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Kompetenzorientierung im Geschichtsunterricht. PISA-Debatte und Geschichtsunterricht. Programme für International Student Assessment , internationaler Schulleistungsvergleich, Lesefähigkeit und naturwissenschaftlich-mathematische Fähigkeiten 15jähriger SuS
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PISA-Debatte und Geschichtsunterricht • Programme für International Student Assessment, internationaler Schulleistungsvergleich, Lesefähigkeit und naturwissenschaftlich-mathematische Fähigkeiten 15jähriger SuS • PISA-Schock 2000: Deutschland Platz im unteren Drittel der 32 teilnehmenden Staaten • kulturelle Blamage und ökonomische Lebenslüge, hektische Suche nach Abhilfe • wichtigster Reformvorschlag im „Klieme“-Gutachten: Kompetenzen im Sinne domänenspezifischer Problemlösefähigkeiten modellhaft entwickeln • Bildungsmonitoring – eine Art Outputanalyse, die Aufschluss darüber gibt, ob das Bildungssystem seinen Auftrag erfüllt oder nicht • Ge ist bislang kein PISA-Fach, wird es aus Gründen der mangelnden internationalen Vergleichbarkeit konkreter historischer Lernleistungen auch kaum werden
Inputsteuerung: Haushaltspläne, Lehrpläne und Rahmenrichtlinien, Ausbildungsbe-stimmungen für Lehrende, Prüfungsrichtlinien Outputorientierung: Lernergebnisse der SuS (Wissensstrukturen, Einstellungen und Überzeugungen) Bildungspolitischer Paradigmenwechsel
Kompetenzen und Dimensionen von GeschichtsbewusstseinGraduierung durch Aufgabenstellung Mit welcher Aufgabe kann geschichtskulturelle Kompetenz abgefragt werden, der Wirklichkeitsbewusstsein / Temporalbewusstsein zugrunde liegt? Aufgabe: Was stimmt an diesem Bild nicht? Nenne den Ort, an dem sich die beiden Männer befinden. In welchem Land sind sie? Welchen Beruf haben sie? Nenne Personen, die das Wandbild gemalt haben können. Das Bild ist ein gezeichneter Witz. Warum? Beispiel in: H.J. Pandel, Geschichtsunterricht nach PISA, S. 61f.
EPA = erste Versuche einer Kompetenzstufung, ausgehend von Aufgaben EPA = Einheitliche Prüfungsanforderungen für die Abiturstufe Sachanalyse – Sachurteil – Werturteil (Unterscheidung von Leistungsstufen historischen Denkens nach Karl-Ernst-Jeismann, siehe VL Geschichtsbewusstsein)
10.4.38 Anschluss Österreichs 29.9.38 Münchner Abkommen 1.10.38 Einmarsch Tschechei 23.8.39 Nichangriffs-pakt 1.9.39 Überfall auf Polen Studie: Was können Abiturienten? Abiturprüfung NRW (2008) Geschichte, Leistungskurs Quelleninterpretation: Adolf Hitler: Rede auf dem Gautag der thüringischen Nationalsozialisten in Weimar am 6. November 1938 (Auszug). In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands (Norddeutsche Ausgabe), Nr. 311 vom 7.11.1938, S. 1f.
Aufgaben in der Abiturprüfung • Interpretieren Sie die vorliegende Quelle, indem Sie sie analysieren.(28 Pkt.) • die außenpolitischen Sachverhalte und Ereignisse, auf die Hitler in seiner Rede Bezug nimmt, erläutern sowie die Redestrategie Hitlers charakterisieren. (26 Pkt.) • die Aussagen Hitlers hinsichtlich der Politik der „demokratischen Staaten“ gegenüber Deutschland • überprüfen und die Rede vor dem Hintergrund der tatsächlichen Ziele der nationalsozialistischen Außenpolitik beurteilen. (26 Pkt.) Aufgabe und alle folgenden Beispiele in: Bernd Schönemann, Holger Thünemann, Meik Zülsdorf-Kersting: Was können Abiturienten? Zugleich ein Beitrag zur Debatte über Kompetenzen und Standards im Fach Geschichte (Geschichtskultur und historisches Lernen, 4) Berlin 2010.
