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Rechtliche Aspekte statistischer Methoden im Gesundheitsbereich. Vorlesung an der TU-Wien, Institut für Statistik, Prof. Dr. R. Viertl von Kurt Neumann im SS 2009 www.e-i-s-ltd.com www.visem.org kurt.neumann@visem.org. Rechtliche Aspekte statistischer Methoden in der Medizin. Überblick:
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Rechtliche Aspekte statistischer Methoden im Gesundheitsbereich Vorlesung an der TU-Wien, Institut für Statistik, Prof. Dr. R. Viertl von Kurt Neumann im SS 2009 www.e-i-s-ltd.com www.visem.org kurt.neumann@visem.org
Rechtliche Aspekte statistischer Methoden in der Medizin Überblick: Wie verrückt sind wir? Zahlenspielereien? Excel als Statistikrechner? Diagnoseprobleme Statistische Gedankenmodelle Die wichtigsten Rechtsvorschriften Bedeutung der Qualitätskontrolle Zusammenfassung und Ausblick
Rechtliche Aspekte statistischer Methoden in der Medizin Die wichtigsten Gesetze und EU Standards: ABGB Sozialversicherungsgesetze Ärztegesetz Arzneimittel-, Medizinproduktegesetz GxP Richtlinien der EU Qualität im Gesundheitswesen
Rechtliche Aspekte statistischer Methoden in der Medizin Die wichtigsten Gesetze und EU Standards: ABGB Vertragsverhältnis Arzt-Patient Patientenschutz, -information, -zustimmung Patientenpflichten Honorarfragen Sozialversicherung private Krankenversicherung Haftungsfragen
Rechtliche Aspekte statistischer Methoden in der Medizin Die wichtigsten Gesetze und EU Standards: Sozialversicherungsgesetze Krankenkassen Spitalswesen sonstige Gesundheitsberufe Leistungspflicht
Rechtliche Aspekte statistischer Methoden in der Medizin Die wichtigsten Gesetze und EU Standards: Ärztegesetz Ausbildung Standards für die ärztliche Tätigkeit Standards für das ärztliche unternehmerische Verhalten objektive Information Werbebeschränkungen keine Ferndiagnosen keine Erfolgsgarantien
Rechtliche Aspekte statistischer Methoden in der Medizin Die wichtigsten Gesetze und EU Standards: Arzneimittel-, Medizinproduktegesetz Klinische Studien/Humanversuche Werbe- und Vertriebsbeschränkungen Produktsicherheit Pharmakovigilanz
Rechtliche Aspekte statistischer Methoden in der Medizin Die wichtigsten Gesetze und EU Standards: GxP Richtlinien der EU Clinical Laboratory Manufacturing EU-Pharmacopoeia Vorschriften Guidelines for software validation
Rechtliche Aspekte statistischer Methoden in der Medizin Die wichtigsten Gesetze und EU Standards: Qualität im Gesundheitswesen TQM total quality management – ein konstanter Prozess - mit dem Ziel: gleichmässige Qualität Ausbau von Stärken Reduktion von Schwächen Nachvollziehbarkeit aller Aktivitäten Strafsanktionen seit 1.1.2006
Rechtliche Aspekte statistischer Methoden in der Medizin Die wichtigsten Behörden und Informationsquellen: EU Kommissar für Gesundheit EMEA,… nationale/österreichische Ebene Gesundheitsministerium AGES Ärztekammern, Apothekerkammer Hauptverband der SV Spitalserhalter andere Gesundheitsberufe
Rechtliche Aspekte statistischer Methoden in der Medizin Zwischenzusammenfassung: Es gibt sehr viele Regeln/Gesetze. Die Strafen (meist Geld) sind eher mild. Karriereknick! Die Grenzen zum Strafrecht des Betrugs sind in der Praxis unscharf. Massive Strafen Regressforderungen
Rechtliche Aspekte statistischer Methoden Statistik unter GxP Bedingungen: Einführung / Hintergrundinformation EU Standards Humanversuche und Gesundheit Goldstandarddesigns Standardfragestellungen Praktische Konsequenzen Studienbetrug Inspektionen und Audits
Statistik unter GxP Bedingungen: Einführung / Hintergrundinformation: Gesundheit ist ein besonderes Gut Zulassung von Medikamenten und Medizinprodukten - Labormethoden etc. Contergan Katastrophe HIV durch Blutkonserven Behördenreaktionen USA/FDA EU/EMEA Österreich AMG/MPG Zielsetzung: Patientensicherheit!
