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Hinweis: Planspiel im Thüringer Landtag am 26. Juni ab 9h

Thorsten Gromes Vorlesung Politische Ordnungen 4. Juni 2010 Friedens- und Konfliktforschung I: Krieg und Völkermord. 1. Hinweis: Planspiel im Thüringer Landtag am 26. Juni ab 9h. Wollten Sie schon immer einmal praktisch nacherleben wie ein Parlament wirklich arbeitet?

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Hinweis: Planspiel im Thüringer Landtag am 26. Juni ab 9h

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Presentation Transcript


  1. Thorsten Gromes VorlesungPolitische Ordnungen4. Juni 2010Friedens- und Konfliktforschung I:Krieg und Völkermord 1

  2. Hinweis: Planspiel im Thüringer Landtagam 26. Juni ab 9h Wollten Sie schon immer einmal praktisch nacherleben wie ein Parlament wirklich arbeitet? Nach der Begrüßung durch die Landtagspräsidentin Frau Diezel haben Sie als "Abgeordnete(r)" dann direkten Einfluss darauf, ob Ihre Fraktion als politischer Sieger aus dem Planspiel hervorgeht. Weitere Informationen und verbindliche Anmeldung bei:hannes.schramm@uni-erfurt.de

  3. 3 3 Staat fragile Staatlichkeit State-building 3 Rückblick auf die letzte Sitzung

  4. Drei Elemente des Staates nach Georg Jellinek 1. Staatsgewalt, 2. Staatsgebiet, 3. Staatsvolk. 4

  5. Staatsdefinitionvon Michael Mann Der Staat ist ein differenziertes Gefüge von Institutionen und Personen, die in einem Territorium die Befugnis besitzen, allgemein verbindliche Regeln zu setzen, und sich dabei auf organisierte physische Gewalt stützen. 5

  6. Staatskonzeptvon Joel S. Migdal „State in society“ Zwei Elemente prägen den Staat: Image und Praktiken 6

  7. Funktionen der Staatlichkeitnach Ulrich Schneckener Sicherheit nach innen und außen (primäre Funktion), Wohlfahrtsfunktion, Legitimitäts- und Rechtsstaatsfunktion 7

  8. 8 Typologie der Staatlichkeitnach Ulrich Schneckener

  9. State-building / Staaten bauen staatliche Handlungsfähigkeit stärken oder aufbauen, und zwar durch Eingreifen von außen, Ziel in der Regel ein demokratischer Staat. 9

  10. 10 Themen heute

  11. 11 Krieg und Völkermordals Ordnungsphänomen?

  12. Krieg und Völkermord sind die extremsten Versuche, die eigene Ordnungsvorstellung durchzusetzen. 12 Krieg und Völkermordals Ordnungsphänomen?

  13. Konflikt um „Krieg“ „Krieg“ löst bestimmte Gefühle, Assoziationen und Wertungen aus. „Krieg“ zählt zu den politisch umstrittenen Begriffen. Beispiel: Was findet in Afghanistan statt? Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt? Eine kriegsähnliche Auseinandersetzung? Ein Krieg?

  14. Definition von Kriegder Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) Erinnerung: Jeder Krieg ist ein Konflikt, aber nicht jeder Konflikt ist ein Krieg.

  15. Kriegsdefinition der AKUF Krieg ist ein gewaltsamer Massenkonflikt, der alle folgenden Merkmale aufweist: An den Kämpfen beteiligen sich zwei oder mehr Streitkräfte, bei denen es sich zumindest auf einer Seite um Truppen der Regierung handelt. Auf allen Seiten gibt es ein Mindestmaß zentral organisierter Kriegsführung. Die bewaffneten Operationen ereignen sich mit gewisser Kontinuität.

  16. Bewaffnete Konflikte nach AKUF Bewaffnete Konflikte erfüllen die Kriterien der Kriegsdefinition nicht im vollen Umfang.

