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Samuel Pfeifer. Sensibel sein und trotzdem stark bleiben. Vom Umgang mit Sensibilität. Kapitel 15. Sich schützen und sich Gutes tun. 1. Finden Sie die Balance zwischen Überaktivität und Rückzug! 2. Lernen Sie die eigene Körpersprache zu verstehen!
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Samuel Pfeifer Sensibel sein und trotzdem stark bleiben.Vom Umgang mit Sensibilität
Kapitel 15 Sich schützen und sich Gutes tun 1. Finden Sie die Balance zwischen Überaktivität und Rückzug! 2. Lernen Sie die eigene Körpersprache zu verstehen! 3. Bejahen Sie die Grenzen Ihrer Sensibilität! 4. Nehmen Sie nicht alles persönlich! 5. Gönnen Sie sich Zeit und Ruhe für sich selbst! 6. Übernehmen Sie nicht zuviel Verantwortung! 7. Erklären Sie andern Ihren Zustand! 8. Erkennen Sie Ihren Schatten und arbeiten Sie an Ihren Schwächen!
Drei Konzepte • Sensible Menschen haben eine “dünne Haut“ • Behandlung ähnlich wie bei der Hautpflege • Schutz • Pflege • Balance Zusammentragen: Was könnte das bei Sensibilität bedeuten?
„Too much in – too much out“: • Es gibt zwei Arten, wie Menschen mit ihrer Sensibilität umgehen: Die einen ziehen sich in ihr Schneckenhaus zurück, die andern aber sind unruhig, überaktiv und angespannt wie ein Pfeilbogen. Die einen sind zu viel drinnen, die andern zu viel draußen. Die einen schützen sich übermäßig, die andern überfordern sich. Manchmal kommt es auch zu einem Muster, das zwischen den beiden Extremen hin- und her schwingt. (nach Elaine Aron)
Welcher Typ sind Sie? • Fragen Sie einmal Ihre Eltern, wie Sie als Baby und als kleines Kind waren. • „Weit offene interessierte Augen – ein Schreibaby – nichts war vor ihm sicher – schwierig – hat nie geschlafen – kränklich – rasch müde – so brav, ich kann mich gar nicht erinnern – hat viel gelächelt – spielte stillvergnügt für sich allein – ängstlich – ständig am Rockzipfel.“ • Oft erkennen Sie aus diesen Beschreibungen etwas von dem, wie Sie sich heute dem Leben stellen.
1. Balance finden • Die stillen Sensiblen („too much in“) • Schüchternheit ist nicht nur negativ • Innenraum ausbauen • aus der Stille manchmal bewusst nach aussen treten (gute Ratschläge an andere weitergeben, Briefe schreiben, Gedichte, Malen etc.) • weitere Beispiele, aus der Stille herauszutreten?
1. Balance finden - 2 • Die Überaktiven („too much out“) • Betriebsamkeit wirkt vordergründig stark • Überkompensieren: Ankämpfen gegen Schwachheit,, es sich selbst und den andern zeigen • Aufputschen mit Kaffee und Medikamenten • Nicht mehr abschalten können • Balance • bewusst Stille suchen • „Ich muss nicht immer stark sein!“
2. Körpersprache verstehen lernen! • Symptome kennen, die als Alarmzeichen eine seelische Überforderung signalisieren? • Zeichen von Dauerstress: Verdauungsprobleme, Muskelverspannungen, ständige Müdigkeit, Schlafstörungen, Migräne oder ein empfindlicheres Immunsystem, das uns anfällig macht für Erkältungen und Grippe. • WEITERE SYMPTOME ZUSAMMENTRAGEN • Diese vegetativen Symptome sind feine Warnzeichen, die Grenzen anzeigen – oft lange bevor es Ihr Kopf zugeben will!
