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„ Zur Soziologie des Alltags: Lebensführung in der Sowjetunion und im heutigen Russland.“

„ Zur Soziologie des Alltags: Lebensführung in der Sowjetunion und im heutigen Russland.“. Religion in Russland. Ausgewählte geschichtliche Einflüsse. Kiever Rus Iwan der Dritte als Gründer von Moskauer Rus Iwan der Vierte (Schreckliche) und das Tor nach Osten

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„ Zur Soziologie des Alltags: Lebensführung in der Sowjetunion und im heutigen Russland.“

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Presentation Transcript


  1. „Zur Soziologie des Alltags: Lebensführung in der Sowjetunion und im heutigen Russland.“

  2. Religion in Russland

  3. Ausgewählte geschichtliche Einflüsse • Kiever Rus • Iwan der Dritte als Gründer von Moskauer Rus • Iwan der Vierte (Schreckliche) und das Tor nach Osten • Peter der Große und das Tor gen Westen • Lenin und das sozialistische Experiment • Perestroika und Glasnost von Gorbatschow • Putin und die Wiederbesinnung auf Religion

  4. Kiewer Rus • große historische Bedeutung hatte die 988 vom Fürsten Wladimir Swjatoslawitsch (dem Heiligen) angeregte Christianisierung Rußlands • Herausbildung des russischen Staatswesens • Entwicklung der Bildung und Kultur • Festigung der geistigen und moralischen Stützen des Daseins des Volkes • Nach der Vernichtung der Kiewer Rus durch die Mongolen übersiedelte der Kiewer Metropolit im 14. Jahrhundert zunächst nach Wladimir, dann 1328 nach Moskau

  5. Iwan der Dritte als Gründer von Moskauer Rus • Iwan III. (1462-1502) – der erste Herrscher über ganz Russland – hat russische Fürstentümer vereint und die Hauptstadt Moskau aufgebaut • er griff auf die Hilfe ausländischer Ingenieure und italienischer Architekten zurück

  6. Iwan der Vierte (Schreckliche) und das Tor nach Osten • Iwan der Vierte, der Schreckliche (1533- 1584), hat die Schlacht gegen die Tataren in Kazan gewonnen und die Ausdehnung des russischen Staates nach Sibirien ermöglicht • 1582 erfolgte die vollständige Eroberung Sibiriens

  7. Spaltung der Orthodoxie • im 15. Jahrhundert löste sich die Russisch-Orthodoxe Kirche endgültig vom der Griechisch-Orthodoxen Patriarchat in Konstantinopel und errichtete 1589 ein eigenes Patriarchat • Zar Peter der Große hob das Patriarchat auf und setzte 1721 statt dessen einen Synod an die Spitze der Kirche • Im Zarenreich gab es strenge Vorschriften für die Anhänger der russischen Orthodoxie (kein Konfessionswechsel, keine Heirat mit „Nichtchristen“)

  8. Lenin und das sozialistische Experiment • totalitäre Diktatur der KPdSU 1917-1985 • Staatseigentum, Planwirtschaft, kommunistische Ideologie, KGB, Propaganda, • Einschränkung religiöser Freiheiten und Zerstörung vieler kirchlicher Einrichtungen • aber: zentrale Rolle der Orthodoxie im Zweiten Weltkrieg

  9. Orthodoxie im Kommunismus • Unterdrückung der russisch-orthodoxen Kirche, da sie als Symbol für die zaristische Monarchie galt • Zwischen 1918 und 1939 wurden ca. 40.000 orthodoxe Geistliche ermordet • während es 1917 noch 77.800 Gemeinden gab, wurden 1941 nur noch etwa 3.100 gezählt. • völlige Vernichtung der Religion, die in allen 20er und 30er Jahren eines der wichtigen Ziele von GPU-NKWD gewesen war, konnte in diesem Land nur durch die massenhafte Verhaftung der orthodoxen Gläubigen erreicht werden • religiöse Erziehung von Kindern wurde in den 20er Jahren als eine Straftat, das heißt als konterrevolutionäre Agitation qualifiziert!

