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Niedrig- und Mindestlöhne in Deutschland

Niedrig- und Mindestlöhne in Deutschland. Veranstaltung der Friedrich Ebert Stiftung „Mindestlöhne für Deutschland“ am 21. April 2010 in Berlin Dr. Claudia Weinkopf Forschungsabteilung „Flexibilität und Sicherheit“ (FLEX). Inhalt. Aktuelle Trends der Niedriglohnbeschäftigung

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Niedrig- und Mindestlöhne in Deutschland

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Presentation Transcript


  1. Niedrig- und Mindestlöhne in Deutschland Veranstaltung der Friedrich Ebert Stiftung „Mindestlöhne für Deutschland“ am 21. April 2010 in Berlin Dr. Claudia Weinkopf Forschungsabteilung „Flexibilität und Sicherheit“ (FLEX)

  2. Inhalt • Aktuelle Trends der Niedriglohnbeschäftigung • Branchenbezogene Mindestlöhne • Rechtliche Grundlagen • Stand der Umsetzung • „Stolpersteine“ • Fazit und Perspektiven

  3. Was ist ein Niedriglohn? • OECD-Definition: Lohn in Höhe von bis zu zwei Dritteln des gesamtwirtschaftlichen Medians • IAQ-Berechnungen mit zwei Datensätzen • SOEP (Stundenlohn): abhängig Beschäftigte* (einschließlich Teilzeit- und Minijobs) • BA-Daten (Monatslohn): Vollzeitbeschäftigte * Ohne Auszubildende, Praktikant/innen, Selbständige, Mithelfende Familienangehörige, Personen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, Beschäftigte in Behindertenwerkstätten, Wehr- und Zivildienstleistende, Beschäftigte in Altersteilzeit Ebenfalls ausgeschlossen: Schüler/innen, Studierende, Rentner/innen

  4. Niedriglohnschwellen und -anteile(abhängig Beschäftigte, 2008) Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP 2008

  5. Niedriglohnanteile 1995 – 2008(Ost-West-differenzierte Niedriglohnschwellen, in % der Beschäftigten) Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP 2008

  6. Zahl der Niedriglohnbeschäftigten, 1995 – 2008 (Ost-West-differenzierte Niedriglohnschwellen, in Millionen) Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP 2008

  7. Ausweitung des Niedriglohnsektors • Starkes Wachstum seit Mitte der 1990er Jahre • Niedriglohnanteil: von 14,6% (1996) auf 21,5% (2006) • Zahl der Betroffenen: von 4,29 Millionen (1998) auf 6,55 Millionen (2008) • Zunahme allein zwischen 2004 und 2008 um 650.000 • Deutliche Ausdifferenzierung der Löhne nach unten • Die Durchschnittslöhne im Niedriglohnsektor • sind in den letzten Jahren nominal kaum gestiegen oder sogar gesunken • liegen inflationsbereinigt sogar niedriger als 1995

  8. Lohnentwicklung im Niedriglohnsektor(Durchschnittliche Stundenlöhne (brutto), Westdeutschland, in €) Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP 2008

  9. Lohnentwicklung im Niedriglohnsektor Durchschnittliche Stundenlöhne (brutto), Ostdeutschland, in €) Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP 2008

  10. Niedriglohnanteile im internationalen Vergleich(2005, in %) Quelle: Mason/Salverda 2008

  11. Struktur der Niedriglohnbeschäftigten

  12. Zwei Betrachtungsweisen, die häufig verwechselt werden… • Anteil der von Niedriglöhnen Betroffenen innerhalb einer Beschäftigtengruppe („Niedriglohnrisiko“) • Beispiel: Von den unter 25-Jährigen arbeiten mehr als die Hälfte für einen Niedriglohn • Struktur der Niedriglohnbeschäftigten nach verschiedenen Merkmalen („Anteil am Niedrig-lohnsektor“) • Beispiel: 13,2% aller Niedriglohnbeschäftigten sind unter 25 Jahre alt

  13. Beschäftigtengruppen mit besonders hohem Niedriglohnrisiko(2008) • Minijobber/innen: 86,2% • Jüngere (unter 25 Jahre): 54,5% • Befristet Beschäftigte: 38,9% • Gering Qualifizierte: 37,9% • Ausländer/innen: 33,7% • Frauen: 29,9% Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP 2008