Statistik unter GxP Bedingungen: Einführung / Hintergrundinformation: Methodik - allgemein durchgehende Qualitätskontrolle Vereinheitlichung der Methoden empirisch - wissenschaftliche Datenbasis Erschwerung von Studienbetrug Entwicklung von SOPs Ausreichende Dokumentation Frühzeitiges Erkennen von Problemen Sicherstellung einer adäquaten Wirksamkeit von Produkten
Statistik unter GxP Bedingungen: EU/FDA und österreichische Richtlinien: www.emea.eu.int www.fda.gov www.bmgfj.gv.at www.ris.bka.gv.at Statistik CPMP/ICH/363/96 AMG/MPG
Statistik unter GxP Bedingungen: Zielsetzung der EU/FDA und österreichischen Richtlinien: Gute Daten für gute Entscheidungen im Gesundheitsbereich - grosse Tragweite! wissenschaftlich saubere Fragestellung nachvollziehbare, empirische Datenbasis statistische Analyse medizinische Interpretation
Statistik unter GxP Bedingungen: Gute Daten: Nachvollziehbarkeit relevante Fallzahlen beweiskräftige Dokumentation wissenschaftlich anerkannte Methoden der Erhebungsplanung, Datenerfassung und statistischen Analyse Richtigkeit Plausibilität Widerspruchsfreiheit Vollständigkeit
Statistik unter GxP Bedingungen: Gute Entscheidungen: Wiederholbarkeit Fragen der Verallgemeinerungsfähigkeit statistische Methoden in der Planung und Analyse statistische Beratung und Überwachung von Datenerfassung und Datenmanagement statistische Beratung der Ärzte im Studienverlauf statistische Beratung der Ärzte bei der Ergebnisinterpretation
Statistik unter GxP Bedingungen: Probleme bei Humanversuchen: Ethik Komplexität des Menschen Finanzfragen Stichprobenumfang und Produktkosten Unscharfe Daten psychologische Effekte Untersucherbias Probanden-/Patientencompliance mit Studienuntersuchungen etc. Haftungsfragen
Statistik unter GxP Bedingungen: Ethische Probleme: Ethikkommissionen Menschen als Versuchskaninchen? Patienten-/Probandeninformation Bewusstlose Patienten Leidensdruck wichtige Kovariable: Ernährung Studiencompliance graue Medikation, OTC-Produkte Hausmittel „physikalische“ Selbst-Therapie
Statistik unter GxP Bedingungen: Ethische Probleme: Nutzen-/Risikobewertung Vorenthalten einer verfügbaren Therapie Datenschutz Kontrollen Patientenvorselektion durch Arzt Bereitschaft mit dem eigenen „Leben“ zu Würfeln - Randomisierung invasive Untersuchungen Bias durch Untersuchungen
Statistik unter GxP Bedingungen: Ethische Probleme: Selektionskriterien terminale Patienten Aussagekraft der Daten von gesunden Probanden regelmässig ausgeschlossene Gruppen Feststellung einer Besachwaltung Gefangene, Präsenzdiener Kinder Greise Schwangere und Stillende Verhütung bei Männern ethnische Besonderheiten
Statistik unter GxP Bedingungen: Problem Komplexität allen Lebens: Placeboeffekte Streicheln und Anschreien Hospitalisierungsefffekte Studieneffekte Wechselwirkungen im lebenden Organismus Adrenalin- und Endorphinausschüttung Berücksichtigung der Konsequenzen von Messungen (z. B. : Blutmenge) Lerneffekte bei psychometrischen Skalen Bias aus der Arzt-Patienten-Beziehung
Statistik unter GxP Bedingungen: Problem Komplexität allen Lebens: Wahl des Messparameters Untersuchungskosten invasive, belastende Untersuchungen - Patientencompliance Surrogatparameter subjektive und indirekte Parameter Effekte von Begleiterkrankungen und Begleitmedikationen
