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1. Bevölkerung und Entwicklung Vielzahl brisanter Fragestellungen, wissenschaftliche Beschäftigung mit Bevölkerungsfragen hoch aktuell
Entwicklungsländer weisen enormes Bevölkerungswachstum auf.
Industrieländer zeigen stagnierende Bevölkerungszahlen.
Demographen (J. Schmid, Bamberg) fordern die Entwicklung eines Bevölkerungsbewusstseins, vergleichbar mit der Entwicklung des Umweltbewusstseins.
Die ungleiche Bevölkerungsverteilung über die Erde erfordert eine Betrachtung aus geographischer Perspektive.
Eine junge, stark zur Verstädterung neigende Bevölkerung in Entwicklungsländern steht einer überalternden Bevölkerung in Europa und den USA gegenüber.
2. Weltweite Bevölkerungsverteilung
enorme Disparitäten, die sich in Zukunft noch verstärken werden
große Bevölkerungskonzentrationen – ausgedehnte, unbewohnte Gebiete
ca. die Hälfte der Weltbevölkerung lebt auf ca. 5% der Erdoberfläche
die Nordhalbkugel umfasst ca. 75% des Festlandes, hier leben neun Zehntel der Weltbevölkerung
extrem unterschiedliche Bevölkerungsanteile von Industrie- und Entwicklungsländern
5. Megastädte
6. Entwicklung der Weltbevölkerung Bevölkerungswachstum wird derzeit noch als Weltproblem Nr. 1 bewertet.
Demographen weisen aber bereits auf die Alterung der Bev.struktur als größte Herausforderung des 21. Jh. hin.
Gegenwärtige Weltbevölkerungsverteilung ergibt sich aus der Bevölkerungsentwicklung vergangener Epochen.
Bevölkerungsangaben vor dem 17. Jh. wurden zurückgerechnet, unter Annahme gewisser jährlicher Zuwachsraten.
Unsicherheitsfaktor bei der Ermittlung der gegenwärtigen Weltbevölkerung: 3 – 5% (China: Abweichungen einzelner Angaben bis zu 43 Mio.)
7. Weltbevölkerungsuhr 2007
8. vor 10.000 Jahren (Ende der Eiszeit) ca. 5 Mio. Menschen
1804 1 Mrd.
1927 2 Mrd. 123 Jahre
1960 3 Mrd. 33 Jahre
1974 4 Mrd. 14 Jahre
1987 5 Mrd. 13 Jahre
1999 6 Mrd. 12 Jahre
2013 7 Mrd. 14 Jahre (UN mittlere Variante)
2028 8 Mrd. 15 Jahre
2054 9 Mrd. 26 Jahre
(Bähr, GR 51, 1999:570)
9. Markante Einschnitte des Bevölkerungswachstums:
Neolithische Revolution: Übergang Jäger- u. Sammler-wirtschaft zum sesshaften Bauerntum: 7000 – 2000 v. Chr., Erweiterung Nahrungsspielraum, Erhöhung Bevölkerungszahl. Einschränkung des Zuwachses durch: Naturkatastrophen, Epidemien, Kriege, hohe Sterblichkeit - bis vor 200 Jahren
Industrielle und demographische Revolution: Senkung der hohen Säuglingssterblichkeit durch Verbesserungen der medizinischen u. hygienischen Bedingungen ab 2. Hälfte 18. Jh. Abnahme der allg. Sterberate gegenüber der Geburtenziffer führte zu Bevölkerungszunahme
"Bevölkerungsexplosion": Beschleunigung dieser Entwicklung seit 1930 insbes. in Lateinamerika, Afrika, Asien
Trendwende 2000: absolute Zuwachs der Weltbevölkerung nimmt ab
10. Gegensätze in der Bevölkerungsverteilung und Bevölkerungsentwicklung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern
13. Vorlesung: Bevölkerungsgeographie Leitung: PD Dr. Perdita Pohle Bevölkerung nach Alter und Geschlecht
15. Bevölkerungsentwicklung 1750 - 2050 Das Weltbevölkerungs-wachstum wird aus-schließlich von den Entwicklungsländern getragen.