3. Grenzen der Sensibilität bejahen • Was blühen soll, braucht besondere Pflege! • Ich brauche mehr Ruhe als andere (Zeit einplanen!) • Vergleichen Sie nicht mit anderen: „Ich mache einiges, aber nicht so viel wie andere. Ich muss mich nicht mit den Starken vergleichen. Ich darf mich zurückziehen, wenn es mir zuviel wird.“ • Stufenweise Anstrengung planen, aber mit „Sicherheitsleine“. • „selektive Exposition“
Beispiele: Leben mit Grenzen • z.B. eine Reise planen, aber genügend Ruhetage vorsehen; einen Kurs besuchen, aber daneben andere Aktivitäten zurückstellen; ein Familienfest organisieren, aber nicht alles selber machen. • WEITERE BEISPIELE ZUSAMMENTRAGEN
Der Blumengarten • Was blühen soll, braucht Schutz. • Grenzen geben Sicherheit. Sie stecken einen Raum ab, in den nicht jeder eindringen darf, wo nicht irgend ein streunender Hund die zarten Pflanzen zertreten kann. • Der Blumengarten ist zwar abgegrenzt, aber innerhalb des Zaunes um so schöner gepflegt. • Bild für den Umgang mit Sensibilität: Wer ein Ja zu seinen Grenzen findet, erlebt gerade in dieser Einschränkung einen neuen überschaubaren Raum, in dem Duft und Farbe des Lebens sich entfalten kann.
„Begabung und Verletzlichkeit sind oft wie siamesische Zwillinge, die nur gemeinsam existieren können. Diese Verbindung ermöglicht Sternstunden, verursacht aber auch Enttäuschung und Schmerz.“ A. Pfeifer
4. Nicht alles persönlich nehmen! • Abstand von Problemen anderer Menschen bedeutet nicht, dass ich sie nicht gern habe. • Wehren Sie sich gegen die ständige Informationsflut! • Welche Gefühle übertrage ich auf andere? • Harmoniebedürfnis wird zum Bumerang für Beziehungen • Übermässige „Beziehungsgespräche“ belasten eine Beziehung.
Ein Gebet um inneren Abstand „Herr, lehre mich schweigen. In mir ist so viel Lärm. Meine Gedanken sind verwirrt von der Unruhe des Tages. Bilder bedrängen mich; Nachrichten und Auseinandersetzungen zerstreuen meine Kräfte. Herr, lehre mich Abstand gewinnen von den Dingen, die wichtig scheinen, es aber nicht sind. Gib mir Teil an deiner Ruhe, schon heute.“
5. Zeit und Ruhe für sich selbst! • Sensible Menschen haben ein erhöhtes Bedürfnis nach Zeit und Ruhe für sich selbst. • Schlafmanko fatal. • Sich lösen von drängenden Aufgaben des Alltags. • Bewusst Stille suchen! • Was ist Ihr bevorzugter Raum der Stille?
6. Nicht zu viel Verantwortung! • sich lösen von übermäßiger Gewissenhaftigkeit und Perfektionismus • Überverantwortlichkeit für Kinder, alternde Eltern, Ehemann, Nachbarn etc. • Bewusst „Nein“ sagen lernen! • Wer sich übermäßig verausgabt, der hat keine Energie mehr zum Helfen und keine Kraft mehr für sich selbst.
7. Andern den Zustand erklären • Spannungsfeld zwischen eigenen Grenzen und dem Wunsch nach Beziehungen. • Liebe hilft zu verstehen und zu akzeptieren. • Dem Partner seine Bedürfnisse mitteilen, aber ihm auch Freiheiten zugestehen. • BEISPIEL einer Mitteilung an Bekannte: „Seit meinem Schleudertrauma vor drei Jahren habe ich viel weniger Kraft als früher. Ich pflege kaum Beziehungen nach außen, nicht weil mich die Menschen nicht interessieren oder mir das Leben um mich herum gleichgültig ist; nein, ich benötige meine vorhandenen Kräfte für mich, meinen Alltag, die Betreuung unserer kleinen Tochter und das Zusammenleben mit meinem Mann. Ich bin immer noch sehr auf Ruhe und Erholung angewiesen.“
8. Den eigenen „Schatten“ erkennen • Wo Licht ist, da ist auch Schatten. • Nicht nur gute Strebungen, sondern auch Eigensinn, Eifersucht, Abhängigkeit, Nörgelei, nachtragender Groll oder übermäßiges Drehen um sich selbst. • Verletzte Menschen verletzen andere. • Brüske Reaktionen – „Die Stacheln der Schwachen“. • Gefahr: Alkohol kann Reaktionen verstärken.
