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Einführung in die romanische Sprachwissenschaft VIIb

Einführung in die romanische Sprachwissenschaft VIIb. 23. November 2010. Morphologie. Grundlagen. Morphologie - Untersuchungsgegenstand. In der traditionellen Grammatik versteht man unter Morphologie allgemein die Formenlehre .

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Einführung in die romanische Sprachwissenschaft VIIb

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  1. Einführung in die romanische Sprachwissenschaft VIIb 23. November 2010

  2. Morphologie Grundlagen

  3. Morphologie - Untersuchungsgegenstand • In der traditionellen Grammatik versteht man unter Morphologie allgemein die Formenlehre. • Die Aufgaben der Morphologie bestehen vornehmlich darin, die Struktur und den Aufbau der Wörter zu untersuchen.

  4. Exkurs: der Wortbegriff Morphologie

  5. Exkurs: der Wortbegriff • Probleme der linguistischen Wortdefinition • Was ist überhaupt ein Wort? • Während jeder Sprecher eine intuitive Vorstellung davon hat, was ein Wort ist, haben die Linguisten in der Regel große Schwierigkeiten, sich auf eine gemeinsame Wortdefinition zu einigen. • Je weiter die sprachwissenschaftlichen Analysemethoden voranschreiten desto schwieriger wird die Definition des Wortes.

  6. Exkurs: der Wortbegriff • Phonetisch, phonologisch, prosodisch • Im Rahmen einer lautlich basierten Definition werden Wörter als Lautfolgen betrachtet, die durch Grenzsignale wie zum Beispiel Pausen voneinander abgehoben sein können. • Graphematisch • Auf graphematischer Ebene kann ein Wort als Buchstabengruppe zwischen zwei Trenn- bzw. Leerzeichen definiert werden (lavie, lavida, avida, lavita). • In antiken und mittelalterlichen Texten fehlt dieses markante Merkmal sehr häufig.

  7. Exkurs: der Wortbegriff • Semantisch • Ein Wort ist auf semantischer Ebene der formale Ausdruck einer bestimmten Inhalts- bzw. Sinneinheit. • Die Bedeutung von Wörtern wird allerdings von ihrem jeweiligen Äußerungskontext determiniert.

  8. Exkurs: der Wortbegriff • Beisp. für die kontextabhängige Bedeutung von Wörtern • frz. homme, sp. hombre, pg. homem, it. uomo • L‘homme détruit la terre. • El hombre destruye la tierra. • O homem destruie a terra. • L‘uomo distrugge la terra.

  9. Exkurs: der Wortbegriff • frz. homme, sp. hombre, pg. homem, it. uomo   1. Beispiel

  10. Exkurs: der Wortbegriff • Beisp. für die kontextabhängige Bedeutung von Wörtern • frz. homme, sp. hombre, pg. homem, it. uomo • L‘hommechercheunefemme. • Elhombrebusca a unamujer. • O homembuscaumamulher. • L‘uomocercaunadonna.

  11. Exkurs: der Wortbegriff • frz. homme, sp. hombre, pg. homem, it. uomo  2. Beispiel

  12. Exkurs: der Wortbegriff • Auch Syntagmen können als semantisch determinierte Wörter fungieren, so z.B. der philosophische Ausdruck dt. In-der-Welt-sein (Martin Heidegger).

  13. Exkurs: der Wortbegriff • Morphosyntaktisch • Im morphologischen Bereich wird das Wort als freies Morphem betrachtet. • Es ist daher eine sprachliche Einheit, die einerseits eine eigene Bedeutung hat und in ungebundener Form vorkommen kann. • Es kann zusätzlich durch Prä- oder Suffixe nach in der Grammatik festgelegten Regeln erweitert werden. • Ein Wort kann darüber hinaus über Flexionsendungen verfügen (il tempo – i tempi; eltiempo - los tiempos, cantare: canto, canti, canta ; cantar: canto, cantas, canta etc.).

