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Fachgespräch: Kein Platz für Familie? Inklusion am Beispiel Wohnen Inklusion und Wohnen Welchen Zusammenhang gibt es zwischen der Wohnumgebung und der gesellschaftlichen Inklusion? Welchen Stand haben dabei die Familien? Prof. Dr. Dr. Detlef Baum, Hochschule Koblenz
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Fachgespräch: • Kein Platz für Familie? Inklusion am Beispiel Wohnen • Inklusion und Wohnen • Welchen Zusammenhang gibt es zwischen der Wohnumgebung und der gesellschaftlichen Inklusion? • Welchen Stand haben dabei die Familien? Prof. Dr. Dr. Detlef Baum, Hochschule Koblenz Fachbereich Sozialwissenschaften Stadt- und Gemeindeforschung
Um was geht es im folgenden? • Analyse benachteiligter städtischer Quartiere, weil dort am deutlichsten der Raumbezug sozialer Probleme hervortritt, und in diesem Zusammenhang Familien, die durch ihre besonders prekäre soziale Lage mit besonderen Belastungen sozialkultureller und sozialökonomischer Integration zu kämpfen haben. • Immer mehr Familien in unteren und mittleren Einkommensgruppen sind entweder auf Hilfen wie Wohngeld angewiesen oder aber geraten vor allem in den Großstädten nach Abzug der Miete unter das soziokulturelle Existenzminimum. • Älter werdende oder alte Menschen sowohl in ihrer Situation als Alleinlebende als auch im Kontext von Familien, in den alte Menschen leben.
These:Es gibt einen Zusammenhang von sozialräumlicher Segregation von Wohnquartieren und sozialer Exklusion.
Sozialräumliche Segregation wird dann zum Problem, wenn sie zu negativen Segregationseffekten führt, die sich dadurch ergeben, dass die sozialräumliche Kumulation individueller Problemlagen, prekärer sozialökonomischer Lebenslagen oder psychosozialer Probleme in Verbindung mit der Struktur des Quartiers zu sozialer Exklusion führt.
Soziale Exklusion • meint zunächst einen mangelnden Zugang zu identitätsstiftenden und integrations- sichernden Institutionen und gesellschaftlichen Handlungsfeldern, zu Rechten und Märkten und zu öffentlichen Diskursen und Räumen, die erkennen lassen, dass man noch dazugehört, Teil einer res publica ist, an deren Gestaltung man mitwirken kann.
Ein Quartier wird dann zu einem benachteiligenden Quar- tier und führt zu sozialer Exklusion, wenn es folgende Merkmale aufweist: • eine mangelnde Infrastruktur für eine unmittelbare Grundversorgung, • eine geringe Ausstattung integrationssichernder Institutionen wie Kitas, Schulen, Bildungs- und Freizeitangeboten, • wenig attraktive und zugängliche öffentlichen Räume, Plätze und Aufenthaltsorte, • eine mangelnde Urbanität, also eine wenig ausgeprägte Spannung von Privatheit und Öffentlichkeit, • eine mehr oder weniger starke Abkoppelung des Quartiers von der ökonomischen, kulturellen und sozialintegrativen Kerndynamik der Stadt und damit verbunden, • ein erschwerter verkehrstechnischer Zugang zu Bereichen der Innenstadt, • der „schlechte“ Ruf des Quartiers in der Stadt.
2. These • Soziale Verortung gelingt nicht mehr alleine nur über den sozioökonomischen Status bzw. durch die Integration in den Arbeitsmarkt, sondern zunehmend auch durch die Integration in ein Wohngebiet, ein Quartier, ein Dorf, insgesamt in einen sozialräumlich bestimmten Kommunikationszusammenhang.
Es geht also • um das interdependente Verhältnis von Wohnung (innen) und der Struktur des Wohnumfeldes (außen) • um das dialektische Verhältnis von sozial- räumlicher Integration in ein Wohngebiet einerseits und der Sicherung eines soziökonomischen Status innerhalb oder außerhalb des Quartiers andererseits
Soziale Verortung in einen sozialräumlichen Kontext meint • Vertrauen zu haben, dass man seinen Alltag bewältigt im Kontext der nahräumlichen Strukturen und Bedingungen des Handels und Lebens; • anerkannt zu sein und das Gefühl zu haben, für andere relevant zu sein; • ein Gefühl der Zugehörigkeit entwickeln zu können.
