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1. Impulsreferat
Arbeitslosigkeit kann jede/n treffen!
Armut auch!
29.4.2011
Martina Kargl
Koordinationsteam der ARMUTSKONFERENZ
2. Erwerbslosigkeit: wo stehen wir?Arbeitslosenquoten im EU-Vergleich, 2010saisonbereinigt, ILO-Defintion
3. Erwerbslosigkeit: wo stehen wir?AMS-Daten für März 2011: Wie viele?
4. Erwerbslosigkeit: wo stehen wir?AMS-Daten für März 2011: Welches Alter?
5. Erwerbslosigkeit: wo stehen wir?AMS-Daten für März 2011:Stellenandrangsziffer
6. Erwerbslosigkeit: wo stehen wir?Langzeitbeschäftigungslose im März 2011
7. Erwerbslosigkeit und Armut:Von den Personen im Erwerbsalter, die 2008 erwerbslos waren, lebten … in einem einkom-mensarmen Haushalt:
8. Erwerbslosigkeit und Armut: Personen, die 2008 in Haushalten lebten,der von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen& einkommensarm war:
9. Erwerbslosigkeit und Armut: …% der Haushalte konnten sich nicht leisten …
10. Langzeiterwerbslose Menschen:keine homogene Gruppe - Erfahrungen aus Projekten am erweiterten Arbeitsmarkt vielen fehlt nichts als ein Job
andere: geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten („Nischen-arbeitsplätze“) sind verloren gegangen – Personen, die in den 1970er/1980er-Jahren noch ganz normale Arbeitskräfte waren
Personen mit multiplen Vermittlungshindernissen: oft nicht Ursache, sondern Folge der langen Erwerbslosigkeit
(Wieder)EinsteigerInnen: Einstieg nie geschafft versus lange Abwesenheit vom Arbeitsmarkt
große Gruppe: Menschen mit psychischen Belastungen bzw. Erkrankungen
Vermittlungshindernisse: Alter – Betreuungspflichten (Kinderbetreuung u. Pflege von Angehörigen) – gesundheitliche Beeinträchtigungen
„Teilleistungsfähige“: Erwerbsfähig nach ASVG und arbeitswillig, aber keine Chancen am regulären Arbeitsmarkt
11. keine homogene Gruppe:Studie „Erwerbspotential in der Sozialhilfe“ „Abwärtsspiralen“
zunächst gesicherte Beschäftigungsposition ? Konkurs d. Unternehmens o.ä. ? immer schlechter bezahlte Jobs bei gleichzeitig schlechteren Arbeitsbedingungen & Phasen der Erwerbslosigkeit
„prekäre Biographien“
stabile Integration in den Arbeitsmarkt kann nicht erreicht werden – trifft zunehmend auch Personen mit hohem (Aus)Bildungs-Niveau. Beispiel: freier Journalist
„schwierige Einstiege“
keine geradlinige Schul- und Berufsausbildung, schwerwiegende Probleme (gesundheitlich, familiär), trifft v.a. junge Menschen
12. „Verlust der Erwerbsstabilität durch plötzliche Veränderungen“
Veränderungen außerhalb des Berufs (z.B. Trennungen, familiäre Schicksalsschläge, massive Verschlechterung d. gesundheitlichen Zustands etc.) ? Erwerbslosigkeit
„lange Unterbrechungen“
aufgrund von Kindererziehung, Pflege von Angehörigen
„Chaosbiographien“
sehr schwierige soziale Konstellation seit der Kindheit, Sonderschulkarriere, wechselnde Jobs in Niedriglohn-bereich & informellem Sektor
13. Anforderungen an aktive Arbeitsmarktpolitik „2. Arbeitsmarkt“
Ressourcenorientierung = Potentiale, nicht Defizite in den Vordergrund stellen! setzt voraus:
differenziertes Angebot: Potentiale der TeilnehmerInnen sind unter-schiedlich – Anforderungen u. Zielsetzungen der Projekte müssen es ebenfalls sein!
gestuftes Angebot: von nieder- bis hochschwellig: einzelne Angebote müssen aufeinander abgestimmt sein, um sich zu ergänzen u. ineinander greifen zu können
durchlässiges Angebot: Wechsel zwischen den Angeboten muss möglich sein
Flexibilität bei Verweildauer - ausreichend Zeit!
Flexibilität bei Beschäftigungsausmaß & Leistungserfordernissen
14. Freiwilligkeit der Teilnahme + Sinnhaftigkeit der angebotenen Tätigkeitsfelder + Wahlmöglichkeiten der NutzerInnen!
Beschäftigung allein ist nicht genug! laufende sozialarbeiterische bzw. psychosoziale Betreuung, um familiäre, gesundheitliche, finanzielle und sonstige materielle Probleme zu bearbeiten
Clearing, Qualifizierung u. Outplacement
angemessener Zuverdienst
Beschäftigung im Rahmen eines Dienstverhältnisses = sozial- und arbeitsrechtlicher Schutz & Wertschätzung
„3. Arbeitsmarkt“ – erweiterter Arbeitsmarkt auf Dauer
für Personen, deren Arbeitsmarktintegration langfristig od. dauerhaft nicht möglich ist. Ziel: Existenzsicherung, Sinnstiftung und Tagesstruktur
15. flankierende Maßnahmen/Rahmenbedingungen
Erwerbslosigkeit als politische Querschnittsmaterie begreifen – wider die „Logik der Töpfe“
Rahmenbedingungen bearbeiten: Kinderbetreuung, Pflegedienst-leistungen, Schulsystem, betriebliche Gesundheitsförderung
Armutsbekämpfung: höhere Nettoersatzraten, Valorisierung & Mindestarbeitslosengeld
formale Zugangshürden abbauen – stärker präventiv arbeiten & Angebotszugang bedarfsgerecht gestalten
An den vielen Hebeln der Beschäftigungsförderung ansetzen
16. woher kommen die Jobs? Wirtschaftswachstum?
