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WuV -Kurs Sachen- und Zivilprozessrecht, 30.06.2014. PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur . ( Oxon .). § 1 Grundzüge des Erkenntnisverfahrens Einreichung der Klageschrift bei Gericht (§ 253 V)
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WuV-Kurs Sachen- und Zivilprozessrecht, 30.06.2014 PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur. (Oxon.)
§ 1 Grundzüge des Erkenntnisverfahrens • Einreichung der Klageschrift bei Gericht (§ 253 V) • Zustellung der Klageschrift an den Beklagten (§ 271 I) nach Kostenvorschuss (§ 12 I GKG) von Amts wegen • Bestimmung der Verfahrensweise durch das Gericht (§ 272): früher erster Termin (§ 275) oder schriftliches Vorverfahren (§ 276) • Güteverhandlung (§ 278 II) • Unmittelbar anschließend mündliche Verhandlung (§ 279 I): • Aufruf der Sache und Eröffnung durch den Vorsitzenden • Stellung der Anträge (§§ 137 I, 297) • Vortrag der Parteien (§ 137 II) • Erörterung der Sach- und Rechtslage (§ 139 I) • Ggf. Beweisaufnahme (§§ 279 II, 284 S. 1) • Verkündung des Urteils (§§ 310 I, II, 311) und Zustellung von Amts wegen (§§ 317 I, 166 ff.)
§ 2 Die Prozessmaximen Dispositionsmaxime: Die Parteien haben die Hoheit über das Verfahren: • Das Verfahren wird durch den Antrag des Klägers in Gang gesetzt (§ 253 I) • Beendigung des Verfahrens nach § 91a durch übereinstimmende Erledigungserklärung • Klagerücknahme (§ 269) • Verzicht auf Klageanspruch (§ 306) • Anerkenntnis des Klageanspruchs (§ 307) • Bindung an die Anträge (§ 308, ne ultrapetita) • Beendigung durch Vergleich
Beibringungsgrundsatz • Beibringung des Tatsachenstoffs ist Sache der Parteien • Das Gericht ist an den übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien gebunden (§§ 138 III, 288; Prinzip der formellen Wahrheit) • Rechtliche Würdigung aber Sache des Gerichts (iuranovitcuria) • Aber: • Hinweis- und Aufklärungspflichten nach § 139, auch auf Beweismittel, für die es Hinweise in den Akten gibt; • Erweiterte Hinweispflichten nach §§ 232, 504 in Verfahren ohne Anwaltszwang (§ 78 I).
Mündlichkeitsgrundsatz • Grundsatz der mündlichen Verhandlung: Sachvortrag, Prozesshandlungen (Anträge!), Beweisaufnahme und Urteilsverkündung erfolgen alle in der (notwendigen) mündlichen Verhandlung (§§ 127, 128, 136, 137, 297, 310) • Aber: • Parteien können auf die mündliche Verhandlung verzichten (§ 128 II 1) • Bezugnahme auf vorbereitende Akten möglich(§ 137 III)! Merke: Beschlüsse ergehen ohne mündliche Vhdl.!
Unmittelbarkeitsgrundsatz • Mündliche Verhandlung (§ 128 I) und Beweisaufnahme (§ 355) muss vor dem erkennenden Gericht stattfinden. • Das Urteil kann nach § 309 nur von den Richtern gefällt werden, die an der Verhandlung teilgenommen haben. • Aber: • Nach hM genügt die Teilnahme an dem letzten Termin zur mündlichen Verhandlung; • Die Beweisaufnahme kann auch von einem beauftragten oder ersuchten Richter vorgenommen werden (§§ 355 I 2, 361, 362).
Öffentlichkeitsgrundsatz • Im GG nicht ausdrücklich normiert, aber Art. 6 I EMRK und Art. 47 II GRCh. • Einfachgesetzlich in § 169 S. 1 GVG • Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes ist absoluter Revisionsgrund (§ 547 Nr. 5). Rechtliches Gehör • Prozessuales Urgrundrecht nach Art. 103 I GG; • Schützt Parteien, aber auch materiell betroffene Dritte (etwa § 841); • Gewährleistet u.a. ordnungsgemäße Benachrichtigungen, Recht zum Tatsachenvortrag, zum Beweisantritt, zur Erwiderung, Anspruch auf Würdigung des eigenen relevanten Vorbringens.
