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Vorlesung: Einführung in die Soziologie / Wintersemester 2006-2007/ J. Renn

Vorlesung: Einführung in die Soziologie / Wintersemester 2006-2007/ J. Renn. 4. Vorlesung: Die Differenzierung der Person I. Vorlesung: Einführung in die Soziologie/ Wintersemester 2006-2007/ J. Renn 1. Vorlesung: Formales und Auftakt. Vorlesung (vergangene und nächste Etappen):

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Vorlesung: Einführung in die Soziologie / Wintersemester 2006-2007/ J. Renn

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  1. Vorlesung: Einführung in die Soziologie/Wintersemester 2006-2007/ J. Renn 4. Vorlesung: Die Differenzierung der Person I

  2. Vorlesung: Einführung in die Soziologie/ Wintersemester 2006-2007/ J. Renn1. Vorlesung: Formales und Auftakt • Vorlesung (vergangene und nächste Etappen): • 25. Okt.Dekomposition der Handlungseinheit (Motiv & Sinn), Weber, Schütz • 1. Nov.Differenzierung der Handlungstypen und -Koordinationen:, Habermas, Esser • 15. Nov. Differenzierung der Handlung (Fortsetzung) • 22. Nov.Differenzierung der PersonI: Phasen und Instanzen: Freud • 29. Nov.(Ein-) Teilung der Person II: Phasen und Instanzen II: Piaget und Mead • 6. Dez.Teilung der Gruppen I: Stämme, Stände, Klassen, Schichten • 13. Dez.Teilung der Gruppen II: Identität, Nationen und Ethnien (Exkurs: Individualisierung) • 20. Dez.Teilung der Arbeit I: Industrialisierung – Organische Solidarität

  3. Vorlesung: Einführung in die Soziologie/ Wintersemester 2006-2007/ J. Renn4. Vorlesung: Die Differenzierung der Person I • a) Phasen der Entwicklung und Instanzen der Persönlichkeit – Zur Psychoanalyse Sigmund Freuds: • Übergang: „Motive“ des Handelns sind (auch) Motive der Person: • Koordination des Handelns ist deshalb (auch): • „Sozialisation“ der Motive und der Identität der Person  • Psychoanalytische Theorie der Entwicklung eines „Überich“ als Analyse des gesellschaftlichen Einflusses auf die „innere“ Verfassung der Person • Die Entwicklung der Person/ ihrer Identität ist niemals nur ein Fortschritt (an Souveränität), sondern immer auch eine Geschichte der Verluste • Die Entwicklung der Persönlichkeit vollzieht sich als Reihe der Bewältigung notwendiger Konflikte (kann gelingen oder eben nicht: Traumata, Neurosen, Zwänge) • Die Ausbildung sozial anschlussfähiger Motive und einer „gesellschaftsfähigen“ Identität der Person – siehe: Kritische Theorie und Foucault – ist im „bürgerlichen Zeitalter“ einem nach innen verlagerten Zwang zu verdanken. • Der Selbstzwang der Person zwingt die Person zusätzlich, das zwingende Moment und die Errichtung des inneren Zwanges unter die Schwelle des Erinnerbaren zu drücken: Verdrängung.

  4. Vorlesung: Einführung in die Soziologie/ Wintersemester 2006-2007/ J. Renn4. Vorlesung: Die Differenzierung der Person I • a) Phasen der Entwicklung und Instanzen der Persönlichkeit – Zur Psychoanalyse Sigmund Freuds: • Das Unbewußte: • - eine ungewohnte Vorstellung: nicht bewußte Anteile der Person gehören zu ihrer Identität (die Psyche spielt Versteck) • - klinischer Kontext der „Entdeckung“: • - Hysterien von der Hypnose (1885/86 bei Jean Martin Charcot an der berühmten Salpetriére in Paris ) zur „Redekur“ [„Studien über Hysterie“ von 1895 von Josef Breuer und Sigmund Freud] • Konversionshysterie: Die Konversion spaltet den unbewussten Inhalt von dem bewusst zugänglichen Selbstverhältnis ab und wandelt es in eine körperliche Einschränkung um. • „Wir fanden anfänglich zu unserer größten Überraschung, dass die einzelnen hysterischen Symptome sogleich und ohne Wiederkehr verschwanden, wenn es gelungen war, die Erinnerung an den veranlassenden Vorgang zu voller Helligkeit zu erwecken und damit auch den begleitenden Affekt wachzurufen, und wenn dann der Kranke den Vorgang in möglichst ausführlicher Weise schilderte und dem Affekt Worte gab.“ (Freud Bd. I, S. 85)

