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Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern. „Familien im Dschungel der Bürokratie“ Wie sieht die Umsetzung der Kinder- und Jugendhilfe in der Praxis aus?“ Sigrun Häußermann ● Dipl.-Sozialpädagogin Verein „Kinder haben Rechte Reutlingen/Tübingen“.
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Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern „Familien im Dschungel der Bürokratie“ Wie sieht die Umsetzung der Kinder- und Jugendhilfe in der Praxis aus?“ Sigrun Häußermann ● Dipl.-Sozialpädagogin Verein „Kinder haben Rechte Reutlingen/Tübingen“
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Pflichten und Rechte der Eltern SGB VIII § 1 Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe (1)Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigenPersönlichkeit • Kinder haben als Träger der Grundrechte eine Subjektstellung (2)Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. • Dieser Absatz ist identisch mit dem Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG im Grundgesetz. Das darin formulierte Elternrecht stellt keinen Gegensatz zu § 1 dar, sondern ist dazu bestimmt, das Kindeswohl zu verwirklichen. • Das Elternrecht endet somit dort, wo eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls beginnt. • Alle das Sorgerecht betreffenden Regelungen finden sich in den §§ 1626-1698b BGB
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Rolle/ Aufgaben des Jugendamtes/ der Jugendhilfe SGB VIII § 1 • Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere • junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen, • Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen, • Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen, 4. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen. Alle Aufgaben der Jugendhilfe sind im § 2 SGB VIII aufgelistet.
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern SGB VIII § 6 Geltungsbereich (1) Leistungen nach diesem Buch werden jungen Menschen, Müttern, Vätern und Personensorgeberechtigten von Kindern und Jugendlichen gewährt, die ihren tatsächlichen Aufenthalt im Inland haben. Für die Erfüllung anderer Aufgaben gilt Satz 1 entsprechend. (2) Ausländer können Leistungen nach diesem Buch nur beanspruchen, wenn sie rechtmäßig oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern § 27 SGB VIII Hilfe zur Erziehung (1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Wesentlich Kriterien für den Anspruch sind: der erzieherische Bedarf, die Geeignetheit, die Notwendigkeit
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Die Hilfen zur Erziehung werden umgesetzt durch • Ambulante Hilfen • § 28 Erziehungsberatung • § 29 Soziale Gruppenarbeit • § 30 Erziehungsbeistand, Betreuungshelfer • § 31 Sozialpädagogische Familienhilfe • § 35 Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Teilstationäre Hilfen • § 32 Erziehung in einer Tagesgruppe, bzw. sozialpädagogische Tagespflege • § 13 SGB VIII Sozialpädagogisch begleitete Wohnformen für junge Menschen
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Stationäre Hilfen • § 33 Vollzeitpflege • § 34 Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform • § 19 Wohnformen für junge Mütter und Vater mit Kind
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Sonderform • § 41 Hilfen für junge Volljährige, Nachbetreuung (nach §§ 27, 28-30, 33-36, 39 u. 40)
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Wer hat Anspruch auf Hilfe vom Jugendamt? • Die Sorgeberechtigten nach § 27 SGB VIII für Ihre Kinder bis zur Volljährigkeit • Kinder/Jugendliche haben selbst Anspruch als Leistungsberechtigte für -Leistungen nach § 8 Abs. 3 SGB VIII (Recht auf Beteiligung), -Leistungen nach § 24 SGB VIII (Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen) -Leistungen nach § 35a. SGB VIII (Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche) -Leistungen nach § 41 SGB VIII (Hilfe für junge Volljährige)
Für alle Hilfen nach dem SGB VIII ist das Kind aber Leistungsadressat. • Übrigens: Mit vollendetem 15. Lebensjahr sind sozialversicherte Jugendliche berechtigt, Anträge auf Sozialleistungen in eigenem Namen zu stellen (§ 36 Abs. 1 SGB I, sog. Handlungsfähigkeit). Sie sind aber zur Durchführung z.B. einer Therapie auf die Zustimmung der Eltern angewiesen.
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Schutzauftrag des Jugendamtes § 42 SGB VIII Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn 1. das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder 2. eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und a) die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder b) eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern § 8a SGB VIII (1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte abzuschätzen. Dabei sind die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird. Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Personensorgeberechtigten oder den Erziehungsberechtigten anzubieten.
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Das Hilfeplanverfahren Grundlage § 36 SGB VIII – Mitwirkung und Hilfeplan • Beratung der Personensorgeberechtigten, des Kindes/Jugendlichen über Art, Umfang, Folgen der Hilfe • Möglichst passgenaue Hilfen erarbeiten • Prüfung ob Adoption möglich. • Beteiligung der Eltern, Kinder Jugendlichen bei der Auswahl einer Pflegestelle oder Einrichtung. • Wunsch und Wahlrecht, falls damit nicht unverhältnismäßige Mehrkosten verbunden • Entscheidung soll im Zusammenwirken mit mehreren Fachkräften getroffen werden (Hilfekonferenz)
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Hilfeplan erstellen mit Feststellung über • erzieherischen Bedarf • Art der Hilfe und ihre Leistungen • halbjährliche Prüfung, ob Hilfe weiterhin notwendig, • Fortschreibung zusammen mit Fachkräften der beteiligten Einrichtungen (bei Hilfen nach §35a z.B. Ärzte und Psychologen) Verfahrensrechtlich wichtig: • schriftlicher Antrag durch die Sorgeberechtigten als Nachweis u.a. bei der Einhaltung von Fristen.