Dort wird die Zahl der Menschen von heute rund 5,4 Milliarden auf 7,9 Milliarden im Jahr 2050 zunehmen.
In den 50 ärmsten Ländern der Welt wird sich die Bevölkerung sogar mehr als verdoppeln.
In den Industrieländern bleibt die Einwohnerzahl bei etwa 1,2 Milliarden fast konstant.
(Die Zeit, 20.3.2007)
17. Vorlesung: Bevölkerungsgeographie Leitung: PD Dr. Perdita Pohle Regionale Verteilung der Weltbevölkerung
18. Varianten des Bevölkerungswachstums 2050
19. Bevölkerungsentwicklung und Geburtenrate in Entwicklungsländern
22. Vorlesung: Bevölkerungsgeographie Leitung: PD Dr. Perdita Pohle
23. Unterernährung 2001-2003
25. Vorlesung: Bevölkerungsgeographie Leitung: PD Dr. Perdita Pohle
26. Von der Gangesebene bis in den Hohen Himalaya Gangesebene und nepalesischer Terai entwaldet und dicht bevölkert.
Die Bevölkerungsdichte als Spiegelbild günstiger agrarökologischer Bedingungen.
27. Von der Gangesebene bis in den Hohen Nepal - Himalaya Die niederschlagsreiche Gangesebene und die Himalaya - Südseite bis ca. 3000 m Höhe sind dicht bevölkert.
Gangesebene: 400 - 800 E/km2 nepalesischer Vorderhimalaya: 200 - 400 E/km2
Die Bevölkerungsdichte nimmt mit der Höhe ab und sinkt in den trockenen Hochtälern auf der Himalaya-Nordseite < 2 E/km2
Sowohl die Gangesebene als auch der Nepal-Himalaya stellten wegen ihrer ökologischen Gunst über Jahrtausende bevorzugte Siedlungsräume dar.
28. Vom ökologischen Gunstraum zum übervölkerten, sozialen, ökonomischen und politischen Brennpunkt Viele ökologische Gunsträume auf der Erde, z. B.
Tiefländer mit fruchtbaren Böden wie die Gangesebene oder das Gangesdelta
Gebirgsländer mit günstigem, gesundem Klima und nährstoffreichen vulkanischen Böden wie Kilimanjaro oder Ruanda/ Burundi
Inseln mit fruchtbaren vulkanischen Böden wie Java u. Bali
haben sich infolge rapider Bevölkerungszunahme zu sozialen und ökonomischen Problemgebieten oder sogar zu politischen Brennpunkten entwickelt: Bangladesh, Nepal, Ruanda/Burundi
Ein besonders bedrückendes Beispiel: Bangladesh
29. Bangladesh geplagt von Naturkatastrophen, rasanter Bevölkerungszunahme, Bad Governance und daraus resultierender Massenarmut Strukturdaten: >150 Mio E (2007), 143.998 Km2 Fläche; > 1045 E/ Km2 , Pro-Kopf-Einkommen 447 U$
Entstehung: als Ostpakistan aus Britisch-Indien hervorgegangen. Seit den Unabhängigkeitskämpfen mit Pakistan 1971/72 Land der Bengalen = Bangladesh. Nachhaltig geschädigte Wirtschaft u. Infrastruktur, seit 1990 von Militärdiktatur befreit, aber Korruption und politische Gewalt an der Tagesordnung = seit Jahrzehnten „Bad Governance“
Verhängnisvoller Kreislauf im überbevölkerten Bangladesh: 36% der Bewohner leben unter der Armutsgrenze, 20% gelten als extrem arm. Armut erzwingt hohe Geburtenziffern und verstärkt das Problem der Überbevölkerung. Die Bevölkerung wird weiter wachsen; denn das Durchschnittsalter liegt bei nur 22 Jahren. Im Jahr 2030 werden 190 Millionen Menschen in Bangladesh leben.
Dilemma: Hohe Kinderzahl ist auf einen Familienhaushalt bezogen, also betriebswirtschaftlich sinnvoll, aber volkswirtschaftlich nachteilig.
