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Gliederung. 1. Einf
E N D
1. Methoden der Verhaltensbeobachtung inpraktischer Anwendung
Im Rahmen des Seminars: Die Begutachtung
in der Familiengerichtsbarkeit Dr. Balloff
Referentin: R. Martens & E.Krasivskaya
2. Gliederung 1. Einführung in die Beobachtungslehre:
Definition der Bebachtung
Arten der Beobachtung
2. Vom Beobachten zum Beschreiben
3. Vom Beschreiben zum Beurteilen
4. Ein Beispiel einer systematischen
teilnehmenden Beobachtung in einer
Kindergartengruppe
3. 1. Definition: Beobachtung Das ist eine Methode zur Gewinnung diagnostisch relevanter Daten
Anwendungsgebiet: Wenn andere formelle Verfahren nicht zur Verfügung stehen (z.B. Tierbeobachtung, Untersuchung von Mimik und Gestik, Babyverhalten usw.)
Es gibt unsystematische (unstandardisiert) und systematische (standardisiert, kontrolliert, strukturiert) Beobachtung
4. 3. Arten der Beobachtung Feldbeobachtung
Erfassung des Verhaltens im Kontext natürlicher Bedinungen
Eingeschränkte Kontroll- möglichkeit Laborbeobachtung
Nicht-naturalistische Beobachtung
Das fragliche Verhalten wird vom Beobachter absichtlich angeregt
Hohe Kontrollierbarkeit
Wirkt künstlich
5. 3. Arten der Beobachtung Aktive Teilnahme: Beobachter tritt in Interaktion mit beobachtbaren Personen
Passive Teilnahme: Sowenig Interaktion zwischen Beobachter und beobachteten Personen wie möglich
Nichtteilnahme: Beobachtung erfolgt durch eine Einwegscheibe/ Tonband. Es findet gar keine Interaktion zwischen Beobachter und beobachteten Personen statt.
6. 3. Arten der Beobachtung Offene Beobachtung
Beobachtete Personen wissen, dass sie beobachtet werden
Kann soziale Erwünschtheit herleiten
Hilfsmittel: Kamera / Tonband Verdeckte Beobachtung
Beobachtete Personen wissen nicht, dass sie beobachtet werden
Zeitaufwendig
Hilfsmittel: „verdeckte“ Beobachter / Einwegscheiben
7. Vom Beobachten zum Beschreiben Oder wie komme ich zu guten Protokollen und Beobachtungsberichten?
Problem beim Beschreiben:
Beim Beschreiben derselben Situation können Berichte unterschiedlicher Beobachter sehr unterschiedlich ausfallen. Also unterschiedlich sind nicht die Beobachtungen, sondern die Berichte über diese Beobachtungen
8. Vom Beobachten zum Beschreiben Ein weiteres Problem beim Zustandekommen eines Berichtes:
jeder Beobachtungsbericht enthält einen mehr oder weniger großen Anteil an Interpretationen.
Im Hinblick auf diese Schwierigkeiten sollten zwei Regeln unbedingt eingehalten werden:
Erklärungen zu vermeiden
Vorsicht mit den interpretierenden Ausdrücken
9. Vom Beschreiben zum Beurteilen Beurteilung ist der eigentliche Zweck der Beobachtung
Beurteilung ist ein Alltagshandeln
Beurteilungen sind ganz normale Bestandteile unseres Alltags.
In ihnen erfassen und bewerten wir individuelle Merkmale, Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Personen oder Situationen
10. Vom Beschreiben zum Beurteilen Ein bestimmter Weg, der von der Beobachtung zur Beurteilung führt ist die Interpretation.
Dabei sind 2 Formen besonderes wichtig:
Deuten und Erklären
11. Vom Beschreiben zum Beurteilen
Deuten
Die Deutung vermittelt zwischen wahrgenommenen Ausdruck und verarbeitetem Eindruck, zwischen Beobachtetem und Beobachter
Stellen wir uns vor… Dämmerung, ein wild gestikulierender, ungepflegter Mann steuert auf eine junge Frau zu. Natürlich fragt sie sich sofort: Was mag er vorhaben? Will er mich nach dem Weg fragen, vielleicht angreifen oder braucht er Hilfe?