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Verfahrensablauf zur Feststellung des erzieherischen Bedarfs, der Eignung und der Notwendigkeit einer Hilfe • Ein erzieherischer Bedarf liegt vor, wenn eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist. Bei der Feststellung des erzieherischen Bedarfes wird eine Prüfung nach folgenden Kriterien vorgenommen: • Schutz und Versorgung, • Erziehung und Entwicklungsförderung, • Teilhabe und Selbstverwirklichung • Stärken und Schwächen des jungen Menschen und seiner Familienangehörigen
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Prozessgestaltung des Hilfeplans und Entscheidung • Der zuständige Sozialarbeiter ist fallverantwortlich, bei ihm laufen alle Fäden zusammen. • Die Gespräche müssen partnerschaftlich und auf Augenhöhe geführt werden. • Es darf nicht zu Schuldzuschreibungen kommen. • Die Ergebnisse müssen für die Sorgeberechtigten und Kinder /Jugendlichen nachvollziebar und der Prozess transparent gemacht werden.
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern • Es besteht eine Informationspflicht den Sorgeberechtigten gegenüber in allen Phasen der Hilfeplanung. • Die Entscheidung über die Gewährung/Ablehnung der Hilfe ist den Sorgeberechtigten schriftlich mit einer Rechtmittelerklärung mitzueilen. SGB I § 17 Ausführung der Sozialleistungen (1) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält.
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Wer ist am Hilfeplanverfahren zu beteiligen? • Sorgeberechtigte, • die betroffenen Kinder/Jugendlichen, • mit dem Fall befasste Fachkräfte aus wie Lehrer, Psychologen, Ärzte, • Fachkräfte der möglicherweise die Hilfe durchführenden Einrichtung, weitere Kollegen innerhalb des Jugendamtes.
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern • Rechtsanspruch des Kindes/Jugendlichen auf Beteiligung. • Wird das Beteiligungsrecht verletzt, kann das Recht eingeklagt werden, wobei das Kind von den Eltern gesetzlich vertreten wird. • Die unter Verletzung des Beteiligungsrechts ergangene Entscheidung ist (formell) rechtswidrig.
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Rechte von Kindern und Jugendlichen • § 8 SGB VIII Recht auf Beratung beim Jugendamt in allen Fragen, bei zu erwartenden Nachteilen auch anonym • Informationspflicht des Jugendamtes gegenüber den zu beratenden Jugendlichen über Ihre Rechte z.B. § 9 FamFG Verfahrensfähigkeit , bzw. §1671 BGB , d.h. ab dem 14. Lebensjahr haben Kinder und Jugendliche ihre Person betreffend ein Beschwerderecht beim Familiengericht in Sachen elterliche Sorge und Umgang, • Sie sind über die Entscheidungen des Gerichtes oder Jugendamtes persönlich zu unterrichten. • Recht auf Anhörung in sie betreffenden Verfahren beim Familiengericht • § 18Abs.(3) SGB VIII Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts nach § 1684 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Was tun bei Konflikten, Beschwerdemöglichkeit • Wenn verfahrensrechtliche Grundsätze/Regeln nach § 36 KJHG nicht beachtet werden, können Eltern, deren Einhaltung auf dem Beschwerdeweg einfordern. • Widerspruchrecht innerhalb von 4 Wochen nach Erteilung des Bescheides
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern • Ansprechpartner in hierarchischer Reihenfolge sind: • Fallführende Fachkraft • Gruppenleitung eines Teams des ASD (Allgemeiner Sozialdienst) • Amtsleitung/Fachbereichsleitung • Leiter/in der Verwaltung • Sozialdezernent, Senator/ Stadtrat, Landrat • Jugendhilfeausschuss • (kann keine Einzelfallentscheidungen treffen aber die Fallbearbeitung anweisen, beschleunigen)
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Die Rechte im Verwaltungsverfahren sind • Anhörung, • Begründung, • Rechtsbehelfsbelehrung, • Akteneinsichtsrecht, gegebenenfalls durch Bevollmächtigten § 25 SGB VIII • Handlungsfähigkeit, (z.B. Recht zur Antragsstellung) • Sozialgeheimnis, Datenschutz • SGB 10, §13 Abs. 4 • Recht darauf, eine Person des Vertrauens / Beistand zu allen Gesprächen mit ins Jugendamt zu nehmen.
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Nach § 75 Verwaltungsgerichtsordnung • Klage beim Verwaltungsgericht gegen den Widerspruchsbescheid zulässig bis zu 3 Monaten nach Eingang des Bescheides • Kein Anwaltszwang, aber empfohlen. Verfahren ist kostenlos, die Anwaltsgebühren sind zu zahlen, deshalb Beantragen von Prozesskostenhilfe
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern Rechtliche Beratung kann erfolgen durch • -ehrenamtlich arbeitende Anwälte • -Rechtspfleger des zuständigen Amtsgerichtes • -Beratungsschein für eine Erstberatung beim Anwalt, erhältlich beim Amtsgericht
Fachtag Ehrenamt des Kinderschutzbundes LV Bayern "Es braucht einganzes Dorf, um ein Kind groß zu ziehen“ sagt ein afrikanisches Sprichwort In diesem Sinne weiterhin viel Erfolg in Ihrem Ehrenamtlichen Engagement