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Kompetenzzentren für sonderpädagogische Förderung Leitgedanken im Kontext des UN-Abkommens über die Rechte der Menschen mit Behinderungen. Gliederung 1. Rechtliche und konzeptionelle Grundlagen der Kompetenzzentren für sonderpäd. Förderung
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Kompetenzzentren für sonderpädagogische FörderungLeitgedanken im Kontext desUN-Abkommens über die Rechteder Menschen mit Behinderungen
Gliederung • 1. Rechtliche und konzeptionelle Grundlagen derKompetenzzentren für sonderpäd. Förderung • 2. Abkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (VN-BRK) und Konsequenzen für die Weiterentwicklung der sonderpädagogischen Förderung • 3. Kompetenzzentren als eine Antwort auf die Anforderungen der VN-BRK?
Rechtliche Grundlage der Kompetenzzentren • Sommer 2006: neues Schulgesetz mit § 20 Abs 5; starke Rolle des Schulträgers • Aufgabe: Unterricht, Diagnose, Beratung, Prävention • Fehlende Rechtsgrundlage – daher Schulversuch • Eckpunkte vom Herbst 2007 als konzeptionelle Grundlage für Beteiligung am an der Pilotphase • Ziel: regionales Gesamtkonzept sonderpädagogischer Förderung, das mehr wohnortnahen Unterricht von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ermöglicht • Notwendig: Paradigmenwechsel sowohl im Bereich der sonderpädagogischen Förderung als auch bei allgemeinen Schulen – „Kultur des Behaltens“
Konzeptionelle Grundlage der Kompetenzzentren (I) • Schuljahr 2008/2009: Beginn mit 20 Pilotregionen, Auswahlverfahren durch Jury, möglichst unterschiedliche Modelle • Schwerpunkt: Lern- und Entwicklungsstörungen = rund 70 Prozent der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf • Zentrale Änderung: Stellen der Sonderpädagogen werden in der Pilotregion festgeschrieben - unabhängig von der tatsächlichen Zahl festgestellter sonderpädagogischer Förderbedarfe im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen (Abkoppelung vom Ausgang der AO-SF-Verfahren)
Konzeptionelle Grundlage der Kompetenzzentren (II) • „Budgetierung“ der Stellen soll mehr Flexibilität mit Blick auf wechselnde Förderbedarfe der Schüler eröffnen • Grundprinzip: Nicht mehr oder weniger, sondern anders – und damit besser!? • Allmähliches Umsteuern eines etablierten Systems der sonderpädagogischen Förderung • Notwendig: zwischen den Schulen der Pilotregion einvernehmlich erarbeitetes Personal-Einsatzkonzept • Voraussetzung: Bereitschaft zu Flexibilität und Mobilität • Außerdem: Vernetzung mit anderen Unterstützungssystemen • Förderung von Kindern zur Aufgabe einer ganzen Region machen
Mögliche Erwartungen und Ängste Allgemeine Schule: • Bedeutet „Kultur des Behaltens“, mit Problemen allein gelassen zu werden – Überforderung der Lehrkräfte? • Führt Verzicht auf AO-SF-Verfahren (wo das möglich ist) auch zum Verzicht auf den Anspruch auf Unterstützung? Förderschule: • Mittel- bis langfristig: Sorge vor Auflösung der eigenen Schule – „Schule ohne Schüler“? • Steigende Anforderungen der allgemeinen Schule – Prävention als neue Aufgabe, Überforderung der Sonderpädagogen
Schwerpunkte weiterer Kompetenzzentren • Haushaltsrechtlich „neue Wege“ nur bei Lern- und Entwicklungsstörungen, bisher nicht bei anderen Förderschwerpunkten • Auch Kompetenzzentren mit Förderschwerpunkten „geistige Entwicklung“ sowie „körperliche und motorische Entwicklung“ zielen auf gesellschaftliche Teilhabe • Kompetenzzentren im Bereich der Sinnesschädigungen kommen bei Erweiterung auf bis zu 50 Pilotregionen hinzu • Wie können Kompetenzzentren Gemeinsames Lernen außerhalb der Lern- und Entwicklungsstörungen unterstützen? • Rolle von Jugendhilfe, sozialen und medizinischen Diensten, Arbeitsvermittlung etc.
