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Rechtliche Grenzen der Mitarbeiterkontrolle. Verband der Südholsteinischen Wirtschaft e.V. Reinbek – 18. Juni 2008. Eingangsfall 1:
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Rechtliche Grenzen der Mitarbeiterkontrolle Verband der Südholsteinischen Wirtschaft e.V. Reinbek – 18. Juni 2008
Eingangsfall 1: Mitarbeiter M wird anonym in der Personalabteilung angezeigt, Produkte des Unternehmens außer Haus zu schaffen und bei eBay zu versteigern. Arbeitgeber A lässt daraufhin von einem Detektivbüro eine Videokamera installieren. Die Aufnahmen überführen M des Diebstahls. Er wird fristlos gekündigt. M beruft sich vor Gericht darauf, die Videoaufnahmen verletzten ihn in seinen Persönlichkeitsrechten, der Beweis sei nicht verwertbar.
Eingangsfall 2: • Mitarbeiter M arbeitet nach subjektivem Empfinden seines Vorgesetzten erheblich langsamer als andere Kollegen und scheint eine höhere Fehlerquote zu haben. Arbeitgeber A wertet daraufhin ohne Kenntnis des M • seine Anruflisten aus der Telefonanlage • die von ihm bearbeiteten Arbeitsvorgänge • aus. • M erhält schließlich die Kündigung.
Eingangsfall 3: • Arbeitgeber A (Einzelhandel) führt verdachtsunabhängige Testkäufe und Taschenkontrollen ein. Mitarbeiter M • macht bei Testeinkäufen überdurchschnittlich viele Fehler • wird bei einer Taschenkontrolle mit Ware erwischt. • A mahnt ab bzw. kündigt fristlos. M klagt jeweils.
I. Formen der Mitarbeiterkontrolle • II. Rechtliche Rahmenvorgaben • Einzelfälle • Beweisverwertungsfragen • Mitbestimmungsfragen • Taktische Erwägungen • Aktuelle Fälle
manuelle Überwachung technische Überwachung durch eigene Arbeitnehmer/Geschäftsleitung durch Dritte (Detektive, Polizei) stichprobenartig auf Dauer auf bestehenden Verdacht verdachtsunabhängig
kein einheitliches Schutzgesetz z.G. Arbeitnehmer(„ArbeitsnehmerdatenschutzG“) • Schutz aus: • Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 I GG • §§ 201, 202 StGB • §§ 22, 23 KUG • § 6 b BDSG
Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 I GG • Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts • Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung • Schutz der Menschenwürde
§§ 201, 202 StGB • Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes • Verletzung des Briefgeheimnisses
§§ 22, 23 KUG • Recht am eigenen Bild
§ 6 b BDSG • Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen • Wahrnehmung berechtigter Interessen • Pflicht zur Kenntlichmachung
Technische Kontrollen: • Videoüberwachung • Internetnutzung • Telefondatenerfassung und -auswertung • RFID-Verfahren • Biometrie • Mobilfunküberwachung • Voice-over-IP
Manuelle Kontrollen: • Testkäufe • Taschenkontrollen • Detektiveinsatz • beauftragte Kollegenbeobachtung/Beobachtung durch Vorgesetzte • Überprüfung von Telefonlisten • qualitative Überprüfung von Arbeitsergebnissen
Videoüberwachung: • durch § 6 b BDSG gestattet, wenn- öffentlich zugängliche Räume überwacht werden- aufgrund berechtigter Interessen erforderlich- keine überwiegenden Interessen betroffener Personen- Kennzeichnungspflicht- Löschungsverpflichtung betrifft nur Arbeitsplätze mit Publikumsverkehr (Kaufhaus, Gastronomie, Sparkasse)
Videoüberwachung: • nicht öffentlich zugängliche Räume- Schutz der Arbeitnehmer durch Allgemeines Persönlichkeitsrecht- aufgrund schutzwürdiger Belange gerechtfertigt- hoher Schutzstandard, da Grundrechtsabwägung- umfassende Güterabwägung schwieriger zu rechtfertigen als bei öffentlichen Räumen
BAG Beschl. v. 29.06.2004: • heimliche Videoüberwachung- nur zulässig bei konkretem Verdacht einer strafbaren Handlung oder besonders schweren Verfehlung- letztes Mittel zur Überführung des Täters
§ 201 a StBG: • Bildaufnahmen von Personen in Wohnungen oder besonders geschützten Räumen- „besonders geschützte Räume“: Umkleiden, Toiletten, Duschen am Arbeitsplatz
Internetnutzung: • aktuelle Rechtsprechung des BAG • bei Verbot der Privatnutzung Kontrollrecht, ob Verbot eingehalten • bei Gestattung der Privatnutzung faktisch keine wirksame Kontrollmöglichkeit mehr • Streit noch bei: Email-Überwachung
