390 likes | 516 Views
Urheberrecht und digitale Archivierung – Ein Spannungsfeld im Überblick. Symposium “Zwischen technischem Können und rechtlichem Dürfen”, Deutsche Kinemathek, 11.-12.09.2008 Rechtsanwalt Dr. Till Kreutzer, Hamburg. Agenda. 1.
E N D
Urheberrecht und digitale Archivierung – Ein Spannungsfeld im Überblick Symposium “Zwischen technischem Können und rechtlichem Dürfen”, Deutsche Kinemathek, 11.-12.09.2008 Rechtsanwalt Dr. Till Kreutzer, Hamburg
Kreutzer Agenda 1 Einleitung: Archivierung und Urheberrecht in der Informationsgesellschaft Wandel der Rahmenbedingungen 2 Allgemein: Können und Dürfen bei digitaler Archivierung 3 1. Beispiel: Erhaltende Maßnahmen und Urheberrecht 4 2. Beispiel: Erschließende Maßnahmen und Urheberrecht 5 3. Beispiel: Nutzungsvermittelnde Maßnahmen und Urheberrecht
Kreutzer Einleitung: Archivierung und Urheberrecht in der Informationsgesellschaft • Digitale Archivierung: Eine Herausforderung an das Urheberrecht • Neue Technologien eröffnen bei der Konservierung des Wissens und kulturellen Erbes revolutionäre Möglichkeiten • Nutzungshandlungen unter Einsatz solcher Technologien unterscheiden sich – auch aus urheberrechtlicher Sicht – erheblich von herkömmlichen Methoden • Dies zieht die Notwendigkeit nach sich, Anpassungen des Urheberrechts zu eruieren
Kreutzer Einleitung: Archivierung und Urheberrecht in der Informationsgesellschaft • Das Spannungsfeld: Vor allem digitale Archivierungsmaßnahmen greifen – soweit die Archivalien urheberrechtlich geschützt sind - in fast allen Fällen in das Urheberrecht ein • Zumeist Eingriffe in das Vervielfältigungsrecht: • Speicherung auf Servern • Konvertierung in offene Formate • Digitalisierung • Komprimierung von Ausgangsmaterial (Musik, Film, etc.) • Aufzeichnung von Sendungen, Download aus dem Netz • Digitale Archivierung von urheberrechtlich geschützten Objekten (Bsp: Plattencover, Designobjekte, Fotografien von Gebäuden, Bühnenbildern, Kostümen etc.)
Kreutzer Einleitung: Archivierung und Urheberrecht in der Informationsgesellschaft • Elektronische Nutzbarmachung von Archiven (Bereithalten auf Servern für Besucher, Wissenschaftler, Mitarbeiter; digitalen Leseplätzen etc.) greift ebenso i. d. R. in das Urheberrecht ein • Um solche Nutzungshandlungen im Rahmen ihrer Aufgaben vornehmen zu können, sind Archive auf gesetzliche Einschränkungen des Urheberrechts angewiesen • Sie auf individuellen Rechteerwerb (durch Lizenzverträge) zu verweisen, würde dem Regelungsauftrag des Urheberrechts (Ausgleich der betroffenen Interessen) nicht gerecht und würde zu im Zweifel unlösbaren Aufgaben für die Archive führen