  14. Struktur der Niedriglohnbeschäftigten • Geschlecht: 69,2% weiblich • Qualifikation: 79,6% haben eineabgeschlossene Berufsausbildungoder einen akademischen Abschluss • Alter: 69,3% sind im mittleren Alter(25-54 Jahre) • Arbeitszeitform • Vollzeit: 44,7% • Sozialversicherungspflichtige Teilzeit: 23,5% • Minijob: 31,8% • Nationalität: 86,2% Deutsche Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP 2008

  15. Staatliche Subventionen von Niedriglöhnen

  16. Aufstocker/innen im SGB II • 1,38 Millionen (28,2%) der ALG II-Beziehenden • Mögliche Ursachen für Bedarf an Aufstockung: kurze Arbeitszeit, große Bedarfsgemeinschaft, niedrige Stundenlöhne • Jährliche Kosten pro Jahr nach Angaben der BA: 9,3 Millarden € Aufstocker/innen nach Bruttostundenlohn, Anteile in % Quelle: Eigene Darstellung nach Dietz et al. 2009: 3

  17. Mindestlöhne

  18. Beschluss der vorherigen Bundesregierung • Statt Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes Vorrang für branchenbezogene Lösungen • Aufnahme weiterer Branchen in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz • Modernisierung des Gesetzes zu Mindestarbeitsbedingungen von 1952

  19. Arbeitnehmer-Entsendegesetz • Besonderheit: Mindestlöhne gelten auch für entsandte Arbeitnehmer/innen, ausländische Anbieter und Leiharbeitskräfte • Voraussetzung: Flächendeckende Tarifverträge, die für mehr als 50% der Beschäftigten gelten • Antrag auf Aufnahme durch Arbeitgeber und Gewerkschaften • Zustimmung im Tarifausschuss (oder Verordnung durch BMAS) • Betroffene Branchen • Bauhauptgewerbe und baunahe Handwerksbranchen (Elektro, Maler etc.) seit 1997 • Seit 2007 auch Gebäudereinigung und Postdienste

  20. Erweiterung des AEntG: Umsetzungsstand • Bis März 2008: Anträge aus acht weiteren Branchen • Altenpflege, Wachdienste, Abfallwirtschaft, Großwäschereien, öffentlich geförderte Weiterbildung, Bergbauspezialarbeiten, Leiharbeit, Forstwirtschaft • Sechs im Grundsatz ins AEntG aufgenommen • Ausnahme: Leiharbeit und Forstwirtschaft • Aber tatsächlich umgesetzt bislang nur in drei Branchen • Großwäschereien, Bergbauspezialarbeiten und Abfallwirtschaft • Weiterbildung und Wachdienste: keine Zustimmung im Tarifausschuss • Einigung in der Pflege erst kürzlich – Entscheidung im Tarifausschuss steht noch aus • Probleme auch in anderen Branchen • gerichtliche Aufhebung Postdienste, zeitweiliger Wegfall des ML bei Gebäudereinigung sowie bei Maler- und Lackierern

  21. Aktuelle Höhe der Mindestlöhne*(in € pro Stunde) * Dargestellt sind die niedrigsten Mindestlohn-Stufen; im Baugewerbe (nur West), Bergbau und Gebäudereinigung gibt es eine weitere höhere Stufe für qualifiziertere Tätigkeiten

  22. Mindestarbeitsbedingungen-Gesetz • für Branchen mit geringerer Tarifbindung • Arbeitgeber, Gewerkschaften oder Landesregierungen können Branchen vorschlagen • Prüfung durch Hauptausschuss, ob „soziale Verwerfungen“ vorliegen • Wenn ja: Einrichtung eines Fachausschusses, der branchenbezogene Mindestentgelte vereinbaren kann • Aber: Schutz von bestehenden Tarifverträgen für die betreffende Branche • d.h. Mindestentgelte könnten (ggf. auch auf Dauer) unterlaufen werden

