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Die Abgrenzung der räuberischen Erpressung (§§ 253, 255) vom Raub (§ 249 StGB). Prüfungsschema zu § 253 I. zu §§ 253 I, 255. objektiver Tatbestand Erpressungsmittel: Gewalt/ Drohung mit empfindlichem Übel Opferverhalten: Handlung/Duldung/Unterlassung Erfolg: Vermögensnachteil
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Die Abgrenzung der räuberischen Erpressung (§§ 253, 255) vom Raub (§ 249 StGB)
Prüfungsschema zu § 253 I zu §§ 253 I, 255 • objektiver Tatbestand • Erpressungsmittel: • Gewalt/ • Drohung mit empfindlichem Übel • Opferverhalten: Handlung/Duldung/Unterlassung • Erfolg: Vermögensnachteil 2. subjektiver Tatbestand • Vorsatz • Absicht, sich oder Dritten zu Unrecht zu bereichern 3. Rechtswidrigkeit • keine Rechtfertigungsgründe • Verwerflichkeit i.S.v. Absatz 2 4. Schuld - Gewalt gegen eine Person/ - Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben = Vermögensverfügung (str.!)
Dogmatische Deutung der §§ 253, 255:nach der „Verfügungstheorie“ nach der Rechtsprechung
Fall 1: „7,50 DM“= BGHSt 7, 252 ff. (1955) Sachverhalt:A und B gehen nach einem Kneipenbesuch mit dem leicht alkoholisierten C spazieren; sie führen ihn an eine abgelegene Stelle und fordern ihn unter Androhung von Prügeln auf, sein Geld herauszugeben. C übergibt seine Geldtasche. A entnimmt die darin befindlichen 7,50 DM. Lösung nach der Rechtsprechung: - § 249 I scheitert mangels Wegnahme • aber §§ 253 I, 255 gegeben. Lösung nach der „Verfügungstheorie“: • trotz andersartigen äußeren Erscheinungsbildes Wegnahme (§ 249 I) • denn: das Opfer glaubte nicht, den Gewahrsamswechsel verhindern zu können.
Argumentationslinien • Argumente gegen die Auffassung des BGH • Deutung des § 249 als lex specialis widerspricht Gesetzessystematik • Voranstellung der lex specialis unüblich; Rechtsfolgenverweis der lex generalis auf die lex specialis unüblich • § 249 wird, obwohl tradierter Kernbestand des StGB, überflüssig • Verzicht auf Strukturanalogie zu § 263 bedeutet auch Verzicht auf dogmatische Dichte und Konsistenz im Bereich Vermögensdelikte • äußerliches Wegnehmen/-geben zufallsabhängig • Argumente für die Auffassung des BGH • „Freiwilligkeit“ bei Erpressung fragwürdig, ebenso der Bezug auf § 263 • Ausschluss der vis absoluta als Erpressungsmittel wenig plausibel • sachliche Nähe von Raub/Räub. Erpressung spricht gegen Alternativität • Praktikabilität (Beweisschwierigkeiten der Gegenauffassung) • Vermeidung von „Strafbarkeitslücken“.
Fall 2: „Die Spritztour“BGHSt 14, 386 ff. (1960) Sachverhalt:A schoss dem im Taxi sitzenden Taxifahrer T mit einer Gaspistole ins Gesicht, was diesen zwang, den Wagen zu verlassen. A unternahm daraufhin eine Spritztour mit dem Wagen und brachte ihn sodann plangemäß zurück: „Er habe so gern einmal Auto fahren wollen.“ Lösung nach der Rechtsprechung: - § 249 I scheitert mangels Zueignungsabsicht (kein Enteignungsvorsatz) - aber §§ 253 I, 255 sind gegeben (Vermögensnachteil: Besitzentziehung), §250 II Nr. 1 Alt.1 Lösung nach der „Verfügungstheorie“: - § 249 I scheitert mangels Zueignungsabsicht - §§ 253 I, 255 scheitern mangels Vermögensverfügung - es verbleiben: §§ 223 I, 224 I Nr. 2 Alt. 1; § 240 I; § 248b I.
Hinwiese auf didaktische Literatur • Entscheidungen: • BGHSt 7, 252 ff. (= „Fall 1“); BGHSt 14, 386 ff. (= „Fall 2“); • BGHSt 25, 224 ff. (Abpressung eines Forderungsverzichts) • BGH NStZ-RR 2011, 80 (Bestätigung von BGHSt 7, 252 ff.) • Aufsätze: • Brand, Die Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung am Beispiel der Forderungserpressung, JuS 2009, S. 899 ff. • Rönnau, Grundwissen Strafrecht: Abgrenzung von Raub und räuberischer (Sach-)Erpressung, JuS 2012, S. 888 ff. • Übungsfälle: • Noak/Sengbusch, Jura 2005, 495 f.; Böse/Keiser, JuS 2005, 443 f.; Kretschmer, Jura 2006, 220 f.; Radtke/Matula, JA 2012, 265 ff.