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Die Europäische Währungsunion in der Krise. Dr. Ulrich Volz, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik 7. Dezember, TU Dresden. Überblick. Die Kosten und Nutzen einer Währungsunion – Die Theorie optimaler Währungsräume und neuere Ansätze.
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Die Europäische Währungsunion in der Krise Dr. Ulrich Volz, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik 7. Dezember, TU Dresden
Überblick • Die Kosten und Nutzen einer Währungsunion – Die Theorie optimaler Währungsräume und neuere Ansätze 1. Die Kosten und Nutzen einer Währungsunion – Die Theorie optimaler Währungsräume und neuere Ansätze 2. Die gegenwärtigen Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen 3. Sollten die Krisenländer die Euro-Zone verlassen?
Kosten und Nutzen einer Währungsunion • Nutzen einer Währungsunion nach „alter“ Lehre: • Eliminierung des Wechselkursrisikos • Reduktion von Transaktionskosten • Handelsförderung • Kosten einer Währungsunion nach „alter“ Lehre: • Verlust des Wechselkurses als wirtschaftspolitischem Steuerungsinstrument • Verlust der geldpolitischen Unabhängigkeit
Kosten und Nutzen einer Währungsunion • Theorie optimaler Währungsräume nach Robert Mundell (1961) I: • Optimalität eines Währungsraumes bemisst sich an der Fähigkeit, ein externes Gleichgewicht bei gleichzeitiger Erreichung binnenwirtschaftlicher Ziele herbeizuführen • Ausgangspunkt: Untersuchung von Anpassungsmechanismen im Falle asymmetrischer Schocks • Einfaches Modell: • Zwei Länder (A und B) erzeugen je ein bestimmtes Produkt • Durch einen exogenen Schock verschiebt sich die Nachfrage vom in Land A hergestellten Produkt zum in Land B hergestellten Produkt • Wie können in beiden Ländern Vollbeschäftigung und Preisstabilität aufrechterhalten werden?
Kosten und Nutzen einer Währungsunion • Theorie optimaler Währungsräume nach Robert Mundell (1961) II: • Schock verursacht Ungleichgewicht • Rückkehr zum Gleichgewicht erfordert Änderung des relativen Preisverhältnisses • Bei flexiblem Wechselkurs: Abwertung der Währung von A führt zu niedrigeren Reallöhnen und Preisen, stärkerer Wettbewerbsposition, einem Anziehen der Nachfrage und einem Rückgang der Arbeitslosigkeit • Bei festem Wechselkurs: Rückgang der nominalen Löhne oder internationale Arbeitsmobilität erforderlich • → Kriterien: Arbeitsmobilität oder Flexibilität von Preisen und Löhnen
Kosten und Nutzen einer Währungsunion • Erweiterung von Mundells Theorie optimaler Währungsräume I – Ronald McKinnon (1963): Offenheitsgrad einer Wirtschaft • Je offener eine Volkswirtschaft ist, desto weniger werden die Preise in dieser Volkswirtschaft binnenwirtschaftlich bestimmt und desto flexibler sind sie • Nachfrageschocks wirken über Wechselkursänderungen auf die Inlandspreise • Eine Abwertung verteuert Importgüter – abhängig vom Effekt auf das heimische Preisniveau verteuern sich auch Exportgüter • Je offener eine Volkswirtschaft, desto weniger wirkungsvoll sind nominelle Wechselkursänderungen
Kosten und Nutzen einer Währungsunion • Erweiterung von Mundells Theorie optimaler Währungsräume II – Peter Kenen (1969): Stand der Gütermarktintegration / Ähnlichkeit der Wirtschaftszyklen • Je stärker die Verflechtung von Volkswirtschaften ist, desto unwahrscheinlicher ist das Auftreten asymmetrischer Schocks • Handelsintegration führt tendenziell zu Konvergenz von Ökonomien – Peter Kenen (1969): Produktdiversifikation • Je spezialisierter eine Region (ein Land) ist, desto höher ist die Anfälligkeit für asymmetrische Schocks • Hypothese: Ein hoher Anteil des sekundären und tertiären Sektors spricht für ausgeprägte Produktdiversifikation
Kosten und Nutzen einer Währungsunion • Neuere Ansätze I • Ineffektivität von Geld- und Wechselkurspolitik zur Feinsteuerung einer Volkswirtschaft („Tod der Phillips-Kurve“) • Wechselkurs kann Ursache von Schocks sein, nicht nur Anpassungsmechanismus • Rationale Erwartungen: Unternehmer und Arbeitnehmer passen ihre Positionen bei Tarifverhandlungen/Preisverhandlungen entsprechend ihren Erwartungen der Inflationsentwicklung an→ Die Glaubwürdigkeit der Zentralbankpolitik ist entscheidend, zeitinkonsistente Politik ist zu vermeiden • Währungsintegration zur Überwindung von Glaubwürdigkeitsproblemen der Geldpolitik und Erlangung von Preisstabilität und somit niedrigeren realen Zinsen
Kosten und Nutzen einer Währungsunion • Neuere Ansätze II • Dynamische Sichtweise: Kriterien sind nicht statisch zu betrachten! • Jeffrey Frankel & Andrew Rose (1998): Endogenität der Kriterien eines optimalen Währungsraums
