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Viertes Buch: Reifezeit

J.-J. Rousseau: Emile oder über die Erziehung. Viertes Buch: Reifezeit. Erziehung Moral, Gesellschaft und Religion. Seminar Geschichte der Pädagogik FS 2008 lic.phil. Christine Ruckdäschel. Sitzung vom 23. April 2008. Abschnitt S. 236-275 Erziehung in der Reifezeit

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Viertes Buch: Reifezeit

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Presentation Transcript


  1. J.-J. Rousseau: Emile oder über die Erziehung Viertes Buch: Reifezeit Erziehung Moral, Gesellschaft und Religion Seminar Geschichte der Pädagogik FS 2008 lic.phil. Christine Ruckdäschel

  2. Sitzung vom 23. April 2008 • Abschnitt S. 236-275 • Erziehung in der Reifezeit • Erziehung, Gehorsam und Dankbarkeit • Moral und Fabeln • Erfahrung • Gott und Religion

  3. Wiederholung vom letzten Mal • Emil ist nun im „kritischen Alter“ und braucht Unterhaltungen, die ihn zurückhalten • Drei Grundregeln, die sich auf Mitleid beziehen • Resultate einer idealen Erziehung sind laut Rousseau nicht auf den ersten Blick erkennbar • Hinauszögern als wirksames Bildungsmittel • Durch die Natur (biologische Geschlechtsreife) werden die Menschen durcheinandergebracht; mit Hilfe anderer Menschen soll Orientierung gefunden werden • Damit Emil in der Gesellschaft leben kann, muss er wissen, mit wem er es zu tun hat

  4. Begriffe rund um Mitleid • Glück: momentaner Zustand, Ereignis von positiver Valenz • Sicherheit: relativer Begriff der Abwesenheit von Gefährdung • Bettler: unterschiedliche Arten von demonstrierter Bedürftigkeit • Empathie: sich in andere hineinversetzen und mitfühlen • Idol: Vorbild und Orientierung

  5. Womit ist Mitleid eher verknüpft: mit Selbstliebe oder mit Eigenliebe?

  6. Erziehung in der Reifezeit • Reifezeit ist die Zeit, in der Emil begreifen wird, was er dem Erzieher zu verdanken hat (S.237) • Aber Vorsicht: der Erzieher hat kein Recht, für die Fürsorge Gehorsam zu verlangen • Emil lernt so von alleine lieben und das Verhältnis von Erzieher zu Zögling nähert sich einer Freundschaft an • Wahrheit der ersten Geburt: Säugling kann ohne Hilfe nicht überleben;Wahrheit der zweiten Geburt: Menschen sind nicht dazu bestimmt, alleine zu leben

  7. Aufgabe I • Lesen: S. 236-238 • Paradoxien anhand desDiskussionsleitfadens bearbeiten • Diskussion

  8. Menschen zur Auseinandersetzung • Blick von sich selbst auf andere löst einen Vergleich aus und den Wunsch, der Beste zu sein • Menschen sind unterschiedlich • „Im Naturzustand gibt es eine echte und unzerstörbare Gleichheit, da es in diesem Zustand unmöglich ist, dass der blosse Unterschied zwischen Mensch und Mensch gross genug wäre, um sie voneinander abhängig zu machen.“ (S.240) • Emil soll mehr mit anderen als mit sich selbst umgehen; sie täuschen sich untereinander, achten ihn aber  Mitleid

  9. Natur und Gesellschaft als Extreme • Das Umfeld eines jungen Mannes soll so gewählt werden, dass er nur Gutes von den Menschen um ihn herum denkt • Die Welt aber soll er so kennen lernen, dass er nur Schlechtes von ihr denkt • Er soll wissen, dass der Mensch von Natur gut ist; dass er aber sieht, wie die Gesellschaft den Menschen verdirbt und widernatürlich macht • Den einzelnen achten, die Masse verachten • Das Leben ist ein Maskenball, aber manchmal ist das Gesicht schöner als die Maske

  10. Voraussicht des Lehrers • „Ich kenne nichts dümmeres als das Wort: Ich habe es dir ja gesagt!“ (S. 254) • Jeder Fehler ist ein Zügel, den Emil dem Erzieher gibt, um ihn im Notfall daran festzuhalten • Die grösste Kunst des Lehrers: Gelegenheiten so herbeiführen, dass er schon vorher weiss, wann Emil nachgeben und wann er stur bleiben wird  aus der Erfahrung heraus belehren, ohne allzusehr zu gefährden