Offene Fragen an die Kompetenzzentren (Auswahl) • Neue Diagnoseformen bei Verzicht auf AO-SF – wie kommt die Förderung an das „richtige“ Kind? Förderpläne, Diagnostik etc. • Dienst- und personalrechtliche Aspekte: Abordnungen, Versetzungen, (Schulleitungs-)Besoldung • Mindestgröße von Schule („Schule ohne Schüler“) • Zusätzliche Unterstützung für vorschulische Prävention? • Ruf nach Fortbildung und Qualifikation • Folgen bei Verzicht auf AO-SF für andere Leistungen weiterer Träger (z. B. SGB) • Wie sollen und können andere Unterstützungssysteme mit den Schulen vernetzt werden? • Welche Unterstützung leistet Antragsteller (Schulträger)?
Abkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (VN-BRK) Entstehungsprozess • UN-Studie 2002 : Mangelnder Menschenrechtsschutz von Menschen mit Behinderungen • Konsequenz und Auftrag: Ad-hoc-Ausschuss der UN-Generalversammlung zur Erarbeitung der VN-BRK • Ergebnis 2006: Annahme der VN-BRK durch die UN-Generalversammlung • Ratifizierung der VN-BRK durch die Bundesrepublik: geltendes Bundesrecht seit März 2009
UN-Behindertenrechtskonvention VN-BRK Worum geht es (beispielhaft)? • Recht auf Kinder in Verbindung mit dem Verbot einer Sterilisation aufgrund einer Behinderung • Recht auf Zugang zur Arbeitswelt • Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben • Verbot von Experimenten an Menschen mit Behinderungen • Recht auf eine zugängliche (barrierefreie) Umwelt • Verbot der Diskriminierung in der Ehe • Recht auf Zugang zu Bildung
Artikel 24 VN-BRK: Bildung • Recht auf Bildung ist in der Bundesrepublik längst verwirklicht; auch für mehrfach schwerstbehinderte Kinder; Tradition: Förderschulen • Begriffsdefinition Behinderung: im schulischen Sinne „Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf“ Wortlaut Artikel 24: • „ . . . Zur Verwirklichung des Rechts auf Bildung gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen . . . “ • „ . . . an inclusive education system at all levels . . .“
Artikel 24 VN-BRK: Integration versus Inklusion Integration (Prozess): • Assimilation des Individuums, Anpassung an bestehende Schulstrukturen, sonderpädagogische Unterstützung Inklusion (Prinzip): • Anpassung des Systems, Einbindung der Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen, Umgang mit Heterogenität
UN-Behindertenrechtskonvention: Umsetzung (I) • Abkommen räumt ein, dass Übergangszeiträume nötig sind, um Ziele zu erreichen; Verzicht auf zeitliche Vorgaben • Rechtsgutachten Prof. Poscher: Gültigkeit der VN-BRK seit März 2009 allein legitimiert nicht zu individuellem Rechtsanspruch auf Zugang zur gewünschten allgemeinen Schule • Vertragsstaaten sollen schrittweise und unter Ausschöpfung ihrer verfügbaren Mittel diese Rechte verwirklichen. • Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen • Monitoringstelle im Deutschen Institut für Menschenrechte • Regelmäßige Staatenberichte über den Stand der Umsetzung • Kultusministerkonferenz hat Arbeitsgruppen zur Überarbeitung der Empfehlungen zur sonderpädagogischen Förderung sowie zu rechtlichen Konsequenzen aus VN-BRK eingesetzt • KMK-Arbeitgruppen werden zusammengeführt und erweitert
