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Repertorium zur Vorlesung Musikgeschichte von der frühen Neuzeit bis zur Aufklärung Oper und Oratorium von ca. 1600 bis 1800. Von der venezianischen Oper zur Oper seria. Die venezianische Oper. Die venezianische Oper. Im ersten Drittel des 17. Jh. tritt eine
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Repertorium zur VorlesungMusikgeschichte von der frühen Neuzeitbis zur AufklärungOper und Oratoriumvonca. 1600 bis 1800
Von der venezianischen Oper zur Oper seria
Die venezianische Oper Im ersten Drittel des 17. Jh. tritt eine bedeutende Wende in der Entwicklung Der Oper ein: 1637 wird das erste öffentliche Opernhaus, das Teatro San Cassiano in Venedig eröffnet.
Die venezianische Oper Konsequenzen • Die Oper blieb nicht dem Adel vorbehalten • Das Publikum erweitert sich auf das Bürgertum der Stadt • Komponisten, Librettisten, Sänger usw. wurden nicht mehr vom Adel gesponsort • Vielmehr musste nun der Opernbetrieb selbst Geld einspielen
Die venezianische Oper • Die aufgeführten Opern begannen sich nach dem Publikumsgeschmack zu richten, da zur Finanzierung der Vorstellungen volle Häuser nötig waren • Damit begann der Einfluss der Nichtadligen auf die Wahl der Stoffe und • ein mehr oder minder marktwirtschaft-liches Denken
Die venezianische Oper • die mythischen Stoffe verschwanden zusehends • An ihre Stelle traten u.a. historische Stoffe (vgl. Monteverdi, Poppea) • Es entwickelten sich Spielzeiten (stagione): • Karneval • Ostern bis zur Sommerpause • Herbst bis zum Advent
Die venezianische Oper • In der Advents- und Karzeit war die Aufführung von Opern verboten • An ihre Stelle traten die Oratorien • Bedeutende Komponisten waren: • Claudio Monteverdi: L‘incoronazione di Poppea (+ Francesco Sacrati?) • Antonio Cesti (1623-1669) • Francesco Cavalli (1602-1676)
Die venezianische Oper An Monteverdis L‘incoronazione di Poppea lässt sich der inhaltliche Wandel gut demonstrieren: • historischer Stoff aus dem Rom des Kaisers Nero • Menschen statt Götter und Nymphen • Liebe, Macht und Intrige als Thema, also das Alltägliche • Erweiterung der Personen um den niederen Stand (Amme usw.)
Die venezianische Oper Hörbeispiel Claudio Monteverdi L‘incoronazione di Poppea Schlussduett „Pur ti miro“
Die venezianische Oper Francesco Cavalli La Calisto
Die venezianische Oper Francesco Cavalli (Caletti / Bruni) • geb. 14. Februar 1602 in Crema • gest. 14. Januar 1676 in Venedig • Ab 1616 Chorknabe an San Marco in Venedig • Dort unter dem Einfluss Claudio Monteverdis • 1639 zweiter Organist an San Marco • 1668 Kapellmeister an San Marco
Francesco Cavalli San Marco, Venedig
Francesco Cavalli • 24. Januar 1639 UA seiner ersten Oper Le Nozze di Teti e di Peleo am Teatro San Cassiano in Venedig • In den 1650er Jahren auch Opern für andere Städte • 1662 anlässlich der Hochzeit Ludwigs XIV. in Paris, doch war seine Oper Ercole amante ein Misserfolg • 2 Messen, 30 Motetten/Vespern und 30 Opern
Francesco Cavalli Zum Stil der Cavalli‘schen Oper • Ausprägung von Rezitativ und Arie • Übergang zwischen Rezitativ und Arienformen fließend • Die Arien sind zumeist nur auf Singstimme+Bassmodel beschränkt • Instrumentalbegleitung als Schmuck, der nicht notiert wird (s. Partitur) • Strophische und nichtstrophische Arientexte
Francesco Cavalli • Arien in der Frühzeit zwei- und dreiteilig • Ab 1650 auch Da-capo-Formen • große Bandbreite im musikdramatischen Ausdruck • Besonders wirkungsvoll sind die Lamenti, die nur als Singst.+Bc notiert sind • Rezitative deutlich dialogischer aufgebaut als bislang
Francesco Cavalli – La Calisto Beispiel: La Calisto Librettist: Giovanni Faustini (1615-1651) Uraufgeführt: 28. November 1651, Teatro San Apollinare Inhalt: Mythisch in buffonesker Form Konzentration von fünf auf drei Akten, was in der Opera seria Usus wird.
