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Aspekte der internen und externen Geschichte des Italienischen. 21.12.2009. Auf der Suche nach der geeigneten Norm. vom metasprachliche Diskurs in der frühen Neuzeitzur standardsprache. Der erste Schritt: Nachdenken über die Muttersprache DANTE ALIGHIERI Metasprachliche Reflexion
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Aspekte der internen und externen Geschichte des Italienischen 21.12.2009
Auf der Suche nach der geeigneten Norm vom metasprachliche Diskurs in der frühen Neuzeitzur standardsprache
Der erste Schritt: Nachdenken über die Muttersprache • DANTE ALIGHIERI • Metasprachliche Reflexion • Vita nuova (1294) – partiell • Convivio (1304-07) – partiell • De vulgari eloquentia (1303-04) • Suche nach dem Volgare illustre • Muttersprache = natürlich • Latein = künstlich • Natürlichkeit wiegt mehr Auf der Suche nach der Norm
Der metasprachliche Diskurs auf theoretischer Ebene blieb allerdings aus • Aber mit seinem Hauptwerk Divina Commedia legte Dante den Grundstein für den Modellcharakter des Florentinischen • Petrarca und Boccaccio schufen in der Nachfolge Dantes wichtige literarische Werke auf Florentinisch und unterstützten diesen Prozess, wobei die beiden Dichter ihre lateinischen Werke höher einschätzten Auf der Suche nach der Norm
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Werke NICHT geschrieben wurden, um eine STANDARDSPRACHE zu schaffen, • Sondern LITERARISCHE KUNSTWERKE • Dass die drei Dichter mit der DivinaCommedia, dem Decamerone sowie mit dem Canzoniereden Grundstein für die künftige Standardsprache legten, hängt mit der komplexen soziokulturellen Situation in Italien zusammen Auf der Suche nach der Norm
Die Popularität der Werke bis in die ungebildeten Volksmassen hinein sowie die Rezeption innerhalb und außerhalb Italiens führten zu einer gewissen Eigendynamik • Es entstand eine besondere DISKURSTRADITION… Auf der Suche nach der Norm
Die Werke von DANTE, PETRARCA und BOCCACCIO überdauerten die Zeit ihrer Entstehung • Die Werke der nach 1375 tätigen Dichter wurden von der Nachwelt (und vielleicht von den Zeitgenossen selbst) als weniger bedeutsam empfunden Auf der Suche nach der Norm
Der außerliterarische Ausbau des Volgare ging weiter voran • Die intellektuelle Elite befasste sich allerdings vorwiegend mit dem Lateinischen • Wir befinden uns im Zeitalter des sogenannten LATEINISCHEN HUMANISMUS, der im übrigen von BOCCACCIO und PETRARCA im Rahmen ihrer wissenschaftlichen und philosophischen Tätigkeit vorbereitet wurde Auf der Suche nach der Norm
Das Zeitalter des Humanismus • Hinwendung zur Antike • Intensives Studium antiker Quellen • Rekonstruktion der klassischen lateinischen Sprache • Frage nach der Beschaffenheit des Lateinischen in der Antike • Frage nach der Dekadenz des Lateinischen während der Völkerwanderung Auf der Suche nach der Norm
Das Zeitalter des Humanismus • Das Hauptziel des frühen Humanismus war – wie bereits erwähnt – eine Wiederbelebung der geistigen Errungenschaften der klassischen Antike. • Das philologische Interesse der Humanisten des späten 14. sowie des frühen 15. Jahrhunderts beschränkte sich auf die Suche nach verschollenen lateinischen Schriften in den europäischen Bibliotheken. Auf der Suche nach der Norm
Sprachlicher Ausbau • Im Mittelpunkt sprachplanerischer Bemühungen stand die Wiederherstellung des klassischen Lateins. • In diesem geistigen Klima sind Werke wie Lorenzo VallasElegantiarumLatinaeLinguelibrisex(1435-1444) entstanden. • Nicht wenige Gelehrte jener Zeit nahmen die Volkssprache überhaupt nicht zur Kenntnis Auf der Suche nach der Norm
Der metasprachliche Diskurs im 15. Jahrhundert Das verhältnis von latein und volgare
Flavio Biondo vs. Leonardo Bruni Welche Sprache benutzten die alten Römer? ?