  17. Definitionenim Uppsala Conflict Data Program Ein bewaffneter Konflikt / Krieg liegt vor, wenn zwei Parteien, darunter mindestens die Regierung eines Staates, eine Inkompatibilität mit Waffen austragen. Kommen so mindestens 25 Menschen im Kalenderjahr ums Lebens, liegt ein bewaffneter Konflikt vor, sterben dadurch mind. 1.000 Menschen im Kalenderjahr ums Leben, handelt es sich um einen Krieg.

  18. Arbeit in den Nachbarschaftsgruppen Diskutieren Sie: Wie sinnvoll ist es, erst ab 1.000 Toten (pro Jahr) von einem Krieg zu sprechen?

  19. Völkerrechtliche Definition Krieg ist ein Konflikt zwischen mindestens zwei Staaten oder zwischen einer Kolonialmacht und einer Befreiungsbewegung, die bewaffnete Gewalt einsetzen, mit der Absicht, den anderen zu überwältigen. Problem: innerstaatliche Kriege nicht erfasst.

  20. Kriegstypen nach AKUF Anti-Regime-Kriege um die Regierungsmacht, die Gestalt des politischen Systems oder die Gesellschaftsordnung, Autonomie- oder Sezessionskriege, Zwischenstaatliche Kriege, Dekolonisationskriege, Sonstige Kriege.

  21. Kriegstypen nach AKUF Quer zu diesen Typen unterscheidet AKUF zwischen Kriegen: mit Fremdbeteiligung, d.h. direkter Teilnahme äußerer Mächte an den Kämpfen. ohne Fremdbeteiligung.

  22. Definition Bürgerkrieg In einem Bürger- oder innerstaatlichen Krieg kämpfen die Kriegsparteien um die Regierungsmacht innerhalb eines Staates (Anti-Regime-Krieg), oder um die Strukturen des Staates (Anti-Regime- / Autonomie-Krieg) oder um den Bestand des Staates selbst (Sezessionskrieg).

  23. Neue Kriegenach Herfried Münkler Eigenschaften Neuer Kriege asymmetrisch: es kämpfen keine gleichartigen Parteien (wie Staaten) gegeneinander, entstaatlicht, privatisiert, mit einfachen Waffen geführt, keine Kriege der Staatsbildung, sondern des Staatszerfalls (also innerstaatlich)

  24. Neue Kriegenach Herfried Münkler Weitere Eigenschaften neuer Kriege verselbständigte Gewalt: Krieg und organisierte Kriminalität gehen ineinander über, durch Globalisierung genährte Kriegsökonomien lassen ein Interesse entstehen, den Krieg nicht zu gewinnen, sondern fortzusetzen, politische Motive nachrangig, gesteigerte Grausamkeit

  25. Neue Kriegenach Herfried Münkler „Die neuen Kriege werden von einer schwer durchschaubaren Gemengelage (…) am Schwelen gehalten und häufig nicht um erkennbarer Zwecke und Ziele willen geführt.“

  26. Kritik des Konzepts derNeuen Kriege beschriebene Einzel-Phänomene keineswegs neu, ökonomische Dimension überbetont, wackelige empirische Basis, Kriege mit komplexen Konstellation erscheinen nach außen zu schnell als Selbstzweck

  27. Kriegsgeschehen 1946-2008Uppsala Conflict Data Program

  28. Das Kriegsgeschehen nach 1945 (AKUF) Von 1945 bis 2007 238 Kriege (davon 16 in Europa) Zeitliche Entwicklung fast kontinuierlicher Anstieg bis zum Höhepunkt 1992 (55 Kriege), danach Rückgang, 2009 noch 26 Kriege Verteilung nach Kriegstyp zwei Drittel innerstaatlich (davon fast 50% Anti-Regimekriege) knapp ein Viertel zwischenstaatlich

  29. Zahl und Opfer von Kriegen 1945-1999nach J. Fearon & D. Laitin Kriegsdefinition: mindestens 1.000 Tote Zwischenstaatliche Kriege: 25 Kriege, 3,3 Mio. Tote, Bürgerkriege: 127 Kriege, 16,2 Mio. Tote Verhältnis jeweils 1 zu 5. Die Frage nach Krieg und Frieden stellt sich daher vor allem nicht zwischen, sondern innerhalb von Staaten!