  14. Morphologie • Begriffsgeschichte • Der Terminus Morphologiegeht auf gr. μορφή ‘Gestalt’, ‘Form’ zurück. • Der Indogermanist August Schleicher (1821-1868) führte ihn in die Sprachwissenschaft ein, • Der amerikanische Strukturalismus erhob die Morphologie schließlich zu einem eigenständigen Teilbereich der linguistischen Forschung, insbesondere Leonard Bloomfield in seinem Werk Language (1933).

  15. Morphologie • Sie stützt sich dabei auf die sprachlichen Regularitäten, welche auf einer strukturellen Ebene zwischen Phonologie und Syntax angesiedelt sind. • Die morphologische Forschung befasst sich sowohl mit den Flexionsformen einer gegebenen Sprache als auch mit der Wortbildung in all ihrer Komplexität.

  16. Morphologie - Untersuchungsgegenstand Morphologie Flexion Wortbildung Komposition Deklination Derivation Konjugation Rückbildung Wortkürzung

  17. Morphologie - Untersuchungsgegenstand • Der Unterschied zwischen Flexion und Wortbildung besteht vor allem darin, dass durch Wortbildungsverfahrenneue Wörter entstehen, während die Flexion zum einen die grammatischen Funktionen der Wörter im Satz zum Ausdruck bringt und zum anderen zur Bedeutungskonstituierung der Wörter beiträgt.

  18. Morphologie - Flexion • Bei der Flexion handelt es sich um die Änderung der Wortgestalt zum Ausdruck seiner grammatischen (und pragmatischen) Funktion innerhalb eines Satzes oder Satzgefüges.

  19. Morphologie - Flexion • Es gibt flektierbare und nichtflektierbare Wörter. • Zur ersten Gruppe zählen Artikel, Substantive, Adjektive, Pronomina und Verben.

  20. Morphologie - Flexion • Die Änderung der Wortgestalt erfolgt über Flexionsaffixe, d.h. über Suffixe, die an den Wortstamm angehängt werden. • Sie bestimmen die Deklination bei den Substantiven, die Konjugation bei den Verben und die Komparation bei den Adjektiven. • Bei Substantiven haben die Flexionsaffixe eine genusanzeigende, bei den Adjektiven hingegen eine genusbestimmende Funktion, wobei es eine Reihe von Sonderfällen gibt.

  21. Morphologie - Grundbegriffe • Deklination • Als Deklination bezeichnet man die Beugung von Artikeln, Substantiven, Adjektiven und Pronomina zur Markierung des Kasus (z.B. im Lateinischen, nicht aber im Romanischen) sowie von Numerus und Genus.

  22. Morphologie - Grundbegriffe • Deklination • Die generischen grammatischen Kategorien des romanischen Substantivs sind Numerus und Genus, die spezifischen Kategorien sindSingular, Plural, Maskulinum, Femininum.

  23. Morphologie - Grundbegriffe • Beim Adjektiv unterscheiden wir bei den generischen Kategorien Numerus, Genus und Grad, bei den spezifischen Kategorien Singular, Plural, Maskulinum, Femininum, Positiv, Komparativ, Superlativ.

  24. Morphologie - Grundbegriffe • Konjugation • Bei der Konjugation handelt es sich um die Beugung von Verben, zum Beispiel durch die Veränderung des Wortstammes oder durch das Anhängen von Affixen zur Markierung von Person, Numerus, Aspekt, Aktionsart, Tempus / Zeit, Genus Verbi (Aktiv - Passiv) und Modus. • Es wird zwischen finiten und infiniten Verbformen unterschieden. • Letztere bestehen aus Infinitiv, Partizip und Gerundium. • Das finite Verb verfügt über generische und spezifische grammatische Kategorien.

  25. Morphologie - Grundbegriffe • Konjugation

  26. Die Segmentierung von Wörtern Grundbegriffe der Morphologie

  27. Morphologie - Grundbegriffe • Die generischen grammatischen Kategorien des romanischen Substantivs sind Numerus und Genus, die spezifischen Kategorien Singular, Plural, Maskulinum, Femininum. Beim Adjektiv unterscheiden wir bei den generischen Kategorien Numerus, Genus und Grad, bei den spezifischen Kategorien Singular, Plural, Maskulinum, Femininum, Positiv, Komparativ, Superlativ.