Fall (nach BGH NJW- RR 2013, 307): Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen. Der Beklagte ist ein international tätiger Geschäftsmann aus Estland. Mit Generalunternehmervertrag vom 26. Juli 2005 beauftragte der Beklagte die Klägerin mit der Ausführung von Bauarbeiten für das Bauvorhaben H. P., M. Lane, W., Großbritannien, wobei der Beklagte im Vertrag diese Anschrift als seine Anschrift angab. In dem Vertrag heißt es unter Ziffer 2.2: "Dem Auftrag-nehmer ist bekannt, dass sich der Auftraggeber der L. GmbH bedient, die berechtigt ist, den Auftraggeber zu vertreten". Zwischen den Parteien kam es zum Streit über Baumängel. Der Beklagte kündigte den Generalunternehmervertrag mit Anwaltsschreiben vom 25. Juli 2007. Die Klägerin übersandte der L. GmbH ihre Schlussrechnung vom 11. März 2008. Die L. GmbH teilte der Klägerin daraufhin mit, dass sie nicht mehr zustellungsbevollmächtigt für den Beklagten sei. Im Januar 2009 hat die Klägerin eine Klageschrift beim Landgericht eingereicht und beantragt, die öffentliche Zustellung der Klage, gerichtet auf Zahlung von 2.463.881,76 € nebst Zinsen, an den Beklagten zu bewilligen. Das LG folgte dem Antrag auf öffentliche Zustellung. In der Folge erging ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten.
Gesetzlicher Richter: • Normiert in Art. 101 I 2 GG (siehe auch Art. 6 I 1 EMRK, Art. 47 II 1 GRCh) • Der Richter muss abstrakt-generell vorausbestimmt sein (BVerfGE 95, 322 (329)) • Art. 101 I 2 GG schützt nur vor willkürlichen Manipulationen! Waffengleichheit der Parteien • Aus Art. 3 I GG abgeleitet • Fordert etwa die Angleichung des Rechtsschutzes für bemittelte und unbemittelte Personen. Beschleunigungsgrundsatz folgt aus Art. 6 I 1 EMRK und Art. 47 I 1 GRCh.
§ 3 Die Klagearten • Leistungsklagen: • Auf Verurteilung zu einem Tun oder Unterlassen gerichtet (häufigster Fall) • Grundsätzlich nur fällige Ansprüche, ausnahms-weise auch Klage auf künftige Leistung (§§ 257 bis 259) • Feststellungsklagen (§ 256): • Zur Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechtsverhältnissen • Rechtsschutzinteresse erforderlich • Gestaltungsklagen • Vollzug eines Gestaltungsrechts ist von einem Richterspruch abhängig (zB Scheidung der Ehe durch Urteil nach § 1564 BGB)
§ 4 Die Sachurteilsvoraussetzungen • Ordnungsgemäße Klageerhebung • Gerichtsbezogene Sachurteilsvoraussetzungen (Deutsche Gerichtsbarkeit, ordentlicher Rechtsweg, Zuständigkeit) • Parteibezogene Sachurteilsvoraussetzungen • Streitgegenstandbezogene Sachurteilsvoraussetzungen • Besondere Sachurteilsvoraussetzungen • Ordnungsgemäße Klageerhebung • Anforderung an die Klageschrift bestimmen sich nach §§ 253 II-IV, 130 • Durch die Zustellung der Klageschrift tritt Rechtshängigkeit ein (§ 261 I)
Fall (nach BAG NJW 2013, 252): Die Klägerin gewährte dem in Chile ansässigen Beklagten ein Arbeitgeberdarlehen, das dieser nicht zurückzahlte. Als Gerichtsstand war München vereinbart. Als der Beklagte das Darlehen nicht wie geschuldet zurückzahlte, reichte die Klägerin am 31.12.2007 Klage beim Arbeitsgericht München ein. Nach Übersetzung von Klageschrift und Anlagen sowie Legalisierung der Unterschrift der Kammervorsitzenden hat das Arbeitsgericht die Zustellung der Klageschrift im Rechtshilfeverkehr mit Chile eingeleitet und mit Verfügung vom 9. April 2008 die Klägerin ua. auf eine Mindestzustellzeit von sechs Monaten hingewiesen. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Chile bestätigte mit Schreiben vom 30. Juli 2008 die Weiterleitung des Zustellungsantrages an den chilenischen Obersten Gerichtshof. Im ersten Gütetermin vom 18. Dezember 2008 hat die Vorsitzende dem allein erschienenen Klägervertreter mitgeteilt, dass noch kein Zustellnachweis vorliegt. Die Zustellung der Klage an den Beklagten erfolgte dann am 31. Juli 2009 an seiner Wohnanschrift. Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Zurecht?
