250 likes | 631 Views
Unterschiedliche Methodologien der IB: Die Epistemologie einer Wissenschaft (Kurzfassung). Was ist eine Theorie ?. Theorie ist “…das Netz das wir auswerfen, um die Welt einzufangen – um sie zu rationali-sieren, zu erklären und zu beherrschen."
E N D
Unterschiedliche Methodologiender IB: Die Epistemologie einer Wissenschaft (Kurzfassung)
Was ist eine Theorie ? Theorie ist “…das Netz das wir auswerfen, um die Welt einzufangen – um sie zu rationali-sieren, zu erklären und zu beherrschen." Karl Popper. Logik der Forschung, 6.Aufl. Tübingen 1976 Oder: Theorien helfen bei der Orientierung in einer komplexen Wirklichkeit
Kennzeichen von Theorie Anspruch auf objektive Erkenntnis • Alltagspraxis: nur Behauptungen ohne weitergehende Sicherheit • Theorie: Besonderer Geltungsanspruch macht Begründung notwendig Geltungsanspruch wird durch Meta-Theorie begründet (“Theorie über Theorie”) – das führt zur Erkenntnistheorie Erkenntnistheorie: Wie und wieso wird etwas als “wahr” erkannt? Welche Kriterien besitzen wir zur Bestimmung der Gültigkeit unserer Aussagen ?
Erkennendes Subjekt Erkenntnis- objekt Erkenntnis Erkenntnis (Schema) grauen Himmel Mensch sieht („erkennt“) folgert handelt danach Regenschirm mitnehmen bald regnet‘s
Erklären Erkenntnis der Mechanismen und Prozesse menschlichen Zusammenlebens, ihrer Gesetze und deren Beeinflussung Verstehen Einsicht in die Zusammenhänge (vorgegebener) menschlicher Ordnung, ihrer Grundsätze und Ziele 1. Generelle Unterschiede Wissen-schaft strebt nach
Verstehen • Geltungsgrund: Offenbarung; dem Wissenschaftler enthüllen sich die Seinswahrheiten als • den Dingen innewohnende Idee (Platon) • Göttlicher Wille (Mittelalter) • Ausfluss der menschlichen Natur • Ziel: theoretische bzw. normative Orientierung des Menschen in seiner Welt • Erklären • Geltungsgrund:Nachprüfbarkeit des methodischen Vorgehens • i.d. Regel Sammlung empirischer Beobachtungen, Hypothesenbildung, Formulierung von auf nicht falsifizierten Kausalaussagen beruhender Theorien • Ziel: Rationalisierung, Erklärung, Beherrschung der Welt 1. Generelle Unterschiede
2. Erkenntnisinteressen bei Habermas Forschungsprozesse lassen sich ordnen nach drei Kategorien, die jeweils von einem anthropologisch tiefsitzenden Erkenntnisinteresse geleitet werden und dem Interessenzusammenhang einer menschlichen Gattung entspringen, die sich über Arbeit, Sprache und Herrschaft vergesellschaftet. Technisches Erkenntnisinteresse der Erfahrungswissenschaften Erschliessen die Wirklichkeit unter dem Erkenntnisinteresse der Verwertbarkeit, dem Interesse an zuverlässiger Voraussage und Kontrolle von Ereignissen in der Welt, um die materielle Reproduktion des Lebens sicherzustellen oder zu erweitern. Praktisches Erkenntnisinteresse der historisch-hermeneutischen Wissenschaften Erschliessen die Wirklichkeit unter dem Erkenntnisinteresse des Sinnverständnisses, der Herstellung/Bewahrung zuverlässiger Intersubjektivität, die erst gegenseitiges Verstehen und Selbstverständigung sicherstellt Emanzipatorisches Erkenntnisinteresse der kritischen Wissenschaften Erschliessen die Wirklichkeit unter dem Erkenntnisinteresse der (Selbst-) Befreiung der Menschen von den für naturwüchsig gehaltenen Zwängen undurchschaubarer Gewalten durch Selbstreflexion, Einsicht und Aufklärung.