  28. Morphologie - Grundbegriffe • Die (strukturalistische) Linguistik des 20. Jahrhunderts hat eine Reihe von Begriffen zur Beschreibung morphologischer Strukturen hervorgebracht.

  29. Morphologie - Grundbegriffe • MORPH • Ein Morph ist eine minimale bedeutungstragende sprachliche Form, die durch Segmentierung ermittelt wird und nicht vollständig in kleinere sprachliche Formen zerlegt werden kann.

  30. Morphologie - Grundbegriffe • MORPH • Definition auf zweierlei Weise möglich • (a) = kleinste Phonemfolge (Graphemfolge), die eine Bedeutung hat • (b) = als kleinste grammatisch relevante Phonemfolge (Graphemfolge) • frz. commettre, promettre, permettre • nach (a): commett-, promett-, permett- • nach (b): com-, pro-, per-, -mettre

  31. Morphologie - Grundbegriffe • MORPH Kein Morph, da eine Segmentierung in kleinere Einheiten möglich ist sp. fiscal /fisk/ fisc /al/ al MORPHE „Steuer(behörde)“ „gehörig zu …“ fiscal

  32. Morphologie - Grundbegriffe • MORPH • Ein Wort kann aus einem oder aber aus mehreren Morphen bestehen. • Semantisch nicht weiter segmentierbar sind z.B. Präpositionen wie a, con, com, avec, da, di,de oder invariable Substantive wie z.B. it. bar, città, virtù, camion, computer, tram etc.

  33. Morphologie - Grundbegriffe • MORPHEM • Unter einem Morphem ist eine Menge von Morphen zu verstehen, die einerseits bedeutungsähnlich sind andererseits die gleiche Rolle im grammatischen System einer Sprache spielen. • Man kann zwischen lexikalischen und grammatischen (bzw. funktionalen) Morphemen unterscheiden.

  34. Morphologie - Grundbegriffe • MORPHEM • Beisp. • refermer • restructurer • recocdamner • ranimer • rapprendre Die MORPHE re- und r- haben die gleiche Bedeutung und die gleiche grammatische Funktion • re- und r- gehören zum gleichen Morphem • = sie sind ALLOMORPHE des gleichen Morphems • = sie sind Varianten des gleichen Morphems

  35. Morphologie - Grundbegriffe • MORPHEM • Ein lexikalisches Morphem ist z.B. it.libr-, während die Flexionsendungen -o(libro) und -i(libri) als grammatische Morphemefungieren, die den Singular oder Plural anzeigen. • Vgl. auch • sp. libr-, frz.livr-, pg. livr- = LEXIKALISCHE MORPHEME • sp. -o, frz. -e,pg. -o = GRAMMATISCHE MORPHME(Singular) • sp. -os, frz. -es,pg. -os = GRAMMATISCHE MORPHME (Plural)

  36. Morphologie - Grundbegriffe • MORPHEM • Morpheme können frei oder gebunden sein. • Freie grammatische Morpheme sind u.a. die Artikel (z.B. it. il, la), da sie vom zugehörigen lexikalischen Morphem (Substantiv) durch ein vorangestelltes Adjektiv getrennt werden können (unagiornataunabellagiornata). • Gebundene grammatische Morpheme sind z.B. verbale Flexionsendungen wie -amos (sp./pg. compramos) -iamo (it. compriamo), oder adjektivische Suffixe wie -ible(sp. posible, frz. possible).

  37. Morphologie - Grundbegriffe • MORPHEM • Freie lexikalische Morpheme sind z.B. it. bar, it. cittàoder it. tram, während teng-(z.B. in der 1. Pers. Sing. Ind. tengo von tenere) oder vad-(z.B. in der 1. Pers. Sing. Ind. vado von andare) gebunden sind.