Kreutzer Einleitung: Archivierung und Urheberrecht in der Informationsgesellschaft • Jedenfalls formal betrachtet kommt es also zu einem Interessenkonflikt zwischen Ausschließlichkeitsrecht und Archivierungsaufgaben • Faktisch ist fraglich, ob die Urheber und sonstigen Rechtsinhaber ein Interesse daran haben, Archivierung ihrer Werke zu unterbinden • In diesem Spannungsfeld ist der Gesetzgeber gehalten, einen Interessenausgleich herzustellen und die notwendigen Nutzungsfreiheiten zu schaffen • Mit der Schaffung neuer und Anpassung bestehender Schrankenbestimmungen tut sich der Gesetzgeber jedoch stets sehr schwer, auch wenn dies – wie hier – für die Erfüllung von zweifellos gesamtgesellschaftlich hoch bedeutsamen Aufgaben elementar ist
Kreutzer Agenda 1 Einleitung: Archivierung und Urheberrecht in der Informationsgesellschaft Wandel der Rahmenbedingungen 2 Allgemein: Können und Dürfen bei digitaler Archivierung 3 1. Beispiel: Erhaltende Maßnahmen und Urheberrecht 4 2. Beispiel: Erschließende Maßnahmen und Urheberrecht 5 3. Beispiel: Nutzungsvermittelnde Maßnahmen und Urheberrecht
Kreutzer Können und Dürfen bei digitaler Archivierung • Die Frage: Wie hat der Gesetzgeber den Interessenkonflikt zwischen Archiven und (Urheber-)Rechtsinhabern im geltenden Recht konkret gelöst? • Wird an drei Beispielen aus der Praxis digitaler Filmarchivierung dargestellt, die jeweils einer der drei wichtigen Funktionen der Archivierung zuzuordnen sind
Kreutzer Können und Dürfen bei digitaler Archivierung • Die drei wesentlichen, sich ergänzenden und m. E. untrennbar verknüpften Funktionen der Archivierung sind: • 1) Erhaltende Maßnahmen: Zu sichernde Kommunikations- Informations-, Kulturgüter (Archivalien) werden dauerhaft gespeichert, um sie vor Verlust zu schützen und ihre Nutzbarkeit zu erhalten • 2) Erschließende Maßnahmen: Die Archivalien werden nach Ordnungsprinzipien so erfasst, systematisiert und mit Zusatzinformationen versehen, dass sie möglichst effektiv wiederaufgefunden und genutzt werden können • 3) Nutzungsvermittelnde Maßnahmen: Die Archivalien werden zur Nutzung (v. a. zu kulturellen, wissenschaftlichen oder Lehrzwecken) bereit gestellt. Dienen gegebenenfalls als Ersatz für verloren gegangene „Originale“
Kreutzer Agenda 1 Einleitung: Archivierung und Urheberrecht in der Informationsgesellschaft Wandel der Rahmenbedingungen 2 Allgemein: Können und Dürfen bei digitaler Archivierung 3 1. Beispiel: Erhaltende Maßnahmen und Urheberrecht 4 2. Beispiel: Erschließende Maßnahmen und Urheberrecht 5 3. Beispiel: Nutzungsvermittelnde Maßnahmen und Urheberrecht
Kreutzer Beispiel 1: Erhaltende Maßnahmen Archivierung von DVD-Filmmaterial auf Servern • Die Aufgabe: Auf „Original“-DVD vom Filmarchiv (z. B. im Handel, durch Spenden) erworbenes Filmmaterial soll als Filmdatei auf einem Datenbankserver archiviert werden
Kreutzer Beispiel 1: Erhaltende Maßnahmen Archivierung von DVD-Filmmaterial auf Servern • Das Können: • Moderne Kompressionsverfahren (z. B. MPEG-2, MPEG-4) ermöglichen Speicherung in hoher Qualität bei akzeptablen Datenmengen (Speicherplatzkosten von zunehmend geringerer Bedeutung) • Datensätze können mit Metainformationen versehen („getaggt“) werden • Originale werden geschont, Material vor Verlust bewahrt • Material kann in offene Formate konvertiert werden, um eine technikneutrale, zukunftssichere Nutzung zu gewährleisten
