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Recht auf Wohnen. Theorie und Praxis in Oberösterreich. Caroline Thürridl. Linz, 2. April 2019. Soziale Arbeit. „Die Prinzipien sozialer Gerechtigkeit, die Menschenrechte, die gemeinsame Verantwortung und die Achtung der Vielfalt bilden die Grundlage der Sozialen Arbeit“ (OBDS, 2017).
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Recht auf Wohnen Theorie und Praxis in Oberösterreich Caroline Thürridl Linz, 2. April 2019
Soziale Arbeit „Die Prinzipien sozialer Gerechtigkeit, die Menschenrechte, die gemeinsame Verantwortung und die Achtung der Vielfalt bilden die Grundlage der Sozialen Arbeit“ (OBDS, 2017). Soziale Problemlagen sind Gegenstand Sozialer Arbeit, sie entstehen dort, wo Grundbedürfnisse nicht erfüllt werden, und müssenunabhängig von politischen oder gesellschaftlichen Wünschen befriedigt werden (nach S. Staub-Bernasconi). als Menschenrechtsprofession
Wohnen als Grundbedürfnis A. H. Maslow
Entwicklung der Menschenrechte • 539 vor Christus: Kyros der Große (Kyros-Zylinder) - Erste Charta der Menschenrechte • 27 vor Christus: römisches Reich - Naturgesetze • 1215: England - Magna CartaLibertatum • 1628: Großbritannien – Petition ofRight • 1689: Großbritannien – Bill ofRights • 1776: Vereinigte Staaten von Amerika – Unabhängigkeitserklärung • 1789: Frankreich - Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte
Entwicklung der Menschenrechte 1946 einigten sich die, mittlerweile 193, Staaten der Vereinten Nationen auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Internationale Ebene Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) „Niemand darf willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jeder hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen“ Art 12, AEMR. „Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen, [...]“ Art 25 (1) AEMR.
Internationale Ebene Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (auch UN-Sozialpakt, UNO-Pakt I oder ICESCR) „Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht eines jeden auf einen angemessenen Lebensstandard für sich und seine Familie einschließlich ausreichender Ernährung, Bekleidung und Unterbringung sowie auf eine stetige Verbesserung der Lebensbedingungen. Die Vertragsstaaten unternehmen geeignete Schritte, um die Verwirklichung dieses Rechts zu gewährleisten, und anerkennen zu diesem Zweck die entscheidende Bedeutung einer internationalen, auf freier Zustimmung beruhenden Zusammenarbeit“ Art 16 ICESCR. Kommentar Ausschuss über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte Recht auf angemessenen Wohnraum
Internationale Ebene Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt, UNO-Pakt II oder ICCPR) „(1) Niemand darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. (2) Jedermann hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen“ Art 17, ICCPR.
Internationale Ebene UN-Sonderbotschafterin für angemessenes Wohnen Aufforderung zur Beendigung von Obdach- und Wohnungslosigkeit im Sinne der Sustainable Development Goals (SDG) Ziel 11: Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten 11.1.: Bis 2030 den Zugang zu angemessenem, sicherem und bezahlbarem Wohnraum und zur Grundversorgung für alle sicherstellen und Slums sanieren
Internationale Ebene Übereinkommen über die Rechte des Kindes (CRC) „Die Vertragsstaaten treffen gemäß ihren innerstaatlichen Verhältnissen und im Rahmen ihrer Mittel geeignete Maßnahmen, um den Eltern [...] bei der Verwirklichung dieses Rechts zu helfen, und sehen bei Bedürftigkeit materielle Hilfs- und Unterstützungsprogramme insbesondere im Hinblick auf Ernährung, Bekleidung und Wohnung vor“ Art 27 (3), CRC. In Artikel 5 (e) (iii) des Internationalen Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung (ICERD) wird auf das Diskriminierungsverbot hinsichtlich u.a. bürgerlicher Rechte, insbesondere dem Recht auf Wohnung, hingewiesen.
Europarat Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) „Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familien-lebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs“ Art 8 (1), EMRK. Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Auslegung im Sinne des Schutzes von Menschen die von Obdach- bzw. Wohnungslosigkeit betroffen oder bedroht sind
Europarat revidierten europäischen Sozialcharta (rev. ESC) „Um die wirksame Ausübung des Rechts auf Schutz gegen Armut und soziale Ausgrenzung zu gewährleisten, verpflichten sich die Vertragsparteien, [...] Maßnahmen zu ergreifen, um für Personen, die in sozialer Ausgrenzung oder Armut leben oder Gefahr laufen, in eine solche Lage zu geraten, [...] den tatsächlichen Zugang insbesondere zur Beschäftigung, zu Wohnraum, zur Ausbildung, zum Unterricht, zur Kultur und zur Fürsorge zu fördern; diese Maßnahmen, falls erforderlich, im Hinblick auf ihre Anpassung zu überprüfen“ Art 30, rev. ESC. „Um die wirksame Ausübung des Rechts auf Wohnung zu gewährleisten, verpflichten sich die Vertragsparteien, Maßnahmen zu ergreifen, die darauf gerichtet sind, den Zugang zu Wohnraum mit ausreichendem Standard zu fördern; der Obdachlosigkeit vorzubeugen und sie mit dem Ziel der schrittweisen Beseitigung abzubauen; die Wohnkosten für Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, so zu gestalten, dass sie tragbar sind“ Art 31, Abs 1-3, rev. ESC.