12. Vom Beschreiben zum Beurteilen Also ihre Reaktion wird davon abhängig sein, wie sicher sie sich fühlt, selbstbewusst sie ist, auch von überdauernden Persönlichkeits-merkmalen, Wertungen, situativen Bedürfnissen und Emotionen.
Ob der gewonnene Eindruck mit dem übereinstimmt, was der Mann ausdrücken wollte, hängt davon ab, ob der Frau eine zutreffende Deutung gelingt.
13. Vom Beschreiben zum Beurteilen Beim Deuten geht es darum, ein bestimmtes Verhalten zu einem Begriff bzw. einem begrifflichen Modell in Beziehung zu setzen.
Beim Deuten bekommt die beobachtete Verhaltensweise einen zusätzlichen, vielleicht auch einen ganz neuen Sinn.
Deswegen ist es gut, erstmal mehrere Hypothesen und Deutungsmöglichkeiten zu sammeln und zu prüfen.
14. Vom Beschreiben zum Beurteilen Erklären
Die Erklärung bildet ein weiteres Zwischenglied zwischen Beobachtung und Beurteilung.
Wenn ich ein bestimmtes Verhalten erkläre, gebe ich an ,warum etwas der Fall ist oder warum ein Sachverhalt so und nicht anderes ist.
15. Beurteilung als Entscheidung Eine Beurteilung geht aus der Kombination mehrerer Informationen oder Einzelurteilen hervor.
Beim Beurteilen geht es nie um eine bloße Feststellung eines augenblicklichen Zustandes, in der Regel ist auch eine Prognose eingeschlossen, d.h. eine mehr oder weniger begründete Vermutung über zukünftiges Verhalten.
16. Ein Beispiel einer systematischen teilnehmenden Verhaltensbeobachtung Anlass der Beobachtung
eine altersgemischte Gruppe im Kinder- garten. Der fünfjährige Johannes fiel der Erzieherin auf durch seine geringe Konzentrationsfähigkeit, mangelnde Spontanietät und geringe Bereitschaft zum sprachlichen Ausdruck.
17. 2. Aspekte der systematischen Beobachtung
Genau Beschreibung der auffallenden Verhaltensmuster (Kontaktarmut, Konzentrationsschwäche, Sprachhemmung müssen genau beschrieben werden )
Gewinnung von Anhaltspunkten für die Aufdeckung von Ursachen der auffallenden Verhaltensmuster
Gewinnung von Anknüpfungspunkten für pädagogische Aktivitäten.
18. Formulierung einer Arbeitshypothese
Kognitiver Bereich:
Mangelnde Konzentration, auch Motivation (z.B. im Freispiel) lässt Überforderung und im Fall von Johannes fehlende elterliche Zuneigung vermuten
Sozialer Bereich:
Kontaktarmut von Johannes scheint auf gestörte Umweltbeziehungen und Anpassungsschwierigkeiten in der Gruppe zurückzuführen zu sein
Sprachbereich:
Sprachhemmungen von Johannes einerseits und sein gelegentliches lautes und aggressives Sprechen andererseits lassen Kontaktschwierigkeiten vermuten
19. 4. Gelegenheitsbeobachtungen und Gespräche
Erst wenn die auffallenden Verhaltensmuster nicht mehr durch Gelegenheitsbeobachtungen und durch das unmittelbare Interpretieren bewältigt werden können, ist eine systematische Beobachtung dieser auffallenden Verhaltensweisen nötig.
Gespräche mit dem Kind und dessen Erziehungsberechtigten sind sehr wichtig, dadurch werden unsere Kenntnisse über den biographischen Hintergrund des Kindes vervollständigt.
20. 5. Operationalisierung und Bildung von Hypothesen
Operationalisierung ist ein wichtiger Bestandteil der systematischen Beobachtung.
z.B. ein auffallendes Verhaltensmuster bei Johannes - Kontaktarmut. Was bedeutet das? Welche konkrete Verhaltensweisen signalisieren uns Kontaktarmut?
Gebildete Hypothesen müssen handlungs- leitende Formulierungen sein und nicht handlungsmanipulierende.
Jede Hypothese muss ständig kritisch überprüft und gegebenenfalls auch fallengelassen werden
21. II. Durchführung der systematischen Beobachtung Anamnese
Angaben zu den formalen Beziehungen in der Familie
Besonderheiten in der Familie (z.B. Der Vater trinkt, die Kinder wachen oft durch Streit zwischen den Eltern auf).