Überblick 1. Die Kosten und Nutzen einer Währungsunion -- Die Theorie optimaler Währungsräume und neuere Ansätze 2. Die gegenwärtigen Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen 3. Sollten die Krisenländer die Euro-Zone verlassen? 2. Die gegenwärtigen Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen • Steigende Kosten für Kredite von mehreren Euromitgliedern aufgrund schwindenden Vertrauens in deren Zahlungsfähigkeit • „PIIGS“: Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien • Kredithilfen an Mitgliedsstaaten der Euro-Zone • Mai 2010: bilaterale Kredite in Höhe von €110 Mrd. von EU-Staaten an Griechenland • Mai 2010 Schaffung eines „Euro-Schutzschirm“ mit einem Kreditrahmen in Höhe von € 750 Mrd. von EU-Staaten und Internationalem Währungsfonds (Europäischer Stabilisierungsmechanismus (EFSM) und Stabilisierungsfazilität (EFSF)) • November 2010: € 67,5 Mrd. aus dem Euro-Schutzschirm an Irland
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen • Ursachen der Krise I • Irland: Bankenkrise – Irische Regierung hat im September 1998 wegen der weltweiten Finanzkrise für sämtliche Verpflichtungen der Banken des Landes eine Bürgschaft gegeben (diese sind zwischenzeitlich von € 400 Mrd. auf € 440 Mrd. gestiegen) • Griechenland: Desolate Staatsfinanzen aufgrund eines dysfunktionalen Fiskalsystems, eines überdimensionierten öffentlichen Sektors und endemischer Korruption
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen • Ursachen der Krise II • Niedrige Zinsen nach Beitritt zur Euro-Zone haben Konsum und Investitionen im Bausektor befeuert → Blasen im Immobiliensektor, die in der Finanzkrise geplatzt sind, Einbruch im Bausektor schwächt nun Wachstum • Zu unterschiedlichem Maße Wettbewerbsverlust innerhalb der Währungsunion
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen Quelle: OECD
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen Quelle: OECD
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen Quelle: OECD
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen Quelle: IWF
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen Quelle: IWF
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen Quelle: Eurostat
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen Quelle: Eurostat
Überblick 1. Die Kosten und Nutzen einer Währungsunion -- Die Theorie optimaler Währungsräume und neuere Ansätze 2. Die gegenwärtigen Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen 3. Sollten die Krisenländer die Euro-Zone verlassen? 3. Sollten die Krisenländer die Euro-Zone verlassen?
Sollen die PIIGS die Euro-Zone verlassen? • Oftmals angeführte Argumente weshalb ein Ausscheiden aus der Euro-Zone den PIIGS helfen soll • Sie könnten ihre nationalen Währungen abwerten und somit Wettbewerbsfähigkeit gewinnen, ihre Exporte und somit ihr Wachstum und die Steuereinnahmen steigern • Sie könnten eine nationale Geldpolitik betreiben und somit ihre Wirtschaft über niedrige Zinspolitik wieder beleben • Aber…
Sollen die PIIGS die Euro-Zone verlassen? • Aber… (I) • …eine Währungsabwertung würde aufgrund der großen Offenheit, insbes. bei den kleineren Ökonomien (Griechenland, Irland, Portugal), zu einem starken Anstieg des inländischen Preisniveaus führen und somit die Wettbewerbsfähigkeit wieder schmälern • Total trade as % of GDP, June 2010 • Quelle: Eigene Berechnung mit Daten von IWF und OECD
Sollen die PIIGS die Euro-Zone verlassen? • Aber… (II) • …die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ist auf historischem Tiefstand – nationale Zentralbanken würden kaum eine expansivere Geldpolitik betreiben können – im Gegenteil: Die nationalen Zentralbanken hätten mit Glaubwürdigkeitsproblemen und entsprechenden Inflationserwartungen zu kämpfen • …die Finanzinstitute der PIIGS-Länder werden durch die EZB mit Liquidität versorgt und somit stabilisiert – dies würde bei einem Austritt wegfallen
Sollen die PIIGS die Euro-Zone verlassen? • Aber… (III) • …die PIIGS sind derzeit zum Großteil in der eigenen Währung – dem Euro – verschuldet. Bei einem Austritt aus der Euro-Zone müssten sie sich wohl in Fremdwährung (Euro oder Dollar) verschulden • …die Refinanzierungskosten der PIIGS-Regierungen sind in historischer Betrachtung deutlich niedriger als vor dem Beitritt zur Währungsunion und würden bei einem ein Austritt aus der Euro-Zone wegen des Währungsrisikos massiv ansteigen
Sollen die PIIGS die Euro-Zone verlassen? Quelle: Bloomberg
Sollen die PIIGS die Euro-Zone verlassen? • Daher: • Ein Ausscheiden aus der Euro-Zone wäre für die PIIGS von Nachteil • Zudem wäre die politische Wirkung mit Blick auf die Zukunft der europäischen Integration fatal • Notwendig sind: • Neue Regeln für fiskalische Disziplin in der Euro-Zone • Ein geordnetes Verfahren für die Insolvenz überschuldeter Euro-Staaten, welches private Akteure einbezieht
Vielen Dank! ulrich.volz@die-gdi.de