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Weltloses Heil – heillose Welt. Gesellschaftlich-politische Diakonie als unverzichtbare Dimension des kirchlichen Auftrags. „Die Christen können nicht das Brot am Tisch des Herrn teilen, ohne auch das tägliche Brot zu teilen. Ein weltloses Heil könnte nur eine heillose Welt zur Folge haben.“
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Weltloses Heil – heillose Welt. Gesellschaftlich-politische Diakonie als unverzichtbare Dimension des kirchlichen Auftrags Pädagogische Woche KÖLN
„Die Christen können nicht das Brot am Tisch des Herrn teilen, ohne auch das tägliche Brot zu teilen. Ein weltloses Heil könnte nur eine heillose Welt zur Folge haben.“ (Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit) • Anspruch Christlicher Sozialethik in deutlicher Spannung zu innerkirchlich und außerkirchlich laut werdenden Stimmen, die die kirchliche Beschäftigung mit sozialen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Fragen als unzulässige Einmischung in „weltliche“ Angelegenheiten betrachten.
1. Die spezifische Herausforderung für die gesellschaftlich-politische Diakonie der Kirche angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Problemfelder Die eigentliche Herausforderung für die gesellschaftlich-politische Diakonie der Kirche liegt in der Sorge um den Menschen, der gegenwärtig in nahezu allen diesen Debatten beschädigt bzw. entwürdigt wird. 1.1 Der Umbau des Sozialstaats • Große sozialethische Herausforderung – Zielbestimmung • Sozialstaat – derzeitige Struktur: So wenig Subsidiarität im Sinne von Eigenbeteiligung und Mitwirkungsbereitschaft und so viel Solidarität im Sinne von staatlicher Unterstützung und Subventionierung wie möglich: Alles, was vom Staat besorgt und abgedeckt werden kann, soll er auch besorgen; nur, wenn der Staat nicht in der Lage dazu ist, darf man Privatinitiative aufkommen lassen. (vgl. C. C. v. Weizsäcker 2003)
Umkehrung des so zentralen Subsidiaritätsprinzips als Prinzip vorrangiger Freiheitsermöglichung der einzelnen Person und der kleineren Einheiten • Das Hauptanliegen muss aber sein, die Menschen wieder in ihrer Freiheit wirken zu lassen • Wilhelm Röpke, „Die Gesellschaftskrisis der Gegenwart“: „Zusammen mit den gleichzeitigen Bestrebungen, den Massen sowohl das Denken wie die Ausfüllung der Muße abzunehmen, und sie bei gleichzeitigem Verlust elementarer Freiheiten – ja sogar des Bedürfnisses nach solchen Freiheiten – mit allen möglichen Annehmlichkeiten des Zivilisationskomforts einzulullen, entwürdigen wir den Menschen schließlich zur völlig domestizierten Kreatur, zum schweifwedelnden Haustier. Das Ideal der ‚komfortablen Stallfütterung’ könnten wir es nennen und damit ungefähr das treffen, was die Alten mit dem Ruf ‚panem et circenses’ umschrieben.“
Der Philosoph Wolfgang Kersting in seiner Konzeption des Wohlfahrtsstaats: • Aufgabe des Sozialstaats, die Menschen auf die Partizipation am Markt vorzubereiten, sie marktfähig zu machen • Fixierung auf die Markt- und Wirtschaftsfähigkeit der Menschen ist aus der Perspektive des christlichen Menschenbildes eine völlig unzulässige, weil eindimensionale Verkürzung.
1.2 Arbeitsmarktpolitik • „Hartz IV“ - Systemwechsel in der ArbeitsmarktpolitikFrage nach der sozialen Gerechtigkeit 1.3 Familienpolitik • Eine neue große soziale Frage der Gegenwart: der Konflikt zwischen den Menschen, die Familie und damit Kinder haben, und den Kinderlosen. • Die Familie leistet einen wesentlichen Beitrag zu Bestand und Entwicklung der Gesellschaft • Familie erweist sich als der primäre Ort, an dem die Vermittlung und Förderung einer „prosozialen Lebenskultur“ (Franz Xaver Kaufmann), einer Lebenskultur jenseits der Gesetzmäßigkeiten des Marktes und dessen Funktionslogik, stattfinden kann und muss.
2. Gesellschaftlich-politische Diakonie als optionale Ergänzung zum Eigentlichen oder als konstitutiver Bestandteil von Seelsorge? Das „Dass“ kirchlich-christlicher Weltverantwortung: • „Immer und überall aber nimmt sie (die Kirche) das Recht in Anspruch, in wahrer Freiheit den Glauben zu verkünden, ihre Soziallehre kundzumachen, ihren Auftrag unter den Menschen unbehindert zu erfüllen und auch politische Angelegenheiten einer sittlichen Beurteilung zu unterstellen, wenn die Grundrechte der menschlichen Person oder das Heil der Seelen es verlangen.“ (GS 76,5) • Der Kirche kann es nicht um Politik gehen, bei der sie selber Akteur wäre, sondern um die sittliche Beurteilung der Politik, wobei Maßstab der Sittlichkeit der Mensch ist, auf den alles zentriert ist.