Informationen aus der Entwicklungsgeschichte von Johannes
22. II. Durchführung der systematischen Beobachtung 2. Allgemeine Verhaltensbeschreibungen aufgrund von Gelegenheits-beobachtungen
Der Beobachter sollte hier alle Verhaltensweisen von Johannes erwähnen, die ihm auffallen. z.B. Manchmal kommt Johannes plötzlich auf mich zu und sagt: “Du, ich war gestern im Kaufhaus. Ich werde ein Cowboy mit einer Pistole.“ Ich habe dabei den Eindruck, dass er durch sein lautes, aufgeregtes Sprechen unbedingt gehört werden will.
23. II. Durchführung der systematischen Beobachtung 3. Johannes wird in unterschiedlichen Situationen beobachtet (z.B. beim Freispiel) und anschließend werden ausgewählte Verhaltensprotokolle präsentiert.
24. II. Durchführung der systematischen Beobachtung 4. Zusammenfassende Schlussfolgerungen aus den Beobachtungsprotokollen
z.B. in allen Protokollen wird deutlich, dass es Johannes schwer fällt, von sich aus Kontakt zu anderen Kindern aufzunehmen
z.B. Johannes zeigt kaum eigene Motivation. Aus Protokollen 1./ 3./ 7. lässt sich eine geringe Motivation zum Durchhalten einer Aktivität ableiten , es sein denn Johannes erfährt immer wieder ermunternde Verstärkungen.
25. III. Ermittlung erfolgsversprechender Maßnahmen zur Veränderung der auffallenden Verhaltensmuster
Man erstellt einen sog. Rahmenplan zur Veränderung der auffallenden Verhaltens- muster:
Sozialer Bereich
Die Erzieherin kann versuchen durch die Gespräche mit den Eltern, sie über die möglichen Ursachen, Wirkungen, Zusammenhänge und über die Veränderungsmöglichkeiten bezüglich des Verhaltens von Johannes zu informieren
26. III. Ermittlung erfolgsversprechender Maßnahmen zur Veränderung der auffallenden Verhaltensmuster Kontaktschwierigkeiten bei Johannes wurden vor allem in Spiel- und Lernsituationen beobachtet. Eine angemessene Maßnahme hier wäre, im Kindergarten Spiel- und Lernsituationen anzubieten, in denen Johannes seine Kontaktschwierigkeiten überwinden und sein Selbstbewusst stärken kann.
z.B. Übernahme verschiedener Rollen in Gruppenspielen (Rolle des Vaters)
27. III. Ermittlung erfolgsversprechender Maßnahmen zur Veränderung der auffallenden Verhaltensmuster c) Die Sprachhemmungen bei Johannes werden durch häufiges Agieren im Spiel sozusagen nebenbei bearbeitet und dadurch überwunden. Eine logopädische Betreuung wegen seines undeutlichen Artikulierens und Stotterns kann eventuell notwendig sein.
28. III. Ermittlung erfolgsversprechender Maßnahmen zur Veränderung der auffallenden Verhaltensmuster Man sollte beachten, dass der unmittelbarer Bezug zu den Beobachtungsprotokollen und zu den Schlussfolgerungen bei der Ermittlung des Rahmenplans nicht verloren geht.
Bei der Ermittlung des Rahmenplans ist es sinnvoll, alle infragekommenden Maßnahmen Mithilfe eines informierten Teams zu besprechen.
29. Die Beobachtung nonverbalen Verhaltens und deren Einsatz im klinischen und psychodiagnostischen Bereich
30. Gliederung Einleitung
Spezifische Beobachtungsmethoden
?Mimik und Blickverhalten
?Gestik und Körpermotorik
?Stimme und Sprechweise
Vor – und Nachteile
31. Einleitung bisher dominierten im klinisch- psychiatrischen Bereich Verhaltensbeschreibungen im Sinne einer Defizit- Symptomatik
heute wird eine umfassende Verhaltensbeschreibung angestrebt, die eine objektivierte Beschreibung von Verhaltenssymptomen psychischer Störungen aufdecken kann
