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Grundlagen der Internationalen Beziehungen . 3. Vorlesung: Das System der Internationalen Beziehungen aus Sicht der verschiedenen Denkschulen Philipp Pattberg. Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft. Überblick. Teil 1: Realismus/Neo-Realismus und Institutionalismus
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Grundlagen der Internationalen Beziehungen 3. Vorlesung: Das System der Internationalen Beziehungen aus Sicht der verschiedenen Denkschulen Philipp Pattberg
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Überblick • Teil 1: Realismus/Neo-Realismus und Institutionalismus • Teil 2: Das internationale System aus Sicht der Denkschulen
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Teil 1: Realismus/Neo-Realismus und Institutionalismus • Grundannahmen • Erklärungsangebote • Kritik
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Realismus/Neo-Realismus • Warum mit dem Realismus beginnen? • Zentralität von Anarchie als Strukturmerkmal • „einfache“ Theorie • Realismus als Widerpart zu anderen Denkschulen • Dominanz in der akademischen Debatte • Unterscheidung: klassischer Realismus (Carr; Morgenthau) und Neo-Realismus/struktureller Realismus (Waltz; Mearsheimer)
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Der klassische Realismus: von Hobbes bis Morgenthau • Hobbes: 1) Men are equal; 2) They interact in anarchy; 3) they are motivated by competition, diffidence and glory. • During the time men live without a common power to keep them all in awe, they are in the condition which is called war, and such a war is of every man against every man. • Morgenthau: politischer Realismus als Einsicht in das Wesen des Menschen und den Ablauf der Geschichte • Menschenbild: animus dominandi; „The lust for power is ubiquitous“. Macht als zentrales Antriebsmoment der internationalen Beziehungen
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Neo-Realismus: Akteure und ihre Dispositionen • Staaten sind die einzigen relevanten Akteure • Staaten sind einheitlich handelnde korporative Akteure (unitary actors) • Staaten sind zweckrationale, nach Macht strebende Akteure • Aber nicht qua anthropologischem Prinzip, sondern als Folge der Struktur
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Neo-Realismus: Strukturkomponenten • Struktur des internationalen System geprägt durch • (Anarchische) Ordnung; • (Fehlende) Arbeitsteilung; • Machtverteilung und Technologie (als variable Strukturen)
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Neo-Realismus: Folgen der Anarchie • Staaten sind gleichrangig und gleichartig (diese Struktur ist konstant); • Die internationale Anarchie hat zwei wichtige Folgen: • Primat von Überleben und Autonomiesicherung • Machtstreben als Ausdruck von Selbsthilfe • Militärische Macht (Technologie) als zentrale Ressource im internationalen System • Aber: Macht ist relativ (nicht, wie viel, sondern, wie viel mehr als, ist die entscheidende Frage)
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Neo-Realismus: Machtverteilung • Machtverteilung und Technologie als veränderbare Elemente des Systems • Grossmachtstatus: defensiv (gegen Angriff von einzelnen Staaten gewappnet); offensiv (globale Machtprojektion möglich) • Kontinuität und Wandel: das Europäische Staatensystem • Typen von Machtverteilung: Uni-, Bi-, Multipolar • Defensive und offensive Technologien • Machtkonzentration und defensive Technologien wirken befriedend.
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Neo-Realismus: Fazit • Als Folge des andauernden Strebens nach Macht (unter den systemischen Bedingungen der Anarchie) kommt es zu drei fundamentalen Problem in den internationalen Beziehungen: dem Sicherheitsproblem, Ineffizienz und Unfreiheit. • Diese Dilemmata lassen sich nur durch Zwang und Übermacht überwinden (und auch das nicht auf Dauer)
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Institutionalismus • Vorläufer des Neo-Institutionalismus sind normative Entwürfe zur internationalen Kooperation (Grotius) sowie funktionalistische Erklärungen von gestiegener Interdependenz (Mitrany; Haas) • Der Neo-Institutionalismus bleibt in vielen seiner Kernannahmen nah am Neo-Realismus (Neo-Neo-Synthese) • Kernargument des Institutionalismus ist, dass Interdependenz und internationale Institutionen das Anarchieproblem abmildern und Kooperation dauerhaft möglich ist.
