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1. Erfüllung und Surrogate - Bewirkung der Leistung - Erlass - Aufrechnung 2. Drittbeteiligung am Schuldverhältnis - Abtretung - Personenmehrheiten 3. Leistungsverzögerung - Erfüllungsanspruch - Rücktritt - Schadensersatz statt der Leistung 4. Leistungsbehinderung.
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1. Erfüllung und Surrogate - Bewirkung der Leistung - Erlass - Aufrechnung 2. Drittbeteiligung am Schuldverhältnis - Abtretung - Personenmehrheiten 3. Leistungsverzögerung - Erfüllungsanspruch - Rücktritt - Schadensersatz statt der Leistung 4. Leistungsbehinderung 5. Schuldner- und Gläubigerverzug 6. Haftung wegen Rücksichtspflichtverletzung und Drittwirkung des Vertrags - „Positive Vertragsverletzung“ - culpa in contrahendo - Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Drittschadensliquidation 7. Widerrufsrechte 8. VorformulierteGeschäftsbedingungen Gliederung
Erfüllung und Surrogate Bewirkung der Leistung – Erlass – Aufrechnung
Die Erfüllung einer Schuld … … begründet eine Einwendung gegen den Anspruch des Gläubigers (§ 362 Abs. 1 BGB). Beispiel: K entdeckt beim Antiquitätenhändler V drei chinesische Vasen desselben Typs. Er einigt sich mit V darauf, dass dieser eine der Vasen zu Kasimirs Wohnung liefert. Als V Tags darauf bei Kasimir erscheint, nimmt dieser die Vase entgegen und zahlt wie vereinbart € 500. Lösung: Der Anspruch des K auf Lieferung der Kaufsache aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB ist durch die Vereinbarung im Laden des V entstanden und nach § 362 Abs. 1 BGB durch Übereignung und Übergabe wieder erloschen. Dasselbe gilt für den Anspruch des V auf Zahlung des Kaufpreises aus § 433 Abs. 2 BGB.
Die Erfüllung einer Schuld… … erfordert keinen zusätzlichen Vertragsschluss (neben der dinglichen Einigung nach § 929 BGB) weil so dem Gläubiger, der die Erfüllung vertraglich anerkennen müsste, nur ein unnötiges Druckmittel in die Hand gegeben würde, obwohl er die Leistung schon erhalten hat. … setzt zumindest dann, wenn die Zuordnung zu einer Schuld fraglich ist, aber eine Tilgungsbestimmung des Schuldners voraus. Diese ist … … ein einseitiges Rechtsgeschäft oder zumindest eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung. … nach § 366 Abs. 1 BGB erforderlich, wenn es mehrere Forderungen desselben Gläubigers gegen denselben Schuldner gibt. … notwendig, wenn der Leistende nach § 267 BGB durch Drittleistung die Schuld eines anderen erfüllen will. Beispiel: A glaubt, der Erbe des S zu sein, der dem G noch aus Darlehen in Höhe von € 10.000 verpflichtet ist. Nachdem A gezahlt hat, stellt sich heraus, dass B der wahre Erbe ist. Lösung: Der Anspruch des G aus § 488 Abs. 1 BGB, der sich gemäß § 1922 Abs. 1 BGB gegen B richtet, ist nicht nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen. A hätte ihn durch Drittleistung nach § 267 Abs. 1 BGB zum Erlöschen bringen können; er hat jedoch keine Tilgungsbestimmung zur Erfüllung der Forderung gegen B abgegeben, sondern eine vermeintlich eigene Schuld erfüllt. Seine Leistung kann er nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurückverlangen.
Die Erfüllung einer Schuld … … besteht nach Ansicht der Rechtssprechung in der realen Leistungsbewirkung, die ausnahmsweise um eine Tilgungsbestimmung des Schuldners ergänzt werden muss. („Real“ heißt nicht, dass keine dingliche Einigung nach § 929 BGB erforderlich wäre, sondern nur, dass kein zusätzliches schuldrechtliches Geschäft nötig ist.) … besteht nach einer anderen (richtigen) Auffassung in einer finalen Leistungsbewirkung, setzt also stets eine Tilgungsbestimmung voraus, die aber meist konkludent abgegeben (und nach § 366 Abs. 2 BGB bei Zuordnungszweifeln unterstellt) wird. … kann nach beiden Theorien wieder dadurch rückgängig gemacht werden, dass man die Tilgungsbestimmung nach § 119 BGB anficht, was einen Anspruch auf Rückforderung der Leistung aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB auslöst.
Die Leistungsbewirkung … ... muss das Ergebnis des Schuldnerverhaltens sein; hat sich der Leistungserfolg aus anderem Grund eingestellt, liegt eine Unmöglichkeit der Leistung nach § 275 Abs. 1 BGB vor. Beispiel: B vereinbart mit U, dass dieser ihm gegen € 1.500 sein Bad neu fliest. Danach lernt B U‘s Konkurrenten V kennen, der die Arbeit für € 1.000 erledigt. Lösung: Der Anspruch des B gegen U auf Herstellung des vereinbarten Werks aus § 631 Abs. 1 BGB ist nicht durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB, sondern gemäß § 275 Abs. 1 BGB dadurch untergegangen, dass das versprochene Werk unausführbar geworden ist. … tritt nicht ein, wenn der Schuldner unter dem Vorbehalt der Rückforderung leistet und so … sich nicht nur den sonst durch § 814 BGB versperrten Weg zur Kondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB offen halten, sondern … … den Gläubiger nur vorläufig absichern will, insbesondere damit dieser nicht weiter gegen ihn vollstreckt. … kann auch durch Leistung an einen anderen erfolgen, wenn diesem gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 BGB eine Einziehungsermächtigung erteilt worden ist.
Eine mangelhafte Leistung … … hat grundsätzlich keine Erfüllungswirkung, so dass der Schuldner weiterhin zur Leistung verpflichtet bleibt. … führt beim Kaufvertrag aber dazu, dass sich der Erfüllungsanspruch des Käufers auf Lieferung einer mangelfreien Sache (§ 433 Abs. 1 S. 2 BGB) in einen Anspruch auf Nacherfüllung wandelt. Dessen Besonderheit ist, dass dem Käufer ein Wahlrecht zwischen Nachlieferung (Austausch) und Nachbesserung (Reparatur) zusteht. … führt nach § 363 BGB zum Übergang der Beweislast für die Mangelfreiheit/-haftigkeit der Leistung. … unterliegt bei Verbrauchsgüterkäufen (§ 474 Abs. 1 BGB) allerdings zugunsten des Verbrauchers gemäß § 476 BGB der Vermutung, dass Fehler, die innerhalb von sechs Monaten auftreten, schon bei Gefahrübergang vorlagen, es sei denn, dies ist (wie bei einem offensichtlichen Fehler) schon nach der Art des Mangels ausgeschlossen; der Verkäufer muss den Nachweis führen, dass der Mangel auf eine unsachgemäße Behandlung durch den Käufer zurückgeht.