Francesco Cavalli – La Calisto Plot in Kurzform • Jupiter kommt mit Merkur auf die Erde und hält nach neuen Liebesabenteuern Ausschau • Er trifft die Nymphe Calisto, die sich standhaft weigert und auf ihrer Jung- fräulichkeit beharrt - Jupiter verkleidet sich als Diana, die Göttin der Calisto und verführt Calisto
Francesco Cavalli – La Calisto • Calisto trifft die echte Diana, die sie aufgrund ihrer lasziven Äußerungen aus ihrer Gemeinschaft verstößt • Diana bildet mit Endymion, der sie leidenschaftlich liebt, das zweite Paar • Da Diana ihn nicht küssen darf, küsst sie ihn im Schlaf, doch Endymion erwacht und • sie bekennen sich ihre Liebe
Francesco Cavalli – La Calisto • Juno kommt hinter den Betrug ihres Mannes und verwandelt Calisto in einen Bären • Als solches wird sie als leuchtendes Sternzeichen an den Himmel gesetzt • Sein Nebenbuhler Pan setzt alles daran, Endymion zu töten • doch Diana kommt ihm zu Hilfe • Endymion wählt als Strafe dafür, die keusche Diana geliebt zu haben, ewigen Schlaf – in dem ihn Diana ungestraft küssen kann
Francesco Cavalli – La Calisto Musikalische Formen • Die Oper beginnt mit einer zweiteiligen Sinfonia langsam-schnell • Der Instrumentalsatz ist als Triosatz 2+1 ausgeführt: 2 Melodieinstrumente + Generalbass • In den Instrumentalteilen der Oper ist der Triosatz obligat • Besetzung wohl 2 Vl + stärker besetzter Generalbass
Francesco Cavalli – La Calisto Der musikalische Satz bei Cavalli basiert weithin auf relativ einfachen, modulhaft aneinander gereihten Bassmodellen. Diese werden entweder im Quintver- hältnis, vgl. die ersten Takte der Sinfionia, oder in sequenzierter Form, vgl. die T. 16ff, aneinander gereiht.
Francesco Cavalli – La Calisto In Kombination mit diesen modularen Bassmodellen steht entweder ein dreistimmiger Instrumentalsatz, der zumeist „imitatorisch“ angelegt ist, oder ein zweistimmiger Satz aus Singstimme + Bass Kombiniert werden beide Modelle in La Calisto nur in der Form Ritornell – Strophe – Gesang.
Francesco Cavalli – La Calisto • In diesem Stil komponiert ist der Prolog komponiert • Hier werden die einzelnen Strophen der drei allegorischen Figuren durch kurze Sinfonie getrennt • Die drei allegorische Figuren sind: • La Natura • L‘Eternità • Il Destino
La Calisto Hörbeispiel Prolog
La Calisto Hörbeispiel Atto I
Francesco Cavalli – La Calisto • der erste Akt wird durch eine kurze Sinfonia eingeleitet • Jupiter und Merkur eröffnen die Oper, indem sie die Situation der Erde (verbrannt durch den fehlgeleiteten Sonnenwagen) in einem dialogischen Rezitativ besprechen • Das Rezitativ ist gegenüber Monteverdi bereits deutlich schneller und agiler in der Deklamation
Francesco Cavalli – La Calisto • Als Calisto naht, T. 83, gerät Jupiter sein Sprechen aufgrund der großen Schönheit von Calisto zum Singen • Calistos Arie ist zweiteilig, analog dem Textbau • Notiert sind nur Generalbass und Sopran, die Instrumente sind ergänzt • Die Arie besitzt kein Ritornell, vielleicht in Korrespondenz zum Text (Kargheit)
Francesco Cavalli – La Calisto • Cavalli arbeitet wieder mit kurzen Partikeln im Bass, die sequenzierend angeordnet werden • In kontrastierenden Haltetönen (T. 4ff) oder die Partikel auf- bzw. vorweg- nehmend (T. 9ff) tritt der Sopran hinzu • Der musikalische Fluss bleibt durch die versetzte Anordnung in Bewegung
Francesco Cavalli – La Calisto • Weiterhin durch Vermeidung von Kadenzen wie T. 30f oder 68f • oder durch unvollst. Kadenzen wie in T. 40 – zugleich textdeutend: „sospiro“ („ich seufze“) • Auch die Haltetöne zu „piante ombrose“ und das aufsteigende „dove sono?“ – „Wo seid ihr?“ sind textausdeutend gedacht • Ebenso die phrygische Kadenz T. 16f
Francesco Cavalli – La Calisto Ab T. 69 geht die Arie unmittelbar ins Rezitativ über. Obgleich noch auf dem Weg, lassen sich doch in der venezianischen Oper bereits die Formen der späteren Opera seria erkennen, sei es in der Organisationsform des Theaters als auch der Musik.
Francesco Cavalli – La Calisto • Analog funktioniert die Arie „Verginella io“ der Calisto aus der Scena II. • Ihr geht ein viertaktiges Ritornell voran, das auch als Zwischen- und Nachspiel fungiert. • Die absteigende punktierte Terz nimmt den Beginn der Singstimme vorweg, zitiert diesen aber nicht vollständig. • Phrygische Kadenz nach a in T. 2f und d-Kadenz in T. 5 strukturieren das Rit.
Francesco Cavalli – La Calisto • Der Bass ist weitgehend in kurzen, durch Kadenzen strukturierte Abschnitte gebaut • T. 229 und analog 244 führen Trugschlüsse die Bewegung weiter • In T. 232/247 „übersingt“ der Sopran die Kadenz • Die Singstimme ist weithin aus kurzen, absteigenden Motiven gebaut