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Institutionalismus: Akteure, Strukturen, Prozesse • Staaten sind egoistisch-zweckrationale Akteure • Allerdings verfügen sie über mehr Handlungsfreiraum, da das internationale System nicht vollständig anarchisch organisiert ist • Staaten handeln eigennützig, streben aber nicht in allen Situationen nach Macht um ihrer Selbsterhaltung Willen
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Institutionalismus: Akteure, Strukturen, Prozesse • Interdependenz und Institutionen (internationale Regime) verringern die Wirkung der Anarchie • Interdependenz: Staaten können ihre zentralen Funktionen ohne Zusammenarbeit gar nicht, oder nur zu einem geringen Teil (oder zu hohen Kosten) erreichen. • Neue Probleme: Klimawandel kann nicht mit Atombomben gelöst werden! • Unter den Bedingungen von „komplexer Interdependenz“ werden militärische Ressourcen weniger wichtig (high/low politics). Wenn der Nutzen militärischer Macht schwindet, dann schwindet auch die Sorge davor, zum Opfer dieser Macht zu werden. • Problemfeldspezifische Ressourcen/Macht werden wichtiger • Staaten gründen internationale Regime, um Kooperationsprobleme zu lösen
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Institutionalismus: Akteure, Strukturen, Prozesse • Staaten streben nach absoluten Gewinnen • Verschiebung des dominanten Prozessmusters von der Machtkonkurrenz zur Wohlfahrtskonkurrenz • Kooperation bleibt schwierig (Trittbrettfahrer); Ressourcen sind knapp, Ineffizienz bleibt bestehen • Vier Bedingungen stabiler Kooperation (unter welchen Bedingungen funktionieren int. Regime?): korrekte Interpretation von Verhalten, Kontrolle, Sanktionen und transparente Transaktionskosten
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Das System der internationalen Beziehungen aus der Sicht der Denkschulen • Wodurch ist es gekennzeichnet und wie hat es sich herausgebildet? • Welche Bedeutung haben internationale Institutionen?
Staatenwelt (Realismus) Weltgesellschaft ausStaatenwelt/Gesellschafts-welt/Wirtschaftswelt (Pluralismus) machttheoretisch: statisch, zyklisch; Gleichgewichtszustände, Aufstieg und Fall von Hegemonialsystemen seit der Antike modernisierungstheoretisch/ funktionalistisch: progressiv: Zivilisierung, Vergesellschaftung; Institutionalisierung Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Modelle und Geschichten des internationalen Systems
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Institutionen: die zentralen Merkmale des internationalen Systems aus pluralistisch/ institutionalistischer Sicht • internationale Organisationen • internationale Regime • internationale Normen
IGO VN, OAU, ASEAN, OECD, EU, WTO NGO attac, IBFG, amnesty international, WWF TNO („profit-making") TNO („non-profit-making") IBM, Sony, Volkswagen Römisch-Katho-lische Kirche, IOC, Internationales Rotes Kreuz Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Typen internationaler Organisationen 1
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Typen internationaler Organisationen 2 Zuständigkeit: umfassend VN EU Mitgliedschaft: universal WTO Mitgliedschaft: partikular OPEC Zuständigkeit: problemfeldspezifisch
Internationale Regime – Definitionen Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Internationale Regime klassische Definition (1983) “sets of implicit or explicit principles, norms, rules and decision-making procedures around which actors’ expectations converge in a given area of international relations“ Krasner, Stephen D. (Hrsg.) 1983: International Regimes, Ithaca, S. 2 • Präzisierungen (1993) • “explicit rules” • “achieving prescriptive status in the sense that actors refer regularly to the rules both in characterizing their own behavior and in commenting on the behavior of others” • “rule-consistent behavior” • Rittberger, Volker/Mayer, Peter (Hrsg.) 1993: Regime Theory and International Relations, Oxford, S. 10-11
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Entwicklung internationaler Normen • Rechte von Staaten gegenüber Staaten: Gewährleistung äußerer Souveränität (negativer Frieden, Koexistenzrecht) • Rechte von Staaten gegenüber Staaten: Sicherung des sozialen Friedens (positiver Frieden, Kooperationsrecht) • Rechte von Individuen gegenüber Staaten: Menschenrechte (Individualschutz)
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft Zwei Rätsel • ENTSTEHUNG • Warum sollten Staaten ihre Handlungsautonomie nach außen einschränken und hoheitliche Regelungskompetenz aufgeben (z.B. zugunsten internationaler Institutionen)? WIRKSAMKEIT • Worauf gründet sich die Folgebereitschaft der Staaten gegenüber internationalen Organisationen, Regimen und Normen?
Prof. Dr. Philipp Pattberg Institut für Politikwissenschaft „Do institutions matter?“ • Realismus: not reallyInstitutionalismus: shape preferences of actors(Konstruktivismus: shape identities)
Regime-Output Regime-Outcomes Regime-Impact Prof. Dr. Klaus Dieter Wolf Institut für Politikwissenschaft „Do institutions matter?“ Woran kann man ihre Wirkung messen? • Ausstoß von Normen und Regeln • Verhaltensänderungen • Auswirkungen der Verhaltensänderungen
Sanktionen Interesse Prof. Dr. Klaus Dieter Wolf Institut für Politikwissenschaft Bindungswirkung zwischen-staatlicher Vereinbarungen aus der Sicht der Denkschulen Realismus rationalistischer Institutionalismus • Drohung/Einsatz von Zwangsgewalt • Nutzenerwartung/Vorteile durch Regeleinhaltung
Prof. Dr. Klaus Dieter Wolf Institut für Politikwissenschaft Literaturhinweise Krell, Gert 2004: Weltbilder und Weltordnung, Baden-Baden (3. Auflage)Rittberger, Volker/Zangl, Bernhard 2003: Internationale Organisationen. Politik und Geschichte, Wiesbaden (3. Auflage)Frank Schimmelfennig 2008 : Internationale Politik, München, S. 61-86