  10. Orthodoxie im Kommunismus • Nach der Machtergreifung durch die Bolschewiken Emigration vieler Gläubiger und Geistlicher der Russisch-Orthodoxen Kirche ins Ausland • Gründung Russisch-Orthodoxer Auslandskirchen mit eigener Verwaltung • 1927 endgültige Loslösung von der Mutterkirche los, nachdem Patriarch Sergij seine Loyalität zur kommunistischen Regierung erklärt hatte, die jedoch durch die die Auslandskirchen nie als rechtmäßig anerkannt wurde • Spaltung war daher nicht religiös bedingt, sondern politisch • ungeklärte Frage: War die Loyalitätserklärung von Patriarch Sergij der Versuch, die Kirche, ihre Gläubigen und Geistlichen vor Verfolgung und Zerstörung durch die Kommunisten zu bewahren?

  11. Orthodoxie im Kommunismus • 1943 veränderte Stalin seine Grundeinstellung zur Kirche • Treffen mit drei orthodoxen Führern (einziges Treffen der Staatsführung mit Kirchenoberhäuptern bis 1988)  versprach materielle Hilfe und Duldsamkeit  aber: pragmatische Gründe: Unterstützung bei der Organisation der Abwehr der deutschen Armee • Nach dem Krieg: Religion als ein "Überbleibsel der Vergangenheit“ denunziert und weitgehende Ausschaltung religiöser Belange in der Sowjetunion

  12. Symbole der Orthodoxie • Besondere Charakteristika des orthodoxen Christentums sind Ikone und die  Ikonenmalerei • Regeln der Ikonenmalerei der orthodoxen Kirche haben sich in dem letzten Jahrtausend nicht verändert • Aber: Anpassung an den jeweiligen Geschmack der Zeit möglich • ›Icon‹ ist ein griechisches Wort: Bild, Abbild • Ikonen waren im 8. und 9. Jahrhundert zeitweise verboten • Ikonen sind integrative Bestandteile der Orthodoxie

  13. Ikonen und Ikonostasen • Ikonen werden nicht gemalt, sondern geschrieben • Ikonen werden nicht betrachtet, sondern gelesen • Ikonen vermitteln einen theologischen Inhalt • Auf den Spruchbändern sind oft die Namen der dargestellten Heiligen oder Ereignisse vermerkt • insgesamt gibt es ca. 2000 Typen von Ikonen in unterschiedlichster Ausführung • Sehr verbreitet sind Darstellungen der Gottesmutter • Berühmte ›Gottesmutter von Vladimir‹ wird in der Moskauer Tretjakov Galerie aufbewahrt • Ikonenwände (Ikonostas) trennen in den Kirchen den Gemeindesaal vom Altarraum

  14. Orthodoxie im Postkommunismus • Gewissensfreiheit und Glaubensfreiheit • Gläubige erhielten die Möglichkeit, ungehindert und ohne jegliche Beschränkungen ihre Gemeinschaften zu gründen • Herausgabe religiöser Literatur • Restauration von Gotteshäusern und Bau neuer orthodoxer Kirchen • Aber auch: moslemische Moscheen, katholische Kirchen, jüdische Synagogen und buddhistische Dazane • Wiederaufnahme der Arbeit von Klöstern • Eröffnung geistlicher Akademien und Seminare, Pastorenlehrgänge und anderer Lehranstalten, in denen Geistliche ausgebildet werden.

  15. Orthodoxie im Postkommunismus • Einrichtung von Sonntags-, Gemeinde- und Klosterschulen • Schaffung von orthodoxen Kindergärten und orthodoxen Gruppen in staatlichen Kindergärten • Mittlerweile 40 orthodoxe allgemeinbildende Schulen und Gymnasien, zwei orthodoxe Universitäten und eine Hochschule für kirchliche Journalistik

  16. Orthodoxie im Postkommunismus • in Russland ca. 9000 religiöse Vereinigungen eingetragen, die mehr als 40 Konfessionen vertreten • Deutliche Zunahme der Kirchgänger im Vergleich zur kommunistischen Periode • soziologische Studien, aus den Jahren 1993-1997, heben das Verebben der verhältnismäßig großen Begeisterung für die Religion, die in den Jahren 1986-1992 zu beobachten war, hervor • aber immer noch fehlen glaubwürdige Statistiken über die Zahl der Gläubigen, denn in Kirchen wird keine Erfassung bzw. Registrierung der Gemeindemitglieder vorgenommen

