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Wie wird Physik attraktiver für junge Menschen?. Dr. Helene Götschel Technische Universität Hamburg-Harburg AG Arbeit – Gender – Technik Fachtagung „Schülerinnen forschen“ Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg Stuttgart, 24.11.2011. Erweiterung der Perspektive auf Frauen und Physik.
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Wie wird Physik attraktiver für junge Menschen? Dr. Helene Götschel Technische Universität Hamburg-Harburg AG Arbeit – Gender – Technik Fachtagung „Schülerinnen forschen“ Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg Stuttgart, 24.11.2011
Erweiterung der Perspektive auf Frauen und Physik Frauen als Subjekte und Geschlechtlichkeit Potentiale der Veränderung des Wissensbereichs der Geschlechterverhältnisse Physik thematisieren in der Physik ansprechen „Frauenfrage“ „Geschlechterfrage“ in der Physik in der Physik
Interdisziplinäre Forschung zur Geschlechterfrage in der Physik Forschungsfelder: • Menschen in der Physik • Kulturen der Physik • Physikalisches Wissen [Götschel 2010, 2011a]
Ergebnisse der Geschlechterforschung in der (interdisziplinären) Lehre • Curriculumentwicklung „Degendering Science“ am FB Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg [Bauer/Götschel 2006] • Gastprofessur für Frauen- und Geschlechterforschung am FB Chemie der TU Kaiserslautern [Götschel/Niemeyer 2009] • MGM Gastprofessur für Frauen- und Genderforschung am Zentrum für interdiszi-plinäre Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Oldenburg [Ernst 2010]
Menschen in der Physik Biographien und Statistiken zum historischem Wandel, zum globalen und europäischen Vergleich zeigen: Frauen haben zu allen Zeiten zur Entwicklung physikalischen Wissens beigetragen. Die geringe Anzahl von Frauen in der Physik ist nicht natürlich gegeben, sondern vielmehr kulturell bestimmt.
Menschen in der Physik • Erste Universitätsprofessorin Europas war die Physikerin Laura Bassi (1711-1778) [Ceranski 1996] • Physik war ca. 1910-1930 ein begehrtes Studium für Frauen, z.B. betrug der Frauenanteil am Institut für Radiumforschung in Wien 22-57% [Bischof 2004] • Statistik der kanadischen physikalischen Gesellschaft zeigt weltweit Frauenanteile an Physikprofessuren von unter 5% bis über 30% [Megaw 1992] • Noch 2005 große Unterschiede im Anteil von Physikprofessorinnen innerhalb der EU von 3% in Dänemark bis zu 23% in Italien [Hasse et al. 2008]
Kulturen der Physik Studien aus Soziologie, Anthropologie, Ethnologie, Medien- und Kommunikationswissenschaften etc. zeigen: Trotz vermeintlicher Neutralität spielt Geschlecht in den Alltagshandlungen der Physiker und der Physiklehrenden, im populären Verständnis und im Fachverständnis von Physik eine entscheidende Rolle und trägt zu struktureller Ungleichheit bei.
Kulturen der Physik • Erlemann 2009, das mediale Bild der Physikerin: nicht genial, aber exotisch • Münst 2008, Geschlechterhierarchien durch Interaktionen an naturwissenschaftlichen Fachbereichen hergestellt • Nothnagel 2001, Nationale Stile (Sprache, Geschlecht) in der internationaler Wissenschaftskommunikation (z.B. das Bild der Jagd in der Physik: Hunting the Quark) • Hasse et al. 2008, Arbeitskulturen und Geschlecht in der Physik in Europa (Herkules, Teamplayer oder Arbeitsbiene)
Physikalisches Wissen Wissenschaftssoziologische, theoretische, philosophische und historische Analysen zur Wissensproduktion der Physik verschieben das Wissenschaftsverständnis der Physik von einem Gebiet „ewiger Wahrheiten“ und „feststehender Erkenntnis“ hin zu einem dynamischen Feld menschlicher Bemühungen und zu Prozessen der Aushandlung und Verfestigung von Wissen. In diesen Aushandlungsprozessen werden (auch in der Physik) Geschlechtervorstellungen argumentativ herangezogen, verfestigt und eingeschrieben in unsere materielle Welt.
Physikalisches Wissen • Objektivität (Haraway 1991) und Materialität (Barad 2007) physikalischer Erkenntnis werden philosophisch hinterfragt • Physikalisches Wissen wird benutzt, um gesellschaftliche Geschlechterverhältnisse zu zementieren. Beispiel: Argumentation mit Energieerhaltungssatz der Thermodynamik zur Verhinderung akademischer Berufstätigkeit von Frauen (Heinsohn 2005) • Modelbildungen, Namensgebungen und Geschlecht sind verwoben, z.B. in der Hochenergiephysik heute (Traweek 1995, Götschel 2011b) und in der historischen Elektrizitätslehre (Götschel 2012)
Fazit: Die „Geschlechterfrage“ in der Physik Geschlechterforschung untersucht Inhalte und Interaktionen in der Physik. Sie kann auf vielfältige Weise dazu beitragen, Physik attraktiver zu gestalten, z.B. durch: • Sichtbarmachung weiblicher (und zeitgemäßer männlicher) Vorbilder • Reflektion ethischer, erkenntnistheoretischer und interdisziplinärer Fragen • Männlichkeit der Physik in Fachverständnis und Fachkultur hinterfragen • Reifizierung traditioneller Geschlechterrollen verhindern („zu reflektieren, was im eigenen Kopf so drin steckt“)
LITERATUR I: Geschlechterforschung in der Lehre Bauer, Robin und Helene Götschel, Hg., (2006): Gender in Naturwissenschaften − Ein Curriculum an der Schnittstelle der Wissenschaftskulturen. Mössingen−Talheim Götschel, Helene und Doris Niemeyer, Hg., (2009): Naturwissenschaften und Gender in der Hochschule. Aktuelle Forschung und erfolgreiche Umsetzung in der Lehre. Mössingen-Talheim Götschel, Helene (2010): Genderforschung und Physik im Dialog. In: Waltraud Ernst: Geschlecht und Innovation. Gender-Mainstreaming im Techno-Wissenschaftsbetrieb. (Internationale Frauen- und Genderforschung in Niedersachsen, Teilband 4), Berlin, 85-103
LITERATUR II:Literaturübersicht Gender und Physik Götschel, Helene (2010): Physik: Gender goes Physical - Geschlechterverhältnisse, Geschlechtervorstellungen und die Erscheinungen der unbelebten Natur. In: Ruth Becker, Beate Kortendiek (Hg.): Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. Theorie, Methoden, Empirie. 3. Auflage, Wiesbaden 2010, S. 842-850 Götschel, Helene (2011a): The Entanglement of Gender and Physics: Human Actors, Workplace Cultures, and Knowledge Production. In: Science Studies Vol. 24, No. 1, 66-80 dort weitere Angaben zu im Vortrag aufgeführter Literatur