Eine mangelhafte Leistung? Beispiel: K kauft von V einen Gebrauchtwagen, der nach fünf Monaten einen Motorschaden erleidet. Ursache hierfür ist das Überspringen des Zahnriemens am Steuerrad der Nockenwelle gewesen, die eine Fehlsteuerung der Einlassventile am ersten Zylinderkopf ausgelöst hat. Es ist offen, ob das Überspringen des Zahnriemens auf einem Materialfehler oder einen fehlerhaften Gangwechsel durch den Käufer beruht. Lösung: Nach richtiger Ansicht kann K von V Nachbesserung gemäß § 439 Abs. 1 BGB verlangen, weil der Motorschaden einen Mangel bedeutet, dessen Auslöser schon bei Übergabe des Fahrzeugs vorhanden gewesen sein kann. Nach Ansicht des BGH scheidet ein Anspruch des K aus, weil der Motorschaden selbst noch nicht bei Fahrzeugübergabe vorlag und unklar ist, ob überhaupt ein Materialfehler vorlag.
Das Kaufrecht des BGB … … ist nach § 475 Abs. 2 BGB teilweise halbzwingend und auch ansonsten leicht modifiziert durch die Bestimmungen über den Verbrauchsgüterkauf. … definiert den Verbrauchsgüterkauf als Vertrag über eine bewegliche Sache zwischen einem Unternehmer als Verkäufer und Verbraucher als Käufer, § 474 Abs. 1 S. 1 BGB, wobei - die Verbraucher- und Unternehmereigenschaft grundsätzlich objektiv bestimmt werden, weil der Verbraucherschutz auch nicht von den individuellen Verhältnissen des einzelnen Käufers abhängt - der Verbraucherschutz nicht zugunsten eines Scheinunternehmers eingreift, wenn sich ein Käufer als Unternehmer ausgibt. Beispiel: K gibt sich als Autohändler aus, um vom Händler V einen besonders günstigen Preis zu bekommen. V verkauft ihm „unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung“ einen Gebrauchtwagen, bei dem die Vorderradaufhängung defekt ist. K möchte, dass V diese repariert. Lösung: K hat keinen Anspruch auf Nachbesserung aus § 439 Abs. 1 BGB. Zwar ist der Wagen mit einem Mangel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB behaftet. Der Anspruch scheitert jedoch am Ausschluss der Sachmängelhaftung, der ohne Verstoß gegen § 444 BGB vereinbart wurde. Da ein Verbrauchsgüterkauf im Sinne von § 474 Abs. 1 BGB vorliegt, ist der Haftungsausschluss zwar eigentlich nach § 475 Abs. 1 BGB unwirksam. V kann der Berufung auf diese Vorschrift nach Ansicht des BGH jedoch den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung aus § 242 BGB entgegenhalten, weil K sich zu seinem früheren Verhalten in Widerspruch setzt.
Ein Sachmangel (§ 434 BGB)… … besteht zunächst einmal in der Abweichung der tatsächlichen Beschaffenheit der übergebenen Sache von der Parteivereinbarung (Abs. 1 S. 1), die … … unabhängig vom tatsächlichen Zustand der Sache auf deren Sollzustand gerichtet ist. Beispiel: K kauft von V eine Vase, die aus dem 18. Jahrhundert stammen soll, in Wahrheit aber aus dem 19. Jahrhundert stammt. Lösung: Der Anspruch des K auf Nachbesserung aus § 439 Abs. 1 BGB scheitert nicht etwa daran, dass es keinen Mangel der Vase bedeutet, wenn sie aus einem anderen als dem angenommenen Jahrhundert stammt. Er ist erst gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, weil sich das Alter der Vase nicht ändern lässt. … alle wirtschaftlichen und rechtlichen Eigenheiten der Kaufsache einschließlich ihrer Bezüge zur Umwelt umfassen kann. Beispiel: K kauft von V ein Mehrfamilienhaus, das zu 100 % vermietet sein und deshalb zu Einnahmen von € 5.000 im Monat führen soll. Nach der Übergabe stellt er fest, dass es in Wahrheit nur zu 60 % vermietet ist. Lösung: K hat einen Anspruch auf Nachbesserung nach § 439 Abs. 1 BGB, weil die tatsächliche Vermietungssituation von der vereinbarten Ertragsfähigkeit abweicht.
Ein Sachmangel (§ 434 BGB) … … ergibt sich in aller Regel nicht aus der fehlenden Eignung für eine „nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (Abs. 1 S. 2 Nr. 1), weil hier schon eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt. … wird nur dann objektiv, nämlich nach der gewöhnlichen Verwendung der Sache und ihrer üblichen zu erwartenden Beschaffenheit bestimmt, wenn die Parteien keine besondere – ausdrückliche oder konkludente – Vereinbarung getroffen haben (Abs. 1 S. 2 Nr. 2). … kann auch in einer fehlerhaften Montage oder Montageanleitung liegen (Abs. 2): Hier ergibt sich die Fehlerhaftigkeit aber in der Regel schon aus dem objektiven Qualitätsstandard (Abs. 1 S. 2 Nr. 2). … kann sich jenseits von Beschaffenheitsvereinbarung und objektivem Qualitätsstandard auch aus der Werbung ergeben, obwohl diese nicht vom Verkäufer ausgehen muss (Abs. 1 S. 3 BGB), weil der Verkäufer von ihr ja auch durch die so erreichte Absatzförderung profitiert. … bedeutet nach Abs. 3 BGB auch die Falsch- oder Minderlieferung, dies jedoch nur, wenn sie versteckt erfolgt. Liefert der Verkäufer offen zu wenig, liegt das Angebot zu einer Teilleistung nach § 266 BGB vor.
Ein Rechtsmangel (§ 435 BGB)… … liegt vor allem in der Belastung der Sache mit einem Pfandrecht, durch das der Pfandgläubiger einen Anspruch auf Herausgabe gegen jedermann erlangt (§§ 1227, 985 BGB). … liegt auch dann vor, wenn der Verkäufer dem Käufer kein Eigentum verschafft, weil er - nicht Eigentümer der Kaufsache ist (§ 929 BGB) und auch - nicht mit Zustimmung des Eigentümers verfügt (§ 185 BGB), der dann einen Herausgabenspruch hat (§ 985 BGB). Ist der mangelnde Eigentumserwerb offensichtlich, weil der Verkäufer die Sache gar nicht übereignet, liegt aber kein Rechtsmangel, sondern ein Verstoß gegen die Lieferpflicht aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB vor. … hängt auch von der Beschaffenheitsvereinbarung ab, die in § 435 BGB als Ausschlussgrund aufgeführt ist („ … nur die im Vertrag übernommenen Rechte …“).