  17. Zur Bedeutung des Islam in Russland • Islam ist die zweitgrößte Religion in Russland • Hauptzentren sind Tatarstan, Baschkirien und einige Regionen des Kaukasus • islamische Architektur in Russland umfasst prachtvolle Moscheen: größten und schönsten von ihnen befinden sich in Kasan • Kasan steht exemplarisch für die Koexistenz von orthodoxer russischer Kirche und aufgeklärtem Islam auf der Basis eines gleichberechtigten Zusammenlebens von russisch-slawischer und tatarisch-mongolischer Bevölkerung • Kasan wurde nach seiner Eroberung Kasans durch die Truppen Iwans des Schrecklichen (1552) zum Zentrum der islamischen Enklave Rußlands • rund vier Millionen Muslime leben heute in Tartastan

  18. Weitere Religionen in Russland • Auch Katholizismus, Protestantismus, Judentum und Buddhismus haben das religiöse Leben in Russland beeinflusst • Die meisten religiösen Bauten des Buddhismus hauptsächlich im Osten von Russland: Burjatien • Kaliningrad: Sehenswürdigkeiten des Katholizismus, aber auch katholische Kirchengemeinde der Heiligen Mutter Gottes in Nischni Nowgorod

  19. Neueste Tendenzen in der Russisch-Orthodoxen Kirche • 2007 Treffen der obersten Vertreter der Russisch-Orthodoxen Kirche und der Russisch-Orthodoxen Auslandskirche, Patriarch Alexij II. (rechts) und Metropolit Lavr • Unterzeichnung des Akts über die kanonische Gemeinschaft, der die 80 Jahre lang gespaltene Russisch-Orthodoxe Kirche wieder vereint.

  20. Rolle der Religion im Alltag-Interviewauszüge aus der Dissertation • Glaube an Gott und die damit einhergehende konfessionelle Bindung spielt eine wichtige Rolle für Russen in Estland „Und eine interessante Sache war, als die Perestroika in der Sowjetunion begann und die Sowjetzeit endete. Wir gingen hier alle zur Kirche. Im Sozialismus haben wir doch an etwas geglaubt, an die kommunistische Idee. Aber an was sollten wir glauben als die Sowjetunion verschwand? Ich begann, an Gott zu glauben und jetzt gehe ich immer in die Kirche. Früher als Jugendlicher und junger Mann habe ich doch daran nie gedacht. Du weißt doch was Marx sagte, Religion ist das Opium des Volkes. Wir glaubten doch an Lenin, Marx und Engels. Und schon im Unterricht in der Schule wurden uns doch die Beweise gegeben, dass es dort oben keinen Gott gibt.“ (Interview 14)

  21. „Die Kirche hilft und gibt Hoffnung. Ich gehe dorthin und bete um meine Sorgen und fühle, dass meine Sorgen erhört werden. Ob es stimmt oder nicht, ich weiß es nicht. Kirche ist für mich kein Ersatz für Sozialismus, so denke ich nicht. Vielleicht habe ich etwas Neues entdeckt, was mir hilft. Wenn ich dort bin und bete und meine Sorgen anspreche, merke ich, dass es mir besser geht, denn es gibt auf dieser Welt viel größere Probleme als die meinen. Wenn ich aus der Kirche komme, bin ich ganz ruhig und glaube, dass es mir ganz gut geht (…) Heutzutage gehen sehr viele Einwohner zur Kirche. Nicht nur die älteren Russen, sondern auch Jüngere (…) Man kann wirklich sagen, dass die Orthodoxie eine große Rolle in unserem Leben spielt.“ (Interview 14)

  22. „Wir Russen feiern russische Weihnachten im Januar und nicht wie die Esten im Dezember. Wir werden Weihnachten immer im Januar feiern. Russische Weihnacht existiert in diesem Staat formell nicht, aber wir feiern es trotzdem, das ist unsere Tradition (…) Für uns bleibt das Neujahrsfest weiterhin das größte Fest. Wir feiern und unsere Kinder auch. Wir feiern auch swiaki, das ist zwölf Tage nach Weihnachten. Das ist wie Karneval, wir ziehen uns verschiedene Kostüme an und haben einen schönen Tag. Und auch die anderen Feiertage behalten wir hier bei, wie zum Beispiel das russische Osterfest.“ (Interview 37)