Lösung: Migration, aber Indien baut an einem Stacheldrahtwall, der den Flüchtlingsstrom stoppen soll.
30. Gangesdelta Eine der grossen Herausforde-rungen ist ein durch den Klimawandel prognostizierter Anstieg des Meeresspiegels um mindestens 0,5 m.
6 Mio. Einwohnern droht der Verlust ihrer Siedlungs- und Wirtschaftsfläche.
Vorausgesagt wird zudem eine Zunahme tropischer Wirbel-stürme, höhere Jahresnieder-schläge und noch katastrophalere Überflutungen.
31. Übervölkerte tropische Deltalandschaften? Erklärungsversuche:
agrarökologische Ansatz: als ökologische Gunsträume (nährstoffreiche Böden, ausreichende Niederschläge, Grundwasserverfügbarkeit) ziehen Deltalandschaften Menschen an. Intensive Formen der Landwirtschaft + Fischfang in den ausgedehnten Flachwasserzonen
der vergleichend kulturgeographische Ansatz des französischen Agrargeographen u. Tropenspezialisten Pierre Gourou (1947): Seine Ausgangsbeobachtung: nur in Monsunasien sind Deltalandschaften dicht bevölkerte Agrarlandschaften: Ganges, Menam, Iravadi, Mekong, Jangtse. Deltagebiete in anderen Kulturerdteilen (Amazonas, Kongo) trotz ähnlicher ökologischer Vorraussetzungen bis heute bei weitem nicht so dicht bevölkert oder bewirtschaftet. Grund: Asiatische Tradition des Naßreisanbaus. Auch in vormodernen Gesellschaften ermöglicht intensiver Reisbau im Vergleich zu anderen Getreidearten besonders hohe und verlässliche Flächenerträge = Sicherung der Selbstversorgung auch bei hoher Bevölkerungsdichte
Gourou, P.1947: Les pays tropicaux, principes dune geographie humaine et economique. Paris 1947, 1966.
32. Deltalandschaften links: übervölkerte, intensiv genutzte Delta-Inseln im Bereich der Gangesmündung. Rot: Mangroven-Reste
Naturgefahren: Cyclone, Überflutungen, Inselverlagerungen
unten links: grüne Amazonasmündung, nur in peripheren Bereichen besiedelt
unten rechts: Mündungsdelta der Lena = Naturlandschaft
36. Unterscheidung von 4 Länderkategorien nach der Totalen Fruchtbarkeitsrate (Bähr, 1990; Wallert, 1995):
Länder extrem hoher Fertilität (TFR > 6): Afrikanische Tropen, islamische Staaten Südwestasiens
Länder mit mittlerer - hoher Fertilität: übrige Entwicklungsländer
Länder mit niedriger Fertilität: Länder der Dritten Welt mit starkem Geburtenrückgang (Indien, Thailand, Indonesien, südamerikanische Länder)
Länder mit extrem niedriger Fertilität: europäische Länder, Kanada, USA, Japan, Australien, Russland, China: der Bevölkerungsstand kann aus eigener Reproduktionsfähigkeit nicht mehr gehalten werden
37. Fertilitätsrückgang:
In Europa setzte seit 1880 ein Absinken der Fruchtbarkeit ein.
Fertilitätsrückgang wird mit unterschiedlichen Theorien erklärt: Verstädterungstheorie, Notstandstheorie, Wohlstandstheorie, Modernisierungstheorie, Emanzipationstheorie, Präventivmitteltheorie, Religions-/Ethnizitätstheorien, ökonomische Theorien.....
Grund für außerordentlich starken Rückgang seit Anfang der 70er Jahre: Geburtenregelung
38. Einflussfaktoren der Fertilität:
Wirtschaftliche Gründe: Entwicklungsländer: Kinder = preiswerte Arbeitskräfte, soziale Sicherheit , Industrieländer: Kinder = finanzielle Belastung. Wenn Übergang von der "großfamiliären" zur "kapitalistischen" Produktionsweise vollzogen, gehen nach der "wealth flows-Theorie" (Caldwell, 1982) Geburtenzahlen in Ländern der Dritten Welt zurück.