Telefondatenerfassung und -auswertung: • grundsätzliche Auswertungsbefugnis für Kosten- und Wirtschaftlichkeitskontrolle • Anruferidentifizierung beschränkt auf Missbrauchskontrolle • Zusammenführung der Daten zur Leistungskontrolle nicht zulässig
§ 201 StBG: • Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes- Mithören von Telefonaten ohne Einwilligung untersagt- Mitschnitt strafbar- Praxisausnahme: Call-Center
RFID-Verfahren (Funketiketten): • Kennzeichnung der Arbeitnehmer oder der Arbeitsgeräte • Im Arbeitsverhältnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG gerechtfertigt, wenn durch spezielle Sicherheitsinteressen erforderlich • keine Dauerkontrollen • Informationspflicht und Kontrollrechte des AN
Biometrie: • Auswertung von Biometriedaten unzulässig • ausschließlicher Einsatz für Sicherheitszwecke
Mobilfunküberwachung: • Überwachung durch Anrufe zulässig • Standortdatenerfassung zulässig, wenn AN Zustimmung erteilt hat (§§ 3, 9, 98 TKG) • Ortung erfordert auch nach § 4 Abs. 3 BDSG • umfassende Kontrolle ausgeschlossen • kein Zugriff auf privaten Lebensbereich
Voice-over-IP: • verbesserte Mitschnitt-/Auswertungsmöglichkeiten • unzulässig bei Mithören • strafbar bei Mitschneiden/Datenaufzeichnung
Manuelle Kontrollen: • Testkäufe • Taschenkontrollen • Detektiveinsatz • beauftragte Kollegenbeobachtung/Beobachtung durch Vorgesetzte • Überprüfung von Telefonlisten • qualitative Überprüfung von Arbeitsergebnissen
Testkäufe/Testkunden: • grundsätzlich zulässig • durch eigenes Personal oder Dritte • teilweise diskutiert: Schutz vor Fallenstellung
Taschenkontrollen: • Eingriff in persönlichen Bereich • Zugriffsmöglichkeit gegen den Willen des AN nur bei Verdacht und nur durch Polizei • gerechtfertigt bei besonderem Anlass:- Warenhaus- Kollegendiebstähle- behördlichen Auflagen u.a.
Detektiveinsatz: • unproblematisch bei arbeitsbezogenen Sachverhalten • hoch problematisch bei privaten Sachverhalten (insbesondere: „Ermittlungsnebenprodukte“) • oft unseriös und nur eingeschränkt beweiskräftig • häufig Straftaten bei Ermittlungen (Hausfriedensbruch, heimliche Privataufnahmen) dann Beweisverwertungsverbot • teuer, aber ggf. Kostentragungspflicht AN
beauftragte Kollegenbeobachtung/Beobachtung durch Vorgesetzte: • im dienstlichen Bereich zulässig • im privaten Bereich i.d.R. unzulässig, es sei denn Verdacht erheblicher Verfehlungen/Straftaten z.L. AG • „Spitzelvorwurf“ / Arbeitsklima
Überprüfung von Telefonlisten: • keine Unterschiede zu technischer Auswertung (s.o.)
Qualitative Überprüfung von Arbeitsergebnissen: • immer umfassend zulässig • keine Einschränkung bei Verwendung von technischen Hilfsmitteln
Grundsatz: Erkenntnisgewinnung rechtswidrig Beweisverwertung unzulässig
Ausnahmen: • Verdacht/Beweis von Straftaten • bei erheblichen arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen ggf. Rechtsgüterabwägung
§ 87 Abs. 1 BetrVG: • Ordnung des Betriebes und Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb • manuelle Überwachung
keine Zustimmung des BR: • Überwachung unzulässig • Beweisverwertungsverbot • ggf. Anrufung der Einigungsstelle § 87 Abs. 2 BetrVG
Manuelle Kontrollen und Betriebsrat: • Testkäufe • Taschenkontrollen (abhängig vom Ort) • Detektiveinsatz (fallabhängig) • beauftragte Kollegenbeobachtung/Beobachtung durch Vorgesetzte • Überprüfung von Telefonlisten • qualitative Überprüfung von Arbeitsergebnissen
sicherster Weg: • vorsorgliche Zustimmungseinholung beim BR • dann auch weiterer Legalitätsanschein • aber u.U.: - verlorener Überraschungseffekt • - Möglichkeit der Versagung
§ 87 Abs. 6 BetrVG: • technische Arbeitnehmerüberwachung • „geeignet“ statt „bestimmt“
Technische Kontrollen: • Videoüberwachung • Internetnutzung • Telefondatenerfassung und -auswertung • RFID-Verfahren • Biometrie • Mobilfunküberwachung • Voice-over-IP
Arbeitnehmerreaktion und Presse • Negativ-PR und Marketingschaden • Gewerkschaftsnähe • Strafanzeige statt Eigenermittlungen • unbedingtes Handlungserfordernis?