2. Die Zuständigkeiten Zu unterscheiden sind die Rechtswegzuständigkeit, die örtliche, die sachliche und die funktionelle Zuständigkeit. • Rechtswegzuständigkeit • Gemäß § 13 GVG gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vor die Zivilgerichte.
Beispiele: • K ist in der Anwaltskanzlei B beschäftigt. Als K eine Woche krank ist und nicht arbeiten kann, zahlt B ihm keinen Lohn. K klagt nun vor dem Arbeitsgericht auf Lohnfortzahlung gegen B. B wendet ein, dass K kein Arbeitnehmer, sondern freier Mitarbeiter sei. • Die G-GmbH schuldet der AOK Sozialver-sicherungsbeiträge, für deren Zahlung sich der H verbürgt. Die AOK erhebt Klage vor dem LG. • Die Gemeinde K will auf einem ihr gehörigen Grundstück einen Spielplatz errichten. E ist Eigentümer des angrenzenden Grundstücks und klagt gegen die K auf Unterlassung, weil er die drohende Lärmbelästigung fürchtet.
2. Die Zuständigkeiten Zu unterscheiden sind die internationale Zuständig-keit, die Rechtswegzuständigkeit, die örtliche, die sachliche und die funktionelle Zuständigkeit. • Rechtswegzuständigkeit • Gemäß § 13 GVG gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vor die Zivilgerichte. • Daneben gibt es noch weitere Sonderzuweisun-gen an die Zivilgerichte (etwa § 40 Abs. 2 VwGO). • Gemäß § 17a Abs. 2 S. 1 muss das angerufene Gericht bei Unzuständigkeit des Rechtswegs den Streit an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs verweisen.
b. Die örtliche Zuständigkeit (Gerichtsstand) • Die örtliche Zuständigkeit bestimmt, welches von mehreren Gerichten gleicher Art (AG, LG, OLG usw.) zuständig ist (horizontale Zust.). • Die Einteilung der Gerichtssprengel ist Ländersache Unterscheide: • Allgemeiner Gerichtsstand • Besondere Gerichtsstände • Ausschließliche Gerichtsstände • Unter mehreren Gerichtsständen hat der Kläger die Wahl (§ 35)
Allgemeiner Gerichtsstand (§§ 12, 13, 17) • Für alle Klagen zuständig, soweit kein ausschließlicher Gerichtsstand (§ 12) • Bei natürlichen Personen der Wohnsitz (§ 13) • Verweist auf §§ 7 ff. BGB • Bei wohnsitzlosen Personen gilt § 16 • Bei juristischen Personen der Sitz (§ 17 I) • Regelmäßig durch die Satzung/ Gesellschaftsvertrag festgelegt (Satzungssitz) • Soweit nicht bestimmt, Sitz der Verwaltung (§ 17 I 2)
ii. Besondere Gerichtsstände Besondere Gerichtsstände begründen für besondere Fälle zusätzliche Zuständigkeiten. Wichtig: • § 20: Aufenthaltsort etwa bei Studenten • § 29: Der Erfüllungsort Beispiel (BGHZ 157, 20):B aus Schleswig hat den Anwalt A aus Kiel mit der Erstellung einiger Verträge beauftragt. Als B das vereinbarte Honorar in Höhe von 500,- € nicht zahlt, klagt A vor dem AG Kiel. Ist das Gericht zuständig?