  5. Vorlesung: Einführung in die Soziologie/ Wintersemester 2006-2007/ J. Renn4. Vorlesung: Die Differenzierung der Person I • a) Phasen der Entwicklung und Instanzen der Persönlichkeit – Zur Psychoanalyse Sigmund Freuds: • Affekte oder Traumen wurden nicht genügend „abreagiert“ weil: • „die Kranken auf psychische Traumen nicht reagiert haben, weil die Natur des Traumas eine Reaktion ausschloss, wie beim unersetzlich erscheinenden Verlust einer geliebten Person, oder weil die sozialen Verhältnisse eine Reaktion unmöglich machten, oder weil es sich um Dinge handelte, die der Kranke vergessen wollte, die er darum absichtlich aus dem bewussten Denken verdrängte, hemmte und unterdrückte. Gerade solche Dinge findet man dann in der Hypnose als Grundlage hysterischer Phänomene“ (Band 1, 89). • Später: nicht „absichtlich“! Die „Verdrängung“ ist kein bewußter/ gewollter und keine erinnerbarer Vorgang • „Wir müssen (aber) als eine weitere auffällige und späterhin verwertbare Tatsache erwähnen, dass die Kranken nicht etwa über diese Erinnerungen wie über andere ihres Lebens verfügen. Im Gegenteil, diese Erlebnisse fehlen dem Gedächtnis der Kranken in ihrem gewöhnlichen, psychischen Zustande völlig oder sind nur höchst summarisch darin vorhanden.“ (Band 1, 88) • Die „Heilung“ wird von der Person gewissermaßen selbst verhindert, weil sie die ersten Schritte auf dem Weg zur Heilung als Verlust des mühsam errungenen relativen Gleichgewichtes fürchten muss

  6. Vorlesung: Einführung in die Soziologie/ Wintersemester 2006-2007/ J. Renn4. Vorlesung: Die Differenzierung der Person I • a) Phasen der Entwicklung und Instanzen der Persönlichkeit – Zur Psychoanalyse Sigmund Freuds: • Nach der Abkürzung durch die Hypnose wird immer wichtiger, den Assoziationen der Personen selbst zu folgen (verdeckte Spuren des Verdrängten): Therapie als Entzifferung verdrängter, unbewältigter Konflikte • Interpretation der Träume –„Traumdeutung“ im Jahre 1900 (öffentlicher Durchbruch) • Gründung der „Wiener Psychoanalytischen Vereinigung“ 1908, Vermehrung von nationalen Sektionen (trotz Sezessionen und Abspaltungen durch Alfred Adler und vor allem Carl Gustav Jung): • stetige Verbreitung der Psychoanalyse als einer regelrechten Bewegung (Von W. Reich, J. Lacan bis zu Woody Allen und psychoanalytische Ambulanzen an den Rändern argentinischer Elendsviertel).

  7. Vorlesung: Einführung in die Soziologie/ Wintersemester 2006-2007/ J. Renn4. Vorlesung: Die Differenzierung der Person I • a) Phasen der Entwicklung und Instanzen der Persönlichkeit – Zur Psychoanalyse Sigmund Freuds: • Noch einmal: Traumdeutung • „ Ich gelangte (..) zu neuen Aufschlüssen über den Traum, indem ich eine neue Methode der psychologischen Untersuchungen auf ihn anwendete, die mir bei der Lösung der Phobien, Zwangsideen, Wahnideen u. dgl. Hervorragend gute Dienste geleistet hatte, und die seither unter dem Namen „Psychoanalyse“ bei einer ganzen Schule von Forschern Aufnahme gefunden hat. • Die entscheidende Einsicht ist: • „(…), dass uns der Traum etwas zu sagen haben könnte, dass sich das Unbewusste in entstellter Form in den Inhalten des Traumes ausdrückt. Die Entstellung hat eine gewisse Notwendigkeit, dass was den Traum anleitet, die Botschaft nur indirekt, wie ein Bilderrätsel mitzuteilen, ist eben die Instanz und jene Energie, die die Verdrängung vergangener Konflikte und unaufgelöster Spannungen dazu antreibt, sich in unbewusster Weise der Person zu bemächtigen und sich als Unfreiheit in Gestalt des neurotischen oder anderer Symptome zu „äußern“

  8. Vorlesung: Einführung in die Soziologie/ Wintersemester 2006-2007/ J. Renn4. Vorlesung: Die Differenzierung der Person I • a) Phasen der Entwicklung und Instanzen der Persönlichkeit – Zur Psychoanalyse Sigmund Freuds: • Von der Ätiologie der Neurosen zur allgemeinen Theorie der psychosexuellen Entwicklung: • „Wir haben erfahren, dass kein hysterisches Syndrom aus einem realen Erlebnis allein hervorgehen kann, sondern dass alle Male die assoziativ geweckte Erinnerung an frühere Erlebnisse zur Verursachung des Symptoms mitwirkt“ („Zur Ätiologie der Hysterie“, GW Band 1: 432) • Die Verdrängung ist unbewußte Entstellung als (sozial) motivierte Zensur „unerlaubter“ Wünsche (kindliche „Sexualität“  „Libido“ und „Es“) • Instanzen: • „Das Unbewusste“ von 1915 (GW Band 10): erste Topik („Traumdeutung“ VII Kapitel) zwischen Wahrnehmungen und Erlebnissen auf der einen Seite und Handlungen auf der anderen Seite durchlaufen psychische Inhalte den Weg vom Ubw über das Vbw in das Bw. • Zweite Topik (Problem: „wer“ zensiert?): • 1923 gibt Freud in „Das Ich und das Es“ das erste Modell (erste Topik) zugunsten der Unterscheidung zwischen „Es“, „Ich“ und „Überich“ (bzw.: Ichideal) auf. • Grundkonflikt: Die Wünsche des „Es“ (Triebe, infantile Erotik und Narzissmus) müssen mit dem „Realitätsprinzip“ (Forderung der Gesellschaft) ausbalanciert werden (Gewissen: „ÜberIch“, Selbstbild als internalisierte Erwartung)

