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VO Entwicklungsökonomie ÖKOLOGIEANSÄTZE. Mag. Gerald FRANZ Institut für Regional- und Umweltwirtschaft Wirtschaftsuniversität Wien “die umweltberatung“ Niederösterreich. Vorbemerkung:. Zusammenhang zwischen Ökonomie und Ökologie? Mensch/Naturverhältnis
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VO Entwicklungsökonomie ÖKOLOGIEANSÄTZE Mag. Gerald FRANZ Institut für Regional- und Umweltwirtschaft Wirtschaftsuniversität Wien “die umweltberatung“ Niederösterreich
Vorbemerkung: • Zusammenhang zwischen Ökonomie und Ökologie? Mensch/Naturverhältnis • Bild von Wirtschaft und Umwelt als Gegenpole • Wirtschafts- und Wohlstandswachstum vs. Umweltkatastrophen – viele Beispiele • Bsp. Klimawandel – wenn keine ökon. Relevanz dann wird nichts dagegen unternommen • Rolle einer nachhaltigen Entwicklung?
Inhalte: • Mensch / Naturverhältnis – Metabolismus vs. Kolonialisierung • Grundbegriffe der Naturwissenschaften • Ökologische vs. Ökonomische Sichtweise • Neoklassik und Umweltökonomik • Kritik und alternativer Ansatz der Ecological Economics • Nachhaltige Entwicklung als Klammer? • Sichtbarmachung von Nachhaltigkeit
Schnittstelle Natur- und Sozialwissenschaften – Mensch / Naturverhältnis • Aus anthropozentrischer Sicht: Metabolismus und Kolonialisierung • 70er Immissionen, 80er Emissionen, 90er Austauschbeziehung Mensch / Natur = gesellschaftlicher Stoffwechsel • Metabolismus = Stoff- und Energiefluss den Organismen mit Umwelt aufrechterhalten um Überleben und Reproduktion zu sichern – minimale Grundbedingung für Leben
Mensch / Naturverhältnis 2 • Basaler vs. Erweiterter Stoffwechsel • Basal: Materielle Inputs aus erneuerbaren Ressourcen – Outputs fügen sich in Naturkreisläufe wieder ein • Erweitert: Nichterneuerbare Ressourcen – Kolonialisierung natürlicher Systeme • Neolithische und industrielle Revolution – Umbruch zu agrarischer bzw. industrieller Gesellschaft • Ausbeutung fossiler Energieträger
Mensch / Naturverhältnis 3 • Kolonialisierung: „Kombination gesell. Aktivitäten, gezielt gewisse Parameter natürl. Systeme verändern und sie in Zustand halten, der sich von Zustand unterscheidet, in dem sie sich ohne diese Aktivitäten befänden“ • Ermöglichte Bevölkerungswachstum aber Outputs übersteigen Absorptionsfähigkeit des Ökosystems Erde • Erw. energ. Metabolismus: Steinkohle und Erdöl
Mensch / Naturverhältnis 4 • Koevolution von natürlichen und sozialen Systemen • Gesellschaftlicher Metabolismus stark verändert • Probleme auf Input- und Outputseite • Kolonialisierung heißt: Gesellschaft gestaltet absichtsvoll die umgebende Natur, greift in ablaufende Naturprozesse ein und löst damit langfristig wirksame Veränderungen aus • Problem :oftmals unvorhergesehen!
