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WuV -Kurs Sachen- und Zivilprozessrecht, 23.06.2014. PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur . ( Oxon .).
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WuV-Kurs Sachen- und Zivilprozessrecht, 23.06.2014 PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur. (Oxon.)
Nachtragsbeispiel zur Hypothek:Die B-Bank besitzt eine Hypothek an dem Grundstück des Unternehmens U, auf dem auch die Firmengarage steht. In der Garage sind die Lkw untergebracht, die U für seine Unternehmungen benötigt. Fünf dieser Wagen hat U kürzlich von V unter Eigentumsvorbehalt gekauft. In der Folge zahlt U den Kaufpreis in Raten an V zurück. Vor der Zahlung der letzten Rate heben U und V einver-nehmlich das Anwartschaftsrecht des U auf. V überträgt dann das Eigentum an den fünf Lkw an seine Bank X. Als U später insolvent wird und B die Lkw verwerten will, erhebt X eine Drittwider-spruchsklage. Ist diese Klage begründet?
Grundschuld Wesentlicher Unterschied zur Hypothek: Die Grundschuld ist nicht akzessorisch zur gesicherten Forderung (meist aber durch Sicherungsabrede verknüpft). • Nicht anwendbar sind §§ 1137, 1138, 1153, 1163 Abs. 1, 1177 BGB. • Die Grundschuld ist flexibler als die Hypothek: • Forderung kann leichter ausgetauscht werden; • Grundschuld kann leichter „wieder aufgeladen“ werden; • Bestimmbarkeit der gesicherten Forderung genügt (z.B. „alle“ Forderungen aus einer Geschäftsbeziehung). • Übertragung ist unabhängig von der Forderung.
II. Bestellung der Grundschuld • Bestellung der Buchgrundschuld • Einigung über die Bestellung der Grundschuld (§ 873 I) • Ausschluss der Erteilung eines Grundschuldbriefs (§§ 1192 I, 1116 II) • Berechtigung des Bestellers • Eintragung in das Grundbuch (§§ 1192 I, 1115). • Zur Wahrung einer Rangstelle kann der Eigentümer sich auch selbst eine Eigentümergrundschuld bestellen (§ 1196 I).
2. Bestellung einer Briefgrundschuld • Einigung über die Bestellung einer Briefgrundschuld (§ 873 I) • Ausstellung des Grundschuldbriefs (§§ 1192 I, 1116 I); • Übergabe des Grundschuldbriefs gem. §§ 1192 I, 1117 I 1, 2 iVm 929 S. 2, 930, 931 oder Aushändigungsabrede nach § 1117 II; • Eintragung in das Grundbuch (§§ 1192 I, 873 I, 1115 I); • Berechtigung des Bestellers bzw. gutgl. Erwerb. Achtung: Vor Aushändigung des Briefs besteht eine gesetzliche Eigentümergrundschuld nach § 1192 I, 1163 II. § 1163 I gilt dagegen nicht.
III. Übertragung der Grundschuld • Die §§ 1191 ff. enthalten keine speziellen Vor-schriften zur Übertragung von Grundschulden. • § 1192 verweist nur auf die Vorschriften des Hypo-thekenrechts, die keine Forderung voraussetzen. • Die Übertragung einer Buchgrundschuld erfolgt daher nach § 873 I 3. Fall (Einigung und Eintragung). • Die Übertragung einer Briefgrundschuld erfordert gemäß §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 1 S. 1 BGB eine schriftliche Abtretungserklärung und die Übergabe des Grundschuldbriefs. • Gutgläubiger Erwerb nach §§ (1155), 892 BGB!
Fall 1 (zu § 1192, 1155): E bestellt seinem unerkannt geschäftsunfähigen Kumpel K als Sicherheit für eine Darlehens-forderung in Höhe von 10.000 € eine Brief-grundschuld. K tritt die Grundschuld mit notariell beglaubigter Erklärung unter Übergabe des Briefs an A ab, der sich vor lauter Freude verschluckt und prompt verstirbt. Sein Allein-erbe B tritt die Grundschuld handschriftlich und unter Übergabe des Briefs an C ab. Kann C aus der Grundschuld vorgehen?
Fall 2 (zum gutgläubigen Erwerb eines Rangs): E ist Eigentümer eines Grundstücks, an dem eine Grundschuld über 100.000 € für die B im 1. Rang, eine Grundschuld über 50.000 € für A im 2. Rang und eine Eigentümerbuch grundschuld (EGS) über 50.000 € für E im 3. Rang eingetragen ist. Zur Finanzierung eines neuen Kredits von der C-GmbH will E seine EGS nutzen. Da C eine erstrangige Sicherheit will, wendet sich E an A und B. Aber nur A ist zum Rangtausch bereit. Gleichwohl trägt das Grundbuchamt versehentlich die EGS im 1. Rang um. E tritt der C, vertreten durch ihren Alleingeschäftsführer G, die Grundschuld in notariell beurkundeter Form ab. Noch vor Stellung des Eintragungsantrags erhält G einen Brief der B, die auf ihrem ersten Rang besteht. G kümmert sich aber nicht darum.