Rollenverständnis der Frau: Industrieländer: längere Ausbildungszeiten, höher qualifizierte Berufe, höheres Heiratsalter, geringere Kinderzahlen. Weltbevölkerungskonferenz Kairo 1994: Geburtenrate in Ländern der Dritten Welt wird erst dann entscheidend fallen, wenn soziale Stellung der Frau verbessert wird.
39. Heiratsbereitschaft: sinkende Heiratsbereitschaft in Industrieländern als Grund für geringere Kinderzahlen
Verbesserte Möglichkeiten der Empfängnisverhütung: Geburtenkontrolle
Pessimistische Zukunftsbetrachtung: Angesichts von Kriegen, Umweltverschmutzung, Energie- und Rohstoff-verknappung erscheint es vielen unverantwortlich Kinder in die Welt zu setzen
Fehlen einer kindgemäßen Umwelt: Wohnungen in Großstädten, Fehlen von Grünflächen
Nivellierung der religiös bedingten demographischen Unterschiede: auch in katholischen Bevölkerungen sind heute weniger hohe Kinderzahlen als noch vor einigen Jahrzehnten zu beobachten
41. Mortalitätsrückgang:
Beginn des Rückganges der Sterblichkeit in N- und W-Europa um 1800
Übergang von hohen zu niedrigen Mortalitätsraten in der Zwischenkriegszeit
Mortalitätsübergang in Entwicklungsländern erheblich später, z.T. sogar erst nach dem 2. Weltkrieg, dafür jedoch sehr schneller Rückgang
42. Bestimmungsgründe für den Rückgang der Sterblichkeit (Bähr):
Ökobiologische Determinanten: Vorsorge vor Umweltkatastrophen (Bauweise, Deichbauten), Verbesserung der Umweltbedingungen (Beseitigung von Krankheitserregern), Erhöhung der Widerstandsfähigkeit des Menschen gegenüber Krankheiten
Sozioökonomische, politische, kulturelle Determinanten: Verbesserungen des Lebensstandards (Ernährung, Wohnung, Arbeitsbedingungen), Veränderungen der allg. Hygiene (Abwasserbeseitigung, Müllentsorgung...)
Medizinische Determinanten: Fortschritte der präventiven und kurativen Medizin, Verbesserungen im Gesundheitswesen (Krankenhäuser)
43. 4.3 Das Modell des demographischen Übergangs Demographischer Transformationsprozess:
regelhafter Übergang von hohen zu niedrigen Geburten- und Sterberaten in Europa und Nordamerika (Thompson, 1929; Notestein, 1945)
Übergang von einer traditionellen Gesellschaft zur modernen Industriegesellschaft
Dauer des demographischen Übergangs:
Deutschland (1870-1940): 70 Jahre
England (1740-1940): 200 Jahre
Japan (1920-1960): 40 Jahre
44. Fünf idealtypische Phasen des demographischen Übergangs:
1. Prätransformative Phase: hohe Geburten- und Sterberaten, stagnierende Bevölkerungsentwicklung
2. Frühtransformative Phase: Geburtenrate hoch, Mortalitätsrate sinkt, steigende Bevölkerungszahl
3. Mitteltransformative Phase: Mortalität nimmt weiter ab, Rückgang der Fertilität, hohe Bevölkerungszuwächse
4. Spättransformative Phase: Sterberate fällt nur noch leicht, Geburtenrate sinkt stärker, Bevölkerungswachstum wird geringer
5. Posttransformative Phase: niedrige Geburten- und Sterbeziffern, stagnierende Bevölkerungsentwicklung
45. Das allgemeine Schema des ersten demographischen Übergangs (BiB 2004:10)
47. Anwendung des Modells:
idealtypische Beschreibung des Verlaufs von Mortalität und Fertilität für Industrieländer
Typisierung verschiedener Länder hinsichtlich des Standes ihrer demographischen Entwicklung
Prognosefunktion: Vorhersage künftiger Bevölkerungsentwicklung – sehr problematisch, vor allem in Bezug auf die Entwicklungsländer