Welche Sprache benutzten die alten Römer? Flavio Biondo Leonardo Bruno • Im alten Rom sprachen alle Menschen LATEIN • Durch den Kontakt mit dem GERMANISCHEN während der Völkerwanderung entstand das VOLGARE als minderwertige Mischsprache • Im alten Rom wurden LATEIN (gebildete Schicht) und VOLGARE (ungebildete Schicht gesprochen) • Das VOLGARE ist genauso alt wie das LATEINISCHE und somit nicht minderwertig
Die Zwei-Sprachen-These Brunis • Argumentation • Das Volgare ist ebenfalls antiken Ursprungs und hat daher das Recht, mit dem Lateinischen zu konkurrieren Leonardo Bruni
Die Korruptions-These (oder auch Barbaren-These) Biondos • Argumentation • Das Volgare ist das Produkt einer SPRACHMISCHUNG und ist daher dem Lateinischen unterlegen und insgesamt minderwertig Flavio Biondo
Sowohl Flavio Biondoals auch Leonardo Bruni standen im Dienste von Papst Eugen IV., • ebenso wie LEON BATTISTA ALBERTI, der Zeuge des Disputes wurde und in seinen eigenen Werken indirekt darauf eingeht • Er ließ sich durch die Diskussion außerdem zu seiner Grammatichettatoscana inspirieren • Sie stellt die erste Grammatik in einer romanischen Sprache dar, blieb aber seinerzeit ohne Resonanz und wurde erst 1850 wiederentdeckt Auf der Suche nach der Norm
Die Auffassung Albertis • Er teilt zwar BIONDOS Korruptionsthese als historische Tatsache, zieht aber andere Schlussfolgerungen • Auch wenn das VOLGARE aus KORRUMPIERTEM LATEIN hervorgegangen ist, so kann es dennoch durch Schriftsteller und deren bedeutende Werke veredelt werden und mit dem Lateinischen konkurrieren • Mit BRUNI teilte er wiederum die WERTSCHÄTZUNG DES VOLGARE Auf der Suche nach der Norm
Leonardo Bruni • LEONARDO Brunis Verhältnis zum Volgare • In seinem (in lateinischer Sprache verfassten) Dialog Ad PetrumPaulumHistrum setzt sich Bruni u.a. für die literarische Verwendung der (florentinisch geprägten) Volkssprache ein • Er richtet sich an den Humanisten Pier Paolo Vergerio di Capodistria
Leonardo Bruni Druckausgabe aus dem 16. Jahrhundert • LEONARDO Brunis Verhältnis zum Volgare • Um 1436: Biographien von Dante Alighieri und Francesco Petrarca in toskanischer Sprache, die nach der Erfindung des Buchdrucks publiziert wurden • Die Auseinandersetzung mit den TRECENTISTEN durch einen angesehenen HUMANISTEN markiert dennoch einen Wendepunkt • Brunis Interesse konzentriert sich auf die Sprache der Vergangenheit
LEON BATTISTA ALBERTIS Verhältnis zum Volgare • Sein historisches Interesse beschränkt sich auf die klassische Antike • In Bezug auf das VOLGARE möchte er unter Umgehung der literarischen Tradition etwas Neues aus dem sprachlichen Material seiner Zeit erschaffen • Dazu organisiert er u.a. einen Dichterwettbewerb, den CERTAME CORONARIO • Die TRE CORONE interessieren ihn kaum • Auch die GRAMMATICHETTA repräsentiert das Florentinische seiner Zeit Auf der Suche nach der Norm
Auf der Suche nach der Norm • BRUNI und ALBERTI antizipieren zwei wichtige Positionen der Questione della lingua des 16. Jahrhunderts • Im 15. Jahrhundert bestand die Dichotomie zwischen fiorentino trecentesco und fiorentino contemporaneonoch nicht im Rahmen eines öffentlichen Diskurses
Auf der Suche nach der Norm • Die WIEDERAUFWERTUNG des Volgare seit ca. 1435 war die Voraussetzung für die Sprachdiskussion im 16. Jahrhundert • und diese wiederum lieferte die Grundlage für die spätere Standardisierung • Die kommunikativen Domänen des Volgare nahmen zu…
Neue kommunikative Domänen des Volgare Die Medizin
Mondino dei Liuzzi - Anothomia • Die Medizin - klassische Domäne des Lateinischen
Historische Quellen Mittelalterliche und frühneuzeitliche Rezepte aus Viterbo • http://www.bibliotecaviterbo.it/rivista/2006_1-2/Berneschi.pdf
Das Volgare in der Medizin - Mittelalterliche und frühneuzeitliche Rezepte aus Viterbo (Latium)
Das Volgare in der Medizin - Mittelalterliche und frühneuzeitliche Rezepte aus Viterbo (Latium)
Das Volgare in der Medizin - Mittelalterliche und frühneuzeitliche Rezepte aus Viterbo (Latium) • Ad doglia de denti- Rezept gegen Zahnschmerzen