Beurteilungszeitpunkt … ist beim Sachmangel der Gefahrübergang, also nach § 446 BGB in der Regel der Moment, in die Kaufsache dem Käufer übergeben wird, - auch wenn der Eigentumserwerb erst später, insbesondere nach Kaufpreiszahlung, stattfinden soll - weil es darauf ankommt, ob die Sache in den tatsächlichen Herrschaftsbereich des Käufers gerät und er sie auf Mängel untersuchen kann. … ist beim Rechtsmangel der Moment, in dem das Eigentum auf den Käufer übergehensoll, nicht der Gefahrübergang. Beispiel: V verkauft eine fremde Sache und übergibt sie sofort K, behält sich aber das Eigentum bis zur Zahlung des Kaufpreises vor. Als K diesen entrichtet, hat V die Zustimmung des Eigentümers E zur Veräußerung eingeholt. Lösung: Es besteht kein Anspruch auf Nacherfüllung nach § 439 Abs. 1 BGB, weil V im maßgeblichen Moment, in dem das Eigentum übergehen soll, verfügungsbefugt ist und der E sein Recht an der Kaufsache verliert.
Die Nacherfüllung … … geht auf Kosten des Verkäufers, § 439 Abs. 2 BGB. … umfasst nach herkömmlichen deutschem Recht bei der Nachlieferung weder den Einbau einer nachgelieferten Sache noch den Ausbau der mangelhaften Sache, weil - der Anspruch auf Nacherfüllung nicht weiter reicht als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB. - der Verkäufer lediglich einen Anspruch auf Rückgewähr hat (§§ 346 Abs. 1, 439 Abs. 4 BGB). … schließt den Ein- und Ausbau nach Ansicht des EuGH jedoch im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs ein, weil - der Käufer ansonsten mit Kosten belastet würde und die Nacherfüllung deshalb entgegen Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht „unentgeltlich“ wäre: „Zunächst kann der Verbraucher vom Verkäufer die unentgeltliche Nachbesserung des Verbrauchsgutes oder eine unentgeltliche Ersatzlieferung verlangen, sofern dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist.“ - unionsweit ein wirksamer Verbraucherschutz gewährleistet sein soll. - der Verkäufer die Folgen seiner Schlechterfüllung tragen soll (ohne Verschulden). … muss im Wege der richtlinienkonformen Auslegung von § 439 Abs. 2 BGB daher auch auf Ein- und Ausbau erstreckt werden.
Die Nacherfüllung … … unterliegt im Interesse der Rechtssicherheit für die Verkäufer einem besonderen Regime der Verjährung, indem der Anspruch - zum einen in zwei Jahren, bei Bauwerken und bei Baustoffen in fünf Jahren verjährt (§ 438 Abs. 1 BGB), während es sonst drei Jahre sind (§ 195 BGB). - zum anderen ab der Ablieferung (meist mit Übergabe), also ab einem objektiven Datum, verjährt (§ 438 Abs. 2 BGB), während es sonst auf die Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis vom Anspruch und Anspruchsgegner, also auf subjektive Umstände ankommt (§ 197 Abs. 1 BGB).
Die Leistung an Erfüllungs Statt … … hat nach § 364 Abs. 1 BGB ebenfalls Erfüllungswirkung. … setzt voraus, dass der Gläubiger damit einverstanden ist, indem er dem Schuldner eine Ersetzungsbefugnis eingeräumt hat oder zugleich mit der Leistung einräumt. … bewirkt gemäß § 365 BGB, dass der Schuldner für Mängel des an Erfüllungs Statt geleisteten Gegenstands wie ein Verkäufer verantwortlich ist, so dass … - die ursprüngliche Forderung bei mangelhafter Leistung bestehen bleibt. - die Ersetzungsbefugnis bei Erklärung des Rücktritts oder der Minderung gemäß §§ 437 Nr. 2, 323, 441 BGB ganz oder teilweise wegfällt. … bedeutet auch beim Kaufvertrag keinen Sachmangel nach § 434 Abs. 3 BGB, wenn das Angebot zur Erbringung einer anderen Leistung offen erfolgt.
Die Leistung an Erfüllungs Statt … … liegt nach Ansicht der Rechtsprechung im Zweifel bei der Inzahlunggabe eines Gebrauchtwagens vor; nach anderer Ansicht ist gemischter Kauf-Tausch-Vertrag (§§ 433, 480 BGB) abgeschlossen. Beispiel: K kauft bei Autohändler V einen Neuwagen zu € 15.000; V lässt ihm hiervon € 7.000 nach, wenn er ihm seinen alten Wagen zur Verfügung stellt. Noch bevor es zum Austausch kommt, wird dieser bei einem Unfall zerstört. Lösung: Nach der Lösung der Rechtsprechung ist K aus § 433 Abs. 2 BGB zur Zahlung von € 15.000 gegen Lieferung des Neuwagens verpflichtet. Mit der Möglichkeit zur Inzahlunggabe hat V dem K lediglich eine Ersetzungsbefugnis zur Leistung an Erfüllungs Statt gemäß § 364 Abs. 1 BGB eingeräumt, die durch die Zerstörung des Gebrauchtwagens zwangsläufig wieder weggefallen ist. Nach anderer Ansicht liegt eine Teilunmöglichkeit der Leistung des K vor, die den Vertragsvollzug vollständig sperrt.
Die Leistung erfüllungshalber … … ist in § 364 Abs. 2 BGB ansatzweise geregelt. … besteht auch darin, dass ein anderer als der geschuldete Gegenstand geleistet wird. … hat aber nicht unmittelbar Erfüllungswirkung: Die Forderung ist erst getilgt, wenn der Gläubiger den anderen Gegenstand erfolgreich verwertet hat. Vorher kann der Schuldner die Leistung nur unter Hinweis auf die unterbliebene Verwertung verweigern. Beispiel: K kauft im Laden des V einen Pullover und bezahlt den Kaufpreis von € 50 mit seiner EC-Karte der B-Bank. Lösung: Der Anspruch des V auf Zahlung des Kaufpreises gegen K aus § 433 Abs. 2 BGB ist nicht nach § 364 Abs. 1 BGB untergegangen, sondern nur vorübergehend undurchsetzbar. V hat durch die Verwendung der EC-Karte einen Anspruch gegen die B-Bank erlangt. Erst wenn diese zahlt, ist der Anspruch gegen K untergegangen, vorher steht ihm nur eine Einrede zu.
