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. FIT-KIT Familien- und Kindergarten-Interaktions-TestSturzbecher
E N D
1. Testpsychologische Untersuchungsverfahren:Familien- und Kindergarten- Interaktionstest
Die Begutachtung in der Familiengerichtsbarkeit
Dozent: Rainer Balloff
Referentin: Eva Rogina
Berlin, 12.02.2008
2. FIT-KIT
Familien- und Kindergarten-Interaktions-Test
Sturzbecher & Freytag (2000)
3.
“It is the family which could first provide the opportunity for children to learn that the normal way of resolving conflicts is a consideration of needs rather than the use of power, to learn appropriate interpersonal skills, to solve conflicts, and to develop a trust in processes which are based on mutual respect and mutual benefit.”
(Wood & Davidson, 1993)
4. Übersicht Einführung
Theoretische Grundlagen
Testaufbau und Anwendung
Auswertung und Interpretation
Gütekriterien
Praxisbeispiel
5. Einführung Bedeutung kindlicher Kognitionen über die
Erzieher –Kind-Interaktion
Die familiale Interaktion ist die bedeutsamste Grundlage für:
Entwicklung sozialer Kompetenzen
Selbstwirksamkeit
Selbstvertrauen
Kommunikationskompetenz
Entwicklung von kindlichen Leistungseigenschaften
andere Persönlichkeitsmerkmale…z.B. Empathie und Selbstverantwortlichkeit
6. Einführung Die Qualität der Eltern-Kind-Interaktion beeinflusst stark die kognitive, emotionale und soziale Entwicklung der Kinder.
Die Elternperzeptionen haben im Gegensatz zu den Kinderperzeptionen kaum Prädiktionswert.
Durch subjektive Kodierung der kindlichen Erfahrung durch das Kind selbst wird die Relevanz von Lebensbedingungen und Beziehungsqualitäten für kindliche Entwicklung sichtbar.
Die Kinderperspektive ist ein unverzichtbares Bestimmungsstück bei der Bewertung der Entwicklungs- und Erziehungswirksamkeit von Erziehungskontexten.
Die Altersspanne von 4 bis 8 Jahren ist für die Ausbildung von sozialen und Leistungseigenschaften besonders bedeutend, weil sich hier leistungs- und kooperationsrelevante Eigenschaften herausbilden und schnell verändern.
7. Theoretische Grundlagen Konstruktionsprinzipien
Schwierigkeiten bei der Erhebung kindlicher Kognitionen:
verbale Darstellung sozialer Sachverhalte
Testaufgabenkomplexität und Attraktivität
Unbewusste Fälschungs- und Idealisierungstendenzen
Alterseffekte bezüglich Suggestivität
8. Theoretische Grundlagen Lösungsansätze des FIT-KIT
Skriptansatz
Soziales Wissen ist in Form von Skripten gespeichert.
Instruktionen des FIT- KIT kommen dieser skriptartigen Speicherung entgegen.
Abkopplung von Sprachfähigkeiten
Testfragen werden vorgelesen und durch Bilder visualisiert.
Regelspieldesign
Die motivationalen Voraussetzungen werden beeinflusst.
Kinder beteeiligen sich gern und akzeptieren die Spielregeln, die Fragen offen und „wahrheitsgemäß“ zu beantworten.
Psychische Barrieren und damit verbundene Verfälschungstendenzen werden reduziert.