AFB I Unterscheidung Quelle und Darstellung „Bei der vorliegenden Quelle handelt es sich um ein Dokument, welches ein Auszug aus einer Rede vom 6. November 1938 darstellt.“ (S. 37) „Die vorliegende Quelle ist ein Auszug aus der Rede Adolf Hitlers auf dem Gautag der thüringischen Nationalsozialisten in Weimar am 6. November 1938. (…) Damit ist sie der Primärliteratur zuzuordnen.“ (S. 38) „In dem Auszug aus der Rede Adolf Hitlers (…) geht es um die Stellung Deutschlands und die Entschlossenheit des Volkes. (…)“ (S. 39)
AFB I Gattung(Intentionen politischer Reden, Adressatenbezug) „Die direkten Adressaten der Rede sind die thüringischen Nationalsozialisten in Weimar, die auf dem Gautag versammelt sind und die Rede anhören. Als indirekter Adressat ist das deutsche Volk zu nennen, da die Rede vermutlich auch per Radio übertragen wird. Ein Indiz dafür ist, dass Hitler in seiner Rede mehrmals das deutsche Volk lobt. Desweiteren sind die‚ demokratischen Staaten’ Adressaten, insbesondere der englische Politiker Winston Churchill, auf den Hitler in seiner Rede Bezug nimmt. Es werden jedoch nicht nur die Alliierten adressiert, sondern indirekt auch die Verbündeten Deutschlands: Italien und Japan …“ (S. 41) „Dann im letzten Teil seiner Rede spricht er (Hitler, A. J.) von einem 'letzen Einsatz’, wobei er inständig hofft, dass dieser dem Deutschen Volk erspart bliebe. Mit diesem Einsatz könnte Hitler den Zweiten Weltkrieg meinen, den er nicht zwingend haben möchte.“ (S. 40)
AFB I Analytische Distanz(Anführungszeichen, Konjunktiv, Attribute, Prädikate) „Hitler verurteilt die angebliche ‚Kriegshetze’ der demokratischen Staaten (…)“ (S. 51) „ (…) und Hitler behauptet, dass Deutschland sich auf einem unanfechtbaren Weg vergrößert habe.“ (S. 51) „Der mir vorliegende Primärtext (…) handelt von den Erfolgen des deutschen Volkes unter der Regierung von Adolf Hitler.“ (S. 51).“
AFB II Historische Kontextualisierung Anforderung: Ökonomie der Faktendichte, stringente Frage- und Problemorientierung, Einhaltung der in der Aufgabenstellung geforderten sektoralen und epochalen Grenzen Praxis des GU: Hyperkontextualisierung / Positivkorrektur umfangreichen Aufzählung innenpolitischer Sachverhalte: Reichstagsbrandverordnung, Ermächtigungsgesetz , Röhm-Putsch, Olympische Spiele ein. (S. 61) Aneinanderreihung der Ereignisse des Zweiten Weltkrieges: japanischer Überfall auf Pearl Harbor, beginnende Judendeportationen, Wannseekonferenz
AFB II Gebrauch historischer Begriffe und Kategorien „Hitler nutzte die Rede auch zur öffentlichen Denunzierung ausländischer Mächte.“ (S. 65) „Gehalten wurde die Rede auf einem Gautag, dies ist eine Art Parteitag, also eine Veranstaltung der NSDAP, die auf Ebene eines Gaues als regionale Gliederungsebene der Partei stattfand.“ (S. 65) „Hitler verfolgte jedoch immer das Ziel das Weltjudentum zu beseitigen (…)“ (S. 63) „Im nächsten Satz äußert er die Vermutung, dass die Herren Churchill und Genossen den Deutschen die Waffen stehlen wollen (…).“ (S. 63) „Hitler findet das überhaupt nicht gut, genauso wie das gesamte Deutschland, welches den Versailler Vertrag als Schand- und Diktatfrieden bezeichnet. An dieser Stelle seiner Rede redet er sich sehr in Rage.“ (S. 63) „In diesen angesprochenen Jahren feierte Hitler viele Erfolge wie das Weltwirtschaftswunder.“ (S. 64) „Als Hindenburg abdankte, wurde Hitler sein Nachfolger.“ (S. 64)