UN-Behindertenrechtskonvention: Umsetzung (II) • Selbstbestimmung und Teilhabe sind zentrale Motive der VN-BRK • Behinderten Menschen ist eine selbstbestimmte und diskriminierungsfreie Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen • Umsetzung der VN-BRK im Dialog mit der Zivilgesellschaft (Beispiel: „Zukunftskommission“, 28.10.2009) • Grundprinzip: „Nicht über uns ohne uns“
Konsequenzen für die Weiterentwicklung der sonderpädagogischen Förderung • Anhörung im Landtag am 20. Mai 2009 • Forderung: Wahlrecht für Eltern von Kindern mit Behinderungen (mit sonderpädagogischem Förderbedarf) auf den Förderort • Ministerin Sommer hat sich zu diesem Ziel des grundsätzlichen Elternwahlrechts (Förderschule oder allgemeine Schule in zumutbarer Entfernung) am 28. Oktober 2009 öffentlich bekannt • Notwendigkeit, den Boden für diesen notwendigen Paradigmenwechsel zu bereiten • Gesprächskreis über Zukunft der sonderpädagogischen Förderung (gemeinsam mit den KSV, Ersatzschulträgern, Sozial-versicherungs- und Sozialhilfeträgern, Kirchen, Eltern- und Lehrerorganisationen, Wissenschaftlern und weiteren gesellschaftlichen Kräften)
Ausgangslage zur sonderpädagogischen Förderung • Nur 15,7 Prozent der Kinder mit Behinderungen gehen bundesweit auf eine allgemeine Schule • Nordrhein-Westfalen bezogen auf Primarstufe und Sek I: knapp 14 Prozent im Schuljahr 2008/2009 gegenüber 11 Prozent im Schuljahr 2005/2006 • Im internationalen Vergleich wenig gemeinsames Lernen, allerdings nicht alles, was von Statistik als integrativ erfasst wird, entspricht dem Inklusionsgedanken und damit der VN-BRK (z. B. Sonderklassen an allgemeinen Schulen) • Lern- und Entwicklungsstörungen begründen international nicht durchgehend sonderpädagogischen Förderbedarf (Behinderung)
Anforderungen an ein neues Konzept der sonderpädagogischen Förderung (I) • Elternwille bei Wahl des Förderortes – Förderschule oder allgemeine Schule in zumutbarer Entfernung – wird grund-sätzlich berücksichtigt • Paradigmenwechsel: Im Zentrum steht die allgemeine Schule • Wenn Eltern entscheiden: Pluralität der Förderorte gewährleisten • Fachliche (sonderpädagogische) Förderung in allgemeiner Schule muss gewährleistet werden • Elternrecht kann im Einzelfall auf Grenzen stoßen (z. B. Kindeswohlgefährdung; Rechte andere Kinder; organisatorische, personelle Grenzen); Elternrecht im Schulsystem nicht absolut; dann aber: Umkehr der „Beweislast“
Anforderungen an ein neues Konzept der sonderpädagogischen Förderung (II) • UN-Behindertenrechtskonvention gilt für Land ebenso wie für Kommunen – z. B. als Schulträger, Jugendhilfeträger, Sozialhilfeträger • Was wird bei Inklusion aus Sonderrechten, die an Behindertenstatus gebunden sind (Eingliederung Arbeitswelt, Integrationshelfer etc.)? • Schulische Finanzierungsfragen (Fahrtkosten, OGS-Finanzierung etc.) • Einbindung von Förderschulen von Ersatzschulträgern • Bildung als Aufgabe begreifen, die über Schule hinaus geht