Der Erlass einer Forderung … … führt ebenfalls zu deren Erlöschen, § 397 Abs. 1 BGB. … erfolgt durch einen Vertrag, nicht bloß durch eine einseitige Erklärung des Gläubigers; einer Annahmeerklärung des Schuldners bedarf es jedoch gemäß § 151 BGB regelmäßig nicht. … stellt ebenso wie die Übereignung ein Verfügungsgeschäft dar, das abstrakt gültig ist. … hat zum Rechtsgrund häufig einen Schenkungsvertrag gemäß § 516 Abs. 1 BGB, der ohne Weiteres gültig ist, oder ein formbedürftiges Schenkungsversprechen nach § 518 BGB. Beispiel: G ist heillos betrunken, als er S gegenüber erklärt, er werde ihm den Kredit in Höhe von € 10.000, den dieser ihm schuldig ist, schenken, wenn er in den nächsten Tagen an die Erbschaft seiner Tante herankomme. Als S eine Woche später vorsichtig nachfragt, ob G geerbt und ernst gemeint habe, was er gesagt habe, sagt G, der sich an sein Versprechen gebunden glaubt, es solle alles so sein wie besprochen. Lösung: Der Anspruch des G gegen S aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ist durch wirksamen Erlass nach § 397 Abs. 1 BGB erloschen: Die zweite Aussage des G ist aus dem Empfängerhorizont des S als Angebot zum Abschluss eines Erlassvertrags anzusehen, mit das vorangegangene Schenkungsversprechen erfüllt wird. Bedarf dieses nach § 518 Abs. 1 BGB auch notarieller Form, wird es durch seine Erfüllung doch gemäß Abs. 2 der Vorschrift geheilt. Im vorliegenden Fall scheitert dies jedoch daran, dass das Versprechen nach § 105 Abs. 2 BGB nichtig ist. G hat daher gegen S einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB, der auf Wiedereinräumung der Forderung (durch abstraktes Schuldversprechen nach § 780 BGB) gerichtet ist.
Die Aufrechnung … … führt zum Erlöschen der Hauptforderung, die sich gegen den Aufrechnenden richtet, und der Gegenforderung, die dem Aufrechnenden gegen den anderen zusteht (§ 389 BGB). … setzt voraus: - die Erklärung der Aufrechnung (§ 388 BGB) - die Wechselseitigkeit der Forderungen (§ 387 BGB) - die Gleichartigkeit der Forderungen (§ 387 BGB) - die Erfüllbarkeit der Hauptforderung (§ 387 BGB) - die Durchsetzbarkeit (§ 390 BGB) und Fälligkeit (§ 387 BGB) der Gegenforderung
Die Aufrechnung … … ist in ihrer Wirkung auf die Schuld des Aufrechnenden der Leistung an Erfüllungs Statt ähnlich und daher ebenso wie diese ein sogenanntes Erfüllungssurrogat. … ist andererseits in ihrer Wirkung auf die eigene Forderung des Aufrechnenden ein Akt erlaubter Selbsthilfe. … ist im BGB ein Mischmodell aus zwei verschiedenen Konzepten ist, nämlich - der Aufrechnung als Gestaltungsakt (§ 388 BGB) - der automatischen Verrechnung zweier gegenüberstehender Ansprüche, die vor allem in der Rückwirkung (§ 389 BGB) zum Ausdruck kommt. (Eine Aufrechnung durch Vertrag ist natürlich auch denkbar, aber nicht regelungsbedürftig, da hierfür schon die Bestimmung über den Erlass in § 397 BGB reicht.
Die Aufrechnung … … ist nur bei gleichartigen Leistungsgegenständen möglich (§ 387 BGB), die allerdings auch bei einem Anspruch auf Geldzahlung und Herausgabe bestimmter Geldzeichen (§ 985 BGB) gegeben ist. Eine Verschiedenheit der Leistungsorte schadet ebenfalls grundsätzlich nicht (§ 391 BGB). Beispiel: V weigert sich, den von N bei ihm hinterlegten Betrag von € 500 in voller Höhe herauszugeben, weil V gegen N noch einen Kaufpreis in Höhe von € 200 verlangen kann. Lösung: Der Anspruch des N auf Rückgabe des in Verwahrung gegebenen Geldes aus § 696 S. 1 BGB ist zwar auf dessen bloße Rückgabe gerichtet, da N Eigentümer der Geldzeichen geblieben ist. V kann aber dennoch mit seinem Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB auf Übereignung von Geldzeichen aufrechnen, so dass er N nur € 300 herauszugeben braucht. … ist nur bei wechselseitig zuständigen Forderungen möglich (§ 387 BGB), bei einer Drittleistung nur unter den Voraussetzungen von § 268 BGB.
Die Aufrechnung … … bedarf als Gestaltungsrecht der Ausübung durch einseitige Erklärung. Diese ist … … zum Schutz des anderen Teils vor einer einseitig erzeugten Rechtsunsicherheit grundsätzlich bedingungsfeindlich (§ 388 S. 2 BGB). Eine Ausnahme gilt für die Hilfsaufrechnung im Prozess, in dem der andere Teil wegen des schon eingetretenen Konflikts nicht schutzwürdig ist. … bei mehreren Forderungen auf einer oder beiden Seiten begleitet von einer Tilgungsbestimmung, die allerdings durch ein Widerspruchsrecht des anderen Teils beschränkt ist (§ 396 BGB), weil dieser ja auch bei einer Erfüllung der Gegenforderungen über die Zuordnung entscheiden dürfte.
Die Aufrechnung … … stellt wegen ihrer Eigenart als Gestaltungsrecht unterschiedliche Anforderungen an die Forderungsreife von Hauptforderung und Gegenforderung (die bei einer automatischen Verrechnung gleich sein müssten): - Die Hauptforderung, von der sich der Erklärende wie bei der Erfüllung befreien will, muss lediglich erfüllbar sein (§ 387 BGB). Dies ist im Zweifel sofort, und noch bevor der andere die Leistung fordern kann, der Fall (§ 271 Abs. 2 BGB). - Die Gegenforderung, die der Erklärende mit seiner Aufrechnung exekutiert, muss voll durchsetzbar, also einredefrei (§ 390 BGB) und fällig (§ 387 BGB), sein.
Die Aufrechnung … … unterliegt vertraglichen und gesetzlichen Verboten, insbesondere bei einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (§ 393 BGB), damit niemand zur Selbsthilfe ein Delikt begeht, um sich dann von der hieraus entspringenden Forderung durch Aufrechnung mit seinem Anspruch gegen den Geschädigten zu befreien. Beispiel: S weigert sich zu Unrecht, G den Lohn für eine Reparaturleistung zu zahlen. Da G weiß, dass in der Registrierkasse des S stets genug Geld vorhanden ist, nimmt er sich in einem unbeobachteten Moment einfach den Betrag heraus, den S ihm schuldet. Als S das Geld zurückfordert, erklärt G die Aufrechnung. Lösung: S hat einen Anspruch auf Rückgabe des Geldes aus § 985 BGB sowie aus § 823 Abs. 1 BGB und §§ 823 Abs. 2 BGB, 242 StGB. G hat nach § 388 BGB die Aufrechnung erklärt und ist eigentlich gemäß § 387 BGB auch zur Aufrechnung befugt, weil er aus § 631 Abs. 1 BGB seinerseits eine Gegenforderung gegen S hat und diese auch durchsetzbar ist. Obwohl S nicht Übereignung von Geld, sondern Herausgabe von ihm gehörenden Geldzeichen verlangen kann, sind die Forderungen, da es jeweils auf die Übergabe ankommt, auch gleichartig. Die Aufrechnung scheitert aber am Aufrechnungsverbot von § 393 BGB, weil die Hauptforderung des S einer vorsätzlich unerlaubten Handlung entstammt.