Europäische Union Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRC) „Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation“ Art 7 (1), EU-GRC. „Um die soziale Ausgrenzung und die Armut zu bekämpfen, anerkennt und achtet die Union das Recht auf eine soziale Unterstützung und eine Unterstützung für die Wohnung, die allen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, ein menschenwürdiges Dasein sicherstellen sollen“ Art 34 (3), EU-GRC. Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH)
Europäische Union EU-Strategie zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit – Europäisches Parlament 2011 Promotingprotectionoftherighttohousing – Homelessnessprevention in thecontextofevictions – Forschungsprojekt Europäische Kommission 2014 Europäische Säule Sozialer Rechte – Europäische Parlament, Rat und Kommission der EU 2017 „Wohnraum und Hilfe für Wohnungslose a. Hilfsbedürftigen wird Zugang zu Sozialwohnungen oder Unterstützung bei der Wohnraumbeschaffung von guter Qualität gewährt. b. Sozial schwache Personen haben das Recht auf angemessene Hilfe und Schutz gegen Zwangsräumungen. c. Wohnungslosen werden angemessene Unterkünfte und Dienste bereitgestellt, um ihre soziale Inklusion zu fördern“
Europäische Union Recht auf Wohnen in den Mitgliedsstaaten Frankreich – DALO-Droit au LogementOpposable Schottland – Housing & Homelessness Act Spanien – Recht auf eine würdige und angemessene Wohnung in der Verfassung Finnland – nationales Programm zur Reduzierung von längerfristiger Wohnungslosigkeit (PAAVO I-III) • Grundrecht Wohnen nicht verfassungsrechtlich verankert • Strategien zur Beendigung von Obdachlosigkeit stützen sich auf das Recht auf Privatsphäre in der finn. Verfassung • einziger Mitgliedsstaat welcher im Zeitraum von 2008 bis 2015 einen Rückgang obdachloser Menschen verzeichnen konnte
Nationale Ebene Grundrechte in Österreich • kein Gesamtkatalog an GR, unterschiedliche Grundrechtsquellen • Den größten Einfluss auf den Grundrechtsschutz in Österreich hatte die Ratifizierung der Europäischen Menschenrechtskonvention im November 1950. Die EMRK wurde 1964 rückwirkend in den Verfassungsrang gehoben, sie bekommt somit unmittelbare Anwendbarkeit • die für ein Recht auf Wohnen relevanten Artikel (Art 30 und 31 rev. ESC) wurden von Österreich bei der Ratifizierung der revidierten ESC ausgenommen, da der Schutz vor Armut und Wohnungslosigkeit als Teil der österreichischen Rechtsrealität gesehen werden.
Nationale Ebene Wohnrecht in Österreich • Gesetz zum Schutze des Hausrechts (1892) – heute Verfassungsgesetz, Art 9 StGG; wird durch Art 8 EMRK erweitert • Mit Art 11 Abs 1 Z 3 B-VG ist der Bund für die Gesetzgebung im Bereich des Volkswohnungswesens zuständig, überlässt die Vollziehung, mit Ausnahme des Wohnbaus und der Wohnhaussanierung, jedoch den Ländern der Verfassungsgerichtshof versteht unter diesem Begriff: die Errichtung und Bereitstellung von Wohnungen für die minderbemittelten Bevölkerungskreise
Nationale Ebene Wohnrecht in Österreich • Bau- und Raumordnungsrecht • Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz • Wohnbauförderungsgesetze • Wohnungseigentumsgesetz • Meldegesetz • Mietrechtsgesetz • Allgemein Bürgerliches Gesetzbuch, §§1090 bis 1121 ABGB
Nationale Ebene Oberösterreich „Das Land Oberösterreich fördert die Hebung der Lebensqualität seiner Bürger[innen]. Es setzt und unterstützt deshalb Maßnahmen, die der Verbesserung des Wohnens und des Wohnumfelds dienen. Wesentliche Bedeutung kommt dabei der Sicherung der Nahversorgung und einer ökologisch orientierten Verkehrsentwicklung zu“ Art 15 Abs (1) Oö. L-VG • Staatszielbestimmung
Nationale Ebene Oberösterreich Für die Unterstützung benachteiligter Bevölkerungsgruppen bei der Befriedigung ihres Bedürfnisses nach Wohnen kommt vor allem dem Oö. Wohnbauförderungsgesetz (Oö. WFG) Bedeutung zu. Auf die sich daraus ergebenden Leistungen besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch. Der Rechtsanspruch besteht jedoch, wenn es bereits eine Zusicherung über die Förderleistung gibt. Außerdem ist die Leistung all jenen zu gewähren, welche die Voraussetzungen dafürerfüllen, wenn sie in anderen Einzelfällen bereits gewährt wurde. Die entsprechenden Rechtsgrundlagen sind auch in diesem Fall grundrechtskonform auszulegen.
Nationale Ebene Oberösterreich Der Artikel 12 Oö. L-VG gewährt soziale GR. „Das Land Oberösterreichgewährt im Rahmen der Gesetze3. Sozialhilfe, jenen Personen, die aus sonstigen sozialen Gründenhilfsbedürftig werden und außerstande sind, für sich und ihre Angehörigen die Mittel für einen ausreichenden Lebensunterhalt zu beschaffen“. • Grundlage für Oö. Sozialhilfegesetz und Gesetz über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in OÖ • Grundlage für die Unterstützung von obdachlosen und von Wohnungslosigkeit bedrohten Personengruppen, sowohl individuell, zum Beispiel in Form der BMS, als auch für die Sozialplanung des Landes, welche eine präventive Absicherung der Gesellschaft vor Obdachlosigkeit und Wohnraumverlust anstrebt
Wohnen für Alle • Präventionsmaßnahmen • ein rasch funktionierendes, nicht diskriminierendes Hilfesystem für in Wohnungsnot geratene Menschen • die Wohnungs- und Sozialpolitik gefordert, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Zugang zu ausreichend leistbarem und angemessenem Wohnraum zu ermöglichen
Eine Wohnung ist nicht alles, aber ohne eine Wohnung ist alles nichts.