Kreutzer Beispiel 1: Erhaltende Maßnahmen Archivierung von DVD-Filmmaterial auf Servern • Das Dürfen: • Archivschranke (§ 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UrhG): Einzelne Vervielfältigungsstücke von Werkexemplaren, die sich im Original im Bestand eines Archivs befinden, dürfen angefertigt werden • Galt nach alter Rechtsprechung des BGH („Digitale Pressearchive“, 1998) nicht für digitale Archive (jedenfalls soweit gewerblich genutzt) • Seit „Erstem Korb“ (2003) ist Archivschranke jedenfalls für im öffentlichen Interesse tätige, gemeinnützige Archive auch auf digitale Vervielfältigungsstücke grundsätzlich anwendbar
Kreutzer Beispiel 1: Erhaltende Maßnahmen Archivierung von DVD-Filmmaterial auf Servern • Das gilt im Prinzip auch für die digitale Archivierung von Filmdateien, soweit das Archiv über ein „eigenes Werkstück“ (gemeint ist wohl ein „Original“) verfügt. • Die Schrankenbestimmung enthält eine Reihe von Einschränkungen • Einschränkung 1: Es muss sich um ein „eigenes Archiv“ handeln • Schon die Begründung zum UrhG 1965 besagt, dass durch Archivkopien keine weitere Nutzung erschlossen werden darf. Keine Änderung seither • Nur Bestandserhalt, nicht Nutzbarmachung ist Zweck der Archivschranke
Kreutzer Beispiel 1: Erhaltende Maßnahmen Archivierung von DVD-Filmmaterial auf Servern • Einschränkung 2: Eigenes Werkexemplar • D. h. ein Archiv darf hiernach keine Aufzeichnungen von TV-Sendungen oder Downloads aus dem Internet vornehmen • „Archivierung ohne Original“ ist nach derzeitigem Urheberrecht nicht zulässig, daher archive.org oder Google Booksearch rechtswidrig • Das widerspricht der digitalen Realität: Unterscheidung zwischen Original und Kopie ist schwierig und faktisch irrelevant
Kreutzer Beispiel 1: Erhaltende Maßnahmen Archivierung von DVD-Filmmaterial auf Servern • Vor allem: Einschränkung durch Schutz technischer Maßnahmen • Auch Archivkopien sind verboten, wenn hierfür eine „wirksame technische Schutzmaßnahme“ umgangen werden muss (§ 95a UrhG) • Nahezu alle DVDs sind mit dem Content Scrambling System (CSS) geschützt (Blue-ray Discs enthalten AACS)
Kreutzer Beispiel 1: Erhaltende Maßnahmen Archivierung von DVD-Filmmaterial auf Servern • Ob es sich bei CSS um eine „wirksame“ technische Schutzmaßnahme handelt, ist zwar angesichts der leichten Umgehbarkeit fraglich • Eine rechtssichere Einschätzung dieser Frage ist jedoch – mangels einschlägiger Rechtsprechung und des sehr vagen Gesetzeswortlauts – kaum möglich • Einschätzung bedürfte im Zweifel technisch-empirischer Untersuchungen (Stellt die TSM für den Durchschnittsnutzer eine nennenswerte Hürde dar?) • Optionen: Verlassen auf rechtsunsichere Faktoren: „Unwirksamkeit“ von CSS oder „analoge Lücke“