Platz für eine Blüte Kein Kaktus hat so viele Stacheln, dass da nicht auch noch Platz für eine Blüte wäre!
Was bringen Medikamente? • Überempfindlichkeit auf kleinste Medikamentendosen • Schlaflosigkeit, Ängste, Unruhe, Unfähigkeit allein zu sein. • Grundspannung --- vegetative Reaktionen, wie ein Zündfunke in einer Pfütze Benzin.
Was der Arzt beachten sollte • Sensible Menschen haben vermehrt vegetative Reaktionen, erhöhte Angst in der ärztlichen Untersuchung, vermehrte Schmerzreaktionen. • Sie wirken behutsam, kompliziert im Erklären, zeigen innere Spannung. (und erinnern sich nachher nicht mehr genau, was gesagt wurde). • Bewusst „in einen anderen Gang schalten“ – Zeit reservieren. • Ermutigen, Begleitperson zur Unterstützung mitzubringen.
Was ist in de Seelsorge zu beachten? • Einfühlung in des Leiden sensibler Menschen. • Wissen um die Grenzen hochsensibler Menschen – Nicht-wollen können. • Ziel von Seelsorge und Therapie ist inneres Wachstum und seelische Reife. • Lernen, mit einem Maß von Ungewißheit zu leben und Spannungen zwischen Wunsch und Wirklichkeit auszuhalten. Nicht immer kann Nächstenliebe und persönliches Wohlergehen in völligem Einklang stehen. • Glaubensressourcen nutzen, auch in den Einschränkungen der Sensibilität.
Die Gezeiten des Lebens kennen • Reife Menschen sind sich bewußt, dass jede Phase ihres Lebens ihre eigene Herausforderung in sich trägt. • Reife bedeutet nicht Passivität, sondern zu erkennen, wann die Zeit für mutige Schritte gekommen ist, im Kleinen wie im Großen. • WACHSTUM: Die Jahresringe sensibler Menschen werden nicht immer gleichmäßig sein, denn sie spüren in besonderem Maße die Dürre der Depression und die Überschwemmung durch die Angst, die eisige Erstarrung ihrer Hemmungen und die Sturmböen seelischer Erregung. • REIFE IN GRENZEN: lernen, sich mit Schwachheit anzunehmen, Spannungen auszuhalten und sogar daran zu wachsen.
Die innere Welt als Schutz Sensible Menschen mögen (im KZ) viel seelischen Schmerz erlebt haben, aber der Schaden für ihr inneres Leben war geringer. Sie waren in der Lage sich in ein Leben inneren Reichtums und geistiger Freiheit zurückzuziehen. Nur so kann man den offensichtlichen Widerspruch erklären, dass ausgerechnet weniger starke Gefangene das KZ besser überlebt haben als diejenigen mit einer robusteren Natur. Viktor Frankl
Der Engel der Stille (A. Grün) "Gerade wenn Du viel mit anderen Menschen zu tun hast, wenn viele etwas von Dir wollen, wenn Du Dich in intensiven Gesprächen auf sie einlässt, brauchst Du den Engel der Stille, der die vielen Worte, die Du täglich hörst, in Dir zum Schweigen bringt. Nur wenn Du in Berührung bist mit diesem inneren Raum der Stille, kannst Du dich ohne Angst auf Menschen einlassen."
Das Buch zum Thema Samuel Pfeifer Der sensible Mensch. Leben zwischen Begabung und Verletzlichkeit. Brockhaus. ISBN 3-417-11803-4 The End