  23. Lebensführung und Arbeitslosigkeit

  24. Abeitslosigkeit • Als Arbeitslosigkeit bezeichnet man das Fehlen bezahlter Beschäftigungsmöglichkeiten für potenzielle Erwerbspersonen • Arbeitslosigkeit ist nicht nur für die direkt Betroffenen ein Problem, sondern auch für Familie, Freunde und Bekannte • Arbeitslosigkeit verursacht in vielen Ländern auch hohe ökonomische und soziale Kosten • Begriff der Arbeitslosigkeit ist nur sinnvoll auf Gesellschaften oder Teile davon anzuwenden, in denen der Lebensunterhalt durch Lohnarbeit erworben wird. In Gesellschaften mit hohem Anteil von Landwirtschaft, insbesondere in Subsistenz, ist der Begriff nicht anwendbar

  25. Arten der Arbeitslosigkeit • Friktionelle Arbeitslosigkeit entsteht beim Übergang von einer Arbeitsstelle zu einer anderen, ist in der Regel nur von kurzer Dauer und auch in Phasen einer Vollbeschäftigung unvermeidlich. • Saisonale Schwankungen ergeben sich im Jahresverlauf aufgrund von Klimabedingungen (z. B. Arbeitslosigkeit in der Landwirtschaft im Winter) oder aufgrund von Nachfrageschwankungen (z. B. in der Gastronomie in der Nebensaison). • Konjunkturelle Schwankungen sind eine natürliche Folge wechselnder Konjunktur. Bei Mangel an Absatzmöglichkeiten entlassen die Unternehmen Arbeitskräfte, die sie im Aufschwung wieder einstellen. • Strukturelle Arbeitslosigkeit: Sie ist das Ergebnis fortdauernder Strukturkrisen und deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.

  26. Ursachen der Arbeitslosigkeit • Gesamtnachfrage nach Arbeitsplätzen ist höher als das Angebot • fehlende oder falsche Bildung • Alter • Geschlecht • gesundheitliche Einschränkungen temporärer oder permanenter Art • mangelnde oder zeitlich bereits zu weit zurückliegende Berufserfahrung (Berufseinsteiger, Kinderbetreuung) • geringere Mobilitätsressourcen (kein Führerschein, kein Auto, Bindung an einen bestimmten Ort durch Familie und Eigenheim, regelmäßig zu versorgende Kinder) • mangelhafte soziale Fähigkeiten in Relation zum Anforderungsprofil (psychologisches Einfühlvermögen, Höflichkeit, Fähigkeit zum Rollenspiel im Vorstellungsgesprächen, unangepasste Kleidung) • biographisches Problem (Vorstrafen, Alkohol- und Drogenprobleme, häufiger Stellenwechsel) • Dauer der Arbeitslosigkeit (je länger, desto kritischer) • Nationalität und Herkunft (eventuell mangelnde Sprachkenntnisse)

  27. Folgen und Auswirkungen von Arbeitslosigkeit • Veränderungen in der sozialen Umwelt • unmittelbar mit dem Eintritt in die Arbeitslosigkeit fallen die sozialen Kontakte am Arbeitsplatz weg, was Frauen noch stärker als Männer belastet • „Umwelt“ kann das arbeitslose Familienmitglied entweder entlasten oder aber durch das Versagen von Unterstützungen dessen Probleme noch verstärken • allgemein wird bei Erwerbslosen mit der Zeit eine zunehmender Isolation festgestellt • idealtypisch kann dies durch drei Faktoren bestimmt sein • selbstgewählte Isolation aus Scham oder zur Geheimhaltung • Reduktion sozialer Aktivitäten, die mit Geldausgaben verbunden sind • Freunde oder Bekannte, die um die Arbeitslosigkeit wissen, ziehen sich zurück

  28. psychische Folgeerscheinungen von Arbeitslosigkeit • erhöhte Anfälligkeit für psychische und körperliche Störungen • lange Betriebszugehörigkeit, eine starke Identifikation mit der Firma, objektiv geringe Beschäftigungsalternativen, ein hohes Maß an mit dem Arbeitsplatz assoziierter Sicherheit sind Faktoren, die nicht nur die Empfindung eines „Schocks“ begünstigen, sondern auch die Neuorientierung erschweren • Versagersyndrom, Selbstzweifel, Gefühlsschwankungen, Grübeln, Verdrängen, Ausflüchte in Träumerei und Sucht, immer wieder neugeschöpfte Hoffnungen und erlittene Frustrationen • man traut sich nicht mehr zu, mangelndes Selbstvertrauen blockiert die Motivation • auch der eigene Lebenswille kann schwinden