In der Folgezeit bekommt die D-GmbH Appetit und will die C-GmbH übernehmen. Man einigt sich auf einen sogenannten „asset-deal“ und G wird zum Geschäftsführer der D bestellt, der für Werbung zuständig ist. H ist der für das übrige Geschäft der D zuständige zweite Geschäftsführer. Mit dem Vollzug der Übernahme wird der Angestellte F der D beauftragt, der die entsprechenden Vollmachten von C und D erhält. G informiert niemanden von dem Brief der B hinsichtlich des Rangs der Grundschuld. In der Folgezeit tritt F als Vertreter der C die Grundschuld formgerecht an die D, ebenfalls vertreten durch ihn, ab. Im Grundbuch wird nun die Grundschuld der D im 1. Rang eingetragen. Als B von den Vorgängen erfährt, ist sie empört. Sie wendet sich an die D
IV. Zahlungen bei bestehender Grundschuld Bei Zahlungen des Eigentümer/Schuldners an den Gläubiger kommt es darauf an, worauf er leistet: • Grds. freies Bestimmungsrecht des Schuldners (§ 366 Abs. 1); • Wille zur Doppeltilgung wird vermutet: • Forderung erlischt (§ 362 Abs. 1); • Grundschuld wird zur Eigentümergrundschuld (unstrittig), aber wie? §§ 1163 Abs. 1, 1177 Abs. 1 S. 1 nicht direkt anwendbar; analog? Oder §§ 1142, 1143 analog? Oder §§ 1168, 1170 f. analog? • Meist vereinbart: Zahlung nur auf Forderung. Dann Anspruch auf Rückübertragung aus Sicherungsabrede.
V. Ausgleich der Sicherungsgeber Fall: S hat ein Darlehen bei der X-Bank über 150.000 € aufgenommen. Zur Sicherheit stellt sein Freund F eine Buchgrundschuld über 200.000 € für die X und der Freund B verbürgt sich ihr gegenüber. Beide Formular-verträge enthalten eine Klausel, nach der die Sicherhei-ten der „Sicherung aller gegenwärtigen und künftigen Ansprüche“ der X dienen. F und B vereinbaren, dass F mit 80% haften soll. Später veräußert F sein Grundstück an D und tritt ihm alle Rechte aus dem Sicherungsver-trag mit X ab. Als S nicht mehr zahlt, nimmt X den B in Anspruch. Er zahlt 150.000 € wegen des Darlehens und 50.000 € wegen einer neuen Schuld des S. Die X tritt daraufhin die Grundschuld an B ab. Was kann B von D verlangen?
VI. Die Sicherungsgrundschuld Legaldefinition in § 1192 Abs. 1a: Eine Grundschuld, die zur Sicherung eines Anspruchs verschafft worden ist. • Auch die Sicherungsgrundschuld ist bei Entstehung, Bestand und Übertragung grundsätzlich unabhängig von der Forderung. • Dingliche und schuldrechtliche Ebene werden nur durch die Sicherungsabrede verknüpft. • Der Grundschuldgläubiger kann jederzeit die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben. • Der Sicherungsvertrag regelt, was er darf.
Beispiel: S hat ein Grundstück von V gekauft und zur Finanzierung ein Darlehen über 200.000 € bei der B-Bank aufgenommen. Als Sicherheit bestellt S der B eine Grundschuld in Höhe von 200.000 €. Im Sicherungsvertrag vereinbaren S und B, dass die B die Grundschuld verwerten darf, wenn S mit mehr als zwei Raten in Verzug ist. Welche Rechte hat S, wenn die B-Bank die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück betreibt, obwohl er pflichtgemäß zahlt?
Der Sicherungsvertrag geht grundsätzlich nicht mit der Grundschuld über. • Grundsätzlich ist bei einer Übertragung der Grundschuld nur der alte Gläubiger an den Sicherungsvertrag gebunden und muss auf die Einhaltung der Sicherungsabrede achten. Fall: S hat der B-Bank zur Sicherheit für ein Darlehen über 200.000 € eine Briefgrundschuld in derselben Höhe bestellt. Die B-Bank tritt ihre Darlehens-forderung und die Grundschuld dann schriftlich und unter Übergabe des Grundschuldbriefs an den X ab. Welche Einreden/Einwendungen kann S dem X nun entgegenhalten?