Modellrechnung Weißbuch Beschäftigung (WIFO, 2006):
Wachstum 1,75%: kein Rückgang der Beschäftigung
Wachstum 2%: Beschäftigung in Vollzeitäquivalenten konstant
Wachstum 2,25%: Arbeitslosigkeit beginnt zu sinken
Beispiel: prognostiziertes Wirtschaftswachstum f. 2006: 3,1%
Beschäftigungswachstum: 1,5%, davon ein großer Teil aus: steigendes Arbeitsangebot & höhere Erwerbsquote der älteren Bevölkerung
? Erwerbslosigkeit sinkt nur geringfügig
17. Ausbau des Niedriglohnsektors f. Niedrigqualifizierte?
Argument: Arbeitsplätze mit geringer Produktivität werden nicht geschaffen, weil es keine entsprechende Nachfrage gibt – Sozialhilfe bzw. BMS erzeugt „Sperrklinkeneffekt“ & fehlende Kombi-Löhne
Gegenargumente:
gibt bereits einen Niedriglohnsektor in Österreich:VESTE 2006: Niedriglohnschwelle: 7,65 €? 24,2% der erwerbstätigen Frauen & 7,4% der erwerbstätigen Männer = working poor, davon 60% mind. 1 abgeschlossene Ausbildung
auch in Ländern mit starker Lohnspreizung haben Geringqualifizierte hohes Arbeitslosigkeitsrisiko
Eingliederungsbeihilfen: creaming-Effekte: Schwache profitieren nicht
gering entlohnt ist nicht notwendigerweise gering produktiv
Beispiel Deutschland zeigt: kein Sprungbrett in bessere Erwerbsarbeit
18. Arbeit billiger machen - Arbeitskosten senken?Reorganisation der „Finanzierung des Öffentlichen“
19. Umverteilung von Erwerbsarbeit?
Befund: Dauer der faktischen Arbeitszeit von Vollzeit-beschäftigten in Ö. eine der längsten in der EU
unterschiedliche Modelle:
Verkürzung der LebensarbeitszeitSabbaticals, Bildungsurlaube, etc.
allgemeine Arbeitszeitverkürzung in Kombination mit Beschränkung von ÜberstundenGegenargument: hat in Frankreich (35-h-Woche) nur teilweise zum erhofften Anstieg an Jobs geführt (Produktivitätsgewinne!)
Voller Lohnausgleich: ja oder nein?
Arbeitszeitverkürzung f. einzelne Berufsgruppen / ArbeitsbedingungenZiel: Reduktion von spezifischen Belastungen (Gesundheitswesen etc.)
Beschränkung von Überstundenvia Gesetz/Kollektivverträge, indirekt via BesteuerungHindernisse: rapider Anstieg von All-in-Verträgen, Jahresarbeitszeit-modelle, häufig Voraussetzung f. beruflichen Aufstieg
20. mit dem demographischen Wandel rechnen?
Rückgang des Arbeitskräfteangebotes in den nächsten JahrzehntenChance: Ende des Verdrängungswettbewerbs am Arbeitsmarkt ? bessere Chancen für jetzige Problemgruppen am Arbeitsmarkt
sicher ist: Österreich = wissensbasierte Ökonomie ? Beschäftigungszuwachs bei höheren u. mittleren Qualifikationen, Fachkräftebedarf
Rolle des Schulsystems – Reduktion von „early school leaving“, Berufsorientierung
System der „2. Chance“ (Nachholen von Schul- und Bildungsabschlüssen, etc.), lebenslanges Lernen, betriebliche Gesundheitsförderung …
21. Hauptsache Arbeit?Working poor (1)
22. Hauptsache Arbeit?Working poor (2)
23. Working poor (3)Niedriglohn-BezieherInnen, 2006Bruttostundenverdienst: max. 7,56 €
24. Hauptsache Arbeit?Unterbeschäftigung
25. Hauptsache Arbeit?Arbeitsbedingungen im Niedriglohnsektor häufig kennzeichnend:
hoher Arbeitsdruck
armutsnahe Entlohnung
geringe Anerkennung
schlechtes Betriebsklima
„Diese Arbeitswirklichkeiten machen deutlich, dass von einer erfolgreichen und nachhaltigen Reintegration in Erwerbsarbeit nur dann gesprochen werden kann, wenn die Arbeit bestimmte Mindeststandards an Qualität und Stabilität erfüllt. Erst wenn solche Mindeststandards an Qualität und Stabilität erfüllt sind, kann von einer sozial integrativen Wirkung von Erwerbsarbeit gesprochen werden.“
(Manfred Krenn, FORBA, Studie „Erwerbspotential in der Sozialhilfe“)
26. Conclusio Obwohl Österreich besser da steht als andere europäische Länder, ist Erwerbslosigkeit auch in Österreich ein drängendes soziales Problem
länger dauernde Erwerbslosigkeit ist ein enormes Armutsrisiko
Arbeitslosigkeit ist ein strukturelles Problem: es fehlt an existenzsichernden Arbeitsplätzen
es gibt keinen Königsweg, um für mehr Beschäftigung zu sorgen ? Maßnahmen-Mix erforderlich
Anspruch: Erwerbsarbeit muss existenzsichernd & sozial integrativ sein ? „gute Arbeit“ statt „Hauptsache Arbeit“
27.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!