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Dr . Martin Nagl-Cupal Institut für Pflegewissenschaft Universität Wien

„ Unterstützung sein“: Einblick in die Situation Angehöriger auf der Intensivstation (Situation in Österreich) Berlin, 12. November 1012. Dr . Martin Nagl-Cupal Institut für Pflegewissenschaft Universität Wien martin.nagl-cupal@univie.ac.at.

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  1. „Unterstützung sein“: Einblick in die Situation Angehöriger auf der Intensivstation(Situation in Österreich)Berlin, 12. November 1012 Dr. Martin Nagl-Cupal Institut für Pflegewissenschaft Universität Wien martin.nagl-cupal@univie.ac.at

  2. Die Perspektive von ICU PatientInnenauf Familienmitglieder Angehörige … geben Zuversicht und Hoffnung … helfen zu erinnern „glaubhafte Erinnerungsvertreter“ … sind die Rettungsleine in die Realität ... sind Familie und kein Besuch … sind lebensnotwendig „Ohne meine Familie hätt ich es nicht geschafft.“ (Besendorfer 2002; Engstroem & Soederberg 2007; Granberg, et al. 1998, Hupcey, 2000, Magnus & Turkington, 2006; Metzing, 2004)

  3. Ausgangslage in Österreich • Ein Projekt: Status Quo von Angehörigen auf der Intensivstation an Wiener Gemeindespitälern (2009) • Ein Promotionsvorhaben an der Uni Witten/Herdecke (2005-2010) Eine quantitative Studie und eine qualitative Studie zur Situation von Angehörigen auf der Intensivstation

  4. Studie 1: Erfassung der Bedürfnisse und Bewertung der Erfüllung von Angehörigen auf ICU‘s • (Nagl-Cupal et al. 2012, Mayer et al. 2010) • Welche Bedürfnisse haben Angehörige von IntensivpatientInnen? • Welche Bedürfnisse sind am wenigsten und am meisten wichtig? • In welchem Ausmaß werden die Bedürfnisse erfüllt? • Besteht ein Zusammenhang zwischen der Wichtigkeit und dem Ausmaß der Erfüllung? • Gibt es bestimmte soziale Merkmale, nach welchen sich die Einschätzungen deutlich unterscheiden?

  5. Methodik • Quantitative Fragenbogenerhebung 2009 • Erhebung mit der übersetzten und adaptieren Version des „Critical Care Family Needs Inventory“ (CCFNI) - Molter/Leske 1986 und des „Needs Met Inventory“ (NMI) - Warren 1993 • 34 x 2 Item/Fragebogen + sozidem./krankheitsbez. Variablen • 4 Spitäler des KAV

  6. Datenerhebung und Stichprobe Erhebungszeitraum: April bis September 2009 Stichprobe • breite Definition des Angehörigenbegriffs • Datenbasis: n=295 • 15 Intensivstationen in 4 Spitälern der Gemeinde Wien • Zwei Drittel Frauen / ein Drittel Männer • Durchschnittsalter 54 Jahre • 80% der Befragten aus dem engen Familienkreis; (Ehe-)PartnerInnenund Kinder • 13% der Befragten sind nicht in Österreich geboren

  7. Empathie – „in guten Händen wissen“ Wissen – Informationen erhalten Kommunikation – „Prozess des informiert werden“ Unterstützung sein – „für den kranken Angehörigen da sein können“ Unterstützung erfahren – „selbst Unterstützung erhalten“ Besuchsregelungen Zuordnung der 34 Items zu Messdimensionen

  8. Vergleich der Dimensionen zwischen Wichtigkeit und Erfüllung der Bedürfnisse Mittelwerte Empathie Wissen Kommunikation Unterstützung sein Besuchsregelung Unterstützung erfahren 0 20 40 60 80 100

  9. Mittelwerte der Indizes und Abweichung vom Mittelwert (t-test; p<0,001)

  10. Beeinflussende Variablen auf die Differenz Wichtigkeit/Erfüllung • Alter • Migrationshintergrund und • aktuelle Lebensqualität (70% „schlecht“ – „sehr schlecht“)

  11. Resümee aus der Fragebogenstudie • Durchwegs sehr positive Wahrnehmung der Erfüllung von Bedürfnissen • Die Antworten bei Wichtigkeit und Erfüllung gehen sehr stark miteinander einher (Parallelität) • Erfüllung von „Unterstützung sein“ und „Besuchsregelungen“ weicht am stärksten von der Wichtigkeit ab (p<0,001)  Verbesserungspotential! aber: • Linksschiefe der Ergebnisse erschwert Dimensionierung und Interpretation • Generell hohe Zustimmungsraten in Studien wie dieser aufgrund sozialer Erwünschtheit und „gefühlter“ Abhängigkeit (Dougall 2000; Leimkühler & Müller 1996)

