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Auf dem Wege in die Wissensgesellschaft Aufgaben für eine Schule der Zukunft Ein Vortrag von Hans-Günter Rolff. Übersicht Zwei Wege in die Wissensgesellschaft Demografischer Wandel und soziale Auslese verschärfen das Qualifizierungsproblem Die Wissensgesellschaft erzeugt ein Wertevakuum
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Auf dem Wege in die Wissensgesellschaft Aufgaben für eine Schule der Zukunft Ein Vortrag von Hans-Günter Rolff
Übersicht • Zwei Wege in die Wissensgesellschaft • Demografischer Wandel und soziale Auslese verschärfen das Qualifizierungsproblem • Die Wissensgesellschaft erzeugt ein Wertevakuum • Fazit: Gemeinschafts-Schule für alle • Aufklärungs-Kampagne statt Dauer-Kompromiss • Konsens ist realistisch • Fazit
Die Soziologen sind sich einig, dass • in der wissensbasierten Volkswirtschaft das Wissen der entscheidende Produktionsfaktor ist, • Produktion sich um das Wissen dreht, • Wachstum nicht mehr durch Ausweitung der materiellen Produktion, sondern durch die Akkumulation von Wissen entsteht, und • Wissen immer mehr aus der Wissenschaft kommt (vgl. Stehr). • wer am schnellsten ist, Vorteile hat.
Noch vor wenigen Jahrzehnten wurde der Wert einer Werkzeugmaschine größtenteils durch den Wert der in ihr enthaltenen Materie und der Bearbeitung der Materie bestimmt. Heute macht das nur noch etwa 20% aus, während der größte Teil des Wertes in Entwicklungsleistungen, Software, Design und anderen Dienstleistungen steckt (nach Lehner/Schmidt-Bleek).
Zwei Wege in die Wissensgesellschaft a) Konservative Variante: Der wirtschaftliche Erfolg hängt von den Beschäftigten ab, welche das Wissen produzieren. Man spricht von Wissensarbeit und setzt diese weitgehend mit Forschung und Entwicklung, Konstruktion, Design und Management gleich. Deshalb gibt es in diesem Modell weder viel Platz für qualifizierte Facharbeit und noch weniger für unqualifizierte Arbeit. Das Bildungssystem müsste dann in der Tat ganz vorrangig auf die Ausbildung hoch qualifizierter Wissensarbeiter ausgerichtet werden. Die nahe liegende Lösung wäre nicht eine Schule für alle, sondern zwei Schulen – eine Eliteschule für die Wissensarbeiter und eine für den Rest.
Folgen der konservativen Variante (nach F. Lehner): • Große Qualitätsprobleme, weil Facharbeit fehlt, z.B. bei • Fahrzeugelektronik bei Mercedes-Modellen (riesige Rückrufaktionen) • Hängebahn am Düsseldorfer Flughafen • ICE 3 • Toll Collect
Das bedeutet für die Schule: Wir brauchen deshalb eine qualifizierte Ausbildung für alle – und eine Schule, die dafür die Basis legt. Das Bildungssystem muss möglichst qualifizierte Bildung in der Breite mit der Bildung in der Spitze verknüpfen. Es muss Menschen mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen entsprechend ihren spezifischen Fähigkeiten, Neigungen, Kompetenzen und Erfahrungen ausbilden.
Arbeitsmarktanalyse nach Gerhard Bosch: • Es gibt „spracharme Arbeitsplätze“, die aber weniger werden • Geheimnis der deutschen Wettbewerbsfähigkeit ist die Kooperation von Entwicklern und Machern • Die Einsatzflexibilität in Deutschland ist hoch – wegen des Berufsprinzips • Im Ausland gibt es eine Kluft zwischen überqualifizierten Bachelor-Leuten und unterqualifizierten Angelernten • In Deutschland gibt es gut qualifizierte Facharbeiter, aber auch eine Facharbeiterlücke. • Es fehlen in Deutschland Naturwissenschaftler und Ingenieure.
Fazit: Wir brauchen jeden! Dafür muss die Schule sorgen und später die Weiterbildung. Zeigt: Bildungspolitik ist Gesellschaftspolitik! Das ist eine rein ökonomische bzw. arbeitsmarktpolitische Argumentation für mehr Bildung (OECD) Sie ist in unserer Welt wohl die überzeugendste. Genauso wichtig ist für mich die Chancengleichheit!