  9. Vorlesung: Einführung in die Soziologie/ Wintersemester 2006-2007/ J. Renn4. Vorlesung: Die Differenzierung der Person I • a) Phasen der Entwicklung und Instanzen der Persönlichkeit – Zur Psychoanalyse Sigmund Freuds: • Aufgabe: ausbalancierenden Besetzungen der libidinösen Energien. Gelingende Reifung heisst dann zugleich triebbefriedigende und normativ akzeptable Objektwahl • Möglichkeit der scheiternden Konfliktbewältigung (das ist: der misslingenden Objektaufgabe und Identifizierung), schließlich die Notwendigkeit der Abwehr (des Widerstandes gegen die Einsicht in den Charakter des verdrängten Konfliktes) • Phasen: • Abfolge von Konfliktkonstellationen (Aufgabe: Objektverschiebung) • „orale“ Phase – lustvolle Besetzung (nicht nur) der Nahrungsaufnahme • „anale“ Phase – lustvolle Besetzung der Ausscheidung (Stolz auf „Produktivität“ – Gefahr der Übertriebenen „Austreibung“: „analer Charakter“) • „phallische“/ „genitale“ Phase: Ausbildung der (nicht mehr polymorph „perversen“) „normalen“ Sexualität (d.h.: Sublimierung von erotischen Trieben zu „Kulturleistung“ • (von der Pubertät an hält sich Freud heraus (organische Entwicklung abgeschlossen – anders: Erik Erikson)

  10. Vorlesung: Einführung in die Soziologie/ Wintersemester 2006-2007/ J. Renn4. Vorlesung: Die Differenzierung der Person I • a) Phasen der Entwicklung und Instanzen der Persönlichkeit – Zur Psychoanalyse Sigmund Freuds: • Paradigmatischer Konflikt: ödipale Problematik: • „Ganz frühzeitig entwickelt (das männliche Kind) für die Mutter eine Objektbesetzung, die von der Mutterbrust ihren Ausgang nimmt (…), des Vaters bemächtigt sich der Knabe durch Identifizierung. Die beiden Beziehungen gehen eine Weile nebeneinander her, bis durch die Verstärkung der sexuellen Wünsche nach der Mutter und die Wahrnehmung, dass der Vater diesen Wünschen ein Hindernis ist, der Ödipuskomplex entsteht. Die Vateridentifizierung nimmt nun eine feindselige Tönung an, sie wendet sich zum Wunsch, den Vater zu beseitigen, um ihn bei der Mutter zu ersetzen. Von da an ist das Verhältnis zum Vater ambivalent. (…) • Bei der Zertrümmerung des Ödipuskomplexes muss die Objektbesetzung der Mutter aufgegeben werden. An ihre Stelle kann zweierlei treten, entweder eine Identifizierung mit der Mutter oder eine Verstärkung der Vateridentifizierung. Den letzteren Ausgang pflegen wir als den normaleren anzusehen, er gestattet es die zärtliche Beziehung zur Mutter in gewissem Maße festzuhalten. Durch den Untergang des Ödipuskomplexes hätte so die Männlichkeit im Charakter des Knaben eine Festigung erfahren.“

  11. Vorlesung: Einführung in die Soziologie/ Wintersemester 2006-2007/ J. Renn4. Vorlesung: Die Differenzierung der Person I • a) Phasen der Entwicklung und Instanzen der Persönlichkeit – Zur Psychoanalyse Sigmund Freuds: • Das Ich-ideal verdankt sich der Verdrängung des Ödipuskomplexes (Errichtung der Inzestschranke). Das infantile Ich stärkt sich für die Verdrängungsleistung (des ödipalen Wunsches nach der Mutter), indem es das Hindernis, das der Vater darstellt, in sich selbst aufrichtet (es leiht sich die Kraft zur Aufgabe des Begehrens vom Vater aus, ein folgenschwerer Akt:) • „Das Über-Ich wird den Charakter des Vaters bewahren und je stärker der Ödipuskomplex war, je beschleunigter (unter dem Einfluss von Autorität, Religionslehre, Unterricht, Lektüre) seine Verdrängung erfolgte, desto strenger wird später das Über-Ich als Gewissen, vielleicht als unbewusstes Schuldgefühl über das Ich herrschen.“ • Fragen: • 1. Wie hängen nach Auffassung der Psychoanalyse bei der Ausbildung der Persönlichkeit „Natur“ und „Kultur“ (Trieb und Gesellschaft) zusammen? • 2. Wie werden Freud zufolge gesellschaftliche Normen in den Motiven der Person verankert?

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