AFB III Historische Werturteile „Beim Recht der Deutschen spricht Hitler auch von einleuchtenden Wünschen wie Ruhe, Arbeit, Leben. Da lässt sich auch nichts gegen einwenden, aber wenn Hitlers Forderungen für Deutschland soweit gehen, dass sie die Rechte anderer einschränken oder außer Kraft setzen, dann ist eine Empörung gerechtfertigt. Und nun war das Abtreten des Sudentenlandes sicherlich eine solche Überschreitung (…) (S. 68f.) „In Bezug auf die Kriegshetze ist nur zu sagen, dass eine gewisse Skepsis vollkommen normal ist, gerade nach den Verstößen gegen den Versailler Vertrag und der extremen Aufrüstung innerhalb Deutschlands.“ (S. 69)
NRW-Studie: Entwicklungsempfehlungenfür den Geschichtsunterricht • Verwendung einer exakten Terminologie (Quelle, Darstellung), Gattungskompetenz schulen • analytische Distanz einüben • mit der Praxis der Positivkorrektur brechen, ökonomische und problemorientierte Lösung von Kontextualisierungsaufgaben (sektorale und epochale Vorgaben) • Werturteile mit Begründungstiefe einfordern, Wertmaßstäbe offen legen • Abkehr von einem positivistischen Geschichtsverständnis hin zu einem reflektierten Umgang mit den Status eigener und fremder Aussagen
NRW-Studie: Problematisierung der Sinnhaftigkeit von Bildungsstandards für das Fach Geschichte • „Wir halten hier aus mehreren Gründen Zurückhaltung für angesagt. Zum einen ist der Zusammenhang von historischer Kompetenz, historischem Gegenstand und geschichtskultureller Aktualität so komplex, dass sich pauschale Standards eigentlich verbieten. Des Weiteren sind die Lernerdispositionen so vielschichtig und disparat, dass einheitliche Standards für alle SuS eines Jahrgangs völlig unrealistisch sind. Und schließlich ist höchst zweifelhaft, ob durch Bildungsstandards die Verknüpfung kognitiver Leistungen mit der „emotionalen, ästhetischen, motivationalen oder erfahrungsbezogenen Dimension“ erfasst werden kann. Für den kognitiven Bereich wäre zu diskutieren, ob Mindeststandards nicht helfen könnten, die Schwerpunktsetzung im Unterricht zu verschieben. Angesichts der Befunde dieser Studie … scheint eine Abkehr von einer derart starken Stofforientierung angeraten.“
FUER-Geschichtsbewusstsein (Thüringer) Lehrplan für den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife, Geschichte Entwurfsfassung 2011, insbes. S. 10-12.
2009-0075 Wann ist der Held ein Held? Josef Ritter von Gadolla Wettbewerb: Helden: verehrt - verkannt - vergessenAutor/in: Henke, Jeniffer u.a. (6 Verf.)Tutor/in: Cornelius SchmidtNr. 2009-0075, 3. PreisDeutschlandTHÜRINGENStaatliche Regelschule Oststadt-Gotha99867 GothaKlasse 09Bild aus: Helga Raschke, „Josef Ritter von Gadolla und die letzten Kriegstage in Gotha“ (2007) Als Kampfkommandant von Gotha hatte der Wehrmachtsoffizier Josef Ritter von Gadolla im Februar 1945 den Eid geschworen, die Stadt bis zum letzten Mann zu verteidigen. Doch am 3. April ließ er seine Einheiten abrücken und weiße Fahnen als Zeichen der friedlichen Kapitulation hissen. Daher wurde Gadolla am 5. April von den Nationalsozialisten hingerichtet. Die Regelschüler aus Gotha untersuchten die Rezeptionsgeschichte von Gadolla, der heute als Retter der Stadt gilt. In der DDR wurde Gadolla hingegen als Stütze des nationalsozialistischen Systems gesehen. Das Urteil des NS-Standgerichts, das ihn als »Vaterlandsverräter« brandmarkte, wurde erst 1997 offiziell aufgehoben. Die Schüler recherchierten im Stadtarchiv und in Bibliotheken, befragten Zeitzeugen und Mitschüler. in: Datenbank der Körberstiftung koerber-stiftung.de/bildung/geschichtswettbewerb/datenbank.html
