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Heldensage und Heldendichtung (4). Nibelungenlied, 2. Teil (20.-39. Aventiure). Nibelungenlied Teil 1 und 2: Verbindende Elemente. Kriemhilt und ihre fortdauernde Trauer; Finalität des Erzählens in den durchgängigen Vorausdeutungen; Das Motiv der liep-leit -Koppelung (Str. 17; 138; 2378);
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Heldensage und Heldendichtung (4) Nibelungenlied, 2. Teil (20.-39. Aventiure)
Nibelungenlied Teil 1 und 2: Verbindende Elemente • Kriemhilt und ihre fortdauernde Trauer; • Finalität des Erzählens in den durchgängigen Vorausdeutungen; • Das Motiv der liep-leit-Koppelung (Str. 17; 138; 2378); • Der Nibelungenhort (3. Av.; 19. Av.; 39. Av.); • Balmunc, das Schwert Sîfrits (3. Av.; 16. Av.), das Hagen an sich genommen hatte (39. Av.).
Nibelungenlied, 2. Teil: Übersicht20.-31. Aventiure • 20.-26. Aventiure • Erzählte Zeit 26 Jahre • 13 Jahre nach Sîfrits Tod (1142): Etzels Werbung um Kriemhilt (20. Av.); • Kriemhilts Reise zu Etzel (21. Av.); Empfang (22. Av.); • 7 Jahre nach der Hochzeit (1387): Geburt des Sohnes Ortliep; • 13 Jahre nach der Hochzeit mit Etzel (1390): Verräterische Einladung an ihre Brüder, an Hagen und Gefolge (23.-24. Av.). • Aufbruch von Worms: Wie die Nibelungen zen den Hiunen fuoren (25. Av.): Wechsel: Burgonden ->Nibelungen. • Reise nach Bechelâren (26. Av.): der höfisch-heitere Ruhepunkt in der 27. Aventiure.
Exkurs: Rüedeger im 12. Jahrhundert • Die Figur Rüedegers kommt in den alten Edda-Liedern und in der altnord. Sagenkompilation der Thidrekssaga nicht vor. • Rüedeger stammt also nicht – wie Sîfrit, Gunther Hagen etc. – aus der älteren Schicht der Heldensage, sondern ist eine Neuschöpfung des 12. Jh. • Zwei Belege des 12. Jh.: a) Metellus von Tegernsee, ‚Quirinalia‘ (erwähnt ein Lied von R., Grafen von Pöchlarn). b) Herger (Sangspruchdichter, um 1170): R. als hervorragendes Beispiel für vorbildliche Freigebigkeit und Rechtschaffenheit (milte, frümekeit). Fazit: Für den Dichter des NL ist die Figur Rüedeger das ideale Transportmittel zur Darstellung der um 1200 aktuellen Adelsethik.
n • 27. Aventiure: festliche Ankunft der Gäste (1650-1665) (Szenentyp); Rüedegers Tochter wird mit Giselher verlobt, trotz der ständischen Differenz (1676!); Rechtsverbindlichkeit durch „Umstand“ (1683) und Zustimmung der Braut (1685f.). • Rüedeger gelobt Geleit in Etzels Reich (1659). • Aufenthalt: drei Tage (1691). • Geschenke zum Abschied (1694ff.); Hagen erbittet sich den in der Halle hängenden Schild des Nuodung, der von Witege erschlagen worden war. (1698f.:Verbindung zum Dietrichkreis). • Volker singt vor Gotelind ein Abschiedslied (1705). • Vorausdeutungen: 1685; 1696; 1704; 1709; 1710. • 28. Aventiure: Ankunft an Etzels Hof; Dietrich: langwährende Trauer Kriemhilts; D. warnt vor Kriemhilts Rache (1724-1731). • Kriemhilt empfängt die Burgunden mit valschem muote (1737) • Saget, waz ir mir bringet: Hortfrage (1739ff.). • Etzels Erinnerung an Hagen: Reflex der Sage von Walther und Hildegunt, die mit H. an Etzels Hof Geiseln waren (1756).
