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Wahrnehmung gesprochener Sprache. Glenn Schütze. Gliederung. Akustisches Sprachsignal Sprachwahrnehmung Motorische Theorie Kategorien Kontinuum (neues Paradigma) Experimente Lauttrennung / Variation des Sprechers Sprachliches Vorwissen Weitere Modelle Fragen. Akustisches Sprachsignal.
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Wahrnehmunggesprochener Sprache Glenn Schütze
Gliederung • Akustisches Sprachsignal • Sprachwahrnehmung • Motorische Theorie • Kategorien • Kontinuum (neues Paradigma) • Experimente • Lauttrennung / Variation des Sprechers • Sprachliches Vorwissen • Weitere Modelle • Fragen
Akustisches Sprachsignal Akustisches Sprachsignal
Akustisches Sprachsignal • Beschreibung des Sprachsignals • Phoneme • Kleinste lautliche Segmente • Bedeutungsunterscheidend, aber nicht bedeutungstragend • Phonetische Merkmale • Physische Bewegung des Stimmtraktes • Als akustisches Signal • Schall des eigentlichen Signals • Zeitabhängige Frequenz- und Intensitätsmuster
Akustisches Sprachsignal • Phoneme • Zerlegung des Signals in Einheiten • Beziehen sich auf Laute, nicht Buchstaben • Bsp.: • /b/ bedeutungsunterscheidend, trägt aber keine Semantik • Phonem ohne Hilfe von „Frequenz“ definiert, sondern als Laut Bier /b/ /i:/ /R/ Pier /p/ /i:/ /R/ Biel /b/ /i:/ /l/
Akustisches Sprachsignal • Phonetisches Merkmal • Definiert über Produktion des Lautes im Stimmtrakt • Dadurch: Beschreibung der Phoneme • Sonorität (stimmhaft, stimmlos) • /d/ und /f/ • Artikulationsstelle (Verschluss-, Reibelaute) • /d/ und /f/ • Differenzierung sehr viel umfangreicher als hier angegeben
Akustisches Sprachsignal • Akustisches Sprachsignal (physikalisch) • Betrachtung der Frequenz, Intensität im zeitlichen Verlauf • Dadurch: Sprachsignalmerkmal • Teil des akustischen Signals • Abbildung auf Phoneme • Formant • Vokal • Formantenansatz • Konsonant • Abhängig von der Stellung des Stimmtrakts
Akustisches Sprachsignal • Zusammenfassung • Akustisches Sprachsignal in Phoneme aufgliederbar • Phoneme beschreibbar mit Sprachsignalmerkmalen • Problem • Zusammenhang zwischen akustischen Sprachsignalen und gehörten Lauten • Sprachwahrnehmung
Sprachwahrnehmung Sprachwahrnehmung
Sprachwahrnehmung • Idealisierendes Modell Sprachproduktion Akustisches Signal Phoneme Muster von Schalldruckschwankungen mit verschiedenen Frequenzen Auditives System Dekodierung Reanalyse als Phonem Wahrnehmung des Sprachproduktes
Sprachwahrnehmung • Problem • Es gibt keinen konstanten Zusammenhang zwischen Phonemen und Mustern der Druckschwankungen • Begründung • Variabilität • Problem der Bildung von Einheiten aus dem Sprachsignalfluss
Sprachwahrnehmung - Variabilität • Variabilität • Keine 1:1 Zuordnung von Phonemen zu Sprachsignalmerkmalen • Kontext der Phoneme verändert Sprachsignalmerkmale
Sprachwahrnehmung - Variabilität • Wahrnehmungskonstanz Akustisches Signal A Akustisches Signal B Phonem X Akustisches Signal C . . .
Sprachwahrnehmung - Variabilität • Arten der Variabilität • Individuumsabhängig • Regionsabhängig • Geschlechtsabhängig • Artikulationsabhängig • Bsp.: „Ich gehe heute ins Kino.“
Sprachwahrnehmung - Variabilität • Problem wegen Variabilität • Bildung von Einheiten (es gibt normalerweise keine Pausen)
Sprachwahrnehmung • Fragen • Existieren spezifische Mechanismen für die Sprachwahrnehmung? • Abgrenzung zum allgemeinen auditiven System • Existieren Informationen zur Trennung im Signalfluss? • Ist sprachliches „Vorwissen“ relevant?