Die Aufrechnung … … knüpft nicht an ihre Ausübung als Gestaltungsrecht, sondern schon an die bloße Aufrechnungslage an, indem sie … … rückwirkend zum Erlöschen von Haupt- und Gegenforderung führt, § 389 BGB. … entgegen der Regel über ihren Ausschluss bei einer Einrede (§ 390 BGB) auch mit einer verjährten Forderung erfolgen kann, sofern diese der anderen nur jemals im unverjährten Zustand gegenüberstand, § 215 BGB. Beispiel: K ist mit V 2007 einen Kaufvertrag über € 50 eingegangen und hat immer noch nicht bezahlt. Nachdem V von K im Dezember 2010 etwas für € 100 gekauft hat, zahlt er im Januar nur € 50 und meint, damit seien sie quitt. Lösung: Der Anspruch von K auf Zahlung des Kaufpreises aus dem zweiten Vertrag ist in Höhe von € 50 durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB, im Übrigen durch Aufrechnung des V nach § 389 BGB ausgeschlossen. Zwar ist die Gegenforderung des V aus dem alten Kaufvertrag nach §§ 195, 199 Abs.1, 214 Abs. 1 BGB nicht mehr durchsetzbar, die Aufrechnung daher nach § 390 BGB eigentlich wirkungslos. Da sich die beiden Forderungen im Dezember 2010 zur Aufrechnung geeignet gegenüberstanden, ist die Aufrechnung dennoch wirksam. … dem Schuldner einer abgetretenen Forderung gemäß § 406 BGB entgegen dem Gebot der Gegenseitigkeit (§ 387 BGB) unter bestimmten Voraussetzungen auch gegenüber dem neuen Gläubiger möglich ist. Der Schuldner wird so bis zum Moment, in dem er von der Abtretung erfährt, in seinem Glauben an eine Aufrechnungslage geschützt.
Drittbeteiligung am Schuldverhältnis Abtretung und Personenmehrheiten
Die Abtretung einer Forderung … … kommt nach § 398 BGB „durch Vertrag“ zustande. … ist also wie Übereignung einer Sache (§§ 873, 929 BGB) ein abstrakt wirksames Verfügungsgeschäft, - dem als Rechtsgrund beispielsweise ein Forderungskauf (§ 453 BGB) zugrunde liegt. - das durch einen Bereicherungsanspruch (§ 812 BGB) rückgängig gemacht wird, wenn der Rechtsgrund fehlt. … kommt, da die Forderung unkörperlich ist, ohne vergleichbaren Publizitätstatbestand (Eintragung im Grundbuch, Übergabe) aus und beschränkt sich auf die Einigung zwischen Zedent (altem Gläubiger) und Zessionar (neuem Gläubiger). … setzt nach deutschem Recht aber auch weder die Mitwirkungnoch die Information des Schuldners voraus (die in anderen Ländern der Abtretung Publizität verleiht). … führt dazu, dass der neue Gläubiger nicht eine neue, sondern dieselbe Forderung erlangt wie der alte Gläubiger (Prinzip der Forderungskontinuität).
Das Prinzip der Forderungskontinuität … ... wirkt zugunsten des Zessionars: Akzessorische Sicherheiten wie die Bürgschaft (§ 765 BGB) oder Pfandrechte erlöschen nicht, sondern gehen automatisch auf ihn über (§ 401 BGB). … wirkt zugunsten des Schuldners in Gestalt des sogenannten Verschlechterungsverbots: Der Schuldner kann dem Zessionar alle Einwendungen und Einreden entgegenhalten, die bis zur Abtretung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren (§ 404 BGB). Dies gilt für - rechtshindernde Einwendungen (z. B. mangelnde Geschäftsfähigkeit, Formnichtigkeit, Anfechtung). - rechtsvernichtende Einwendungen, auch wenn sie erst nach Abtretung entstehen, sofern nur ihr Rechtsgrund schon vorher angelegt war (z. B. Rücktritt wegen Leistungsstörung des alten Gläubigers, nicht dagegen Erfüllung an den alten Gläubiger). - rechtshemmende Einreden (z. B. Verjährung § 214 Abs. 1 BGB, auch wenn die erforderliche Zeit erst nach der Abtretung abgelaufen ist).
Der Schutz des Schuldners … … muss über das Verschlechterungsverbot hinausgehen, weil der Schuldner an der Abtretung nicht beteiligt ist und von ihr gar nicht Kenntnis haben muss. … vollzieht sich nach § 407 Abs. 1 BGB in der Weise, dass der Schuldner wirksam an den alten Gläubiger leisten und mit diesem ein Rechtsgeschäft abschließen kann, sofern er nicht schon Kenntnis von der Abtretung hat. Dies gilt für - Erfüllung durch Leistung an den alten Gläubiger - Leistung an Erfüllungs Statt und erfüllungshalber an den alten Gläubiger - Erlass durch den alten Gläubiger - Aufrechnung … ist nur ausgeschlossen bei positiver Kenntnis des Schuldners (z. B. durch eine vertrauenswürdige Abtretungsanzeige), die der neue Gläubigerzu beweisen hat.
Beispiel: K entdeckt beim Antiquitätenhändler V drei chinesische Vasen desselben Typs. Er einigt sich mit V darauf, dass dieser eine der Vasen zu K‘s Wohnung liefert. Als V Tags darauf bei K erscheint, nimmt dieser die Vase entgegen und zahlt wie vereinbart € 500. Dabei weiß er nicht, dass V, weil er knapp bei Kasse ist, zuvor alle seine Ansprüche aus dem Antiquitätenhandel an seinen Gläubiger Z veräußert hat. Lösung: I. Anspruch des Z gegen K auf Zahlung von € 500 aus § 433 Abs. 2 BGB • Anspruch entstanden durch Abschluss des Kaufvertrags mit V • Anspruch übergegangen auf Z durch Abtretung nach § 398 BGB • Anspruch erloschen durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB? a) Leistung eigentlich unwirksam, denn weder an Gläubiger noch an Einziehungsermächtigten (§ 362 Abs. 2 BGB) erfolgt b) Wirksamkeit der Leistung gegenüber Z nach § 407 Abs. 1 BGB: guter Glaube des Schuldners wird unterstellt, das Gegenteil von Z zu beweisen • Anspruch des Z gegen V auf Zahlung von € 500 aus § 816 Abs. 2 BGB wirksame Leistung an den Nichtberechtigten V
Die Aufrechnung bei der Abtretung … … schließt den Anspruch des Zessionars nach § 404 BGB aus, wenn sie vor der Abtretung gegenüber dem Zedenten vorgenommen wurde, so dass schon im Zeitpunkt des Forderungsübergangs der Einwand aus § 389 BGB begründet ist. … schließt den Anspruch des Zessionars nach § 407 Abs. 1 BGB aus, wenn sie - nach der Abtretung - gegenüber demZedenten erklärt wird und der Schuldner gutgläubig ist. … schließt den Anspruch des Zessionars nach § 406 BGB aus, wenn sie - nach der Abtretung - gegenüber dem Zessionarerklärt wird und der Schuldner nach Maßgabe dieser Vorschrift in seinem Vertrauen auf den Bestand der Aufrechnungslage geschützt ist.