32. Spezifische Beobachtungsmethoden Warum und wann beobachtet man nonverbales Verhalten?
? Wenn ein Subjekt verbal keine Auskunft über sich geben kann (Kleinkinder)
? Wenn ein Subjekt keine Auskunft geben möchte
33. Mimik und Blickverhalten Gegenwärtig bedeutsamstes Verfahren:
Facial Action Coding System (FACS) nach Ekman und Friesen (1978)
Ziel: exakte und objektive Beschreibung des mimischen Ausdrucks
es werden nur diejenigen mimischen Bewegungen berücksichtigt, die auch visuell unterscheidbar sind
34. Facial Action Coding System Definition von 44 Action Units, die das Grundrepertoire mimischen Ausdrucks darstellen
Diese Technik macht den Einsatz von Videokameras notwendig
Die Trennung von Deskription und Schlussfolgerung führt dazu, dass das System keine diagnostischen Aussagen beinhaltet
35. Ausgewählte Befunde:Depressive Störungen Ellgring (1989):
Das Fazit dieser Längsschnittstudie besagt, dass einige wenige mimische Besonderheiten depressiven Ausdrucks beobachtete werden können, aber auch große Überschneidungen mit Kontrollpersonen zu beobachten sind
Generell kann von einer insgesamt reduzierten nonverbalen Expressivität ausgegangen werden
36. Gestik und Körpermotorik Kategoriensysteme vs. physikalisch orientierten Mess- und Beobachtungsverfahren
Kategoriensysteme unterscheiden zwei großen Gruppen von Bewegungen: Die sprachbegleitende Gestik und sprachunabhängige Gesten
Es werden Koordinatenmessungen definierter Punkte, die die relevanten Körperteile in ihrem Bewegungsablauf charakterisieren, vorgenommen und Aussagen über den generellen Bewegungsstil oder die Bewegungsqualität getroffen
37. Ausgewählte Befunde:Depressive Störungen depressive Patienten zeigen generell reduziertere Bewegungsaktivität und weniger illustrierende, sprachbegleitende Bewegungen
es muss hier auf interindividuelle Unterschiede im Zusammenhang zwischen Gestik und Körpermotorik hingewiesen werden
38. Stimme und Sprechweise zeitabhängige Sprechcharakteristika (Sprechdauer, Sprechgeschwindigkeit, etc.)
kontinutätsabhängige Charakteristika (Länge von Latenzzeiten oder Sprechpausen, Versprecher und Einschübe)
frequezabhängige Stimmcharakteristika
Subsumierung der Grundfrequenz der Stimme, die den Eindruck der Stimmhöhe bedingt, des Stimmspektrums und dessen Energieverteilung, die sich als Stimmqualität niederschlägt und die Stimmintensität, aus der sich der Eindruck der Lautstärke ableitet
39. Ausgewählte Befunde: Depressive Störungen Depressive Patienten sprechen weniger, langsamer und mit mehr Pausen als Kontrollpersonen
Ellgring und Scherer (1996) fanden ebenfalls eine Absenkung der Grundfrequemz einhergehend mit Stimmungsverbesserung bei erfolgreicher Therapie.
40. Vor- und Nachteile Vorteile:
? unmittelbarer Zugang zu den Symptomen
? die Betrachtung von Gesten und Körperbewegungen liefert therapeutisch wichtige Aufschlüsse
? das mimische Ausdrucksverhalten stellt einen weiteren wichtigen Zugang zu emotionalen Befindlichkeiten dar
41. Vor- und Nachteile Nachteile:
? Verhaltensbeobachtung ist als Technik nicht leicht einsetzbar
? Beobachtungssysteme erfordern sorgfältige Entwicklungsarbeit
? Sicherung der Beobachterübereinstimmung
? es müssen Verhaltensindikatoren gefunden werden, die von diagnostischer Relevanz sind
42. Literatur Faßnacht, G. (1995) Systematische Verhaltensbeobachtung
Amelang, M. und Zielinski, W. (2002) Psychologische Diagnostik und Intervention
Stieglitz, R.-D. und Baumann, U. (1994) Psychodiagnostik psychischer Störungen
Martin, E. und Wawrinowski, U. (1991) Beobachtungslehre. Theorie und Praxis reflektierter Beobachtung und Beurteilung
Köck, P. (1981) Praxis der Beobachtung
43. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!