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Datenschutz – Hilfe oder Hemmnis beim Kinderschutz. Gila Schindler, Referentin für Kinder- und Jugendhilferecht Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Überblick. Stand der aktuellen Diskussion: Behindert der Datenschutz den Kindesschutz?
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Datenschutz – Hilfe oder Hemmnis beim Kinderschutz Gila Schindler, Referentin für Kinder- und Jugendhilferecht Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Überblick • Stand der aktuellen Diskussion: Behindert der Datenschutz den Kindesschutz? • Der Blick auf das Datenschutzrecht: Erhebung, Übermittlung, Speicherung von Daten • Datenübermittlung trotz Schweigepflicht • Datenschutz bei Trägern der freien Jugendhilfe
Behindert der Datenschutz den Kinderschutz? Kinderschutz geht vor Datenschutz Kinderschutz braucht Datenschutz
Was heißt Datenschutz konkret? • Unter welchen Umständen und wer muss Nachforschungen anstellen, wenn eine Kindeswohlgefährdung befürchtet wird? • Darf oder muss ich gar alle mir zugänglichen Informationen weitergeben, wenn mir gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung bekannt geworden sind? • An wen erfolgt die Weitergabe?
Das Datenschutzrecht • Erheben? • Übermitteln? • Speichern? • Dolmetschen zwischen Datenschutz und Schutzauftrag bei Kindeswohl-gefährdung • Begriffsbestimmungen in § 67 SGB X
Der Grundsatz im Datenschutz Beschreibung der Aufgabe: „§ 8a SGB VIII Schutzauftrag“ „§ 20 SGB X Untersuchungsgrundsatz (1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen;...“ Regelung zum Datenschutz: „§ 62 Datenerhebung (1) Sozialdaten dürfen nur erhoben werden, soweit ihre Kenntnis zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist.“
Datenerhebung der Jugendämter • Die Datenerhebung muss zur Aufgabenerfüllung erforderlich sein • Datenerhebung erfolgt grundsätzlich beim Betroffenen (§ 62 Abs. 2 SGB VIII) • Ohne Kenntnis des Betroffenen: • wenn die Aufgabe die Datenerhebung bei anderen erfordert und notwendig zur Erfüllung des § 8a SGB VIII ist • wenn ansonsten der Hilfezugang gefährdet wäre
Datenerhebung der freien Träger • Für die Tätigkeit der Mitarbeiter/innen freier Träger ist der privatrechtliche Vertrag mit dem Klienten/der Klientin maßgeblich • In der Regel umfasst das nicht die Befugnis „Nachforschungen“ anzustellen • Die Pflicht zur Nachforschung trifft ausschließlich die Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Für sie gilt der Untersuchungsgrundsatz nach § 20 SGB X
Gesetzliche Regelungen des Vertrauensschutzes • § 203 StGB – Die Verletzung von Privatgeheimnissen = „Schweigepflicht“ • Sozialdatenschutzrechtliche Bestimmungen des SGB VIII - §§ 61 ff. SGB VIII
§ 203 StGB - Verletzung von Privatgeheimnissen Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als 1. Arzt, [....] 2. Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaft-licher Abschlußprüfung, 3. [...] 4. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist. 4a. Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwanger-schaftskonfliktgesetzes, 5. staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder 6. [....] anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Wann dürfen trotz Schweigepflicht Informationen weitergegeben werden? • Wenn die Offenbarung nicht „unbefugt“ erfolgt. • Befugnisse leiten sich ab aus: • ausdrücklicher Einwilligung • aus anderen gesetzlichen Vorschriften: • Sozialdatenschutz - §§ 67 ff. SGB X und §§ 61 ff. SGB VIII
Datenschutz bei Trägern der freien Jugendhilfe • § 61 Abs. 3 SGB VIII: Werden Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen, so ist sicherzustellen, dass der Schutz der personenbezogenen Daten bei der Erhebung und Verwendung in entsprechender Weise gewährleistet ist. • Pflicht richtet sich an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe • „Sicherstellen“ erfolgt über Vereinbarungen oder Selbstverpflichtungen • Pflicht der Träger zu einer entsprechenden Vertragsgestaltung mit ihren Klienten
Datenübermittlung • Übermittlung nicht anvertrauter Daten: • entsprechend dem Erhebungszweck • Anonymisierung/Pseudonymisierung beachten • Übermittlung anvertrauter Daten: • bei Wechsel Fachkraft oder örtliche Zuständigkeit und Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung • zur Gefährdungseinschätzung • wenn nach strafrechtlichen Maßstäben eine Übermittlung zulässig wäre
Datenübermittlung an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe • § 8a Abs. 2 S. 2 SGB VIII Insbesondere ist die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte [...] das Jugendamt informieren, falls die angenommenen Hilfen nicht ausreichend erscheinen, um die Gefährdung abzuwenden. • Auch hier gilt: Die Vorschrift regelt die Aufgabe bzw. Pflicht, aber nicht die Befugnis!
Befugnis zur Datenübermittlung bei gewichtigen Anhaltspunkten einer Kindeswohlgefährdung • Übermittlung anvertrauter Daten: • zur Risikoeinschätzung im Fachteam • wenn eine Kindeswohlgefährdung mit den eigenen Mitteln nicht abgewandt werden kann • wenn eine Kindeswohlgefährdung sich mit den eigenen Mitteln nicht abschließend feststellen lässt • Rechtsgrundlage: § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII
Befugnis zur Übermittlung anvertrauter Daten an andere Stellen • Daten, die der Schweigepflicht unterliegen, können unter den Voraussetzungen des rechtfertigenden Notstands weitergegeben werden: • Die Schweigepflicht wird verletzt, um eine gegenwärtige, nicht anders abwendbare Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen abzuwenden
Datenschutz heißt… • das Recht auf informationelle Selbstbestimmung meiner Klienten respektieren und • seine Subjektstellung achten