  23. MiArbG: Umsetzungsstand • Hauptausschuss noch von der alten Bundesregierung konstituiert und „Geschäftsstelle Mindestlohn“ beim BMAS eingerichtet • Erste (und bislang einzige Sitzung) des Hauptausschusses am 15. September 2009 • Deutscher Beamtenbund (dbb tarifunion) hat im September 2009 Prüfung für Call Center beantragt • Prüfung durch Geschäftsstelle läuft noch…

  24. Haltung der neuen Bundesregierung Gemäß Koalitionsvertrag • Ablehnung gesetzlicher Mindestlohn • Stärkung des Tarifausschusses (Mehrheit erforderlich) • Verordnungen zu Mindestlöhnen nur einvernehmlich • Evaluation der bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Mindestlohn bis Oktober 2011 • Anschließend Entscheidung über deren Bestand bzw. Aufhebung Aktuell • Leicht zunehmende Unterstützung von Mindeststandards (auch seitens der FDP) • Z.B. bezogen auf Leiharbeit und Pflege

  25. „Stolpersteine“ bei branchenbezogenen Lösungen • Flickenteppich mit unterschiedlichen Standards und vielen weißen Flecken • Branchen mit geringer Tarifbindung oder Uneinigkeit der Sozialpartner • Komplizierte Verfahren und Blockademöglichkeiten auf allen Ebenen • Sozialpartner, Tarifausschuss, Bundesregierung etc. • Keine „Nachwirkung“ von Mindestlöhnen im AEntG • MiarbG entfaltet bislang keine Wirkung • Geringe Transparenz • Beschäftigte kennen ihre Ansprüche nicht • Kontrollen in der Praxis schwierig

  26. Fazit und Schlussfolgerungen (1) • Deutschland hat inzwischen • einen der höchsten Niedriglohnanteile in Europa • und eine beispiellose Ausdifferenzierung der Löhne nach unten • Die anderen EU-Länder haben einen gesetzlichen Mindestlohn(20 Länder) • in der Spitzengruppe (Niederlande, Belgien, Irland, Frankreich und Luxemburg) aktuell zwischen 8,41 und 9,73 € pro Stunde • und/oder eine deutlich höhere Tarifbindung als Deutschland

  27. Fazit und Schlussfolgerungen (2) • Zunehmend sind auch Kerngruppen des Arbeits-marktes von Niedriglöhnen betroffen • Die große Mehrheit der Niedriglohnbeschäftigten in Deutschland • hat eine abgeschlossene Berufsausbildung • und stammt aus den mittleren Altersgruppen • Branchenbezogene Mindestlöhne sind ein Fortschritt, aber keine Lösung • zahlreiche „Stolpersteine“ und weiße Flecken • Durchsetzung und Kontrollen deutlich erschwert • Auch aufgrund mangelnden „self enforcements“

  28. Fazit und Schlussfolgerungen (3) • Besser wäre ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn als verbindliche Untergrenze • die nicht unterschritten, • aber durch branchenspezifische höhere tarifliche Mindeststandards ergänzt werden kann • Dies könnte auch einen Beitrag dazu leisten, • die hohen Kosten für die aufstockenden SGB II-Leistungen zu reduzieren • zu verhindern, dass Unternehmen diese Regelung zum Lohndumping missbrauchen können • und die erheblichen geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede in Deutschland zu verringern

  29. Zum Weiterlesen… Bosch, Gerhard / Weinkopf, Claudia / Kalina, Thorsten (2009): Mindestlöhne in Deutschland. Expertise für die Friedrich Ebert Stiftung. Wiso Diskurs. Bonn. • Daten und Fakten zur Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland • Mindestlöhne in anderen Ländern • Zusammenstellung der Ergebnisse neuerer US-Studien zu (Beschäftigungs-)Effekten von Mindestlöhnen • Fortschritte und „Stolpersteine“ der Umsetzung branchen-bezogener Mindestlöhne in Deutschland nach AEntG und MiarbG Download unter www.iaq.uni-due.de oder www.fes.de

  30. Beschäftigte nach Stundenlöhnen (brutto, 2008) *Einschließlich Schüler/innen, Studierende, Rentner/innen Quelle: IAQ-Berechnungen auf der Basis des SOEP 2008

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