  12. Studie 2: Vertieften Einsicht in die Situation Angehöriger auf der ICU • Welche Art von Hilfen leisten Familien auf der Intensivstation für ihr krankes Familienmitglied? • Wie werden familiäre Hilfen auf ICU gestalten und welche Funktionen erfüllen sie? • Welchen Beitrag leisten die Gesamtfamilie zur Krankheitsbewältigung?  Was hat es mit dem „Unterstützung sein“ auf sich? Und was steckt dahinter? (Nagl-Cupal 2011; Nagl-Cupal, Schnepp 2011)

  13. Methodik • Qualitative Forschung; Interpretatives Forschungsparadigma • GroundedTheory Methodologie (Strauss 1994 bzw. Strauss/Corbin 1996) • Datenquelle: qualitative Interviews mit geringem Standardisierungsgrad • Datenanalyse: offenes/axiales/selektives Kodieren; „permanentes Vergleichen“ (Strauss/Corbin 1996) • 22 Interviews; 11 Familien 6 ICU, 4 Krankenhäuser, Wien/Tirol

  14. Unterstützung sein:Immer Da sein Den eigenen Beitrag leisten • Sorge tragen • Am und im Leben halten • Am Vertrauten festhalten • Schützen • Etwas sagen vs. nichts sagen • Vor anderen „Besuchern/Besucherinnen“ schützen • Vor sich selber schützen • Dauernde Angst vor Verschlechterung beim „Hineinfahren“ • Selber sehen müssen

  15. Unterstützung sein„Familie sein“: Verantwortungen teilen und füreinander da sein • Wenn Familie da ist sind Hilfen selbstverständlich aber: • Familiäre Hilfen sind ein Aushandlungsprozess • Bildung eines „familiären Kerns“ • Familiäre Hilfen als hilfreiche Hilfen • Verantwortungen teilen und füreinander da sein • Immer Da sein teilen • Entscheidungen teilen • Informationen „aufdeutschen“/übersetzten • Trösten und Hoffnung geben • Sich gegenseitig schützen • Kinder vor Bedrohungen schützen

  16. „Familie sein“: Verantwortungen teilen und füreinander da sein Familienkontext: Zusammenhalten und intergenerative Hilfen „Es war ja nicht nur so dass wir uns um den Papa kümmern mussten wir haben ja auch die Mutti.“ Familienkontext: alleine verantwortlich sein „Am liebsten hätt ich mir eine Flasche Wein genommen und mich einmal umgehackt, aber ich konnte nicht.“

  17. Resümee 1: Unterstützung sein • „Unterstützung sein“ ist Teil familiärer Sorge • unterscheidet sich wesentlich von professioneller Pflege • ist für PatientInnen und Angehörige gleich wichtig • Was Familie ist wird ausgehandelt; mit Konsequenzen für den „Familienbegriff“ auf Intensivstationen • Familie sind jene, die aus Sicht der Beteiligten hilfreiche Hilfen zur Verfügung stellen und damit an der Krankheitsbewältigung mitwirken • Familiärer „Kern“ bildet sich und ist für das kranke Familienmitglied und die anderen da. In der Regel ist dies die Kernfamilie, sie muss es aber nicht sein.

  18. Resümee 2: Angehörige sind „Mehrere“ • Angehörige eines kranken Menschen • Beständige und verständliche Informationen • Nähe zulassen • Partizipative Modelle der Integration • Personen mit eigenen Bedürfnissen • Belastungen abfedern/Erfahrung mildern • Räumliche Strukturen bereitstellen • Initiativen „entindividualisieren“ • Teil eines größeren familiärer Systems • Anerkennung von Krankheit als familiäre Erfahrung • Auf besondere Gruppen achten (Kinder, „einzelne Personen“) • Curriculare Bezugnahme auf Familie in der Ausbildung

  19. Resümee 3: Fakten schaffen und die Praxis verändern • Angehörige auf ICU sind Thema für die Organisation Krankenhaus • Ein zentrales Krankenhaus in Wien verändert seine Praxis • Äußerer und innerer Antrieb für Veränderung • Angehörige auf ICU sind Thema der Forschung • Qualifizierungsarbeiten • Forschungsprojekte

  20. „Also ich bin jeden Tag zu meiner Tochter und hab ihr eingeredet, dass sie kämpfen muss. Das hat ihr geholfen und vielleicht auch mir.“ (eine Mutter)

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