Motorische Theorie Motorische Theorie der Sprachwahrnehmung
Motorische Theorie • Motorische Theorie der Sprachwahrnehmung • Nach Liberman (1967) • Postulat • Sprache als Signalform, die erzeugt und wahrgenommen wird • Ein spezifisches System • Hypothetisches, neuronales Netz
Motorische Theorie • Modell nach Liberman Sprachsignal Dekodierungsmechanismus Verarbeitungs- Einheit für Phoneme Reproduktion der Aktivität im Stimmtrakt Phonetische Merkmale Von den Merkmalen erzeugte Laute Sprachwahrnehmung
Motorische Theorie • Sprache behandelt als etwas Besonderes • Durch Ermittlung phonetischer Merkmale • Problem der Variabilität vermieden • Bis hierhin: Modell
Experimente zu Liberman Experimente zu Liberman
Experimente zu Liberman • Empirische Belege / Experimente • Kategoriale Wahrnehmung • McGurk-Effekt • Duale auditive Wahrnehmung
Experimente zu Liberman • Kategoriale Wahrnehmung • Idee • Experiment • Phonem-Identifizierung • Phonem-Unterscheidung Begrenzte Anzahl von Wahrnehmungs- kategorien Sprachsignal
Experimente zu Liberman • Identifizierung der Phoneme • Schrittweise Veränderung der Vokaleinsatzzeit von /da/ zu /ta/ Nach Eimas und Corbit (1973)
Experimente zu Liberman • Unterscheidung der Phoneme • A, B, C Phoneme • Darbietung: A B C ,wobei A ≠ B und C = A oder C = B • Schlechte Unterscheidung innerhalb einer Kategorie, sonst gut • Autoren schließen (Grundsatz der kategoriellen Wahrnehmung) • Laute unterscheidbar nur bei vorheriger Kategorisierung
Experimente zu Liberman • Neues Paradigma (statt Kategorie, Kontinuum) • Experiment • Einschätzung der Laute eines Kontinuums zwischen 2 Kategorien • Probanden konnten Grad (!) der Zugehörigkeit sehr gut einschätzen (nach Massaro, Cohen 1983) • Obwohl Sprachwahrnehmung nicht kategorisch, auf Kommunikationsebene kategorisch Kommunikations- ebene Kommunikations- ebene Kategorisch Nicht kategorisch Kategorisch Sprachwahrnehmungs- ebene Sprachwahrnehmungs- ebene
Experimente zu Liberman • Nachweis der Kategorien auch bei • Geräuschen • Summen • Musik • Affen, die über keine Sprache verfügen Durch Miller, Pisoni, Zatorre, Halpern (1976-1979) • Andere Richtung • Nicht kategorisch, sondern fortlaufend • Neues Modell nötig
Experimente zu Liberman • McGurk-Effekt • Person im Video spricht /ga-ga/ • Zu Hören ist /ba-ba/ • Proband nimmt wahr /da-da/ • Verbindung zwischen auditivem und visuellem System • Existiert Sprachverarbeitungssystem • Benutzung aller Informationen zur Analyse des Signals
Experimente zu Liberman • McGurk-Effekt bei nichtsprachlichen Signalen • Video Cellosaite wird gezupft • Ton Saite wird gestrichen • Proband sieht gestrichene Saite • Proband hört gezupfte Saite • Effekt ist schwächer als bei Sprache • Aber: Infragestellen des spezifischen Sprachverarbeitungsmechanismus (Saldana und Rosenblum 1993)
Experimente zu Liberman • Duale auditive Wahrnehmung Whalen und Liberman 1987 Zu hören: Zirpen Zu hören: /da/ Linkes Ohr Rechtes Ohr
Experimente zu Liberman • Anhänger Libermans: zwei Wahrnehmungsweisen • Sprachmodus • Fügt alle Informationen zusammen • Allgemeiner auditiver Modus • Aber • Auch duale auditive Wahrnehmung bei nichtsprachlichen Signalen • Fowler und Rosenblum (1990) • Wissenschaftliche Debatte hält an
Lauttrennung / Variationen des Sprechers Lauttrennung und Variationen des Sprechers
Lauttrennung / Variationen des Sprechers • Lauttrennung • Suche nach invariante Sprachsignalmerkmalen • Analyse von 3D-Frequenzspektren • Weisen konstante Merkmale auf
Lauttrennung / Variationen des Sprechers • Variation/Normalisierung • Ausgleich von Unterschieden der Sprechweise verschiedener Sprecher auf der untersten Ebene der Wahrnehmung • Insbesondere Frequenzen • Experiment mit McGurk (s.o.) • Visuell Frau • Auditiv männliche Stimme • Trotzdem McGurk-Effekt • Folgerung: Normalisierung findet statt
Sprachliches Vorwissen Sprachliches Vorwissen
Sprachliches Vorwissen • Bisher „Bottom Up“ • Von den Lauten zum Verstehen • Nun „Top Down“ Vorwissen Sprachwahrnehmung Akustisches Sprachsignal
Sprachliches Vorwissen • Wahrnehmung kontextabhängig • Einheitenbildung • „DruckERzeugnis“ (Duden) • „I scream, you scream, everybody wants icecream“ (Chris Barber) • Semantik, Syntax • Experiment (Isard, Miller 1963) • Vermischten normale, grammatisch richtige Sätze, anomale und falsche Sätze • Hörer sprach nach (shadowing) • 89, 79, 56% jeweils richtig nachgesprochen • Semantische, syntaktische Regeln werden für die Wahrnehmung verwendet
Sprachliches Vorwissen • Phonemergänzung • Experiment (Warren 1970) • „Legislativkörperschaften“ • Husten bei /s/, jedoch keine genaue Lokalisation, trotzdem /s/ „gehört“ • „Nun kam der Augenblick zu (x)inken“ • x ist Konsonant, z.B. x = s, x = w, … • Wenn Szenenthema „Abschied“ dann winken
Weitere Modelle Weitere Modelle Nicht kategorial
Weitere Modelle • Fuzzy Logical Model of Perception (FLMP) • Prozesse machen Gebrauch von Prototypen im Langzeitgedächtnis Transformation in psychologische Werte Informationsquellen Auditiv Ai Auswertung Visuell Vj Bietet Unterstützungsgrad für jede Sprachalternative k ai vj Psychologische Werte Integration sk Grad der Unterstützung Auswahl einer der Alternativen Entscheidung Rk t
Weitere Modelle • Voraussetzungen • Jede Informationsquelle wird bewertet • Bestimmung des Grades um Alternativen einzuschränken • Informationsquellen werden unabhängig bewertet • Modell der Mustererkennung • (Massaro 2001)
Schlussbetrachtung Schlussbetrachtung
Schlussbetrachtung • Neue Modell werden erforscht • Alte Modelle sind teilweise unzureichend respektive zu unkonkret • Disput zwischen Kategoriale und „fortlaufender“ Wahrnehmung hält an
Quellen Quellen
Quellen • Wahrnehmungspsychologie • Allgemeine Grundlagen • Goldstein (1997) • Speech Processing • Aktuelle Forschung • Zeng, F.G. (1999) • Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft • Kommunikationsmodell • Saussure (1931)