Kompetenzzentren als eine Antwort auf die VN-BRK? (I) • Landesregierung: Auch wenn Konzept der Kompetenzzentren bereits vor Inkrafttreten der VN-BRK entwickelt wurde, so eignet sich das Konzept als Grundlage für eine Weiterentwicklung im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention • Es bietet vor Ort im Zusammenwirken von Schulen, Jugendhilfe-, Sozialhilfe- und Schulträgern sowie weiteren Partnern Gestaltungsräume für regionales Gesamtkonzept zur sonderpädagogischen Förderung • Bessere Ausgangssituation zur Realisierung des Elternwillens • Überwindung des Gegensatzes GU – Förderschule: Wenn nötig, kann sonderpädagogische Unterstützung auch einfacher und zeitlich begrenzt in anderen Strukturen (Kompetenzzentrum) erfolgen
Kompetenzzentren als eine Antwort auf die VN-BRK? (II) • „Rückschulungen“ im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen werden erleichtert, weil sonderpädagogische Unterstützung nicht automatisch nach Übergangszeit wegfällt • Verständigung über Abgrenzung von „besonderem Förderbedarf – sonderpädagogischem Förderbedarf“ notwendig • Schrittweise Verlagerung von sonderpädagogischer Förderung aus Förderschule/Kompetenzzentrum in allgemeine Schule – Akteure vor Ort (Eltern, Lehrer, Schulträger etc.) bestimmen dabei das Tempo mit • Welche Voraussetzungen für Erfolg nötig sind, soll die Pilotphase zeigen
Kompetenzzentren als eine Antwort auf die VN-BRK? (III) • Da Pilotregionen im schulischen Bereich keine wesentlichen zusätzlichen Ressourcen erhalten, ist ein langsamer Umgestaltungsprozess erforderlich – bei hohen Erwartungen durch Ratifizierung der VN-BRK • Daher auch Ausweitung der Zahl der Pilotregionen auf bis zu 50 • Dauerhafte Pluralität? Wenn der Elternwillen Maßstab wird, dann sind Prognosen derzeit Spekulation • Allerdings gehen auch Vertreter der Inklusionsbewegung davon aus, dass viele Eltern Förderschule wollen (vor allem bei mehrfachen Behinderungen, Sinnesschädigungen sowie bei Förderschwerpunkten KME und GE) • Angesichts negativer Erfahrungen mit Gemeinsamem Unterricht auch Stimmen für Förderschule Lernen sowie Emotionale und soziale Entwicklung
Kritische Rückmeldungen aus Pilotregionen • Regionale Schwierigkeiten, offene Lehrerstellen mit Sonderpädagogen zu besetzen • Hoher Abstimmungsbedarf der Schulleitungen untereinander sowie mit Partnern (Steuerungsgruppen, Absprachen zum Personaleinsatz etc.) führt zu steigender Belastung • Fachliche Unterstützung für neue Formen der Kooperation (insbesondere bei Beratung, Entwicklung diagnostischer Verfahren sowie der Entwicklung- und dem Aufbau von Präventionskonzepten) nötig; • Fortbildungsangebote für Lehrkräfte erforderlich – z. B. um in der allgemeinen Schule, „Kultur des Behaltens“ zu ermöglichen • Mehr Anforderungen an Sonderpädagogen, „schwierige“ Kinder zu fördern
Ausblick • Konzept der Kompetenzzentren muss zur Rollenklärung führen • Auftrag der Sonderpädagogik ist subsidiär, die allgemeine Schule ist der erste Förderort • Konsequenzen für Lehrerausbildung (zum Teil bereits gezogen) • Aktuelle Gefahr: angesichts großer weiterer Herausforderungen für Lehrkräfte allgemeiner Schulen landen zu viele Problemfälle bei Sonderpädagogen • „Pyramide“ Prof. Hillenbrand: 20 Prozent der Kinder benötigen besondere Unterstützung aufgrund von Entwicklungsstörungen, doch nur ein kleiner Teil davon dauerhaft sonderpädagogische Förderung. • Nur multiprofessionelles Zusammenwirken kann den notwendigen gesellschaftlichen Bewussteinswandel bewirken