Statistik unter GxP Bedingungen: Problem Komplexität allen Lebens: Wahl der Messzeitpunkte Tagebücher Telefoninterviews Auswirkungen auf das Alltagsleben Auswirkungen der Therapie/Interven-tion auf das Alltagsleben Chronobiologische Effekte Zirkadiane Rhythmen/Effekte Geburtstagsparties Zahltagseffekte
Statistik unter GxP Bedingungen: Problem Komplexität allen Lebens: Lebensgewohnheiten/-umstände Rauchen, Alkohol, Kost, Sport Soziale Verpflichtungen Haushalt Beruf Sozialer Status/Imageprobleme Paranoia und Leitung eines Atomkarftwerks Depression und Führungsverantwortung
Statistik unter GxP Bedingungen: Problem Komplexität allen Lebens: Lebensgewohnheiten/-umstände Wunsch nach Kinder(n) Geschlechtsumwandlungen reversible und irreversible Interven-tionen Amputationen höhere Gewalt Unfälle Kriminalitätsopfer Einkommensverluste Arbeitslosigkeit allgemeine Wirtschaftslage
Statistik unter GxP Bedingungen: Problem Komplexität allen Lebens: Studiendauer Ermüdungserscheinungen Patienten/Probanden Ärzte/Personal Patentlaufzeiten Studienziel Heilung Linderung Dauertherapien Studienzeit = Stichprobe auch in zeitlicher Hinsicht
Statistik unter GxP Bedingungen: Finanzfragen: Planungskosten Stichprobenumfang Studiendesign/-dauer Produktkosten Sponsorbudget Kosten der Qualitätskontrolle Studienmonitoring Auswertungskosten Publikationskosten Archivierungskosten
Statistik unter GxP Bedingungen: Unschärfe der Daten: Messfehler in allen medizinischen Parametern: Laborfehler Skalenunschärfen Kommunikationsfehler Arzt/Patient unscharfe medizinische Begriffe Diagnosen Therapien/Dosierungen Abgrenzungsprobleme Symptom vs Erkrankung praktisch keine Möglichkeit der Vivisektion
Statistik unter GxP Bedingungen: Unschärfe der Daten: alles Lebende ist einem Alterungspro-zess mit Todesfolge unterworfen Problem der Unterscheidung: unerwünschte Begleiterscheinung der Intervention oder neu aufgetretene Krankheit/Symptom Wechselwirkungen Psyche und Körper exogene emotionale Konflikte exogene wirtschaftliche Konflikte normale biologische Variabilität
Statistik unter GxP Bedingungen: Psychologische Effekte: „Lottogewinn“ Beförderung eines Freundes Geburt eines Kindes/Enkels Erfüllung eines langgehegten Wunsches Freude an der subjektiv ersten Verbesserung Operation gelungen - Patient tot Therapieversager - Patient beschwerdefrei
Statistik unter GxP Bedingungen: Untersucherbias Arzt: Strahlertyp Griesgram Mischung Sympathie Antipathie
Statistik unter GxP Bedingungen: Patienten-/Probandencompliance: 24h permanente Videoüberwachung unmöglich Probandenstudie mit standardisierten „Elektroreizen“ in Sitzungen vormittags und nachmittags pill-counting Tagebücher praktische Umstände
Statistik unter GxP Bedingungen: Patienten-/Probandencompliance: Zeitintervalle zwischen den Untersuchungen zulassen Intervalle für den Grad der korrekten Einnahme zulassen Notfallstrategien entwickeln: Knochenmarkspunktion, Leberbiopsie etc. Beginn+Ende Surrogatparameter im Weigerungsfall vorbereiten
Statistik unter GxP Bedingungen: Haftungsfragen: Ärzte/Krankenhäuser müssen eine Haftpflichtversicherung haben, um für von ihnen verschuldete Schäden aus der Therapie aufzukommen. Bei klinischen Studien ist dazu eine weitere verschuldensunabhängige Versicherung erforderlich, um den Patienten etwaige studienbedingte Schäden abzugelten.