Die Abtretung einer Forderung … … ist nach § 399 BGB ausgeschlossen, wenn sie - nach dem Inhalt der Forderung undenkbar ist (wie bei einem Freistellungsanspruch, der nur an den Gläubiger der Forderung abgetreten werden kann, von dem freizustellen ist). - vertraglich verboten ist: Diese Verfügungsbeschränkung hat entgegen § 137 S. 1 BGB Drittwirkung und bewirkt, dass der Zessionar bei einer verbotswidrigen Verfügung nichts erwirbt.
Eine Mehrheit von Gläubigern … ... kommt so gut wie nie in Form der Gesamtgläubigerschaft (§§ 428 ff. BGB) vor, weil … … der Schuldner so erheblich privilegiert wird, indem er nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten kann (§ 428 BGB) und so gegenüber allen frei wird (§§ 422 Abs. 1, 429 Abs. 2 BGB). … die Gläubiger auf den Regress in ihrem Innenverhältnis (§ 430 BGB) beschränkt das Forderungsrecht gegen den Schuldner verlieren. … ist nur dann Gesamtgläubigerschaft, wenn der Schuldner besonders geschützt werden soll. Beispiel: Die Ehegatten M und F unterhalten bei der Bank B ein „Oder-Konto“ mit einem Guthaben von € 4.000. Die Bank zahlt dies an M aus, F verlangt nun Zahlung. Lösung: F hatte gegen die Bank einen Anspruch auf Auszahlung des Guthabens aus §§ 700 Abs. 1 S. 1, 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Dieser ist aber durch die Leistung an M nach §§ 362 Abs. 1, 422 Abs. 1, 429 Abs. 1 BGB erloschen.
Eine Mehrheit von Gläubigern … … ist in aller Regel eine Forderungsgemeinschaft, … … bei der die Leistung von allen einzeln gefordert (§ 432 Abs. 1 S. 2 BGB), aber nur an alle erfolgen kann (S. 1). … die wegen des so bewirkten Gläubigerschutzes über § 432 Abs. 1 BGB hinaus im Zweifel auch bei teilbaren Leistungen anzunehmen ist. Beispiel: Die Ehegatten M und F unterhalten bei der Bank B ein „Und-Konto“ mit einem Guthaben von € 4.000. Die Bank zahlt dies an M aus, F verlangt nun Zahlung. Lösung: F hatte gegen die Bank einen Anspruch auf Auszahlung des Guthabens aus §§ 700 Abs. 1 S. 1, 488 Abs. 1 S. 2 BGB an sie und M gemeinsam. Die Leistung der Bank an M ist wirkungslos und kann von ihr nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurückverlangt werden.
Eine Mehrheit von Schuldnern … … führt nur theoretisch zur Teilschuld, bei der die Forderung geteilt wird (§ 420 BGB). … ist in aller Regel eine Gesamtschuld, bei der der Gläubiger alle Schuldner auf die gesamte Leistung in Anspruch nehmen kann (§ 421 BGB), aber die Erfüllung eines Schuldners für die anderen wirkt (§ 422 Abs. 1 BGB). Diese gläubigerfreundliche Variante der Schuldnermehrheit wird unterstellt - bei der Verpflichtung zur unteilbaren Leistung (§ 431 BGB), weil eine gemeinschaftliche Verpflichtung frustriert wäre, wenn sich auch nur ein Schuldner der Rechtsverfolgung entzöge. - bei der gemeinsamen Verpflichtung zu einer teilbaren Leistung durch Vertrag (§ 427 BGB). - bei einer gemeinsam begangenen unerlaubten Handlung (§ 840 Abs. 1 BGB).
Leistung Schuldner A § 433 € 500 € 1000 § 362 § 426 Abs. 1 € 500 Gläubiger §§ 362, 422 Abs. 1 € 1000 §§ 433 Abs. 2, 426 Abs. 2 § 433 Schuldner B
Die Gesamtschuld … ... führt bei der Befriedigung des Gläubigers durch einen Schuldner zu - einer Befreiung aller Schuldner, § 422 Abs. 1 BGB. - einem Rückgriff des leistenden Gesamtschuldners im Wege der Teilschuld, § 426 Abs. 1 BGB: Im Zweifel ist die Last gleich aufzuteilen, bei der Deliktshaftung kommt es auf die Verursachungsbeiträge an. - einem gesetzlichen Übergang des Gläubigerrechts, soweit Rückgriff genommen werden kann (§ 426 Abs. 2), mit dem Vorteil, dass nach §§ 412, 401 BGB akzessorische Sicherheiten übergehen. … wird deshalb von der Rechtsprechung davon abhängig gemacht, dass die Forderungen gegen die Schuldner „gleichstufig“ oder „gleichrangig“ ist, was verneint wird, wenn ein Versicherer, Arbeitgeber oder Unterhaltspflichtiger neben einem Schädiger steht. Einfacher lässt sich die Gesamtschuld in diesem Fall verneinen, wenn man erkennt, dass die Schadensersatzpflicht und die Leistungspflicht (obwohl sie dasselbe Gläubigerinteresse abdecken) nicht auf „dieselbe Leistung“ im Sinne von § 421 BGB gerichtet sind.
