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Markenhändlertagung in Wien am 12.1.2012

Markenhändlertagung in Wien am 12.1.2012. Neue Entwicklungen bei Händlerverträgen und Ausblick aus rechtlicher Sicht Referent: Prof. Dr. F. Christian Genzow. Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht. 8. September 2014.

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Markenhändlertagung in Wien am 12.1.2012

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  1. Markenhändlertagung in Wienam 12.1.2012 Neue Entwicklungen bei Händlerverträgen und Ausblick aus rechtlicher Sicht Referent: Prof. Dr. F. Christian Genzow Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  2. Neue Entwicklungen bei Händlerverträgen und Ausblick aus rechtlicher Sicht I. Vertriebssysteme in Europa Der rechtliche Ist-Zustand Die neuen Verträge Besondere Problemstellungen für die Zukunft Ausblick Seite 2 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  3. I. Vertriebssysteme in Europa Seite 3 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  4. Vertriebssysteme in Europa Eine Analyse der sog. „geschlossenen“ Vertriebssysteme in Europa aus 2004 ergibt: * 17 % sind Handelsvertreter (vermitteln Waren) * 11 % sind Franchisesysteme * 68 % sind autorisierte Vertragshändler (einschließlich Werkstätten) Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht

  5. Vertriebssysteme in Europa * Für Handelsvertreter besteht aufgrund einer EU-Harmonisierungsrichtlinie aus dem Jahre 1986 europaweit eine einheitliche gesetzliche Grundlage (identisch mit unseren gesetzlichen Vorschriften der §§ 84 ff. HGB). * Für Franchisesysteme gibt es in drei europäischen Ländern eine gesetzliche Regelung, in allen anderen Ländern nicht (mehr). Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht

  6. Vertriebssysteme in Europa * Für Vertragshändler gibt es in zwei Ländern (Belgien und Griechenland) eine gesetzliche Regelung, in allen anderen Ländern nicht (in Deutschland und Österreich wird Handelsvertreterrecht aufgrund höchstrichterlicher Recht- sprechung, nicht jedoch aufgrund gesetzlicher Vorschriften, entsprechend angewandt). Fazit: Mindestens 80 % aller geschlossenen Vertriebssysteme haben europaweit keine eigene gesetzliche Grundlage; es basiert nur auf allgemeinem Vertragsrecht ohne Berücksichtigung von Besonderheiten bei Vertriebssystemen. Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht

  7. II. Der rechtliche Ist-Zustand Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht

  8. Der rechtliche Ist-Zustand 1. Ausgangslage Thema der Forum Europe Conference, Brussels, 11 May 2000: „Who will be in thedriver‘sseat?“ „Thereis an obviousreplytothisquestion: itshouldbetheconsumerwhois in thedriver'sseat!“ (Mario Monti, CommissionerforCompetitionPolicy, Forum Europe Conference, Brussels, 11 May 2000, Speech 00/177) Seite 8 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  9. Der rechtliche Ist-Zustand 2. Wegfall von Regelungen der alten GVO 2.1 Weggefallene wesentliche Händlerschutzregelungen Übertragungsrecht auf andere Vertragswerkstatt Möglichkeit der Übernahme Zweit- und Drittfabrikat Erfordernis transparenter, schriftlicher, objektiv begründeter Kündigung Mindestlaufzeit 5 Jahren, grundsätzliche Kündigungsfrist 2 Jahren Wegfall des Verbotes von Beschränkungen deruntervertraglichen Weitervergabe der Erbringung von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen Seite 9 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  10. Der rechtliche Ist-Zustand 2.2 Händlerschutzbestimmungen, die weiterleben im Code of Conduct der Hersteller (ACEA*) „Code of good practice regarding certain aspects of vertical agreements in the motor vehicle sector“: Schiedsverfahren - Nr. 1 „Alternative dispute resolution“ Grundsätzliche Kündigungsfrist 2 Jahre - Nr. 2 „Minimum periods of notice“ *ACEA: BMW, DAf Trucks, Daimler, FIAT, Ford of Europe, General Motors Europe, Jaguar Land Rover, MAN, Porsche, PSA Peugeot Citroen, Renault, Scania, Toyota Motor Europe, Volkswagen, Volvo. Seite 10 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  11. Der rechtliche Ist-Zustand 3. Neue Auslegung des Art. 101 Abs. 3 AEUV: Unter Geltung der GVO 1400/2002: Vorliegen einer sog. „schwarzen Klausel“ führt regelmäßig zum Wegfall der Gruppenfreistellung für das gesamte Vertriebssystem (vgl. Leitfaden zur GVO 1400/2002, S. 31 u. Leitlinien zur GVO 2790/1999, Rn. 46 „individuelle Freistellung […] unwahrscheinlich“) Unter Geltung der GVO 461/2010 und GVO 330/2010: Auch bei schwarzen Klauseln Möglichkeit der Einzelfreistellung gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV, obschon vermutet wird, das dessen Voraussetzungen „wahrscheinlich nicht erfüllt“ sind; aber: „Vermutung kann jedoch widerlegt werden“ (vgl. Leitlinien GVO 461/2010, Rn. 17 und Leitlinien GVO 330/2010, Rn. 47) Seite 11 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  12. Der rechtliche Ist-Zustand Konsequenz: Der Hersteller ist in den Driver‘s Seat zurückgekehrt! Seite 12 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  13. Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht III.Die neuen Verträge