  11. Zeit der Fehler, Zeit der Fabeln • Fabel als Mittel des Tadels (belehren, ohne zu verletzen) • Andere machen Fehler, verhalten sich falsch und der Zuhörer kann daraus lernen • Das einfachste Mittel, alle Probleme der Reifezeit zu lösen wäre, Emil schnell zu verheiraten – Rousseau hält es aber für besser, die Heirat bis zur Reife hinauszuzögern

  12. Fabel „Der Hahnenkampf“ von Wilhelm Busch Der Gickerich, ein Gockel fein,Schaut in den Topf voll Brüh hinein.

  13. Ein zweiter, Gackerich genannt,Kommt auch sogleich herzugerannt.

  14. Und jeder langt mit MüheIm Topfe nach der Brühe.

  15. Der Gicker- und der GackerichBetrachten und fixieren sich.

  16. Zum Kampf gerüstet und ganz nah,So stehn sie Aug' in Auge da.

  17. Sie fangen mit den TatzenEntsetzlich an zu kratzen

  18. Und schlagen sich die SporenUm ihre roten Ohren.

  19. Jetzt rupft der Gickerich, o Graus,Dem Gackerich die schönste Feder aus.

  20. Doch Gackerich, der erst entfloh,Macht's jetzt beim andern ebenso

  21. Und zieht den Gickerich noch obendreinBeim Schopfe in den Topf hinein

  22. Da kämpfen sie noch ganz erhitzt,Daß rund herum die Brühe spritzt.

  23. Und keiner hält sich für besiegt,Obschon der Topf am Boden liegt.

  24. Jetzt kommt der Schnauzel hergerenntUnd macht dem ganzen Streit ein End.

  25. Sieh da, die Hähne gehn nach HausUnd sehen ganz erbärmlich aus.

  26. Der Schnauzel frißt den Rest der Brüh',Den Schaden hat das Federvieh.

  27. Fabeln als Transportmittel moralischer Werte • Fabeln als „Lernhilfe“ im „Menschenstudium“: anhand der Geschichte von Tieren mit zugeschriebenen Eigenschaften wird richtiges und falsches Verhalten beschrieben • Übergangshilfe von der Kindheit in das Alter, in dem Emil Verantwortung übernehmen soll • „Dreiklang der Moral“:1. Gewissen, um das Gute zu lieben2. Vernunft, um das Gute zu erkennen3. Freiheit, das Gute zu wählen und zu entscheiden

  28. Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten • S. 266: Idee eines Stufenmodells, ähnlich dem von Piaget • Religion kann erst nach dem ersten Alter des Schülers thematisiert werden (Reifezeit) • „Der Glaube der Kinder und vieler Erwachsener ist eine Sache der Geographie“ (S. 267)

  29. Religion • Rousseau: Auseinandersetzung des Menschen mit seinem Gewissen ist gewissermassen „Gottesdienst in sich selbst“ (Hegel) • Für Rousseau ist Gottes Existenz unbezweifelt: • Schöpfungsglaube: die Welt ist so komplex, sie kann nicht einfach so existieren, ohne Urheber • Gesellschaftsglaube: die Hand des genialen Baumeisters scheint im Durcheinander und Gegeneinander der Gesellschaft kaum noch erkennbar (Freier Wille brachte den Menschen zur „Entartung“) • Persönlicher Glaube: bürgerlicher und nicht-bürgerlicher (privater) Teil

  30. Überzeugung: Zum Menschen gehört immer ein Gott Rousseau schreibt in einem Brief an Carondelet:Die Tugend wird zerstört, wenn Menschen den Glauben verlieren oder wenn er ihnen genommen wird. Ohne Glauben eben keine Moral! Darin liegt der Grund, dass alle Völker der Erde einen Gott kennen, unabhängig davon, nach welcher Mode sie ihn kleiden mögen. Und deswegen gehört zum Menschen, wie er sich auch dreht und wendet, letzten Endes immer ein Gott.

  31. Abschluss-Diskussion • Moral, Kognition und Religion:Inwiefern hängen diese drei zusammen?Kann z.B. Moral sich unabhängig von der Kognition entwickeln?

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