Statistik unter GxP Bedingungen: Goldstandarddesigns von Studien: Zielsetzung Überlegenheit randomisierte Parallelgruppen doppelblind stratifiziert nach Zentren balanzierte bekannte Einflussfaktoren mind. drei Gruppen: Placebo beste verfügbare Standardtherapie neues Produkt
Statistik unter GxP Bedingungen: Goldstandarddesigns von Studien: Zielsetzung Überlegenheit Vorteile: bestmögliche interne Validität optimaler Wirksamkeitsnachweis fortschrittsfreundlich „kürzester“ Zeitbedarf Überlegenheitsrelation ist transitiv
Statistik unter GxP Bedingungen: Goldstandarddesigns von Studien: Zielsetzung Überlegenheit Nachteile: externe Validität fragwürdig maximales Sponsorrisiko Überlegenheit gegenüber Placebo und gegenüber bester bekannter Therapie hohe Kosten
Statistik unter GxP Bedingungen: Goldstandarddesigns von Studien: Zielsetzung Überlegenheit praktische Probleme: Vorhandensein von Informationen zur Studienplanung klinisch relevanter Unterschied Verteilungsparameter Was ist die beste bekannte Therapie Ist eine echte Placebogruppe überhaupt möglich
Statistik unter GxP Bedingungen: Goldstandarddesigns von Studien: Zielsetzung Überlegenheit praktische Probleme: welche bekannten Einflussfaktoren sind auch relevant was tun, bei statistisch signifikanten Wechselwirkungen zwischen Zentrum und Behandlung was tun, bei statistisch signifikanten Wechselwirkungen Einflussfaktor X und Behandlung
Statistik unter GxP Bedingungen: Goldstandarddesigns von Studien: Zielsetzung Überlegenheit praktische Probleme: was tun, bei statistisch signifikanten höheren Wechselwirkungen Zentrum, Einflussfaktoren X, Y, Z,... und Behandlung Kosten Ist das Projekt unter der Auflage einer vernünftigen statistischen Power zum Erkennen von Wechselwirkungen auch noch finanzierbar?
Statistik unter GxP Bedingungen: Goldstandarddesigns von Studien: Zielsetzung Überlegenheit praktische Probleme: alle „Schlampereien“ in der Studien-durchführung verdünnen die Behand-lungseffekte und konterkarieren damit das Studienziel Behandlung der Daten von „schlecht rekrutierenden“ Zentren - Bildung von „Zentrenpools“ - siehe oben! Verlust an externer Validität durch „sehr gut rekrutierende“ Zentren
Statistik unter GxP Bedingungen: Goldstandarddesigns von Studien Nichtunterlegenheitsstudien: randomisierte Parallelgruppen doppelblinde Studiendurchführung Blockbildung, Stratifizierung analog den Überlegenheitsstudien typischerweise zwei Gruppen: bisheriger Standard neues Produkt
Statistik unter GxP Bedingungen: Goldstandarddesigns von Studien Nichtunterlegenheitsstudien Vorteile: hohe interne Validität der Ergebnisse ca. 20% Fallzahleinsparung zumeist relativ geringes Sponsorrisiko
Statistik unter GxP Bedingungen: Goldstandarddesigns von Studien Nichtunterlegenheitsstudien Nachteile: ebenso relativ schlechte externe Validität der Ergebnisse Relation Nichtunterlegenheit ist NICHT transitiv geringere Fortschrittsfreundlichkeit reduzierte Vermarktungschancen
Statistik unter GxP Bedingungen: Goldstandarddesigns von Studien Nichtunterlegenheitsstudien: praktische Probleme: alle „Schlampereien“ in der Studien-durchführung vergrössern die vorhan-denen Streuungen und begünstigen dadurch das Studienziel Behandlung der Daten von „schlecht rekrutierenden“ Zentren - Bildung von „Zentrenpools“ - siehe oben! Verlust an externer Validität durch „sehr gut rekrutierende“ Zentren
Statistik unter GxP Bedingungen: Goldstandarddesigns von Studien Bioäquivalenzstudien Hauptanwendungen Generika Denkmodell: Gleiches Wirkstoffmolekül. Pharmakokinetik in gesunden Probanden AUC extrem Hersteller freundlich! (Preise)
Statistik unter GxP Bedingungen: Goldstandarddesigns von Studien Bioäquivalenzstudien Generika Methodik: Cross-over Studie in 12-~40 gesunden Probanden: Test- vs Originalprodukt Bestimmung der AUCs Berechnung der mittleren ratio T/O falls 90% KI in 0.8 bis 1.2 => OK
Statistik unter GxP Bedingungen: Goldstandarddesigns von Studien Bioäquivalenzstudien Generika Vorteile: vergleichsweise sehr günstige Kosten cross-over Modell erlaubt winzige Fallzahlen, da carry-over Effekte kaum existieren AUCs erfahrungsgemäss bei Trapez- oder Simpsonintegration sehr robust keine Analyse der meist stark streuenden klinischen Parameter nötig