Naturwissenschaftliche Grundbegrifflichkeiten - System • Im Disziplinendenken geht Begrifflichkeit des Systems verloren • Unis präsentieren Welt als Sammelsurium getrennten Wissens und nicht als großes vernetztes System • Mensch bemächtigt sich der Natur – Entwicklung anders als voraus gesehen • Interdisziplinäres Denken in offenen komplexen Systemen notwendig
System 2 • System besteht aus mehreren verschiedenen Teilen, die in Beziehung zueinander stehen • System ist mehr als die Summe seiner einzelnen Teile • System – Subsystem; offene vs. geschlossene, künstliche vs. natürliche, statische vs. dynamische Systeme • Komplexität: Grad der Vielschichtigkeit, Vernetzung und Folgelastigkeit eines Entscheidungsfeldes – funkt. Differenzierung
System 3 • Wirkungsweisen im System: in welcher Verbindung stehen einzelnen Teile? • In der Regel nicht linear, d.h. Ursache und Wirkung ändern sich nicht in gleichem Ausmaß – Bsp. Exponentialfunktion • Wie wirken Dinge auf sich selbst zurück? Positive Rückkoppelung (Ursache und Wirkung verstärken sich – gegenseitiges Aufschaukeln – exp. Wachstum – Zusammenbruch des Systems)
System 4 • Neg. Rückkoppelung: Wirkung hemmt wieder die Ursache Selbstregulierung; Kreislaufsystem – Fließgleichgewicht • Quant. Wachstum im Sinn von Mengenwachstum = Monotonie einer sich ausdehnenden Bewegung – Zusammenbruch wenn nicht … • … Qual. Wachstum heißt stabiles Fließgleichgewicht; statt Vermehrung – Organisation und Differenzierung
Naturwissenschaftliche Grundbegrifflichkeiten - Thermodynamik • Physikalisches Dogma das in Ökonomie unberücksichtigt bleibt • In Ökonomie entsteht Wert durch Produktion und Konsum gleich Perpetuum Mobile • Jedoch kann nach 1.HS der TD weder Materie noch Energie produziert und konsumiert werden sondern nur absorbiert und wieder abgegeben • „In einen geschlossenen System können M+E weder geschaffen noch zerstört werden“
Thermodynamik 2 • Was sich ändert ist die Qualität der eingesetzten Materie und Energie • 2. HS der TD: „In einem geschlossenen System wird Entropiemenge immer größer“ • Entropie: Maß der Unordnung bzw. Maß nicht mehr verfügbarer Energie • Entropie: in geschlossenem System immer größer – gilt für Universum und somit Erde; „Die Erde stirbt an Wärmetod“ • Sonnenenergie ebenfalls steigende Entropie …
Thermodynamik 3 • … durch Produktion und Konsum Transformation frei verfügbarer Energie in höherem Ausmaß als Energiezufuhr durch externe Sonnenenergie – d.h. in Ökonomie schaffen wir nicht Materie sondern erhöhen die Entropiemenge im Ökosystem Erde (Rohstoffe in Abfälle, frei verfügbare Energie in nicht mehr verfügbare Energie)
Ökologische vs. Ökonomische Sichtweisen • In Vergangenheit Ökonomie und Ökologie meist getrennt betrachtet • Beziehung nicht linear sondern zirkulär • Ökologie: nicht-menschliches Handeln im Vordergrund • Beziehungen von und zw. lebenden Organismen und Wechselwirkungen mit physikalischer und chemischer Umwelt - natürliches System • Ökologischer Kreislauf – kompliziertes und vielschichtiges System – Reproduktion Spezies
Ökologische vs. Ökonomische Sichtweisen 2 • Ökonomie: künstliches System – Kreislaufsystem der Ökonomie • Ziel: Nutzenmaximierung, Wachstum der VW
Ökologische vs. Ökonomische Sichtweisen 4 • Systemische Betrachtung: globales Ökosystem Erde – darin Subsystem Ökonomie • Beide sind Bestandsgrößen (Stocks) • Flow-Größen: Ressourcen/Abfälle sowie … • … Energiezuflüsse und Abflüsse; Disparität führt zur Erschöpfung fossiler Energieträger, Carrying Capacity überschritten, Gesamtentropie im System steigt
Umweltökonomie - Begriffe • Effizienz = Pareto-Optimalität – Markträumung; „Niemand kann besser gestellt werden, ohne jemanden schlechter zu stellen“ • Ressourcenknappheit: daher Markt • Opportunitätskosten: Wahl einer Alternative bedeutet Verzicht auf andere Alternative • Substituierbarkeit (Austauschbarkeit von Ressourcen) und Technologie • Verteilung kein Thema
Umweltökonomie - Ursprung • Physiokraten und Klassik – Schlüsselressource Land/ Boden • „Labour is father and nature the mother of wealth“ • Später Prod.faktor Kapital – heute erweitertes Verständnis von Natur jedoch weniger relevant • Heutige Umweltökonomik baut auf Neoklassik auf • Vorläufer Ressourcenökonomik
Ressourcenökonomik • Bestmöglicher haushälterischer Umgang mit natürlichen Ressourcen • Zeit als entscheidender Faktor • Nicht-Erneuerbare Ressourcen (begrenzt): Verwendung verlangsamen bzw. nach Substituten suchen • Erneuerbare Ressourcen – unbegrenzt Inputs wenn intertemporales Gleichgewicht • NER: leichter ökon. opt. Abbaupfad zu finden • Knappheit – Preissignal – Substitut (Hotelling)
Umweltökonomik • Ökonomie als geschlossenes eigenständiges System – Stoffströme in Prod.funkt. nicht berücksichtigt • Unbegrenzte Aufnahme von Ouputs der Natur; Inputs – Vertrauen in techn. Fortschritt – Substitution zw. „man-made“ und „natural capital“ – insgesamt scheinbar keine Knappheit • Makrosicht: quant. Wirtschaftswachstum • Mikro: Nutzenmaximierung / Markträumung • Problem Umwelt Marktversagen
Umweltökonomik 2 • Marktversagen durch Öffentliche Güter und Externe Effekte • ÖG: Nicht-Ausschließbarkeit, Nicht-Rivalität – bei Umweltgut (Luft, Wasser) oftmals Übernutzung – niemand ausgeschlossen, niemand tut etwas zur Erhaltung des Guts (free-rider) • Lösung: der Umwelt einen Preis geben (Monetarisierung) – z.B. „willingness to pay“ – Ermittlung Wert einer Spezies; Problem: monetär machbar? Bias?