9. Theoretische Grundlagen Die Situationsklassen des FIT-KIT (1/2)
Problemsituationen (2 Subtest: K-PRO, 5 Items und E-PRO, 11 Items)
(das Kind stößt bei der Verwirklichung seiner Handlungssituationen auf Schwierigkeiten und benötigt Hilfe von der Erziehungsperson)
intellektuelle Herausforderungen erweitern die kognitiven Kompetenzen der Kinder
Kooperationssituationen (1 Subtest: K-OO, 10 Items)
(das Kind möchte in eine Tätigkeit der Erziehungsperson einbezogen werden)
Entwicklung sozialer Kompetenzen - Abahnung und Realisierung kooperativen Handelns
Konfliktsituationen (2 Subtest: K-KFL, 9 Items und E-KFL, 7 Items)
(Interessenkonflikte zwischen dem Kind und einer Erziehungsperson)
sich seiner eigenen Interessen bewusst zu werden, diese zu artikulieren und mit sozial akzeptierten Mitteln durchzusetzen
10. Theoretische Grundlagen Die Situationsklassen des FIT-KIT (1/2)
Ideensituationen (1 Subtest: E-IDE, 8 Items)
(das Kind entwickelt eine Handlungsintention und erwartet eine emotionale Reaktion der Erziehungsperson im Sinne von Bestätigung)
die Kreativität, Explorations- , Lern- und Experimentierfreude wird entwickelt
Ausbildung von Eigenwertgefühl und der Erfahrung von Selbstwirksamkeit
Kummersituationen (1 Subtest: E-KUM, 8 Items)
(das Kind braucht Trost von der Erziehungsperson)
Aufbau von Kompetenzen zur emotionalen Selbstregulation
Spaßsituationen (1 Subtest: E-SPA, 5 Items)
(Kind und Erziehungsperson befinden sich in einer rational „zweckfreien“, aber emotional Positiven Interaktion)
Aufbau von Kompetenzen zur emotionalen Selbstregulation
11. Testaufbau und Anwendung Materialien
Handanweisung und Protokollbogen
Itemkarten:
- 4 Karten für die Aufwärm- und Instruktionsphase
- 6 Karten für den Vortest
- 63 Testkarten
4 Faltkästen, unterschiedlich bedrückt:
- 1 »Oft-Kasten«
- 1 »Manchmal-Kasten«
- 1 »Selten-Kasten« bzw. »Selten/Nie-Kasten«
- 1 »Nie-Kasten«
1 Bildständer
Bildkarten mit aufgezeichneten Figuren
Buntstifte und leere Karten in der Größe der Bildkarten
12. Testaufbau und Anwendung Testdurchführung
Durchführungszeit der Befragung beträgt in Abhängigkeit vom kindlichen Entwicklungsstand 20 bis 30 Minuten (aber es gibt keine Zeitvorgabe)
Aufwärmphase
Vertrauensverhältnis zwischen dem Kind und dem Befragendem wird hergestellt
das Kind wählt aus dem Set von Bildkarten Personen aus seiner Familie oder Kindereinrichtung aus
der Interviewer legt die Erziehungsperson fest, deren Interaktion mit dem Kind diagnostiziert werden soll
Instruktionsphase
die Vorstellung vom „Oft-manchmal-selten-oder-nie-Spiel“
dem Kind wird der eigentliche Testablauf anhand der Intemkarten für die Aufwärmphase erklärt
Vortest
sammeln von Informationen über das Verständnis der Instruktion und das Antwortverhalten des Kindes
Testdurchführung
13. Testaufbau und Anwendung Die Versionen des FIT-KIT
drei Antwortalternativen
„Oft“, „Manchmal“ und „Selten oder Nie“
Standardversion
vier Antwortalternativen
„Oft“, „Manchmal“, „Selten“ und „Nie“
nicht ohne einen besonderen Grund verwenden, da sich dadurch auch die Testsituation verändert
wenn eine genauere Differenzierung der kindlichen Antworten im unteren Bereich gewünscht wird
keine Normen
14. Testaufbau und Anwendung Anwendungsbereiche
Der FIT-KIT ist geeignet die kindliche Wahrnehmung der Interaktion mit erwachsenen Familienmitgliedern und Erziehungspersonen aus dem außerfamilialen Bereich abzubilden.
