandt lässt, „ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser nationalen Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste.“ (vgl. C-396/09, RN 38)
Verhältnis des Unionsrechts zum nationalen Recht (Vorrang) Urteil des Gerichtshofs vom 08.09.2010, Winner Wetten (C-409/06) Vorabentscheidungsersuchen des VG Köln
C-409/06 „Art. 43 EG und 49 EG – Niederlassungsfreiheit – Freier Dienstleistungsverkehr – Auf der Ebene eines Bundeslands bestehendes staatliches Monopol auf die Veranstaltung von Sportwetten – Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der die Unvereinbarkeit der ein solches Monopol betreffenden Regelung mit dem deutschen Grundgesetz festgestellt, die Regelung aber während einer Übergangszeit aufrechterhalten wird, um die Herstellung ihrer Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu ermöglichen – Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts – Zulässigkeit und eventuelle Voraussetzungen einer derartigen Übergangszeit, wenn die betreffende nationale Regelung auch gegen die Art. 43 EG und 49 EG verstößt“ Quelle: Stichwortkette aus dem Urteilskopf
1. Vorlagefrage „Sind die Art. 43 EG und 49 EG dahin gehend auszulegen, dass nationale Regelungen für ein staatliches Sportwettenmonopol, die unzulässige Beschränkungen der in den Art. 43 EG und 49 EG garantierten Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit enthalten, weil sie nicht entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteil Gambelli u. a.) in kohärenter und systematischer Weise zur Begrenzung der Wetttätigkeit beitragen, trotz des grundsätzlichen Anwendungsvorrangs unmittelbar geltenden Gemeinschaftsrechts ausnahmsweise für eine Übergangszeit weiterhin angewandt werden dürfen?“
Antwort des EuGH „Aufgrund des Vorrangs des unmittelbar geltenden Unionsrechts darf eine nationale Regelung über ein staatliches Sportwettenmonopol, die nach den Feststellungen eines nationalen Gerichts Beschränkungen mit sich bringt, die mit der Niederlassungsfreiheit und dem freien Dienstleistungsverkehr unvereinbar sind, weil sie nicht dazu beitragen, die Wetttätigkeiten in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen, nicht für eine Übergangszeit weiter angewandt werden.“ (Tenor)
Staatshaftung der Mitgliedstaaten bei Verletzung des Gemeinschaftsrechts Urteil des Gerichtshofs vom 25.11.2010, Fuß(C-429/09) Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Halle
C-429/09 „Sozialpolitik – Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer – Richtlinien 93/104/EG und 2003/88/EG – Arbeitszeitgestaltung – Im öffentlichen Sektor beschäftigte Feuerwehrleute – Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88/EG – Wöchentliche Höchstarbeitszeit – Überschreitung – Ersatz des Schadens, der durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht entstanden ist – Voraussetzungen, denen ein Ersatzanspruch unterliegt – Verfahrensmodalitäten – Verpflichtung, zuvor einen Antrag beim Arbeitgeber zu stellen – Form und Umfang der Ersatzleistung – Freizeitausgleich oder Entschädigung – Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität“
Vorlagefragen (Auswahl) A) Schadensersatzansprüche aus der RL 2003/88 wegen Überschreitung der Höchstarbeitszeit? B) Schadensersatzanspruch abhängig von Verschulden des Arbeitsgebers bei Festsetzung der Arbeitszeit oder von Antrag auf Arbeitszeitverkürzung durch AN? C) Entschädigung durch Freizeitausgleich oder Geld?
RICHTLINIE 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung Artikel 6 Wöchentliche Höchstarbeitszeit Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer: • [ … ] • die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreitet.