Umweltökonomik 3 • Externe Effekte – wirken ungewollt durch ökonomisch wirksam werdende Person auf unbeteiligte Dritte • Im Konsum oder in Produktion / positiv oder negativ – Preis erfüllt nicht mehr Funktion als Knappheitssignal • Problem neg. ext. Effekte = externe Kosten • Umweltgüter meist zu „billig“ angeboten – Umweltkosten sollen im Markt Niederschlag finden – wie?
Umweltökonomik 4 • Internalisierung externer Kosten – 2 Wege • Pigou-Steuer: dem Verursacher der externen Kosten wird eine Steuer in Höhe der externen Kosten auferlegt • Monetäre Bewertung des Effektes – Pareto-Optimalität • Problem: Identifikation des Verursachers, Informationsniveau des Staates über gesamtwirtschaftliche Umweltgüternachfrage
Umweltökonomik 5 • Internalisierung durch Coase – Verhandlungslösung • Entweder Verursacher zahlt Schadenersatz um Beeinträchtigung zu kompensieren oder Geschädigter zahlt um ihn von Schädigung abzuhalten • Voraussetzung: Eigentumsrechte müssen verteilt sein • Problem: Transaktionskosten, Verhandlungsstärke / Einkommen, Eigentumsrechte bei ÖG, Allmende-Güter
Umweltökonomik 6 • First-Best-Ansätze: Internalisierung der gesamten externen Effekte • Second-Best-Ansätze: Näherungslösung (nicht gesamte EE internalisiert) • In der Praxis SB: zB. Mineralölsteuer • Bsp. für Coase-Verhandlung: CO² - Zertifikatehandel in EU
Kritik an der Umweltökonomie • Substituierbarkeit – Natürliches und menschgemachtes Kapital 1:1 austauschbar (Bsp. seltene Arten) – unbegrenztes Wachstum der Ökonomie gerechtfertigt; Wirtschaften abgekoppelt von Natur möglich? • Effizient heißt nicht gleich gerecht – auch wenn EE internalisiert • Quant. Wachstum: VW wird gemessen an Wachstumszielen – spiegelt Mengenwachstum tatsächlich Gesamtwohlfahrt wieder?
Kritik an der Umweltökonomie • Bsp. Umweltkatastrophen und Umweltreparaturkosten erhöhen Wachstum der VW und somit Wohlfahrt? • Erhöht sich mit steigendem Reichtum wirklich auch Umweltbewusstsein global? • Forderung nach Einbeziehung des Faktors Umwelt in VW Gesamtrechnung – Bsp. Ökologische Gesamtrechnung, Umweltsatelliten, Material- und Schadstoffbilanzen etc. • An allen diesen Punkten setzt Nachhaltigkeit an
Alternativer Ansatz – Ecological Economics • Versucht Ökonomie als Subsystem des Ökosystems zu integrieren – interdisziplinärer Fokus (System, TD) • Endliches Wirtschaftswachstum, Mensch – Natur Kapital = Komplemente • Energie und Thermodynamik zeigen ökologische Grenzen auf • Boulding: Durchsatz von Materie und Energie minimieren statt maximieren; Erfolg nicht an Produktion/Konsum messen sondern an Größe, Qualität und Komplexität des Kapitalstocks
Alternativer Ansatz – Ecological Economics 2 • Georgescu-Roegen: Thermodynamik – Ökonomie nicht an Produktion/Konsum messen sondern Entropiemenge sollte möglichst gering sein – techn. Fortschritt ok aber hat Grenzen • Daly: Bild einer Steady-Sate Economy – von ökon. Wachstum zu ökon. Entwicklung = qual . Wachstum • Stock an physischem Wohlstand und Bevölkerung konstant halten …
Alternativer Ansatz – Ecological Economics 3 – „Steady-State“ • … „Erhaltungseffizienz“ heißt Entropiemenge gering halten Haltbarkeit – langlebige Güter produzieren, Ersetzbarkeit – Erzeugung von Produkten die leicht recyclebar • Gesamtnutzen der Ökonomie maximieren unter Beibehaltung des Stocks – „Serviceeffizienz“ besteht aus: • Allokativer Effizienz: Güter produzieren die meiste Befriedigung bringen • Distributive Effizienz: Basisbedürfnisse vieler vor Luxusbedürfnisse Einiger stellen