Beispiel: A und B entdecken beim Antiquitätenhändler V drei chinesische Vasen desselben Typs. Sie einigen sich mit V darauf, dass dieser eine der Vasen zu A‘s Wohnung liefert. Als dieser Tags darauf bei A erscheint, nimmt dieser die Vase entgegen und zahlt wie vereinbart € 500. Lösung: • Anspruch des V gegen B auf Zahlung von € 500 aus § 433 Abs. 2 BGB • Anspruch entstanden durch Abschluss eines Kaufvertrags als Gesamtschuldner nach § 427 BGB: Rechtsfolge gemäß § 421 BGB • Anspruch erloschen durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB: Gesamtwirkung für alle Gesamtschuldner nach § 422 Abs. 1 BGB • Anspruch von A gegen B auf Zahlung von € 250 aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB nach Leistung an V Recht zum hälftigen Ausgleich • Anspruch von A gegen B auf Zahlung von € 250 aus §§ 433 Abs. 2, 426 Abs. 2 S. 1 BGB gesetzlicher Übergang des Kaufpreisanspruchs von V gegen B, soweit A regressberechtigt ist
Die Gesamtschuld … … führt außer bei Erfüllung und ihren Surrogaten (§ 422 Abs. 1 BGB) und dem gleich behandelten Gläubigerverzug (§ 424 BGB) zu einer Einzelwirkung (§ 425 Abs. 1 BGB), die vor allem für Leistungsstörungen und Zinsen gilt. … ist beim Erlass auch einer Gesamtwirkung zugänglich (§ 423 BGB), die … … eine Verfügung zugunsten Dritter bedeutet. … im Zweifel nicht unbeschränkt gewollt ist, weil sich der Gläubiger im Regelfall nicht seines gesamten Forderungsrechts begeben will. … entgegen der Rechtsprechung aber mangels abweichender Regelung doch im Zweifel in Form einer beschränkten Gesamtwirkung vereinbart ist, bei der sich der Gläubiger, um den Schuldner effektiv freizustellen, außer seines Anspruchs gegen ihn auch seines Rechts gegen die anderen insoweit begibt, als diese nach § 426 BGB Rückgriff nehmen könnten. … ist entgegen einer variierenden Rechtsprechung auch dann wie bei einem Erlass mit beschränkter Gesamtwirkung zu behandeln, wenn die Haftung eines Gesamtschuldners von vornherein durch Vertrag oder kraft Gesetzes ausgeschlossen ist („gestörte Gesamtschuld“).
Beschränkte Gesamtwirkung: Kürzung um Regressbetrag Schuldner A € 1000 § 426 Abs. 1 € 500 € 500 Gläubiger € 1000 § 397 Schuldner B
Beispiel: M benutzt das Fahrrad seiner Frau F und lässt wie üblicherweise auch sein eigenes so stehen, dass es die Benutzung des Gehwegs behindert. A stößt mit ihrem Kinderwagen aus Unachtsamkeit gegen das Fahrrad, wodurch es hinfällt. Für die Reparatur der so beschädigten Leuchte muss F € 40 aufwenden. Lösung: Anspruch der F gegen A auf Zahlung von € 40 aus § 823 Abs. 1 BGB 1. A hat fahrlässig das Eigentum der F verletzt und so einen Schaden von € 40 verursacht • fraglich ist, wie sich auswirkt, dass A als Nebentäterin neben M gehandelt hat • eigentlich ist A gemäß § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldnerin und F damit für den vollen Schaden haftbar • F kann jedoch von M gemäß §§ 277, 1359 BGB keinen Ersatz verlangen, da dieser nicht grob fahrlässig gehandelt und die in eigenen Angelegenheiten beobachtete Sorgfalt eingehalten hat; daher entsteht gar keine Gesamtschuld • der Anspruch gegen A wird jedoch von vornherein um den Betrag gekürzt, zu dem A im Fall der Entstehung einer Gesamtschuld Rückgriff nehmen könnte; da M und A für die Beschädigung des Fahrrads gleichermaßen verantwortlich sind, liegt dieser Betrag bei € 20, so dass F von A auch nur € 20 verlangen kann
Beschränkte Gesamtwirkung: Kürzung um Regressbetrag Schuldner A € 1000 § 426 Abs. 1 € 500 € 500 Gläubiger F (Ehefrau) € 1000 § 1359 Schuldner A (Ehemann)
Leistungsverzögerung Erfüllungsanspruch – Rücktritt und Minderung – Schadensersatz statt der Leistung –
Leistet der Schuldner nicht … … kann der Gläubiger seinen Anspruch auf Leistung im Wege der Naturalvollstreckung durchsetzen, sofern es nicht um einen Anspruch auf Dienstleistung geht (§ 888 Abs. 3 ZPO). … kann der Gläubiger bei einem Austauschvertrag die ihm selbst obliegende Leistung kraft der Einrede des nichterfüllten Vertrags nach § 320 BGB zurückhalten. Diese … … hat einerseits die Präventivfunktion, den anderen zu der geschuldeten Gegenleistung zu bewegen, … hat andererseits die Sperrfunktion, eine Verurteilung zur Leistung ohne Gegenleistung zu verhindern, weil beide nach der Parteivereinbarung einander bedingen. … wirkt deshalb auch nach der Verjährung (§ 215 BGB). … führt, damit keine Pattsituation eintritt, zur Verurteilung zur Erbringung der beiden Leistungen Zug um Zug (§ 322 BGB). Dies bedeutet praktisch, dass die Vollstreckung aus dem Leistungsurteil nur gegen Angebot der Gegenleistung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt (§ 756 ZPO). … greift nicht ein, wenn eine Seite wie etwa der Dienstverpflichtete (§ 614 S. 2 BGB) oder ein Werkunternehmer (§ 641 Abs. 1 S. 1 BGB) zur Vorleistung verpflichtet ist. … gilt für alle Leistungspflichten im Austauschvertrag mit Ausnahme völlig untergeordneter oder Abwicklungspflichten (zum Beispiel Rückgabe- und Rückzahlungspflichten nach §§ 546, 604, 488 Abs. 1 S. 2 BGB).
Leistet der Schuldner nicht … … kann der Gläubiger, sofern die Einrede des nichterfüllten Vertrags nicht eingreift, noch das allgemeine Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB geltend machen. Es gilt auch für Abwicklungspflichten und … … setzt nach dem Wortlaut des Gesetzes den Ursprung der Forderungen aus „demselben rechtlichen Verhältnis“ voraus. … wird aber, weil diese Beschränkung auch bei der Aufrechnung nicht besteht und daher unsinnig ist, so verstanden, dass ein einheitliches Lebensverhältnis (wie etwa eine dauernde Geschäftsverbindung) genügt. … führt ebenfalls zu einer Verurteilung Zug um Zug (§ 274 BGB). … kann der Gläubiger beim Austauschvertrag - gemäß § 323 BGB ohne Rücksicht auf das Vertretenmüssen des Schuldners zurücktreten und so erzwingen, dass beide Seiten weitgehend in die Lage vor dem Vertragsschluss versetzt werden. - in dem Fall, dass der Schuldner den Leistungsausfall zu vertreten hat, gemäß § 281 BGB Schadensersatz statt der Leistung, also verlangen kann, dass er so gestellt wird, als wäre die Leistung ordentlich erbracht worden.