29. Aventiure: Ausbruch der Feindseligkeiten. • Kriemhilds Leid und Bitte: errechet mich an Hagene, daz er verliese den lîp (1765,4) • Auch Hagen weiß, dass es um ihn geht: ich weiz wol, daz iz allez ist ûf mich getân (1776,2). • Affont: Hagen und Volker erheben sich nicht vor der Königin; Sîfrits Schwert auf Hagens Knien (1781-84). • Die hunnischen Krieger kennen Hagen als den, der mit Walther früher bei Etzel war (1797) (Reflex der Walther-Sage; s. auch 1201; 1756; 2344). • Knappe Abwendung des Kampfes. • Burgonden, geleitet von Dietrich: freundliche Begrüßung durch Etzel (1804ff.). • 30. Aventiure: Nachtszene, Hagen und Volker auf der Schildwacht; die hunnischen Krieger wagen keinen Angriff.
31. Aventiure: Am nächsten Morgen: Kirchgang der Burgonden unter Waffen. Hagen zu den Burgonden: wizzet sicherlîchen, daz uns nâhet der tôt. (1855,4). • Reiterkampfspiele: bûhurt. Mit Absicht tötet Volker einen reichen Hunnen (1889). Etzel schlichtet den Streit mit Hinweis auf die Unverletzlichkeit des Gastrechts. • Kriemhilt stiftet Etzels Bruder Bloedelin an: Hagen muss für seine Tat büßen (1909; vgl. 1765,4; 1776; C 1882 u.ö.).
32.-39. Aventiure: Dichtes ErzählenErzählte Zeit: 24 Stunden • 32. Aventiure: Etzels Bruder Bloedelîn überfällt die wehrlosen Knappen der Nibelungen; • Dankwart tötet Bloedelîn; überbringt die Nachricht vom Tod der Knappen in den Festsaal. • 33. Aventiure: Saalschlacht: Etzel mit Kriemhilt, Dietrich und Rüedeger erhalten freien Abzug; alle Hunnen werden erschlagen. • 34. Aventiure:Wie si die tôten ûz dem sal wurfen. Kriemhilt bietet Gold und Besitz für den Kopf Hagens (2025). • 35. Aventiure: Einzel- und Gruppenkämpfe: Iring von Dänemark gegen Giselher. Die Thüringer und Dänen, die auf Kriemhilts Seite stehen, fallen im Kampf.
36. Aventiure: Die Burgonden werden wieder im Saal angegriffen; Kampf bis in die Nacht. Verhandlungen scheitern, da Kriemhilt auf Hagens Auslieferung besteht (2104). […] sô werden wol errochen elliu miniu leit (2109,4). • Kriemhilt lässt den Saal über den Burgunden anzünden (2111ff.). Von der Hitze gequält , rät Hagen, das Blut der Erschlagenen zu trinken: swen twinge durstes nôt, der trinke hie daz bluot (2114,2). • 37. Aventiure:Wie Ruedeger erslagen wart. - Kriemhilt und Etzel verlangen von R., die Burgunden anzugreifen.
37. Aventiure: Rüedegêrs Konflikt • Vom NL-Dichter in ungewöhnlicher Dichte und Genauigkeit ausgebaut, s. Splett, LV). • Wie die Gestalt Rüedegêrs, so ist auch diese Episode ohne Vorbild in der voraufgehenden Heldensagentradition (s. Splett, LV). • Dô weinte inneclîche der vil getriuwe Rüedegêr (2135,4). - Mit trûrigem muote der vil getriuwe man [… ] (2141,1) • Seelischer Konflikt zwischen • a) der Verpflichtung gegenüber den Burgunden aus dem Geleit, das er den Burgunden gegeben hatte (2144; 2159). • b) der Lehenspflicht Etzel gegenüber: Kniefall Etzels und Kriemhilts vor dem Lehensmann Rüedeger (2152; s. Althoff, Symbolische Kommunikation); • c) dem Eid Kriemhilt gegenüber bei der Werbung: du woldest rechen elliu miniu leit (2151).