Entschädigungspflicht bei Verstoß eines MS gegen Unionsrecht RL regelt nicht Sanktionen –> Haftung nach allg. Grundsätzen: • Unionsrechtliche Norm bezweckt die Verleihung von Rechten an die Geschädigten • Verstoßist hinreichend qualifiziert • Kausalzusammenhang zwischen Verstoß und Schaden
Äquivalenz und Effektivität Ausgestaltung von Verfahren zum Schutz der Rechte, die Bürger aus dem Unionsrecht erwachsen ist Sache der MS • Grundsatz der Äquivalenz: Verfahren dürfen nicht weniger günstig gestaltet sein, als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen • Grundsatz der Effektivität: Rechtsausübung darf nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden
Unmittelbare Wirkung der RL „Was zweitens die Folgen betrifft, die sich für die nationalen Gerichte aus einer solchen Verletzung von Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88 ergeben, ist darauf hinzuweisen, [ …] dass sich Einzelne gegenüber dem Staat, einschließlich in dessen Eigenschaft als Arbeitgeber, immer dann auf die Bestimmungen einer Richtlinie berufen können, wenn sich diese als inhaltlich unbedingt und hinreichend genau darstellen, insbesondere wenn der Staat diese Richtlinie nicht innerhalb der Frist in nationales Recht umgesetzt hat oder wenn die Umsetzung unzureichend war [ …].“(Fuß, C-243/09, RN 56)
Hinreichend qualifizierter Verstoß • MS überschreitet offenkundig und erheblich die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind • Hierbei zu berücksichtigen: • Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift • Umfang des Ermessensspielraums, den die verletzte Vorschrift den nationalen Behörden belässt
Ergebnis zu A) • Schadenersatzanspruch wegen Überschreitung der Höchstarbeitszeit möglich • Entschädigung nach nationalem Schadensersatzrecht hierbei zu beachten:Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatz
Vorlagefrage B) Schadensersatzanspruch abhängig von Verschulden des Arbeitsgebers bei Festsetzung der Arbeitszeit oder von Antrag auf Arbeitszeitverkürzung durch AN?
Maßstab • Unionsrechtliche Anspruchsvoraussetzungen reichen aus, um Entschädigungsanspruch zu begründen • Unionsrecht erlaubt nicht, dass im nationalen Recht zusätzliche Voraussetzungen für Entschädigung aufgestellt werden • Schadensminderungspflicht des Geschädigten möglich – unter Beachtung des Effektivitätsgrundsatzes
Ergebnis zu B) • Über qualifizierten Verstoß hinausgehendes Verschulden nicht erforderlich • Antrag des AN auf Einhaltung der Höchstarbeitszeit nicht erforderlich
Vorlagefrage C) C) Entschädigung durch Freizeitausgleich oder Geld?
Ergebnis zu C) Konkrete Entschädigung obliegt MS, aber Beachtung des Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatzes
Staatshaftung der Mitgliedstaaten bei Verletzung des Gemeinschaftsrechts Urteil des Gerichtshofs vom 19.05.2011, Iaia u.a.(C-452/09) Vorabentscheidungsersuchen aus Italien
C-452/09 „Richtlinie 82/76/EWG – Niederlassungsfreiheit und freier Dienstleistungsverkehr – Ärzte – Erwerb des Facharztdiploms – Vergütung während der Weiterbildungszeit – Fünfjährige Verjährung des Anspruchs auf Zahlung wiederkehrender Bezüge“ Quelle: Stichwortkette aus dem Urteilskopf
Vorlagefrage „Mit seinen Fragen [ … ] möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob ein Mitgliedstaat nach dem Unionsrecht gegen die Ausübung des aus einer Richtlinie abgeleiteten Rechts oder die Geltendmachung des Anspruchs auf Schadensersatz wegen fehlender ordnungs- und fristgemäßer Umsetzung dieser Richtlinie eine Einrede der Verjährung erheben kann und ob dies gegebenenfalls erst nach Feststellung des Unionsrechtsverstoßes durch den Gerichtshof möglich ist.“ (EuGH, C-452/09, Rn. 15)
EuGH: • Festsetzung angemessener Verjährungsfristen verstößt nicht gegen den Effektivitätsgrundsatz • Berufung auf Verjährung nur dann ausgeschlossen, wenn MS durch sein Verhalten die Verspätung der Klage verursacht hat • Feststellung eines Unionsrechtsverstoß durch den EuGH für Beginn der Verjährungsfrist unerheblich
Antwort des EuGH „Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass es dem nicht entgegensteht, dass sich ein Mitgliedstaat gegenüber der von einem Einzelnen zur Wahrung der Rechte aus einer Richtlinie erhobenen Klage auf den Ablauf einer angemessenen Verjährungsfrist beruft, obwohl er die Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat, sofern er nicht durch sein Verhalten die Verspätung der Klage verursacht hat. Die Feststellung eines Unionsrechtsverstoßes durch den Gerichtshof ist für den Beginn der Verjährungsfrist unerheblich, wenn dieser Verstoß außer Zweifel steht.“ (Tenor)