Fall (nach BGH NJW-RR 2014, 248): Die klagenden Eheleute die Beklagte zu 1 als Verkäuferin und die Beklagte zu 2 als finanzierende Bank im Zusammen-hang mit dem Erwerb einer in L. belegenenEigentums-wohnung als Kapitalanlage auf Schadensersatz in Anspruch. Nach dem Klagevortrag haben sich die Kläger auf der Grundlage einer fehlerhaften Beratung die D-GmbH zum Kauf entschlossen. Im Zuge der Beratungsgespräche sei das als Anlage K10 vorgelegte Exposé der Klägerin zu 1 verwen-detworden, das die Risiken der Kapitalanlage beschönige. Die Wohnung sei sittenwidrig überteuert gewesen. Die Beklagten müssten sich die Fehlberatung durch die Mit-arbeiter der D. zurechnen lassen. Sie hätten zudem eigene Aufklärungspflichten verletzt. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Klageschrift hatte die Schuldnerin ihren Sitz im Bezirk des LG Frankfurt, die Beklagte zu 2 ist im Bezirk des LG Hannover ansässig. Die Kläger haben Klage gegen beide Beklagten beim LG Frankfurt erhoben. Nachdem die Be-klagte zu 2 die Zuständigkeit gerügt hatte, haben die Kläger beantragt, das OLG Frankfurt möge das LG Frankfurt am Main als zuständiges Gericht bestimmen. Zurecht?
ii. Besondere Gerichtsstände Besondere Gerichtsstände begründen für besondere Fälle zusätzliche Zuständigkeiten. Wichtig: • § 20: Aufenthaltsort etwa bei Studenten • § 29: Der Erfüllungsort Beispiel (BGHZ 157, 20):B aus Schleswig hat den Anwalt A aus Kiel mit der Erstellung einiger Verträge beauftragt. Als B das vereinbarte Honorar in Höhe von 500,- € nicht zahlt, klagt A vor dem AG Kiel. Ist das Gericht zuständig? • § 32: Der Ort der unerlaubten Handlung (vor allem bei subjektiver Klagehäufung interessant).
Fall 1 (nach BGHZ 153, 173):Die Antragstellerin will die Beklagten als Gesamt-schuldner im Wege des Gesamtschuldner-Regresses in Anspruch nehmen. Nach ihrer Darstellung beruht ihr Begehren auf folgender Begebenheit: Zwischen einem Rettungswagen der Antragstellerin und einem von dem in H. wohnenden Antragsgegner zu 2 gelenkten PKW kam es in H. zu einem Verkehrsunfall. Halter des geleasten PKWs war die in P. ansässige Antragsgegnerin zu 1. Die Antrag-stellerinersetzte der Leasinggeberin den am Leasing-fahrzeug entstandenen Schaden in voller Höhe. Sie meint, die Antragsgegner hätten sich jedenfalls in Höhe einer Haftungsquote von 30 % (entsprechend 2.541,90 €) an den ihr auf diese Weise entstandenen Kosten zu be-teiligen. Die Antragstellerin hat am 10. April 2002 bei dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg beantragt, für die beabsichtigte Klage gemäß § 36 I Nr. 3 ZPO einen gemeinsamen Gerichtsstand zu bestimmen.
Fall 2 (nach BGH NJW 2010, 1752):Der in Deutschland wohnhafte Kläger nimmt die Verlegerin der Tageszeitung "The New York Times" sowie den in New York ansässigen Autor eines am 12. Juni 2001 in den Inter-netauftrittder Zeitung eingestellten und dort im "Online-Archiv" zum Abruf bereit gehaltenen Artikels, durch den sich der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, auf Unterlassung in Anspruch. Der beanstandete Artikel befasst sich mit einem in der Stadt New York eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen R. L. wegen Bestechung ukrainischer Regierungsange-stellter. In dem Artikel wird der Kläger namentlich er-wähnt und als Goldschmuggler und Täter einer Unter-schlagungbezeichnet, dessen Unternehmen in Deutsch-land Teil der russischen organisierten Kriminalität sei. Es wird behauptet, der Kläger habe Verbindungen zum organisierten Verbrechen in Russland und ihm sei die Einreise in die USA untersagt. Ist die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts nach § 32 gegeben?