Das Rücktrittsrecht … … setzt voraus, dass der Anspruch auf die Leistung fällig ist, also der Leistungstermin gekommen ist oder § 271 Abs. 1 BGB gilt. … hängt gemäß § 323 Abs. 1 BGB in erster Linie von der fruchtlosen Bestimmung einer Nachfrist ab. Diese - muss nicht mit der Androhung einer Sanktion, insbesondere des Rücktritts, verbunden sein. - soll angemessen sein, löst aber auch dann, wenn sie unangemessen kurz ist, nach Ablauf einer angemessenen Frist das Rücktrittsrecht aus, weil der Schuldner unter diesen Umständen ebenfalls hinreichend gewarnt ist. - kann auch durch die Aufforderung zu einer sofortigen, also umgehenden, Leistung gesetzt werden (damit ist nach der Verkehrsauffassung nicht nur ein Leistungszeitpunkt beschrieben). - muss sich auf die Leistung beziehen und nicht etwa nur mit einer Aufforderung zur Erklärung der Leistungsbereitschaft verbunden sein. - ist wirkungslos, wenn sie nur zum Schein vorgenommen wird, weil der Gläubiger die Durchführung des Vertrags eigentlich gar nicht mehr anstrebt und auch die ihm obliegende Leistung gar nicht mehr erbringen will. Beispiel: Der Verkäufer einer Sache hat diese längst einem anderen verkauft und übereignet und setzt dem Käufer, der den Kaufpreis noch nicht entrichtet hat, nun eine Frist, um sich von dem Vertrag lösen zu können.
Das Rücktrittsrecht … … entsteht, wenn der Schuldner innerhalb der gesetzten Nachfrist nicht leistet. Für die Leistung kommt es nach einer Ansicht auf die Vornahme der Leistungshandlung, nach der richtigen Auffassung auf den Eintritt des Leistungserfolgs an. Beispiel: K hat den Kaufpreis für eine ihm schon übergebene Vase nicht bezahlt, V setzt ihm eine Frist bis zum 2. Mai. An diesem Tag tätigt K eine Überweisung von seinem Konto. Da das Geld V jedoch erst am nächsten Tag gutgeschrieben wird, erklärt dieser den Rücktritt. Lösung: Ob V einen Anspruch auf Rückgewähr der Vase aus § 346 Abs. 1 BGB hat, hängt davon ab, ob ihm ein Rücktrittsrecht aus § 323 Abs. 1 zusteht, und dies wiederum davon, ob die Zahlung des K rechtzeitig war. Der von K nach § 270 Abs. 1 BGB am Sitz des Verkäufers herzustellende Leistungserfolg ist erst nach Ablauf der Nachfrist eingetreten. K hatte mit der Überweisung jedoch schon alles getan, was zur Leistung erforderlich war, so dass die Leistungshandlung noch rechtzeitig war. … fällt wieder weg, wenn der Schuldner nach Fristablauf leistet. Der Gläubiger kann die Leistung aber ablehnen und damit konkludent den Rücktritt erklären. … ist vorübergehend suspendiert, wenn der Gläubiger den Schuldner nach Fristablauf noch einmal zur Leistung auffordert: Das Rücktrittsrecht ist nicht endgültig verwirkt, kann aber auch nicht sofort ausgeübt werden; der Schuldner hat nun noch einmal die Zeit, die er für die Vollendung einer schon vorbereiteten Leistung braucht.
Das Rücktrittsrecht … … ist nach § 323 Abs. 2 BGB ausnahmsweise ohne Fristsetzung begründet, nämlich wenn … … der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert („das letzte Wort“). Hier ist gemäß § 323 Abs. 4 BGB ein Rücktritt ausnahmsweise auch schon vor Fälligkeit möglich. Beispiel: Ein Verkäufer lehnt die Nacherfüllung ab, weil er bestreitet, dass die Kaufsache den Anforderungen genügen muss, die der Käufer an sie stellt. … eine relative Fixschuld vereinbart ist (das Geschäft „steht und fällt“ mit der Einhaltung des Termins, der Schuldner ist vor den Folgen seiner Versäumung gewarnt). Die relative Fixschuld ist von der absoluten zu unterscheiden, bei der mit Versäumung der Leistungszeit Unmöglichkeit eintritt (in aller Regel nur Dauerverträge: Miet-, Arbeitsvertrag). Beispiel: Die Parteien haben vereinbart, dass die Leistung „fest“ oder „unbedingt“ zu einem bestimmten Termin erfolgt. … besondere Umstände vorliegen, die das Gläubigerinteresse am Rücktritt schutzwürdig erscheinen lassen. Beispiel: Der Käufer, der die dringend benötigte Ware nicht erhält, muss sich diese wegen der Leistungsverzögerung des Verkäufers anderweit beschaffen, um nicht gegenüber seinem Abnehmer schadenersatzpflichtig zu werden.
Das Recht zum Rücktritt wegen Leistungsausfalls … … greift nach § 323 Abs. 5 BGB bei einer Schlechtleistung nicht ein, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Dies richtet sich danach, ob dem Interesse des Gläubiger schon mit einer Minderung (§§ 441, 638 BGB) hinreichend gedient ist, und entgegen der Ansicht des BGH nicht etwa nach der Art des Verschuldens (Vorsatz), auf den es für das Rücktrittsrecht insgesamt nicht ankommt. Beispiel: K kauft von V zum Preis von € 100.000 eine Eigentumswohnung, die, wie V weiß, einen Feuchtigkeitsschaden hat, dessen Beseitigung € 500 kostet. Da V den Schaden auch nach Fristsetzung nicht behebt, will K nun den gesamten Vertrag nicht mehr gelten lassen. Lösung: Folgt man der Ansicht der Rechtsprechung, kann K aus § 346 Abs. 1 BGB die Rückzahlung des Preises von € 100.000 verlangen, weil die Pflichtverletzung des V wegen seiner Arglist nicht unerheblich ist. Ansonsten ist der Rücktritt ausgeschlossen, weil K‘s Interesse an einer mangelfreien Wohnung auch im Wege einer Minderung in Höhe der Reparaturkosten befriedigt wird. … erstreckt sich nach § 323 Abs. 5 S. 1 BGB nicht auf die gesamte Leistung, wenn der Schuldner schon (nach § 266 BGB wirksam) eine Teilleistung erbracht hat, sofern diese für den Gläubiger ohne Interesse ist. Beispiel: B gibt bei Bildhauer U eine Quadriga zum Preis von € 10.000 in Auftrag und bezahlt sie sofort; U fertigt nur zwei Pferde, die er B auch übergibt, bleibt die beiden anderen aber auch nach Ablauf einer Nachfrist schuldig. B will den Vertrag überhaupt nicht mehr gelten lassen. Lösung: B hat aus § 346 Abs. 1 BGB gegen U einen Anspruch auf Rückerstattung des gesamten Werklohns in Höhe von € 10.000 gegen Rückgabe der beiden gefertigten Pferde. Da diese für ihn keinen Wert haben, kann er seinen Rücktritt auf den gesamten Vertrag erstrecken.