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Niedriglöhne : Eine Herausforderung (nicht nur) für die Tarifparteien Dr. Claus Schäfer WSI in der Hans-Böckler-Stiftung. Eine gängige Forderung lautet: Wir brauchen mehr Niedriglöhne – und generell eine gespreiztere Lohnhierarchie.
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Niedriglöhne:Eine Herausforderung (nicht nur) für die TarifparteienDr. Claus SchäferWSI in der Hans-Böckler-Stiftung
Eine gängige Forderung lautet: Wir brauchen mehr Niedriglöhne – und generell eine gespreiztere Lohnhierarchie. Dann schaffen wir mehr Beschäftigungs-anreize für Arbeitgeber und mehr Leistungsanreize für Beschäftigte.
Die Antwort der Empirie heißt: Einen großen – und wachsenden - Niedriglohnsektor gibt es schon lange – in einer sich spreizenden Lohnhierarchie.Aber die erhofften positiven Effekte sucht man vergeblich. Stattdessen belastet der Niedriglohnsektor zunehmend gesamtwirtschaftliche Nachfrage und Produktivität.
Effektiv gezahlte Niedriglöhne unter atypischen Beschäftigungsverhältnissen: • Teilzeit einschließlich Midi- und Minijobs • Auszubildende • Praktikanten • Scheinselbständige Diese werden im WSI-Gutachten nicht behandelt, sondern…..
… effektiv gezahlte Niedriglöhne unter typischen Beschäftigungsverhältnissen: allen (ganzjährig wie unterjährig) Vollzeitbeschäftigten den ganzjährig Vollzeitbeschäftigen (dem Kern des Normalarbeitsverhältnisses) - in Ostdeutschland (am Rande) - in Westdeutschland (in der Hauptsache)
Die empirische Datenbasis Die Beschäftigtenstatistik der Bundesanstalt für Arbeit (bzw. die daraus gezogene repräsentative Stichprobe des IAB) – gespeist aus den obligatorischen Meldungen der Arbeitgeber über jeden einzelnen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten zu persönlichen und betrieblichen Merkmalen. Daten-Zeitreihe von 1977 bis 1997 (in Kürze bis 2001)
Niedriglöhne in der Vollzeit sind: auf der Basis eines relativen Einkommensbegriffs • Prekärlöhne zwischen unter 75 % bis 50 % des Referenzlohns • Armutslöhne unter 50 % des Referenzlohns Der Referenzlohn ist der durchschnittliche Vollzeit-Lohn von ganzjährig Vollzeitbeschäftigten deutschen ArbeitnehmerInnen (in Westdeutschland 2003 = 2.884 €/Monat;1997 = 2.669 €/Monat)
Die empirischen Ergebnisse markieren quantitativ die Untergrenze des Niedriglohnsektors in der Vollzeitarbeit • weil in den Referenzlohn die obersten Löhne nicht einbezogen werden können • weil der Referenzlohn sich auf die Vollzeitarbeitseinkommen von Männern und Frauen bezieht und deshalb Bezahlungs-diskriminierung von letzteren vernachlässigt
Die empirischen Ergebnisse besagen qualitativ, dass der Bezug von Niedriglöhnen idR nicht individuell zu verantworten ist: die meisten Niedriglohnbezieher • haben eine abgeschlossene Berufsausbildung (62 %) • sind 30 Jahre und älter (65 %) und • üben keine einfachen Tätigkeiten aus (67 %)
Die Ergebnisse besagen qualitativ vielmehr, dass der Bezug von Niedriglöhnen „strukturellen“ Faktoren“ geschuldet ist; die meisten Niedriglohn- bezieher 1997: • arbeiten in Kleinbetrieben mit bis zu 99 Beschäftigten (81 %) • sind Frauen (71 %) bzw. geschlechtlich diskriminiert • kommen aus Dienstleistungsbereichen (63 %) und darin häufig aus ausgesprochenen Niedriglohn-Berufen
Niedriglöhne – und darunter Armutslöhne – gibt es in Deutschland massenhaft - in Tarifvertrags-freien Bereichen ebenso wie - in Branchen mit Tarifvertrag. Die Bewältigung dieser Herausforderung kann deshalb nur von tariflichen und gesetzlichen Maßnahmen kommen (AVE, Mindestlöhne)