  29. Psycho-soziale Folgen der Arbeitslosigkeit • psychische Störungen (Verlust des Selbstwertgefühls, Depressionen, Alkoholismus, Demotivation, Dequalifizierung,....) und soziale Problem (soziale Isolation, Diskriminierung, Herausfallen aus gesellschaftlichen Zeitstrukturen,...) • ebenso sind Auswirkungen auf das familiäre Umfeld zu erwarten • bei Kurzzeitarbeitslosen sind gegenüber Erwerbstätigen eine erhöhte Freizeitaktivitäten festzustellen • bei dauerhafter Arbeitslosigkeit nehmen jedoch nur kostenlose und unorganisierte Aktivitäten zu, wie Nichtstun, Fernsehen, Illustrierte lesen, Spazieren gehen,.... • derweil kreative, kulturelle, sportliche, gesellige und Bildungsaktivitäten werden erheblich eingeschränkt • kennzeichnend für die Situation von Langzeitarbeitslosen sind großen Teils Passivität und Apathie

  30. Suchtverhalten • negative Folgen der Arbeitslosigkeit, vor allem soziale Isolation, passive Haltung, ökonomische und familiäre Problem, sowie sinkende Reintegrationschancen werden durch die Suchtabhängigkeit verstärkt • Straftaten • Selbstmord – Unterscheidung in zwei Grundformen: • der Versuch, die Umwelt zu alarmieren, auf den Ernst der problematischen Situation hinzuweisen • der Wunsch, dem Leben endlich ein Ende zu machen

  31. Studie von Marie Jahoda: Die Arbeitslosen vom Marienthal • Anfang der 1930er Jahre untersucht, Marie Jahoda, Paul F. Lazarsfeld, Hans Zeisel • historischen Hintergrund der Untersuchung bilden die wirtschaftlichen Nöte der Zwischenkriegszeit, insbesondere die hohe Arbeitslosigkeit • Material der Auswertung waren Katasterblätter von allen 478 Familien, Zeitverwendungsbögen, d.h.: Fragebögen über die Gestaltung der vorhanden Zeit, ausführliche Lebensgeschichten, Anzeigen und Beschwerden bei der Wirtschaftskammer betreffend Schattenwirtschaft, Protokolle von ärztlichen Untersuchungen und ähnlichem, Schulaufsätze, Wahlergebnisse, Geschäftsbücher des Konsumvereins, Mitgliederverzeichnisse von Vereinen, Bevölkerungsstatistik, Haushaltungsstatistiken und historische Angaben über wichtig erschienene Institutionen des Ortes in Form von Interviews

  32. Ergebnisse Die müde Gemeinschaft • Leben der MarienthalerInnen war von abgestumpfter Gleichmäßigkeit bestimmt • Menschen hatten sich daran gewöhnt, weniger zu besitzen, weniger zu tun und weniger zu erwarten als bisher für ihre Existenz als notwendig angesehen worden war  • Als Ausdruck dieses Zustandes werden die spärlichen sozialen Kontakte und geringen Aktivitäten, der verwilderte Stadtpark und der niedere Anteil an BibliotheksbesucherInnen angeführt • Weiter sank die Mobilität nach Wien, das Engagement in Vereinen und das Interesse für Zeitungen.

  33. Ergebnisse Die Haltung • Resignation: erwartungslos, noch Haushaltspflege, relativ optimistisch • Ungebrochenheit: aktiv, gute Haushaltspflege, Versuch, Arbeit zu finden • Verzweifelt: noch Haushaltspflege, Depression, keine Hoffnung • Apathie: tatenlos, ungepflegt, oft BettlerInnen und TrinkerInnen

  34. Ergebnisse • Männern bereitete die neue Situation weit mehr Schwierigkeiten als den Frauen • Frauen blieb der Haushalt als zeitliche Struktur • Männer standen herum, beeilten sich nicht mehr und wurden unpünktlich • Zum wichtigsten Strukturgeber wurden die Kinder, die zur Schule gingen und zurückkamen • Sonn- und Feiertage verloren an Bedeutung • eindeutiger Zusammenhang zwischen Haltungstypen und materieller Situation festgestellt • Fehlen von regelmäßigen Betätigungen • Reduktion sozialer Kontakte • fehlend Beteiligung an kollektiven Zielen • Verlust eines anerkannten Status