  14. Die neuen Verträge Europäische Vereinheitlichung * Bei nahezu allen Marken werden die Verträge europaweit standarisiert (Ausnahme: Private Importeure) Die Standarisierung betrifft vor allem die grundlegenden Pflichten und Rechte des autorisierten Händler- und/oder Servicebetriebes * Inhaltlich gibt es sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich weiterhin erhebliche Unterschiede * Bei den Qualitätsstandards existieren auch zukünftig noch erhebliche Unterschiede Seite 14 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  15. Die neuen Verträge 2. Ein Recht, ein Gerichtsstand? Es zeigt sich bei einigen Fabrikaten die Zielsetzung, sämtliche Verträge nur noch einer Rechtsordnung und einem Gerichtsstand zu unterwerfen. Beispiele: Bentley DAF Ferrari Damit ist zum Teil eine erhebliche Verkürzung der Händlerrechte verbunden, insbesondere, wenn die Durchsetzung der Rechte nach nationalem Recht aufgrund des großen Zeitaufwandes nahezu unmöglich ist (Beispiel: Ferrari, Italien) oder aufgrund des hohen Kostenaufwandes (Beispiel: Bentley, England). Seite 15 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  16. Die neuen Verträge 3. Zwei Verträge? Die Änderung der GVO macht es wieder möglich, Vertriebs- und Servicevertrag in ein Vertragswerk einzubringen. Das hat für die Partner Nachteile: Ein Vertragsverstoß gegen den Händlervertrag (beispielsweise Zahlungsverzug) führt nicht nur zur Beendigung des Vertriebs- sondern auch des Servicevertrages (anders: Bisherige deutsche Rechtsprechung) Die Kombination aus Vertriebs- und Servicevertrag macht den Anspruch auf Eintritt in die Serviceorganisation schwieriger Die Standards von Vertrieb und Service werden miteinander vermischt. Seite 16 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  17. Die neuen Verträge 4. Freier Zugang zum Servicevertrag? BGH 30.3.2011: „Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts betrifft das Klagebegehren nicht den – sachlichen – Endkundenmarkt für die Inanspruchnahme von Instandsetzungs- und Wartungsdienst- leistungen für Nutzfahrzeuge, sondern den vorgelagerten Markt, auf den sich die Werkstätten als Nachfrager und die Hersteller von Nutzfahrzeugen und andere Unternehmer als Anbieter von Ressourcen gegenüberstehen, zur Erbringung von Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten eingesetzt werden.“ Seite 17 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  18. Die neuen Verträge Die Kommission stellt auf den Endkundenmarkt ab. Dazu Schreiben der DG IV vom 30.11.2011: „… ich möchte in Bezug auf den Zugang zu den Werkstattnetzen der KfZ-Hersteller darauf hinweisen, dass die Position der Kommission in Bezug auf die Interpretation der KFZ- Gruppenfreistellung unverändert ist, wie in Randnotiz 70 den ergänzenden Leitlinien zur Verordnung 461/2010 dargelegt. Darum wird sich die Kommission bei der Rechtsprechung im Einzelfall unverändert an diesen Leitlinien orientieren. Angesichts der generell starken Marktposition der Netze der Vertragswerkstätten und ihrer Bedeutung insbesondere für die Halter neuerer Fahrzeuge, hält es die Kommission für wichtig, dass die Werkstattnetze im Allgemeinen allen Unternehmen offenstehen, die die Kriterien der qualitativen Selektion erfüllen.“ Seite 18 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  19. Die neuen Verträge Fazit: Die BGH-Entscheidung vom 30.3.2011 ist problematisch und das Abstellen auf einen „vorgelagerten Markt“ nicht zu rechtfertigen. Die Entscheidung ist jedenfalls nicht allgemeingültig und kann schon gar nicht auf den Pkw-Bereich übertragen werden. Aber: Verschiedene Fabrikate verweigern unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH den Zugang zum Servicebereich. Deshalb: Es ist abzusehen, dass sich der EuGH mit dieser Frage auseinandersetzen muss. Seite 19 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  20. Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht IV. Besondere Problemstellungen für die Zukunft