  30. Kriegsursachen Allgemeine Kriegsursachen, Ursachen internationaler Kriege, Ursachen innerstaatlicher Kriege.

  31. Kriegsursachen:Krieg als Natur des Menschen Alltagstheorie: Krieg liegt in der Natur des Menschen. Kritik: Angesichts der Geschichte ist es eine banale Einsicht, dass Menschen zu Krieg fähig sind. Wie erklären sich Zeiten des Friedens? Ist der verbreitete Wunsch nach Frieden wider-natürlich?

  32. „Wozu sind Kriege da?“Udo Lindenberg Keiner will sterben, das ist doch klar, wozu sind denn dann Kriege da?(…) Keine Mutter will ihre Kinder verlier'nund keine Frau ihren Mann.Also warum müssen Soldaten losmaschier'num Menschen zu ermorden – mach mir das mal klar.Wozu sind Kriege da?

  33. Instinkte als Kriegsursache? Sigmund Freuds Theorie der dualen Instinkte: Eros: zielt auf Selbsterhaltung, Thanatos: zielt auf Zerstörung des Lebens. Die destruktive Energie des Thanatos muss von der eigenen Person weggeleitet werden. Das geschieht durch Aggression nach außen.

  34. Instinkte als Kriegsursache? Probleme mit der Theorie der dualen Instinkte: Wie kommt man von individueller Aggression zum Kollektiv-Phänomen Krieg? Wie erklären sich Zeitpunkt des Krieges und Auswahl des Feindes? Wie kommt es zu langen Zeiten des Friedens?

  35. Frustrations-Aggressions-Hypothesenach Miller et al. Frustration weckt die Bereitschaft zur Aggression, also zur Schädigung eines anderen Organismus. Die Bereitschaft zur Aggression setzt sich erst in tatsächliche Aggression um, wenn in der Situation ein Hinweisreiz auftritt. Diese Aggression richtet sich nicht unbedingt gegen den Urheber der Frustration.

  36. Probleme der Frustrations-Aggressions-Hypothese Krieg folgt hier nicht aus einer Entscheidung, sondern aus einer emotionalen Reaktion. Wie kommt man damit von individueller Frustration zur kollektiven, organisierten Aggression in Form von Krieg? Selbst wenn man der Hypothese folgt, braucht man weitere Erklärungen, um etwa die Auswahl des Feindes, die Art der Kriegsführung oder die Fortsetzung des Krieges zu erklären. „Soziales durch Soziales erklären“ (Emile Durkheim)

  37. Ungleichgewicht der Kräfte als Kriegsursache Ein Ungleichgewicht der Kräfte führt zu Krieg, da sich die stärkere Seite große Chancen auf Erfolg ausrechnet. Ein Gleichgewicht der Kräfte hingegen schreckt vor Krieg ab und sichert den Frieden.

  38. Gleichgewicht der Kräfte als Kriegsursache Es kommt zum Krieg, wenn sich zwei Rivalen in der Erwartung unterscheiden, wer einen Krieg gewinnen würde. Ein Gleichgewicht der Kräfte macht es wahrscheinlicher, dass diese Einschätzungen der Machtverhältnisse voneinander abweichen.

  39. Internationale Anarchie als Ursache zwischenstaatlicher Kriege Thomas Hobbes sah die Menschen im Naturzustand, also bei Fehlen des übergeordneten, übermächtigen Leviathans, in einem Krieg eines jeden gegen jeden. Nach innen sorgt der Staat für Befriedung. Auf internationaler Ebene aber gibt es keinen solchen Leviathan, sodass ein kriegsträchtiger Naturzustand besteht. Internationale Anarchie und Sicherheitsdilemma Thema am 18. Juni 2010.