Alternativer Ansatz – Ecological Economics 4 – „Steady-State“ • Probleme: Stock konstant halten – wer entscheidet über Level? Erschöpfungsquoten? • Wie Geburten- und Sterberate konstant halten? • Institutionen die über Verteilung von Einkommen und Wohlstand regulieren • Weitreichende gesellschaftliche Veränderungen – Schwierigkeit der Implementierung • Wichtig: Biophysische Grenzen ökonomischen Wachstums – hier setzt Nachhaltige Entwicklung an
Nachhaltige Entwicklung als Klammer? Vorbemerkungen • Häufigste Übersetzung von „sustainable development“ – auch Zukunftsfähige Entwicklung • Oft verwechselt mit langfristig – inflationär gebraucht • Eigentlich umfassendes Konzept zur Integration ökologischer, sozialer, ökonomischer Systemziele • Nachhaltigkeit in Politik und Wissenschaft gebraucht
Nachhaltige Entwicklung als Klammer? Vorbemerkungen 2 • Keine neue Idee – Konzept aus der Forstwirtschaft • Von nachhaltiger Ökosystemnutzung zu ökonomischer Betrachtung (gleichbleibender Ertrag) • Unterschiedliche Interpretation bzgl. Konzept und operationalen Zielen • Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung keine Synonyme • Nachhaltigkeit – Gesellschaftsutopie?
Nachhaltige Entwicklung als Klammer? Vorbemerkungen 3 • Entwicklungsbegriff: spezielle Deutung von Veränderungsprozessen • Vorstellung: lineare Entwicklung zu höheren Ebenen • Ist eng mit quant. Wachstum verknüpft • Besser: „Weg zur Nachhaltigkeit“ • Vgl. Mythos einer „aufholenden Entwicklung“ • Neue Etappe der fortlaufenden Auseinandersetzung mit ökol. Grenzen (soziales + wirtsch. Gleichgewicht sollen erhalten bleiben)
Nachhaltige Entwicklung als Klammer? Geschichte • 19. Jh. Nachhaltige Waldbewirtschaftung • 1972: Club of Rome: Grenzen des Wachstums • 1987 Brundtland Kommission: SD… Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass zukünftige Generationen ihre Bedürfnisse nicht befriedigen können • 1992 Rio Konferenz: 3 Dimensionen – Agenda 21
Nachhaltige Entwicklung als Klammer? Charakteristika • NH: Konzept das wirtschaftliche Ressourcen erhält, soziale Bedürfnisse sichert und natürliche Lebensgrundlagen dauerhaft schützt • Intergenerationale Gerechigkeit • Intragenerationale Gerechtigkeit • Dimensionen: Ökologie – Soziales –Ökonomie
Intensitäten der Nachhaltigkeit • Schwache Nachhaltigkeit: Substitution (auch mit Geldkapital, Know-How, techn. Fortschritt) – siehe OECD, EU • Starke Nachhaltigkeit: keine Substituierbarkeit – Erhalt des natürlichen Kapitals (Steady-State)
Kapital Natürliches Kapital Stoffströme (Ressourcen, Abfall) Nachhaltigkeit: „2-Kapital-Modell“
Sichtbarmachung / Messung von Nachhaltigkeit • Abhängig von Definition/Intensität der Nachhaltigkeit • Stark ökonomisch orientiert: Kosten-Nutzenanalyse • Stark ökologisch: Ökologischer Fußabdruck
Zusammenfassung: Nachhaltiges Wirtschaften heißt Qual. Wachstum • Könnte heißen: • Umwelteinsatz pro Einheit BIP verringern • Ressourceneinsatz pro Kopf Bevölkerung verringern • Umweltverbrauch pro VW soll global verringert werden • „Wachstum, bei dem gleich verteilte Zunahme des Wohlstands bei gleich bleibender oder steigender Umweltqualität“ • Gesellschaftliches Umdenken notwendig!!!