Kreutzer Beispiel 1: Erhaltende Maßnahmen Archivierung von DVD-Filmmaterial auf Servern • Rechtssichere Lösung: Archive machen von ihrer Kopierbefugnis zu Archivzwecken keinen Gebrauch, wenn die Vorlage (wie bei Filmen fast immer) technisch geschützt ist. Nur Originale werden verwahrt • Gesetz verpflichtet die Rechtsinhaber zwar, die technischen Mittel bereitzustellen, die zur Erstellung von Archivkopien von geschützten Werkexemplaren erforderlich sind (Archivschranke ist „durchsetzungsstark“ gem. § 95b UrhG) • Wie diese Pflicht umzusetzen ist (pro-aktiv, reaktiv, nur im Einzelfall, generell usw.), ist aber so unklar, dass sie offensichtlich allgemein missachtet wird
Kreutzer Beispiel 1: Erhaltende Maßnahmen Archivierung von DVD-Filmmaterial auf Servern • Daher müssten die Archive gegenüber den einzelnen Rechtsinhabern ihr „Recht zur Archivkopie“ individuell reklamieren und – wenn nötig – gerichtlich geltend machen • Alternative: Sie schließen mit den Rechtsinhabern (oder Verbänden) Verträge durch die die Restriktionen des Urheberrechts umgangen werden (einzig bekannter Präzedenzfall: Vertrag zwischen IFPI und Deutscher Nationalbibliothek) • Wenn hierin die einzig praktikable Lösung liegt, ist sehr fraglich, ob das Urheberrecht seinen Regelungsauftrag erfüllt • Erschwerend kommt hinzu, dass a) nicht alle Schrankenbestimmungen durchsetzungsstark sind und b) der Durchsetzungsanspruch nicht für online vertriebene Werkexemplare gilt
Kreutzer Beispiel 1: Erhaltende MaßnahmenArchivierung von DVD-Filmmaterial auf Servern Fazit: Archivierung von DVD-Filmmaterial ist nach geltendem Urheberrecht – ohne weitere juristische Maßnahmen – unzulässig
Kreutzer Agenda 1 Einleitung: Archivierung und Urheberrecht in der Informationsgesellschaft Wandel der Rahmenbedingungen 2 Allgemein: Können und Dürfen bei digitaler Archivierung 3 1. Beispiel: Erhaltende Maßnahmen und Urheberrecht 4 2. Beispiel: Erschließende Maßnahmen und Urheberrecht 5 3. Beispiel: Nutzungsvermittelnde Maßnahmen und Urheberrecht
Kreutzer Beispiel 2: Erschließende Maßnahmen Tagging und Komprimierung zwecks Aufbau und Nutzung relationaler Archivdatenbanken • Die Aufgabe: • Analoge Filmaufnahmen (VHS-Originale) sollen digitalisiert und archiviert werden. In diesem Zuge werden sie komprimiert, in andere Formate umgewandelt und mit Metainformationen versehen, die der Auffindbarkeit bestimmter Inhalte und der Systematisierung dienen • Das Können: Die Digitalisierung bietet eine Vielzahl an – bei analoger Archivierung undenkbaren – Möglichkeiten für erschließende Maßnahmen, die zu erheblichen Verbesserungen bei Systematisierung, Auffindbarkeit und Nutzung führen könnten
Kreutzer Beispiel 2: Erschließende Maßnahmen Tagging und Komprimierung zwecks Aufbau und Nutzung relationaler Archivdatenbanken • Das Dürfen: • Nach der Archivschranke dürfen die VHS-Filme (soweit nicht technisch geschützt, Stichwort Makrovision) grundsätzlich digitalisiert werden (= Vervielfältigung) • Problem: Nach § 62 UrhG gilt der Grundsatz, dass Werke bei der Nutzung auf Grund einer Schrankenbestimmung nicht geändert werden dürfen (Änderungsverbot) • Frage: Handelt es sich bei Digitalisierung, Komprimierung, Tagging um unzulässige „Änderungen“ in diesem Sinne?