Einreden und Einwendungen gegen die Forderung nach § 404 BGB. • Keine forderungsbezogenen Einreden/Einwendungen gegen die Grundschuld • Einreden „gegen die Grundschuld“ nach § 1157: • Dingliche Einreden/Einwendungen • nach h.M. auch bei Übertragung bestehende (!) Einreden aus dem Sicherungsvertrag, die ebenfalls „gegen die Grundschuld“ gerichtet sein sollen. • Für Einreden nach Abtretung gilt § 1156. • § 1192 Abs. 1a überlagert nun § 1157: • Kein gutgläubiger einredefreier Erwerb mehr möglich. • § 1156 wird durch § 1192 Abs. 1a verdrängt („die sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben“).
Fall 1: S hat der B-Bank zur Sicherheit für ein Darlehen über 200.000 € eine Briefgrundschuld in der-selben Höhe bestellt. Die B-Bank tritt ihre Dar-lehensforderung und die Grundschuld dann schriftlich und unter Übergabe des Grundschuld-briefs an den X ab. S, der davon nichts mitbe-kommen hat, zahlt seine Raten weiter an die B-Bank, die ihn auch nicht aufklärt. Erst als das ganze Darlehen getilgt ist, meldet sich X und verlangt nunmehr Zahlung an sich. Die B-Bank ist in einer neuen Finanzkrise insolvent geworden. S ist nun ganz verzweifelt und wendet sich an Sie. Wie ist die Rechtslage?
Fall 2: Der Kaufmann K benötigte dringend neues Kapital und wandte sich zu diesem Zweck an seine Bank B. In ihren allgemeinen Kreditbedingungen sah die B vor, dass ihre Kreditnehmer zur Sicherheit Grundschulden bestellen müssten, auf die sie dann nach Belieben jederzeit zur Befriedigung ihrer Ansprüche zurückgreifen könne. K muss diese Bedingungen akzeptieren und bestellt der B zur Sicherheit für ein Darlehen über 100.000 € eine Briefgrundschuld an seinem Grundstück. Die Grundschuld wird eingetragen, und K übergibt den Brief an B. Später tritt B die Grundschuld an C ab, der nichts von der Sicherungsabrede weiß. Problem: Einrede des § 821 BGB bei Anspruch auf Rückgewähr wegen nichtigem Sicherungsvertrag aus § 812 BGB von § 1192 Abs. 1a BGB erfasst?
Abschlussfall (bayerische Examensklausur 2011-II ZR II): Der Tischler T betreibt seine Werkstatt auf seinem Grundstück. Zum Inventar gehören auch einige Säge-maschinen. Zur Finanzierung hat T einen Darlehensvertrag mit B abgeschlossen. Die Details soll T‘s Angestellter A aushandeln, den T zur Bestellung von Sicherheiten bis maximal 200.000 € bevollmächtigt. Im Namen des T einigt sich A mit B über eine Briefhypothek über 300.000 €, die auch in dieser Höhe im Grundbuch eingetragen wird. Das Darlehen wird dann in Höhe von 200.000 € ausgezahlt. An-schließend tritt B die Hypothek als Sicherheit in schriftlicher Form unter Übergabe des Hypothekenbriefs an die C-Bank ab. Nachdem T alles erfährt, erklärt er dem B, dass er so eine hohe Hypothek nicht akzeptiere. Kann T von B Zustimmung zur Löschung der Hypothek und von der C-Bank Herausgabe des Briefes verlangen?
T braucht weiter Geld und nimmt deshalb bei der G-GbR (bestehend aus A und B) ein Darlehen über 100.000 € auf. Zur Sicherheit bestellt T an seinem Hausgrundstück eine Briefgrundschuld, die über 100.000 € ins Grundbuch eingetragen wird. Da T ausnahmsweise Glück hat und 50.000 € im Lotto gewinnt, vereinbaren T und die G-GbR, dass nur 50.000 € ausgezahlt werden sollen. Später tritt C in die G-GbR ein, ohne dass dies im Grundbuch eingetragen wird. Die G-GbR, vertreten durch A und B, tritt dann die Grundschuld schriftlich unter Übergabe des Briefs an die X-Bank ab, ohne auf die Vereinbarung mit T hinzuweisen. Als T die 50.000 € an die G-GbR zurückgezahlt hat und den Brief verlangt, erfährt er alles und ist empört. Wie ist die Rechtslage? Was änderte sich, wenn T eine Hypothek bestellt hätte?
Literaturhinweise: • Goertz/Roloff, Die Anwendung des Hypothekenrechts auf die Grundschuld, JuS 2000, 762 ff. • Klose, Leistungen an den (Alt-)Gläubiger von Hypothek oder Sicherungsgrundschuld, JA 2013, 568 ff. • Maurer, Die Übertragung der Grundschuld nach § 873 I Fall 3 BGB: Schlichte Gesetzesanwendung und praktische Konsequenzen für § 399 Alt.2 BGB, JuS 2004, 1045 ff. • Meyer, Einwendungen und Einreden des Grundstückeigentümers gegen den Grundschuldgläubiger nach neuem Recht, Jura 2009, 561 ff. • Weller, Die Sicherungsgrundschuld, JuS 2009, 969 ff.