Kognitive Wende • Aus der Sicht der Wissensgesellschaft, sowohl für Typ A wie für Typ B, ist eine kognitive Wende notwendig. Dazu gehört Orientierung an • „intelligentem“, anschlussfähigem Wissen, • Kompetenzen und Standards (statt nur an Inhalten), • Metakognition (Lernstrategien, Problemlösefähigkeit, …)
Kognitive Schlagseite • Das in der Wissensgesellschaft dominierende • kognitive Paradigma hat Grenzen durch die • Tendenz • zur emotionalen Leere (Kognitives setzt emotionale Distanz voraus, beinhaltet Objektivierung, allgemeine Fähigkeiten, die unpersönlich sind), • zur „Drei-Fächer-Schule“ mit drei immer zentraler werdenden Fächern, die abgetestet werden können.
Es entsteht ein Wertedefizit, denn wissenschaftliches Wissen soll wertfrei sein.Dieser Anspruch gilt allerdings nur für emp.- analytisches Wissen • Tendenz: Viel Wissen, wenig Werte → Denn die Wissensgesellschaft benötigt technologisches Wissen, nicht hermeneutisches Wissen. Ohne gemeinsame Werte zerfällt eine Gesellschaft. Werteerziehung und Erziehung überhaupt ist also ein Zukunftsthema, das ebenso wichtig ist wie Unterrichtsentwicklung.
Fazit: Gemeinschaftsschule für alle Zusammengefasst sind das alles Gründe für die flächendeckende Einführung einer gemeinsamen Schule für alle Kinder und Jugendliche. Egal, ob man sie Gesamtschule, Gemeinschaftsschule oder meinetwegen auch Einheitsschule nennt. Denn Polemiker werden nach wie vor jede Strukturreform als Einheitsschule zu diskreditieren versuchen, egal wie wir sie nennen!
Also: wir brauchen Visionen + Konzepte • „Gemeinschaftsschule für alle“ ist ein gutes Konzept. • Signalisiert es doch Gemeinschaft – und das heißt: • Leben gemeinsamer Werte wie: • Solidarität • Respekt • Wertschätzung • Zivilcourage • Hilfekultur • Fehlertoleranz
Das sind Werte, die der Persönlichkeit, Alltagskultur und Demokratie förderlich sind. Gemeinschaftsschule verbindet Unterricht und Erziehung. Haus des Lernens und Lebens. Die Gemeinschaftsschule ist eine Schule. in der alle miteinander lernen und alle voneinander lernen. Die Gemeinschaftsschule ist pädagogische Schule. Das Gymnasium wird Teil der Gemeinschaftsschule.
An dieser Stelle ist eine 1. Klarstellung nötig: • Es geht nicht darum, das Gymnasium zu zerstören. • Eher geht es um die Universalisierung dessen, was • aus der Gymnasialpädagogik unbedingt aufbewahrt • werden muss. Vor allem: • Hohe Fachlichkeit • Wissenschaftspropädeutik • Orientierung am ganzheitlichen Bildungsbegriff
Es folgt eine 2. Klarstellung: Die „Gemeinschaftsschule für alle“ kann nur im Konsens realisiert werden. Wir sollten klar sagen, dass sie nicht mit Macht, sonder nur mit Mehrheit realisiert werden kann. Oder im Klartext: Sie kann nicht gegen die Gesellschaft, sondern nur mit der Gesellschaft als Regelschule durchgesetzt werden.
Aber die Gesellschaft ist in Sachen Schulstruktur seit 40 Jahren gespalten. Noch einmal: Das kann man nicht mit Macht, sondern nur durch Überzeugung ändern. Was wir deshalb brauchen, ist eine …
Ich empfehle: Aufklärungskampagne statt Dauerkompromiss Dazu einige Umfragedaten:
Erwachsene und Eltern sind (noch?) skeptisch 1. Gemeinsam unterrichten
Vorurteile über gemischte Lerngruppen abbauen 2. Was die Bevölkerung denkt Quelle: IFS-Umfrage 2004
Konsens ist möglich • Ein Konsens ist eine mühselige Sache, aber er scheint möglich. • 1. Das zeigt das Beispiel Ganztagsschule • Vom Bildungsrat 1969 bis zum • Ganztags-Förder-Programm der vorigen Bundesregierung gab es immer mehr Zustimmung
3. Zustimmung wächst allerorts • Bischof Huber • Präsident des Instituts der Wirtschaft • Muñoz • Bertelsmann-Kongress Mainz Hannover (TED-Ergebnisse) • Münchener IFO-Institut • DGB
4. Deutscher Schulpreis Den Hauptpreis erhielt eine Grundschule; alle Preisträger-Schulen waren Gesamtschulen.
Schließen möchte ich mit der Bemerkung: Noch nie sprachen so viele gute Gründe + Studien für die Gesamtschule oder Gemeinschaftsschule. Und wovon man überzeugt ist, das sollte man auch sagen und fordern. Wer die „beste Bildung für alle“ will muss auch das beste Konzept für alle bieten! Also: Gemeinschaftsschule für alle!