Kreutzer Beispiel 2: Erschließende Maßnahmen Tagging und Komprimierung zwecks Aufbau und Nutzung relationaler Archivdatenbanken • Die Problem ist nicht trivial • Zwar sind gewisse Änderungen zulässig (siehe u. a. Verweis auf § 39 UrhG) und es wird z. T. vertreten, dass Änderungsverbot bei Handlungen nach Privatkopie- und Archivschranke nicht gilt. • Eindeutig ist die Reichweite des Änderungsverbotes bei derartigen Fällen aber nicht • Die Beurteilung bedarf letztlich einer Interessenabwägung
Kreutzer Beispiel 2: Erschließende Maßnahmen Tagging und Komprimierung zwecks Aufbau und Nutzung relationaler Archivdatenbanken • Meine Ansicht: Solche technisch bedingten Änderungen verstoßen grundsätzlich nicht gegen das Änderungsverbot • Hierfür spricht: • Änderungsverbot dient v. a. persönlichkeitsrechtlichen Interessen, die durch rein technische Änderungen nicht betroffen werden • Archivkopien dürfen nur von eingeschränkten Kreisen genutzt werden • „Das Werk“ selbst (also hier der jeweilige Film) wird nicht – jedenfalls nicht wahrnehmbar oder gar inhaltlich – geändert
Kreutzer Beispiel 2: Erschließende MaßnahmenTagging und Komprimierung zwecks Aufbau und Nutzung relationaler Archivdatenbanken Fazit: Komprimierung, Tagging und entsprechende erschließende Maßnahmen sind im Zweifel urheberrechtlich zulässig
Kreutzer Agenda 1 Einleitung: Archivierung und Urheberrecht in der Informationsgesellschaft Wandel der Rahmenbedingungen 2 Allgemein: Können und Dürfen bei digitaler Archivierung 3 1. Beispiel: Erhaltende Maßnahmen und Urheberrecht 4 2. Beispiel: Erschließende Maßnahmen und Urheberrecht 5 3. Beispiel: Nutzungsvermittelnde Maßnahmen und Urheberrecht
Kreutzer Beispiel 3: Nutzungsvermittelnde Maßnahmen Nutzung des Archivs • Die Aufgabe: Das im rechtlichen Rahmen zulässig erstellte digitale Archiv soll zumindest eingeschränkt und zu bestimmten Zwecken genutzt werden. Inwiefern ist das zulässig?
Kreutzer Beispiel 3: Nutzungsvermittelnde Maßnahmen Nutzung des Archivs • Das Können: • Ein digitales Archiv kann ohne weiteres online gestellt oder über Intranets zugänglich gemacht werden • Hieraus ergeben sich mannigfaltige Nutzungsmöglichkeiten z. B. zu wissenschaftlichen, privaten oder sonstigen Zwecken
Kreutzer Beispiel 3: Nutzungsvermittelnde Maßnahmen Nutzung des Archivs • Das Dürfen: • Nach der Archivschranke ist es nicht zulässig, ein auf der Basis dieser Vervielfältigungsbefugnis angelegtes Archiv für Dritte, schon gar nicht öffentlich, zugänglich zu machen (§ 53 Abs. 6) • Archiv darf nur intern, d.h. durch die eigenen (Archiv-)Mitarbeiter der jeweiligen Einrichtung, genutzt werden • Ein Fernzugriff auf den Datenbankserver ist selbst für eigene Mitarbeiter – wenn überhaupt – nur sehr eingeschränkt zulässig (wenn dies für die Arbeit am Archiv erforderlich, wenigstens nützlich ist und keine Missbrauchsmöglichkeiten eröffnet werden)
Kreutzer Beispiel 3: Nutzungsvermittelnde Maßnahmen Nutzung des Archivs • Ob darüber hinaus nach der Archivschranke Archive zur wissenschaftlichen Forschung genutzt und in diesem Zuge externen Wissenschaftlern zugänglich gemacht werden dürfen, ist unklar • Nach einer Literaturmeinung soll allenfalls die „gelegentliche“ Öffnung für externe Wissenschaftler zulässig sein, soweit dies nicht allgemeine Praxis ist und auch nicht öffentlich beworben wird • Jedenfalls erlaubt die Archivschranke nicht, ein Archiv herzustellen, um es generell Dritten, und sei es zu Forschungszwecken, zugänglich zu machen • Hieran zeigt sich die einseitige, begrenzte Ausrichtung der Archivschranke auf die erhaltende Funktion von Archiven, die in Bezug auf die nutzungsvermittelnde Aufgabe von Archiven zu kurz greift