Familien leiden in benachteiligten Quartieren unter folgenden Bedingungen • Die Wohnungsgröße und die räumliche Aufgliederung der Wohnungen lassen oft keine Rückzugsmöglichkeiten einzelner Familien- mitglieder zu. • Benachteiligte Quartiere erzeugen strukturell eine mentale Distanz zur Stadt. • Kinder in benachteiligten Quartieren sind zunächst auch auf ihr Quartier angewiesen, um ihre Erfahrungen zu machen. • Familien in prekären sozioökonomischen Verhältnissen leiden besonders unter der sozialräumlich segregierten Situation.
3. These: Mieten führen in die Armut • Familien in den unteren und mittleren Einkommensgruppen geraten in den Ballungsgebieten und Metropolregionen in die Situation, dass sie - nachdem sie die Miete bezahlt haben – oft in eine prekäre sozioökonomische Situation geraten, zumindest aber mit erheblichen Konsumeinschränkungen zu kämpfen haben.
4. These: • Die gesellschaftliche Integration von Familien hängt deshalb entscheidend von der Qualität einer kommunalen Wohnungspolitik und Stadtentwicklungs- politik ab.
5. These • Die Rahmenbedingungen des Sozialen müssen für Familien nicht nur erfahrbar werden; vielmehr kommt es darauf an, dass Familien das Gefühl entwickeln können, sie können das Soziale aktiv mitgestalten. • Familien müssen zur Akteuren gemacht werden die sich als Teil eines Gemeinwesens verstehen können, die an seiner Gestaltung interessiert sind.
Wir brauchen Beteiligungsmodelle • wo es auf der einen Seite um Aushandlungs- prozesse geht, in denen die Beteiligten sich gegenseitig respektieren können in ihren Argumenten und Geltungsansprüchen und auch die Bewohnerschaft solcher Quartiere zu den Beteiligten gehören. • Wo diese Form der Beteiligung gerade die Wohnbevölkerung solcher Quartiere stärkt in ihrer Identität und in ihrem Selbstverständnis, Akteur zu sein und nicht nur Objekt von Entscheidungen.
Wir brauchen eine Stadtteilentwicklungspolitik • Wir brauchen auch in „normalen“ Quartieren Stadtteilkonferenzen, in denen die für den Stadtteil politisch Verantwortlichen und die Bewohner im Diskurs Probleme bearbeiten und Interessen aushandeln • Wir brauchen assoziative Vernetzung von Bürgern auf Stadtteilebene, die ähnliche Interessen haben. • Wir brauchen eine stärkere institutionelle Vernetzung von Institutionen und Organisationen, die im Stadtteil wirken.
Für benachteiligte Quartiere gilt: • Familien brauchen einen mentalen Zugang zur Stadt als Handlungs-, Erlebnis-, Kultur- und Versorgungsraum. • Das setzt aber auf der anderen Seite voraus, dass auch die Stadtteilent- wicklungspolitik, ja die Stadtpolitik insgesamt einen strukturellen und mentalen Zugang zum Stadtteil entwickelt.
Fazit I • Wohnen ist eine der Schlüsseldimensionen eines Lebenslagenkonzepts, das zusammen mit anderen Dimensionen des Lebens den gesellschaftlichen Gesamthandlungsspielraum eines Individuums beschreibt, den es braucht, um Leben zu realisieren, von dem es sagt, dass es gelungen ist. • Die Art zu wohnen und die Bedingungen des Wohnens bestimmen nicht nur insgesamt die Lebensstilgestaltung, sondern auch das Prestige und die sozialen Integrations- oder auch Ausschlusspotentiale und auch das Maß sozialer Verortung.
Fazit II • Auf der kommunalen Ebene muss eine Sozialpolitik entwickelt werden, deren Leitmotiv sein muss, zumindest soziale Ausgrenzung auf zwei Ebenen zu verhindern: • Sie darf Quartiere als unattraktive Wohnstandorte nicht verkommen lassen, um die Spaltung der Stadtge- sellschaft zu verhindern. 2. Kommunen müssen sich Gedanken machen, wie sie die Wohnraumversorgung für untere und mittlere Einkommensgruppen derart sicherstellen, dass Familien angemessenen und zugleich bezahlbaren Wohnraum finden, um nicht Integrationspotentiale auf gesellschaftlicher Ebene zu zerstören (Beispiel Sozialisationsbedingungen und Bedingungen des Aufwachsens).