ii. Besondere Gerichtsstände Besondere Gerichtsstände begründen für besondere Fälle zusätzliche Zuständigkeiten. Wichtig: • § 20: Aufenthaltsort etwa bei Studenten • § 29: Der Erfüllungsort Beispiel (BGHZ 157, 20):B aus Schleswig hat den Anwalt A aus Kiel mit der Erstellung einiger Verträge beauftragt. Als B das vereinbarte Honorar in Höhe von 500,- € nicht zahlt, klagt A vor dem AG Kiel. Ist das Gericht zuständig? • § 32: Der Ort der unerlaubten Handlung (vor allem bei subjektiver Klagehäufung interessant). • § 33: Gerichtsstand bei der Widerklage
iii. Ausschließliche Gerichtsstände • Ein ausschließlicher Gerichtsstand geht allen anderen Gerichtsständen vor und schließt auch eine Parteivereinbarung aus. • Wichtig: § 24 als dinglicher Gerichtsstand das Gericht, in dessen Bezirk die Sache belegen ist. • §§ 25, 26 sind nur besondere Gerichtsstände! • § 29c I 2: Ausschließlicher Gerichtsstand bei Klagen gegen Verbraucher • § 29a bei Miet- und Pachträumen Beispiel: X aus Hamburg hat sich eine Ferienwohnung des V an der Ostseeküste für zwei Wochen gemietet, aber die Miete in Höhe von 3000,- € nicht bezahlt. Welches Gericht ist für eine Klage des V zuständig?
c. Die sachliche Zuständigkeit • Regelt die Kompetenzverteilung zwischen den Gerichten erster Instanz. • Gemäß § 1 ZPO grds. durch GVG bestimmt. • Ausnahmen: • Parteivereinbarung (Prorogation) nach §§ 38 ff. ZPO; • Verweisung bei fehlender sachlicher Zuständigkeit gemäß §§ 281, 506 ZPO; • Zuständigkeit des AG im Mahnverfahren nach § 689 ZPO; • Zuständigkeiten im einstweiligen Rechtsschutz nach §§ 919 (Arrest), 937, 943 (einstweilige Verfügung).
Zuweisung der sachlichen Zuständigkeit nach GVG • Streitwertunabhängig: • Zum AG: • §§ 23 Nr. 2, Beispiel: Vermieter V möchte Mietrückstände für vermietete Räume in Kiel einklagen. Welches Gericht ist zuständig? • 23a- 23c GVG (Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) • Zum LG: § 71 Abs. 2 GVG; wichtig v.a. Nr. 2: Haftung nach § 839 BGB • Streitwertabhängig nach §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG • Zum AG bis zu 5000 Euro • Zum LG über 5000 Euro
d. Die funktionelle Zuständigkeit • Einerseits die „vertikale“ (auch instanzielle) Zuständigkeit im Instanzenzug; • Andererseits die Zuständigkeit verschiedener Organe eines Gerichts (Einzelrichter, Kammer, Senat) Insbesondere Einzelrichter oder Kammer am LG: • Grds. originärer Einzelrichter nach § 348 I 1, wenn nicht originäre Kammerzuständigkeit nach § 348 I 2 besteht. • Bei originärer Kammerzuständigkeit Übertragung auf den obligatorischen Einzelrichter nach § 348a möglich. • Der Einzelrichter kann die Sache (wieder) der Kammer vorlegen, §§ 348 III, 348a II.
e. Vereinbarungen über die Zuständigkeit (Prorogation) • Grds. nur Kaufleuten und juristischen Personen des öffentlichen Rechts erlaubt (§ 38 I). • Alle anderen nur in den Fällen der § 38 II, III. Prüfung einer wirksamen Prorogation: • Voraussetzungen des § 38 erfüllt? • Bestimmtes Rechtsverhältnis iSd § 40 I? • Kein Fall des § 40 II 1 Nr. 1 (nur bei § 23a GVG) • Keine ausschließliche Zuständigkeit (§ 40 II 1 Nr. 2)? Eine an sich nicht bestehende Zuständigkeit kann auch durch rügeloses Einlassen nach § 39 begründet werden. Beim Amtsgericht Belehrung nach § 504 nötig.