Kreutzer Beispiel 3: Nutzungsvermittelnde Maßnahmen Nutzung des Archivs • Nutzungsmöglichkeiten von digitalen Archiven nach dem neuen § 52b UrhG (digitale Leseplätze) • Gegen Zahlung von Pauschalvergütungen dürfen im öffentlichen Interesse tätige Archive (und Bibliotheken, Museen) an speziell hierfür eingerichteten digitalen Leseplätzen (Terminals) Werke aus ihrem Bestand zur Nutzung durch Dritte bereitstellen • Schranke kann Archivschranke u. U. ergänzen, da sie andere Nutzungsmöglichkeiten eröffnet (Verhältnis der beiden Regelungen zueinander ist allerdings weit gehend unklar)
Kreutzer Beispiel 3: Nutzungsvermittelnde Maßnahmen Nutzung des Archivs • Problem 1: Keine Annex-Vervielfältigungsbefugnis nach § 52b UrhG • Laut Gesetzesbegründung soll die Regelung dazu dienen, analoge Bestände in digitaler Form zur Nutzung durch die Besucher bereitzustellen, u. a.um die Originale zu schonen • Aber: Es gibt keinen Passus, der er erlauben würde, die hierfür notwendigen Vervielfältigungen zu erstellen. • Unklar ist daher, ob analoge Bestände digitalisiert und lokal auf dem Terminal oder zentral auf einem Server gespeichert werden dürfen. Unklar ist auch, ob digitale Archivalien (z. B. Filmdateien) zu diesem Zweck noch einmal kopiert werden dürfen
Kreutzer Beispiel 3: Nutzungsvermittelnde Maßnahmen Nutzung des Archivs • M. E. handelt es sich um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers, das durch ergänzende Auslegung geschlossen werden kann (str.) • Wenn § 52b UrhG keine Vervielfältigung erlaubt, können hiermit intendierte Nutzungshandlungen nicht vorgenommen werden. Regelung wäre weit gehend sinnentleert
Kreutzer Beispiel 3: Nutzungsvermittelnde Maßnahmen Nutzung des Archivs • Weitere Einschränkungen: • Nur Nutzung von eigenen Werkstücken/Originalen ist erlaubt (also z. B. keine Dateien aus dem Internet, Mitschnitte) • Bestandsakzessorietät: Gleichzeitige digitale Nutzung darf – generell – nur in dem Maß ermöglicht werden, wie eigene Werkexemplare im Bestand sind (außer in „Belastungsspitzen“?!) • Datenbestände auf/für Terminals dürfen im Zweifel nicht von außen (v. a. online) zugänglich sein • Für digitale Werkexemplare, die i. d. R. mit „Nutzungsbedingungen“ des Rechtsinhabers vertrieben werden, gilt die Schranke nicht!
Kreutzer Beispiel 3: Nutzungsvermittelnde Maßnahmen Nutzung des Archivs • Auch hier: Uneingeschränktes Umgehungsverbot bei technisch geschützten Werkexemplare • § 52b UrhG ist zudem nicht durchsetzungsstark
Kreutzer Beispiel 3: Nutzungsvermittelnde MaßnahmenNutzung des Archivs Fazit: Die interne Nutzung von digitalen Archiven ist – soweit sie überhaupt angelegt werden dürfen - weit gehend zulässig. Öffnungen für Dritte sind nur sehr eingeschränkt erlaubt
Kreutzer Schlussbemerkung • Die gesetzlichen Nutzungsbefugnisse für digitale Archivierung greifen m. E. sehr kurz • Archivregelungen fokussieren offensichtlich nahezu ausschließlich auf die Erhaltungsfunktion. Erhalten ist jedoch kein Selbstzweck. Archivalien, die nicht genutzt werden dürfen, erfüllen keinen Zweck • Das ist nicht einmal im Interesse der (jedenfalls vieler) Rechtsinhaber (v. a. nicht der Urheber), die grundsätzlich gegen Archivierung ihrer Werke keine Einwände haben dürften • Der Blick auf die Notwendigkeit angepasster, moderner Archivbefugnisse wird offensichtlich durch „Piraterie-Debatte“ verstellt • Möglichkeit: Statt eingeschränkter, unangepasster und teils unschlüssiger Einzelbefugnisse eine universelle Erlaubnis für gemeinnützige Archive, alle notwendigen Nutzungshandlungen vorzunehmen
Kreutzer Danke für Ihre Aufmerksamkeit!