  38. Morphologie - Grundbegriffe • Allomorph • Bei einem Allomorph handelt es sich um eine Variante eines Morphems. • Bei den it. Formen vengo, vieni und verrá handelt es sich um Konjugationsformen desselben unregelmäßigen Verbs venire. • Es liegt somit Bedeutungsgleichheit vor. • Die Morphe ven-, veng-, vien- und verr- gehören zum gleichen Morphem ven. • Sie sind somit Allomorphe des gleichen Morphems.

  39. Morphologie - Grundbegriffe • ALLOMORPH • Die MORPHE, die zu einem MORPHEM zusammengefasst werden, nennt man die ALLOMORPHE dieses Morphems.

  40. Morphologie - Grundbegriffe • MORPHEM mit einem ALLOMORPH (Beisp. aus dem Frz.) In diesem Fall ist der Begriff des Allomorphs eigentlich überflüssig Beispiele für das Vorkommen: parler, je parle, nous parlons

  41. Morphologie - Grundbegriffe • MORPHEM mit zwei ALLOMORPHEN (Beisp. aus dem Frz.) Beispiele für das Vorkommen der ALLOMOrPHE: céder, nous cédons … je cède, ils cèdent

  42. Morphologie - Grundbegriffe • MORPHEM mit drei ALLOMORPHEN (Beisp. aus dem Frz.) Es gibt auch Morpheme mit 4 oder 5 ALLO-MOPRPHEN Beispiele für das Vorkommen der ALLOMORPHE: je joins, il joint, nous joignons, ils joignent, je joindrai

  43. Morphologie - Grundbegriffe • Nullmorphem und Nullallomorph • Die Begriffe Nullmorphem und Nullallomorf sind in der Forschung nicht ganz unumstritten, denn es handelt sich um gedachte Hilfskonstruktionen. • Ein Nullmorphem ist ein in der Flexion zwar phonologisch (und graphemisch) nicht ausgedrücktes, inhaltlich aber vorhandenes Morphem. • Es wird mit Hilfe des Zeichens „“ dargestellt.

  44. Morphologie - Grundbegriffe • Nullmorphem und Nullallomorph • So markieren beispielsweise die Morpheme -av- und –ab- in den Verbformen it. parlava, pg. falava, hablaba(parl+av+a; fal+av+a; habl+ab+a) das Imperfekt. • Das Präsensparla (parl++a), fala (fal++a), habla (habl++a) hingegen verfügt über keine materielle Tempusmarkierung.

  45. Wortbildung

  46. Morphologie - Wortbildung • Wortbildung • Bei der Wortbildung handelt es sich um Verfahren und Gesetzmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Bildung neuer komplexer Wörter auf der Grundlage bereits vorhandener lexikalischer Einheiten durch • Derivation • Komposition • Wortkürzung.

  47. Morphologie - Simplicia • Einfache, abgeleitete und zusammengesetzte Wörter • Einfache Wörter werden als Simplicia (Sg. Simplex) • Ein Simplex ist ein einfaches, d.h. nicht zusammengesetztes oder abgeleitetes grammatisches Wort, dessen Stamm aus genau aus einer Wurzel besteht. • Simplicia können ein Flexionssuffix zur Genus- und Numerusmarkierung enthalten, das allerdings nicht immer eindeutig ist.

  48. Morphologie: Simplicia • alt- -o- -s- Genus Numerus Adjektiv-stamm Flexions- affix Flexions- affix sp./pg. altos Flexions-endung Adjektiv

  49. Morphologie: Simplicia • cant- -á- -ba- -mos • cant- -a- -va- -mo Verbstamm Stamm-erweiterung (Themavokal) Flexions- affix Flexions- affix Verbthema Flexionsendung Verb

  50. Morphologie: Wurzel und Stamm • Unter Wortwurzel versteht man den morphologisch nicht weiter zerlegbaren Wortkern. • Die Wurzel erhält man durch Abtrennen sämtlicher Wortbildungselemente (z.B. it. rivedono, frz. regardent). • Den Stamm eines Wortes erhält man durch Abtrennen der Flexionsendungen (z.B. rivedono, regardent).

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