Fragen anPassanten nach dem Heldenbegriff Gliedern des Vorgehens durch Fragen: Wenn Gadolla ein Held sein sollte, warum wissen wir so wenig über ihn? (Gegenwartsbezug, Orientierungskompetenz) Vielleicht war er kein Held oder er ist nur in Vergessenheit geraten? (Alterität, Hypothesenbildung) Kontaktieren Experten, Zeitzeugen, suchen und werten Archivalien und Fachliteratur mit Bezug auf die Fragestellung aus Orientierungskompetenz: Wie ehren wir unseren Helden? Erstellen Faltblatt: „Unser Ziel ist es, mit einem Faltblatt den Touristen, aber auch der Gothaer Bevölkerung Gadolla näher zu bringen (…) Wir wollen, dass jeder etwas über ihn erfährt, damit das Gedenken an Gadolla bestehen bleibt und nicht, wenn die ältere Bevölkerung stirbt, das Wissen über ihn ‚stirbt’.“ Frage- und Orientierungskompetenz in der historischen Projektarbeit
National Curriculum of England • bestimmt seit Ende der 1980er Jahre den GU in England • zentrales Ziel: „historicalknowledge“ • kombiniert Vorstellungen und Wissen von der Vergangenheit sowie ein Verständnis von Geschichte als wissenschaftlicher Disziplin • Ausrichtung am „learningthediscipline“ findet Niederschlag in den so genannten „second-order concepts“,die geschichtstheoretischen und allgemein epistimologischenUsprungs sind und eine vergleichbare Funktion wie die Kompetenzen in der deutschen Diskussion erfüllen als „limitingfactor upon theirfuturegraspofhistory“
National Standards for United States History • langjährige Standardisierungspraxis in den USA • begleitet von intensiven gesellschaftspolitischen Debatten, welche bzw. wessen Geschichte national unterrichtet werden soll • anerkannte Bedeutsamkeit des Faches für die politische Bildung „preconditionofpoliticalintelligence“ (ausgeprägter Gegenwartsbezug)
Zwei Typen von Standards, die sich abhängig voneinander entwickeln: Historical thinkingskills Historical understanding was SuS über die Geschichte ihrer Nation und der Welt wissen müssen Zugänge, unter denen Geschichte betrachtet werden kann • Auswertung historischer Belege • Förderung der Fähigkeit zu komparativen und kausalen Analysen • Interpretation historischer Quellen • Konstruktion triftiger historischer Argumentation, auf deren Grundlage Entscheidungen für die eigene Lebenswelt getroffen werden • Darstellungen haben einen mit der Quellenarbeit vergleichbaren Stellenwert Kritik: „instructionalguidefor a dissertationdefense“
Literatur • Werner Heil, Kompetenzorientierter Geschichtsunterricht, Stuttgart 2010. • Hans-Jürgen Pandel: Geschichtsunterricht nach PISA. Kompetenzen, Bildungsstandards und Kerncurricula, 2. Aufl., Schwalbach /Ts. 2005, S. 24-65. • Waltraud Schreiber u.a.: Historisches Denken. Ein Kompetenz-Strukturmodell (Basisbeitrag), in: Andreas Körber u.a. (Hg.), Kompetenzen historischen Denkens. Ein Strukturmodell als Beitrag zur Kompetenzorientierung in der Geschichtsdidaktik , Bd. 2., Neuried 2007, S. 17-53. • Bernd Schönemann, Holger Thünemann, Meik Zülstorf-Kersting, Was können Abiturienten? Zugleich ein Beitrag zur Debatte über Kompetenzen und Standards im Fach Geschichte (Geschichtskultur und historisches Lernen, 4), Berlin 2010. • Jörg Nellen: Kompetenzen historischen Denkens am Beispiel erfolgreicher Beiträge zum Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten aus HS, RS und GeS, in: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik 9 (2010), S. 110-130. • Lehrpläne und Rahmenrichtlinien: www.bildungsserver.de • http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/1989/1989_12_01-EPA-Geschichte.pdf • National Curriculum for England (PDF / Internet) • Standards for United States History (PDF / Internet)