ist nicht auf den Interaktionskreis „Eltern-Kind“ beschränkt
Die Grenzen des FIT-KIT:
wenn kognitive Entwicklungsdefizite das Instruktionsverständnis bzw. das Spielen entsprechend der Regeln beeinträchtigen
wenn kein Vertrauensverhältnis zwischen dem Kind und dem Versuchsleiter hergestellt werden kann
15. Testaufbau und Anwendung Anwendungsbereiche
Erziehungs- und Familienberatung
forensisch-psychologische Begutachtung
Qualitätsevaluation von Kindertagesbetreuung
pädagogisch-psychologische und erziehungswissenschaftlichen Forschung
16. Auswertung und Interpretation Auswertung
cca. 10 min
Protokollblatt:
Angaben zum Datum und Person
allgemeine Bemerkungen zur Testdurchführung
der Auswertende entnimmt die karten nach dem Test nach einem festgelegten Modus den Kästen
Übertragung der Zuordnungsergebnisse auf den Protokollbogen
ermitteln der Subskalensummen mit Hilfe der transparenten Masken
Subskalenwerte können dann in Staninewerte umgerechnet und mit Normen verglichen werden
17. Auswertung und Interpretation Interpretation
Die Items lassen sich insgesamt 11 Konstrukten bzw. Skalen zuordnen.
Die kindlichen Einschätzungen über die Vater-Kind-Interaktion und die Mutter-Kind-Interaktion lassen sich vergleichend als grafisches Profil darstellen.
Subskalen
Subskala „Kooperation“
Kooperationssituationen und Konfliktsituationen
beschreibt ein Verhaltensmuster von Erziehungspersonen, das kindliche Handlungssituationen berücksichtigt und ihre Realisierung (zumindest teilweise) ermöglicht bzw. fördert, indem es kindliche Handlungsziele und –strategien in gemeinsames, übereinstimmendes Handeln integriert
18. Auswertung und Interpretation Subskala „Hilfe“
Komponente: Problemsituationen
beschreibt das Verhalten von Erziehungspersonen, das die Realisierung kindlicher Handlungssituationen ermöglicht bzw. fördert, indem es die Motivation des Kindes erhöht und sein problembezogenes Handeln ergebnisorientiert optimiert
Subskala „Abweisung“
Problemsituationen und Kooperationssituationen
beschreibt ein Verhaltensmuster von Erziehungspersonen, das unter Einschluss sozial diskriminierender Verhaltensweisen die kindliche Handlungssituationen ignoriert bzw. ihre Realisierung behindert und das Kind vom gemeinsamen Handeln ausschließt
19. Auswertung und Interpretation Subskala „Restriktion“
Konfliktsituationen
beschreibt ein Verhalten von Erziehungspersonen, das kindliche Handlungssituationen ignoriert und ihre Realisierung auf kompromisslose Weise unter Einschluss repressiver Verhaltensweisen behindert
Subskala „Kindliche Hilfesuche“
Problemsituationen
beschreibt ein kindliches Verhalten, mit dem Erziehungspersonen in sozial angemessener Form animiert werden, die Realisirung kindlicher Handlungssituationen zu unterstützen
20. Auswertung und Interpretation Subskala „Kindliche Diplomatie“
Konfliktsituationen
beschreibt ein kindliches Verhaltensmuster in, das darauf gerichtet ist, elterliche Intentionen zu erkunde, in Frage zu stellen und als Konfliktlösung ein Kompromiss auszuhandeln
Subskala „Kindliche Renitenz“
Konfliktsituationen
beschreibt ein kindliches Verhaltensmuster, wenn das Kind durch das zeigen emotioneller Erregung sowie durch oppositionelle oder ignorierende Verhaltensweisen versucht, seine Interessen in Konflikten durchzusetzen
21. Auswertung und Interpretation Subskala „Bekräftigung kindlicher Ideen“
Ideensituationen
beschreibt Verhalten von Erziehungspersonen, das sich durch Neugier sowie die Bereitschaft auszeichnet, sich auf die kindliche Erfahrungswelt einzulassen und selbst neue Ideen einzubringen
Subskala „Trösten bei Kummer“
Kummersituationen
beschreibt Verhalten von Erziehungspersonen, die die Gefühle des Kindes ernst nehmen und das Kind in seiner emotionalen Selbstregulation unterstützen - „Hilfe zur Selbsthilfe“