2.1 Gesellschaftlich-politische Diakonie als Dienst am Menschen – Anthropologische Aspekte Personalismus als Sorge um den ganzen Menschen Integraler Ansatz bei der menschlichen Person • Wegen dieses Ansatzes hält die Kirche keine „technischen Lösungen“ bereit, legt sie „keine wirtschaftlichen und politischen Systeme oder Programme vor, noch zieht sie die einen den anderen vor“, wenn nur, und damit ist das entscheidende und Maßstab setzende Argument genannt, „die Würde des Menschen richtig geachtet und gefördert wird und ihr selbst der notwendige Raum gelassen wird, ihren Dienst in der Welt auszuüben“. (SRS 41,1) „Centesimus annus“ 1991: „Die Kirche hat in den letzten hundert Jahren wiederholt ihre Stellungnahme zum Ausdruck gebracht, indem sie die Entwicklung der sozialen Frage aus der Nähe verfolgte. Sie tat das gewiss nicht, um vergangene Privilegien zurück zu gewinnen oder ihre Auffassung anderen aufzuzwingen. Ihr einziges Ziel war die Sorge und die Verantwortung für den ihr von Christus anvertrauten Menschen.“ (CA 53,1)
Kompetenz der Kirche: personzentrierte Hermeneutik • „Die heutige Soziallehre hat besonders den Menschen im Auge, insofern er in das komplizierte Beziehungsgeflecht der modernen Gesellschaft eingebunden ist. ... Ihr Ziel ist es, unter Zuhilfenahme sämtlicher Beiträge der Wissenschaften und der Philosophie dem Menschen auf dem Weg zu seinem Heil beizustehen." (CA 54,1.) • „Redemptor hominis“ „Der Mensch in der vollen Wahrheit seiner Existenz ... - dieser Mensch ist der erste Weg, den die Kirche bei der Erfüllung ihres Auftrags beschreiten muss: er ist der erste und grundlegende Weg der Kirche“ (RH 14,1).
2.2 Gesellschaftlich-politische Diakonie als Ausdruck des Reiches Gottes – eschatologische Aspekte • Das „Heil ist in seiner Vollgestalt endzeitliches Geschenk des wiederkehrenden Herrn“ (L. Roos), • d.h. das Reich Gottes kann und muss nicht durch Menschenhand und menschliches Bemühen geschaffen oder vollendet werden. • Aber: „Obschon der irdische Fortschritt eindeutig vom Wachstum des Reiches Christi zu unterscheiden ist, so hat er doch große Bedeutung für das Reich Gottes, insofern er zu einer besseren Ordnung der menschlichen Gesellschaft beitragen kann.“ (GS 39,2). 2.3 Gesellschaftlich-politische Diakonie als Abbild der Solidarität Gottes mit den Menschen – theologisch-ethische Aspekte • Der „Einsatz für Menschenwürde und Menschenrechte, für Gerechtigkeit und Solidarität ist für die Kirche konstitutiv … und eine Verpflichtung, die aus ihrem Glauben an Gottes Solidarität mit den Menschen und aus ihrer Sendung, Zeichen und Werkzeug der Einheit und des Friedens in der Welt zu sein“ resultiert (Nr. 101) und darum zu einer analogen Praxis der Solidarität herausfordert.
2.4 Gesellschaftlich-politische Diakonie als Ausdruck des sakramentalen Charakters der Kirche – ekklesiologische Aspekte Kirche - ein Element der Zivilgesellschaft wie viele andere auch? Soziologisch mag das eine zutreffende Bestimmung sein, aber: • Das II. Vatikanum definiert im deutlichen Unterschied zum Verständnis von Kirche als zivilgesellschaftlichem Akteur die Kirche theologisch als Sakrament (LG 1). • Ein Sakrament ist ein wirkmächtiges Zeichen, ein Zeichen also, das die Wirklichkeit schafft, die es bezeichnet, ein Zeichen der wirksamen und spürbaren Nähe Gottes. • Die gesellschaftlich-politische Diakonie der Kirche bekommt noch einmal eine in einem sehr weiten Sinn sakramentale Bedeutung.
Die Kirche muss in der Gesellschaft vermitteln, dass sie sich im Blick auf Gottes Heilswillen für den Menschen ein Wissen über eine andere Wirklichkeit aufbewahrt, die in einer zunehmend ökonomisierten und säkularisierten Gesellschaft möglicherweise eine neue Relevanz bekommt. • Zusammengehörigkeit der drei Grundfunktionen der liturgia, martyria und diakonia • Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler, „Die Arbeiterfrage und das Christentum“ von 1864: „Christus ist nicht nur dadurch der Heiland der Welt, dass er unsere Seelen erlöst hat; er hat auch das Heil für alle anderen Verhältnisse der Menschen, bürgerliche, politische und soziale, gebracht.“
3. Grundoptionen für die gesellschaftlich-politische Diakonie der Kirche als konstitutive Dimension von Seelsorge 3.1 Option für Originalität und höchste Professionalität 3.2 Option für die Armen 3.3 Option für das spezifisch Christliche