  40. Staat und Militär als Kriegsursachenach Ekkehart Krippendorff Die Herrschaftsform Staat brachte eine Mentalität der politischen Klasse hervor, die nach Glaubwürdigkeit, Ruhm, Ehre und Ansehen strebt. Krieg ist ein Mittel, diese Ziele zu verwirklichen. Komplexe Industriegesellschaften sind so unregierbar, dass die Regierenden nur noch mit dem „Spielen mit Krieg und Militär“ sichtbare Erfolge erzielen können. Der Dritte Weltkrieg lässt sich nur verhindern, wenn man den Staat und staatliches Militär überwindet.

  41. Relative Deprivation als Ursache innerstaatlicher Kriege Nach Ted Robert Gurr 1. Relative Deprivation Eine Gruppe nimmt eine Diskrepanz wahr zwischen dem, was sie besitzt (Güter, Macht, Sicherheit), und dem, worauf sie glaubt, einen gerechtfertigten Anspruch zu haben. Eine von außen festgestellte Diskrepanz oder Ungerechtigkeit reicht bei weitem nicht aus!

  42. Relative Deprivation als Ursache innerstaatlicher Kriege 2. Die Gruppe sieht ihre Situation als veränderbar und wünscht, einen Wandel herbeizuführen. 3. Die Gruppe ist in der Lage, Hürden des kollektiven Handelns zu überwinden und für ihr Anliegen zu mobilisieren. 4. Der Staat oder eine gegnerische Gruppe lassen es nicht zu, dass sich die Gruppe gewaltlos für ihr Anliegen einsetzen kann.

  43. Relative Deprivation als Ursache innerstaatlicher Kriege 5. Der relativ deprivierten Gruppe gilt Gewalt als normativ gerechtfertigt und nützlich. Aufstand / Krieg

  44. Anokratien mit größter Gefahr von innerstaatlichen Kriegen Zahl der Kriege Autokratie Anokratie Demokratie 44 44

  45. Innerstaatlicher Krieg Wandel von der Autokratie zur Anokratie Regimewandel demonstriert, dass sich Zustände ändern lassen, viele Gruppen nutzen die nachlassende Repression zur Mobilisierung für ihre Anliegen, die neuen politischen Institutionen sind noch zu schwach, um alle Forderungen verarbeiten zu können, die Regierenden (oder die es werden wollen) setzen auf eine radikale Mobilisierung daran schließen Dynamiken an, die zum Krieg führen

  46. Innerstaatlicher Krieg durch Demokratisierung Dynamiken wie bei „Anokratisierung“ (vorherige Folie) Zudem: Das demokratische Prinzip einzuführen, verlangt eine Antwort darauf, wer das Volk eigentlich ist, das herrschen soll. Gefährlich bei ethnisch exklusiven Definitionen des Volkes.

  47. Machbarkeit als Ursache innerstaatlicher Kriege (Collier et al.) Motivationen wie Beseitigung relativer Deprivation oder Bereicherung verursachen keineswegs Bürgerkriege. Auch die Regimeform ist nicht ausschlaggebend. Innerstaatliche Kriege gibt es dort, wo sie militärisch und finanziell machbar sind. Vermeintliche Motive werden von den Rebellen nur legitimierend nachgeschoben.

  48. Machbarkeit als Ursache innerstaatlicher Kriege (Collier et al.) Die Machbarkeit von Kriegen erhöhen ein niedriges Pro-Kopf-Einkommen, das auf Staaten deutet, die nicht ihr gesamtes Gebiet kontrollieren können, ein geringes Wirtschaftswachstum, weil es dann aufgrund hoher Arbeitslosigkeit leichter fällt, Kämpfer zu rekrutieren

  49. Machbarkeit als Ursache innerstaatlicher Kriege (Collier et al.) Die Machbarkeit von Kriegen steigt durch die Präsenz leicht zu fördernder und veräußernder Rohstoffe, welche die Rebellion finanzieren können, bergiges Gelände, das den Rebellen Räume bietet, welche die staatlichen Streitkräfte schwer oder gar nicht kontrollieren können

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