Das Volgare in der Medizin - Mittelalterliche und frühneuzeitliche Rezepte aus Viterbo (Latium)
Das Italienische als Sprache der Wissenschaft 16. Jahrhundert
Der metasprachliche Diskurs im 16. Jahrhundert Von der sprachdiskussion zur sprachlichen Norm
Die Positionen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts • DAS LATEINISCHE (Blütezeit bereits im 15. Jahrhundert, befand sich auf einem Rückzugsgefecht) • Gegen den Ausbau der Volkssprachen • Rekonstruiertes klassisches Latein vs. eklektisches Latein • DAS FLORENTINISCHE / TOSKANISCHE • Literatursprache des Trecento vs. Modernes Florentinisch • Eklektisches Modell: Kombination aus alter und moderner Sprache • DIE HÖFISCHE KOINE • Gegen das Monopol einer Sprachregion (Florenz/Toskana) • Gegen eine archaische Literatursprache • Gegen puristische Modelle • Orientierung an der gesprochenen Sprache • SONSTIGE
Das Lateinische • Das Modell der Imitation der klassischen Autoren hatte sich durchgesetzt • Konsequenzen • Man war zwar wieder in der Lage so zu schreiben wie CICERO und VIRGIL • aber das puristische Modell war unflexiblel • Das Lateinische in seiner reinen Form war kommunikativ stark eingeschränkt, da es aufgrund seiner strengen klassischen Kodifizierung keine lexikalischen, semantischen oder morphosyntaktischen Innovationen zuließ (Abschluss des Ausbau- und Normierungsprozesses • Das noch nicht kodifizierte Volgare gewann zunehmend an Attraktivität
Das Volgare • Das Volgare existierte nicht als Einheit, sondern stand als Oberbegriff für alle italienischen Dialekte • Der Dialekt von Florenz war bereits literarisch voll ausgebaut und gewann auch in Politik und Verwaltung gegenüber dem Lateinischen zunehmend an Bedeutung • Bereits vor dem Buchdruck war das Florentinische auch außerhalb der Toskana bekannt • Nach der Einführung des Buchdrucks wurde diese Entwicklung noch beschleunigt
Das Volgare • Das TRECENTO-Modell • Es hatte von Anbeginn der Sprachdiskussion bessere Ausgangsbedingungen als die konkurrierenden Sprachmodelle • Die großen Trecentisten waren bereits in ganz Italien bekannt und beliebt • Es war losgelöst von der Florentiner Sprechsprache der Gegenwart und konnte daher außerhalb einer diastratisch und diatopisch beeinflussten Sprachgemeinschaft und konnte auf der Grundlage von gedruckten Büchern kodifiziert werden • Das Vorbild lieferte die im 15. Jahrhundert auf der Basis eines Kanons kodifizierte lateinische Sprache • Die Anhänger dieses Modells befanden sich zunächst nur außerhalb der Toskana
Die Questione della lingua Die Anhänger des Trecento-Florentinischen
Die Questione della lingua Pietro Bembo (Kardinal) • Die Vertreter des Trecento-Florentinischen • Pietro Bembo war zweifelsohne die große Galionsfigur der Befürworter des Trecento-Florentinischen auf der Grundlage eines Musterkanons.
Die Questione della lingua Pietro Bembo (als junger Mann) Bereits in seinem Werk Asolani (1505) hatte er seine Sprachtheorie in die Praxis umgesetzt. Bembo war jedoch nicht nur Anhänger des volgare, sondern auch ein Experte für klassische Philologie, der das ciceronianische Latein gegenüber eklektischen Varietäten verteidigte.
Die Questione della lingua Pietro Bembo (Jugendportrait) Zwischen 1492 und 1494 erlernte er außerdem die griechische Sprache bei Lascaris in Messina. Sein erstes Werk, De Aetna (1496), verfasste er in lateinischer Sprache, ebenso seinen Traktat De imitatione (1513), der an Giovan Francesco Pico (1469-1533) gerichtet war.
Die Questione della lingua Pietro Bembo (Kardinal) Bembos Hauptwerk, die Prose della volgar lingua (1525), verhalfen dem Trecento-Florentinischen schließlich zum Durchbruch
Die Vertreter des Trecento-Florentinischen • Am Anfang der historisch ausgerichtetenen Grammatikographie standen Giovanni Francesco FortuniosRegole grammaticali della volgar lingua (1516), die im Zusammenhang mit der Drucklegung von Werken der großen Trecentisten sowie deren kritischer Rezeption entstanden sind. Die Questione della lingua
Fortunio, Regole grammaticali… • „… uolendo io dar norme alla Tosca lingua…“