Erkenntnistheoretische Grundpositionen • • Realismus versus Idealismus • • Empirismus versus Rationalismus • • Skeptizismus
Grundpositionen 1 • Realismus Wirklichkeit existiert unabhängig von uns, ist durch Wahrnehmung bzw. Denken erfahrbar. Konsequenz: Theorie als Versuch der adäquaten Wirklichkeitsabbildung • Idealismus nur geistige Wirklichkeit ist gegeben; Erkennbarkeit einer “äußeren” Wirklichkeit wird geleugnet, deren Existenz wird von extremen Vertretern des I. sogar bestritten. Konsequenz: Theorie beschreibt nichts tatsächlich Existierendes; der Wert einer Theorie bestimmt sich ausschließlich aus ihrem (instrumentellem) Nutzen
Grundpositionen 2 • Empirismus Sinneserfahrung ist die alleinige oder zumindest wichtigste Erkenntnisquelle. Konsequenz: Theorie stellt die Zusammenfassung der in Beobach-tungen und Experimenten gesammelten, möglichst zuverlässigen Erfahrungen dar. • Rationalismus Form und Inhalt allen Wissens liegt primär in Verstand und Vernunft begründet. Konsequenz: Theorie ist keine Sammlung voraussetzungsfreier Erfahrungen, Primat der Theorie über die Erfahrung. • Skeptizismus generelle oder teilweise Leugnung von Erkenntnismöglichkeiten Konsequenz: Ende wissenschaftlicher Aktivitäten als Erkenntnismittel ???
Literaturtipp • Gerhard Schurz: Einführung in die Wissenschafts-theorie. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft 2006 • Helmut Seiffert: Einführung in die Wissenschafts-theorie. 11. Aufl., 3 Bde., München: C.H.Beck 2006ff
Überprüfung wissenschaftlicher Aussagen Es gibt keine »reinen« Tatsachen! Jede Tatsache, jede Beobachtung ist vielmehr immer schon geformt durch die Kenntnisse des Beobachters, durch die Sprache, in der Tatsachen erfasst und dargestellt werden. Oder anders: jegliche Erkenntnis ist theorieabhängig Theoretische Aussagen THEORIE Beobachtungssätze Empirie
Erklärung • Im wissenschaftlichen wie im vorwissenschaftlichen Bereich ist die Grundstruktur der Erklärung nichts anderes als die Rückführung von Unbekanntem auf Bekanntes. Ein Ereignis gilt in der vorwissen-schaftlichen Alltagserkenntnis bereits als erklärt, wenn ein in anderen Zusammenhängen bereits bekannter Gegenstand, Sachverhalt oder eine Handlung als unmittelbare, natürliche oder konkrete Ur-Sache angegeben werden kann. • Die wissenschaftliche Erklärung unterscheidet sich davon lediglich durch ihre Allgemeingültigkeit, die durch das Aufstellen einer allgemeinen Gesetzesaussage gekennzeichnet ist, die nicht nur für ein bestimmtes Ereignis, sondern für den gesamten Ereignistypus gilt. Dadurch wird ein zufälliges Ereignis zu einem notwendigen oder wahrscheinlichen und ein unvorhersehbares Ereignis zu einem vorhersehbaren gemacht. In der wissenschaftlichen Erkenntnis heißt das, daß jede echte, d. h. korrekte Erklärung auch potentiell eine Prognose sein muß. • Für die Korrektheit einer Erklärung ist in jedem Fall die genaue Beschreibung des Ereignisses entscheidend. Denn diese liefert erst das Material für die richtige Erklärung. Wird dieses Material nicht berücksichtigt, dann kommt es zu Scheinerklärungen. Beispiele sind das schlechte Horoskop des Autolenkers bei einem Verkehrsunfall oder Horoskope über den Ausgang von Feldzügen und Schlachten.
Positivist theory creation and testing hypotheses logical deduction predictions theory amended Prediction not fulfilled, theory appears inconsistent with the facts empirical observation either or Prediction fulfilled, theory appears consistent with the facts theory discarded, new theory needed theory correct
Literaturtipp • Scott Gordon: The History and Philosophy of Social Science. London: Routledge 1991 • Theodore M. Porter/Dorothy Ross (eds.): The Cambridge History of Science. Vol. 7: The Modern Social Sciences. Cambridge: Cambridge UP 2003 • http://plato.stanford.edu/entries/scientific-explanation/ • http://www.iep.utm.edu/e/explanat.htm