Rüedegêrs Konflikt: daz ich die sêle vliese, des enhân ich niht gesworn (2150). • Nû liez er an die wâge sêle unde lîp (2166,1). Tragischer, d.h. auswegloser Konflikt 2154: alles Handeln ist fehlerhaft. • Einzige Lösung: Kampf und Tod. • Starke Emotionalisierung der Szene: • Gîselher erinnert an die Verlobung/hîrât mit Rüedegers Tochter (2171). • Aufkündigung der Freundschaftsbindung durch Rüedegêr: ir soldet mîn geniezen, nû engeltet ir mîn / ê dô wâren wir friunde: der triuwen will ich lêdec sîn (2175) • Im Kampf Hagens zerbricht Nuodungs Schild; die Schildgabe. • Rüedegêr verletzt Gernôt tödlich; Gernôt erschlägt Rüedegêr mit dem Schwert, das er von diesem erhalten hatte (1696); beide erschlagen sich gegenseitig (2219f.). • Totenklage um Rüedeger; fortgesetzt in der NL-Klage.
38.-39. Aventiure: Dietrich von Bern • Hildebrant und Dietrichs Neffe Wolfhart greifen in den Kampf ein. • Zweikämpfe: Hildebrant tötet Volker; Giselhêr und Wolfhart töten sich gegenseitig. • Alle Mannen Dietrichs kommen um. • Am Ende der 38. Aventiure: • es leben von den Burgunden nur noch Gunther und Hagen; • auf Etzels Seite Etzel und Kriemhilt, Dietrich und Hildebrant. • Dietrichs Klagte über den Verlust seiner Mannen: sô hât mîn got vergezzen, ich armer Dietrîch / ich was ein künec hêre, vil gewaltic unde rîch (2319,3f.). • Erst am Beginn der 39. Av. greift Dietrich selbst in den Kampf ein (Die Rolle Dietrichs als Zauderers ist auch sonst in der Heldenepik ausgebaut; typisch für diese Figur der Sage).
Hie hât daz liet ein ende: daz ist der Nibelunge nôt • Klagerede Dietrichs zu Gunther: waz het ich iu getân? (2329,3). • Dietrich fordert Gunther auf, sich als Geisel zur Sicherung des Waffenstillstands zu ergeben: sô will ich behüeten, / daz dir hier zen Hiunen niemen niht entuot (2337) und verspricht freies Geleit nach Worms (2340). • Strategie der Konfliktlösung vergeblich. • Hagen wird von Dietrich überwunden und gefesselt Kriemhilt übergeben (2353). • Auch Gunther wird von Dietrich überwunden (2359ff.). Gunther und Hagen werden getrennt voneinander verwahrt. • Dietrichs Bitte an Kriemhilt: nu sult ir die ellenden mîn vil wol geniezen lân. (2364,4).
Das Ziel der Erzählung: Kriemhilt und Hagen • Kriemhilt (fientlîche): • Welt ir mir geben widere daz ir mir habt genomen, sô muget ir noch wol lebende heim zen Burgonden komen (2367,3f.). • Zweideutige Aussage: Bedingung nach der Ermordung Sîfrits nicht mehr erfüllbar. Von Hagen auf die Hortforderung allein reduziert. • Offensichtlich ausgerichtet an der sagengeschichtlichen Konstellation (s. Altes Atlilied), dass die Hortforderung die Ermordung auslöst (s. Heinzle, LV ). • Hagen: solange einer meine Herren lebt, gebe ich den Hort nicht her. • Kr. lässt Gunther enthaupten und tritt mit dem abgeschlagenen Haupt vor Hagen (Bildtyp: Judith und Holofernes; Salome und das Haupt Johannes‘ des Täufers, s. Lexikon der christlichen Ikonographie).
Hagen: den schatz den weiz nû niemen wan got unde mîn. der sol dich, vâlandinnne, immer wol verholn sîn (2371). • Krh.: so habt ir übele geltes mich gewert. • Das Schwert Balmung an Hagens Seite: daz truoc mîn holder vriedel, dô ich in jungest sach. (2372). • Etzel beklagt Hagen: der alle beste degen. • Hildebrant erschlägt Kriemhilt: ze stücken was gehouwen dô daz edele wîp. • Koppelung von liep und leit, wie Str. 17. • Schlusstrophe des Erzählers: Ine kann iu niht bescheiden … daz ist der Nibelunge nôt (Fassung C: der nibelunge liet.). Deutliche Markierung des Werkschlusses.