22. Auswertung und Interpretation Subskala „Emotionale Abwehr“
Ideensituationen und Kummersituationen
beschreibt Verhalten von Erziehungspersonen, das durch insensitive und emotional unpassende Reaktionen auf emotionale Signale des Kindes gekennzeichnet ist
Subskala „Faxen und Toben“
Spaßsituationen
beschreibt zweckfreie, emotional positive und lustbetonte Interaktion zwischen dem Kind und der Erziehungsperson
23. Gütekriterien Objektivität
standardisiertes Verfahren:
standardisierte Itemformulierungen
standardisierte Itemabfolge
standardisiertes Itemangebot
standardisierte Ergebnisregistrierung
standardisierte Auswertung
24. Gütekriterien Interne Konsistenz und Stabilität
Interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) der einzelnen Skalen:
Mutter-Kind –Interaktions zwischen .49 und .77
Vater-Kind-Interaktions zwischen .54 und .79
Erzieher-Kind-Interaktions zwischen .53 bis .83
Retest-Stabilität (Rankorrelationskoeffizienten nach Spearman) nach vier Wochen:
Mutter-Kind–Interaktion zwischen .32 und .64*
Vater-Kind-Interaktion zwischen .46 und .69
Erzieher-Kind-Interaktion – keine Retestdaten
* Daten der Version mit vier Antwortniveaus
25. Gütekriterien Validität
Zusammenhänge zu Außenkriterien wie kindlicher Intelligenz, Leistungseigenschaften, sozialer Kompetenz sowie zu soziodemografischen Daten (z.B. elterliches Bildungsniveau), kindlichen Einschätzungen familialer Freizeitaktivitäten und Ergebnissen aus Beobachtungen der Mutter-Kind-Interaktion
Die befragten Kinder schätzen das verhalten von Eltern und Erzieherinnen differenziert, konsistent und für Kinder dieses Alters auch zufrieden stellend stabil ein.
Die kindlichen Einschätzungen elterlichen Verhaltens haben einen höheren Zusammenhang mit kindlichen Entwicklungsparametern als die Elterneinschätzungen.
26. Praxisbeispiel Sachverständigengutachten: Klärung der Umgangsregelung zwischen
dem Vater und seiner siebenjährigen Tochter
Aufgabenstellung: Ausgestaltung des Umgangsrechtes unter Berücksichtigung der erzieherischen Eignung beider Elternteile
Multimodale Heranhegensweise:
Untersuchung der Beziehungsqualität des Mädchens zu ihren Eltern mit dem FIT-KIT
Explorative Einzel- und Gruppengespräche mit den Familienmitgliedern
Interaktionbeobachtung
Weitere psychologische Testverfahren und projektive Ansätze.
27. Praxisbeispiel Die familiale Situation zum Zeitpunkt der Begutachtung:
Das Mädchen lebte mit ihrer Mutter, Bruder, Stiefbruder und Stiefvater zusammen.
Der Vater lebt mit Freundin, aber ohne Kinder.
Die Trennung der Eltern ist nicht ohne Komplikationen verlaufen, sie machten jeweils den Anderen für das Scheitern der Beziehung verantwortlich.
Die Eltern stellten die Persönlichkeit ihrer Tochter und ihre Beziehungen zu den Elternteilen gegensätzlich dar.
28. Praxisbeispiel
29. Literatur Sturzbecher, D. & Freytag, R. (2000). Familien- und Kindergarten- Interaktionstest. Handanweisung. Göttingen: Hogrefe.
Sturzbecher, D., Grundmann, M. &. Welskopf, R. (2001). Betreuungsqualität in Familie und Kindergarten aus kindlicher Sicht. In D., Sturzbecher (Hrsg.). Spielbasierte Befragungstechniken. Interaktionsdiagnostische Verfahren für Begutachtung, Beratung und Forschung (S. 135-197). Göttingen: Hogrefe.
Sturzbecher, D. & Hermann, U. (2003). Der Familien- und Kindergarten-Interaktionstest (FIT-KIT) in der rechtspsychologischen Praxis. In T. Fabian, G., Jacobs, S. Nowara & I. Rode (Hrsg.). Qualitätssicherung in der Rechtspsychologie. Beiträge zur rechtspsychologischen Praxis (Band 2). (S.90-110). Münster: LIT Verlag.
Sturzbecher, D., Hermann, U. & Dietrich, P.S. (2004). Neue Ergebnisse zum FIT-KIT. Praxis der Rechtspsychologie, 14, 32-47.