  21. Besondere Problemstellungen für dieZukunft Standards und deren Veränderung Die Qualitätsvoraussetzungen (Standards) sind heute das wirtschaftliche Rückgrat der Händler- und Serviceverträge An den Vertriebs- und Servicepartner werden deutlichr höhere (auch finanzielle) Ansprüche gestellt; Standards stehen vielfach unter dem Vorbehalt einseitiger Änderungen durch den Hersteller. Amortisation der Investitionen und Planungssicherheit ist dadurch deutlich eingeschränkt Seite 21 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  22. Besondere Problemstellungen für die Zukunft 2. Konditionen/Margen/Bonus Nach dem Vorbild BMW haben einige Hersteller keine Konditionenregelungen, insbesondere für Margen, Boni und Prämie im Vertrag mehr vorgesehen. Damit besteht die Möglichkeit, jederzeit durch den Hersteller die Konditionen zu ändern (rechtlich allerdings zweifelhaft) Kalkulations-, Planungs- und Investitionssicherheit wird weiter eingeschränkt Seite 22 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  23. Besondere Problemstellungen für die Zukunft 3. Garantieabwicklung * Die Garantie ist bei den einzelnen Fabrikaten (ohne dass der Verbraucher dies weiß) unterschiedlich ausgestaltet: Es gibt Hersteller- und Händlergarantien * Garantieregelungen sind von einer Fülle von unterschiedlichen einzelnen Regelungen, Zusatzregelungen, Bedienungsanweisungen, Tutorships o.ä. geprägt, die jederzeit veränderbar vom Hersteller gestaltet werden. Der Servicepartner verliert daher häufig den Überblick; der Ersatz- anspruch wird deswegen gekürzt oder sogar ausgeschlossen. * Audits führen zu weiteren Kürzungen zu Lasten der Vertragspartner * Zugleich stärkt der EuGH die Rechte des Verbrauchers (Beispiel: EuGH 16.6.2011: Kosten des Aus- und Einbaus bei Ersatzlieferung hat der Verkäufer zu tragen) Seite 23 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  24. Besondere Problemstellungen für die Zukunft 4. . Überwälzung von Kosten Es zeigt sich die Tendenz bei den Herstellern, im hohen Maße dem Handel Kosten aufzubürden, beispielsweise - Neufahrzeugaufbereitungskosten - Depotkosten für schadenhafte Ersatzteile - Schulungskosten Bezogen auf das Handelsrecht und den Handelsvertreter sind dies allerdings in der Regel Kosten, die vom Prinzipal (Hersteller) zu tragen wären. Seite 24 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  25. V.Ausblick Seite 25 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  26. Überblick Es zeigt sich, dass der Hersteller nicht nur in den „Driver‘s Seat“ (anstatt des Verbrauchers) zurückgekehrt ist, sondern zielgerichtet rechtliche und wirtschaftliche Vorteile für sich daraus ableitet. Aber: Die Folge werden größere Händlereinheiten sein, von denen der Hersteller deutlich abhängiger wird Das EU-Parlament hat den Schutz kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) im Fokus. Vertragshändler- und Franchisesysteme nehmen gegenüber Handelsvertretersystemen weiter zu. Wegen fehlender gesetzlicher Grundlagen wird eine Harmonisierung unausweichlich. Die Initiative „Erweiterung der Handelsvertreterrichtlinie auf Vertriebshändlersysteme“ wird fortgesetzt Nationale Gesetzesinitiativen, insbesondere aus Österreich, werden Beispiel geben für eine gesetzliche Umsetzung europaweit. Seite 26 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht 8. September 2014

  27. Seite 27 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht • Vor diesem Hintergrund wird das Händlerrecht mit dem derzeitigen Inhalt aufgrund der GVO 2010 bis zum Jahre 2023 nicht unverändert fortbestehen. Es werden Änderungen zu Gunsten der kleinen und mittleren Unternehmen kommen. 8. September 2014

  28. Seite 28 Institut für Europäisches Vertriebs- und Kartellrecht Danke für Ihre Aufmerksamkeit Prof. Dr. F. Christian Genzow RechtsanwaltAgrippinawerft 24 ¦ Im Rheinauhafen D-50678 Köln Telefon: +49 221 20807-29 Telefax: +49 221 20807-67 christian.genzow@fgvw.de 8. September 2014

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