  35. Arbeitslosigkeit in Russland • Stand der Arbeitslosigkeit betrug nach der Methodik der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) 6,1 Prozent • Das ist etwas höher als in den USA (4,6 Prozent) oder in Großbritannien (5,6 Prozent), aber merklich geringer als in Deutschland (11,4 Prozent), Frankreich (8,8 Prozent) oder Spanien (10,9 Prozent) • höchster Stand der Arbeitslosigkeit ist in Inguschetien (61 Prozent); in Tuwa, Dagestan, der Autonomen Republik der Kabardiner und Balkaren und im Autonomen Gebiet der Karatschaier und Tscherkessen beträgt er an die 20 Prozent und in einigen zentralen Regionen rund 10 Prozent • niedrigster Stand der Arbeitslosigkeit ist in den Megalopolen zu verzeichnen: in Moskau (1,5 Prozent) und Sankt Petersburg (2,4 Prozent)

  36. Maßnahmen zur Bewältigung von Arbeitslosigkeit • beschäftigungspolitische Maßnahmen • zum Erreichen eines höheren Arbeitsvolumen durch Wirtschaftswachstum kann im Zuge einer nachfrageorientierten Politik nach John Maynard Keynes die Nachfrage nach Gütern erhöht werden • hier spielen Beschäftigungsprogramme und insbesondere Investitionen • in Krafttreten von Beschäftigungsförderungsgesetzen

  37. Maßnahmen zur Bewältigung von Arbeitslosigkeit • arbeitszeitpolitische Maßnahmen • auch die Arbeitsmarktpolitik kann zur Lösung des Problems Arbeitslosigkeit eingesetzt werden • Ziel solcher Maßnahmen ist die Umverteilung des vorhandenen Arbeitsvolumens auf mehr Beschäftigte • hierzu gehören Formen der generellen Arbeitszeitverkürzung und Formen der Arbeitszeitflexibilisierung • zu den Flexibilisierungsmöglichkeiten gehören: Job-sharing, Teilzeitarbeit, Schichtarbeit, gleitende Arbeitszeit, kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit und gleitender Übergang in den Ruhestand

  38. Maßnahmen zur Bewältigung von Arbeitslosigkeit • arbeitsmarktpolitische Maßnahmen • Qualifizierungsmaßnahmen • Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen • Beratungsstellen, Arbeitslosentreffs, Jugendheime mit Angeboten für Arbeitslose, Ausbildungs- und Weiterbildungseinrichtungen, Werkstattprojekte bis hin zu Arbeitslosenzentren • Angebote schließen somit Freizeitangebote, Begegnungsmöglichkeiten, Qualifikation, Arbeitserfahrung • sozialpädagogische Beratung und Betreuung sowie Öffentlichkeitsarbeit und finanzielle Hilfe ein

  39. Lebensführung und Devianz Abweichendes Verhalten im Alltag

  40. Abweichendes Verhalten • Soziologische Grundkategorie sinnhaft orientierten Verhaltens, das an sozialen Normen und sozialer Interaktion ausgerichtet ist • Sammelbegriff, mit dem unterschiedliche soziale Verhaltensweisen oder Erwartungen verbunden sind: Aggression, Alkoholismus, Asozialität, Betrug, Bestechung, Drogenabhängigkeit, Extravaganz, Hehlerei, Korruption, Leistungsschwäche, Lernstörung, Prostitution, Selbstmord, etc. • diese Verhaltensweisen weichen mehr oder weniger stark von einer Normalität in der Gesellschaft ab, wobei abweichendes Verhalten zur ›Normalität‹ gehört, auch wenn dies zunächst befremdlich erscheinen mag

  41. Abweichendes Verhalten • Die Betrachtung des abweichenden Verhaltens wird systematisch möglich in der Differenzierung in ein kulturelles, ein soziales und ein personales System. • Das kulturelle System bezeichnet den Bestand an Normen und Werten. Es artikuliert sich in Rollenstrukturen des sozialen Systems. • Das soziale Systemzeitigt objektiv Konsequenzen für alle Gesellschaftsmitglieder und dient der Bestandsicherung. Internalisiert wird dieses Geschehen in das personale System. • Das personale System bildet eine Motivationsstruktur ab, das zwischen Konformität und Abweichung balanciert.

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