Fall (nach BGH NJW-RR 2010, 891): Die G-GbR ist eine Bauherrengemeinschaft mit Sitz in Nürnberg. Sie hat mit U, der seinen Sitz in Düsseldorf hat, einen Vertrag über die Errichtung einer Wohnanlage in Leipzig geschlossen. Der Vertrag enthält folgende Klausel: „Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Düsseldorf“. Aufgrund von Mängeln beantragt die G-GbR beim LG Leipzig die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens (§§ 485 ff.). U rügt die örtliche Unzuständigkeit.
3. Parteibezogene Sachurteilsvoraussetzungen • Die Partei ist allein nach der Klageschrift zu bestimmen (§ 253 II Nr. 1, formeller Parteibegriff) • Parteifähigkeit ist die Fähigkeit, Subjekt eines Prozessrechtsverhältnis (§ 50 I, auch GbR) • Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, einen Prozess selbst oder durch einen selbst bestellten Vertreter zu führen und Prozesshandlungen vorzunehmen und entgegenzunehmen (§ 51 I) • Postulationsfähigkeit ist die Fähigkeit, vor Gericht selbst Prozesshandlungen vornehmen zu können (Anwaltszwang nach § 78 I) • Prozessführungsbefugnis ist das Recht, einen Prozess im eigenen Namen über ein eigenes und fremdes Recht als Partei zu führen (gesetzliche und gewillkürte Prozessstandschaft).
4. Streitgegenstandbezogene Sachurteilsvoraussetzungen • Außergerichtlicher Güteversuch, soweit die Länder von § 15a EGZPO Gebrauch gemacht haben. • Klagbarkeit des geltend gemachten Anspruchs • Bestimmtheit des Streitgegenstands (§ 253 II Nr. 2): Bestimmter Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs sowie ein bestimmter Antrag. • Der Antrag muss vollstreckungsfähig sein. • Keine anderweitige Rechtshängigkeit (§ 261 III Nr. 1) • Keine entgegenstehende Rechtskraft (§§ 322, 705) • Rechtsschutzbedürfnis (insbesondere bei der Feststellungsklage zu prüfen).
Fall (Assmann, Fälle zum Zivilprozessrecht, S. 9 ff.): V aus Potsdam hat Werkleistungen an einem Gebäude der K-GbR in Potsdam erbracht, in dem die K-GbR auch ihr Geschäftsbüro und ein Fitnessstudio betreibt. Für die Arbeiten sollte V einen Lohn von 5000,- € erhalten. Den Anspruch hat V zur Sicherheit an die H-Bank abge-treten. Im Sicherungsvertrag ermächtigt die H-Bank V zur gerichtlichen Geltendmachung der Forderung im eigenen Namen. Da die K-GbR wegen angeblicher (nicht bestehender) Mängel nicht zahlt, reicht V beim Amtsgericht Potsdam Klage ein mit dem Antrag, die K-GbR zur Zahlung von 5000,- € an sich zu verurteilen. In der Klageschrift legt er dar, dass es sich um eine Forderung der H-Bank handelt und er nur zur Klage ermächtigt wurde. Nach einem richterlichen Hinweis ändert V dann seinen Antrag und verlangt nun Zahlung an die H-Bank? Hat die Klage Aussicht auf Erfolg?
Abwandlung:Während V den Prozess vor dem Amtsgericht Potsdam führt, wachsen bei der H-Bank die Zweifel an seiner Kompetenz. Die H-Bank teilt dem V deshalb mit, dass sie ihm die Ermächtigung zur Prozessführung entziehe und erhebt selbst Klage vor dem AG Potsdam gegen die K-GbR. Ist diese Klage der H-Bank zulässig?
Literaturhinweise: • Huber, Grundwissen – Zivilprozessrecht: Sachliche Zuständigkeit, JuS 2012, 593-595 • Huber, Grundwissen - Zivilprozessrecht: Einzelrichter- und Kammerzuständigkeit, JuS 2011, 114-116 • Oestmann, Die prozessuale Zusatzfrage in der BGB-Klausur, JuS 2003, 870-872