Logischer Empirismus • aus dem Wiener Kreis (u.a. Rudolf Carnap, Ernst Mach, Otto Neurath, Moritz Schlick) entstanden, als Reaktion auf den stark spekulativ gefärbten Wissenschaftsbetrieb des 19. Jhs.; Vorbildwissenschaft: Physik • Grundposition: alle wissenschaftlichen Aussagen sind entweder • analytisch => gegenüber Erfahrung immun, oder • synthetisch => wahr oder falsch gemäß Beobachtung • synthetische Aussagen • nur dann sinnvoll, wenn verifizierbar • verifizierbar heißt: Aussage H läßt sich aus Protokollsätzen B logisch ableiten – (B1 und B2 und ... und Bn) impliziert H • Induktionsprinzip: – Der Forscher versucht, “aus ein- oder mehrmaliger Beobachtung eines gewissen Bedingungsverhältnisses auf seine allgemeine Gültigkeit zu schließen” (Carnap, 1926:8) • neben dem Induktionsprinzip hohe Bedeutung der deduktiv-nomologischen Methodologie; Hypothesen werden deduktiv aus der Theorie abgeleitet Literatur: Carnap, Rudolf: Physikalische Begriffsbildung. Karlsruhe 1926
Logischer Empirismus:Grundzüge • Basiselemente wissenschaftlicher Erkenntnis sind sinnliche Beobachtungen • theoretische Begriffe werden nur zugelassen, wenn sie aus Beobachtungen abgeleitet werden können; scharfe Trennung zwischen Beobachtung und Theorie • Wissenschaft hat eine deduktiv-nomologische Struktur; alle Wissenschaften benutzen die gleiche Methode und können daher vereinheitlicht werden (Physik als Wurzel der Einheit) • bei der Beurteilung wissenschaftlicher Produkte zählt nur der “context of justification” (Primat der Logik) • Wissenschaft ist kumulativ; wissenschaftlicher Fortschritt nützt der Gesellschaft
Sir Karl Popper (1902-1994)und die Logik der Forschung Karl Popper hat in seiner Logik der Forschung (1935) ein Modell der Wissenschaftsentwicklung entworfen, das von einer ständigen Verbesserung unseres Wissens durch empirische Forschung ausgeht. Dabei werden aus Theorien Hypothesen abgeleitet; deren empirische Überprüfung führt zur Verbes-serung der Theorien, im negativen Fall zur Einschränkung ihres Geltungsbereiches oder gar zu ihrer Verwerfung. Wissenschaft führt auf diese Weise zu einer kontinu-ierlichen Optimierung unseres Wissens. • Kumulatives Wissenschaftsverständnis
Literaturtipp • Karl R. Popper: Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie. Hg. T.E. Hansen. Tübingen: Mohr/Siebeck 1979 • Karl R. Popper: Logik der Forschung. 10.verb.u.verm. Auflage Tübingen: Mohr/Siebeck 1994 • Nützliche Website: http://www.raffiniert.ch/spopper.html
Kritischer Rationalismus • Falsifizierbarkeit als zentrales Kriterium: Aussagen einer Theorie müssen an der Empirie scheitern können • Nach Popper besteht eine Asymmetrie zwischen der Verifikation und Falsifikation von wissenschaftlichen Hypothesen: • Die Allgemeingültigkeit von naturwissenschaftlichen Hypothesen kann niemals definitiv bewiesen werden (Poppers Fallibilismus). Man kann aber Hypothesen empirisch überprüfen und ggf. widerlegen, wenn empirische Daten im Widerspruch zu den Vorhersagen der Theorie stehen (Poppers Falsifikationismus) • Zur Überprüfung von wiss. Hypothesen werden aus-schließlich deduktive, keine induktiven Methoden benötigt (Poppers Deduktivismus)
Poppers Modell der empirischen Überprüfung Wissenschaftliche Theorien und Hypothesen Empirisch nachprüfbare Vorhersagen Beobachtung Messung Experiment Übereinstimmung Nicht-Übereinstimmung Vorläufige Bestätigung der Theorie Falsifikation Ggf. neue Theorie formulieren Quelle: Lauth/Sareiter: Wissenschftliche Erkenntnis, Paderborn 2002, S. 98
Poppers Überprüfungs-Modell (2) • Wir überprüfen wissenschaftliche Theorien, indem wir empirisch nachprüfbare Vorhersagen aus der Theorie ableiten (1. Schritt). • Die Vorhersagen müssen mit den Ergebnissen von entsprechenden Beobachtungen, Messungen und Experimenten verglichen werden (2. Schritt). • Wenn die Versuchsergebnisse mit den Vorhersagen übereinstimmen, gilt die Theorie als vorläufig (!) bestätigt. • Wenn die Versuchsergebnisse nicht mit den Vorhersagen übereinstimmen, gilt die Theorie als „falsifiziert“ und muss durch eine bessere Theorie ersetzt werden.
Literaturtipp • Lothar Schäfer: Karl R. Popper. München: C.H.Beck 1988 • Martin Morgenstern/Robert Zimmer: Karl Popper. München: dtv 2002 • Herbert Keuth: Die Philosophie Karl Poppers. Tübingen: Mohr/Siebeck 2000 [ UTB Wissenschaft] • Paul Arthur Schilpp (ed.): The Philosophy of Karl Popper, 2 Bde., La Salle, Ill.: Open Court 1974