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GESUNDHEITSMANAGEMENT IV Teil 3b Prof. Dr. Steffen Fleßa Lst. für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement Universität Greifswald. Gliederung. 1 Informationswirtschaft 2 Jahresabschluss 3 Controlling 3.1 Überblick 3.2 Kosten- und Leistungsrechnung 3.2.1 Überblick
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GESUNDHEITSMANAGEMENT IVTeil 3bProf. Dr. Steffen FleßaLst. für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und GesundheitsmanagementUniversität Greifswald
Gliederung 1 Informationswirtschaft 2 Jahresabschluss 3 Controlling 3.1 Überblick 3.2 Kosten- und Leistungsrechnung 3.2.1 Überblick 3.2.2 Traditionelle Vollkostenrechnung 3.2.3 Systeme der Teilkostenrechnung 3.2.4 Prozesskostenrechnung 3.2.5 Herausforderungen im Krankenhaus 3.3 Interne Budgetierung 3.4 Betriebsstatistik 3.5 Strategisches Controlling 4 Betriebsgenetik
3.2.3 Systeme der Teilkostenrechnung • Mängel der Vollkostenrechnung • Fehlende Fundierung der Schlüsselung • es gibt keinen exakten Schlüssel • Fehlende Unterstützung unternehmerischer Entscheidungen • z. B. Aufgabe von Produkten, Sparten etc. • Vergangenheitsbetrachtung • Zuschlagssätze sind aus altem Jahr • Zuschlagssätze hängen vom Umsatz ab • Nettostückgewinne sind nicht extrapolierbar • Fehlende Spaltung in fixe und variable Bestandteile • Betriebliche Engpässe werden nicht berücksichtigt
Teilkostenrechnung: Inhalt • Definition: Kostenrechnungssystem, das im Gegensatz zur Vollkostenrechnung nicht sämtliche Kosten auf die Kostenträger zurechnet • Teilkosten • Gemeinkosten versus Einzelkosten • nur Einzelkosten werden zugerechnet • Fixkosten versus variable Kosten • nur variable Kosten werden zugerechnet • Annahme: Kostenartenrechnung trennt in variable/fixe bzw. Gemein/Einzelkosten
Teilkostenrechnung: Systeme • Relative Einzelkostenrechnung • Fixkostendeckungsrechnung • Grenzplankostenrechnung • Deckungsbeitragsrechnung • Direct Costing
Direct Costing • Synonym: • Direktkostenrechnung • Einstufige Deckungsbeitragsrechnung • Grenzkostenrechnung (nicht Grenzplankostenrechnung!) • Variable Costing • Proportionalkostenrechnung • Prinzip: • lediglich die direkt mit der Leistungsmenge variablen Kosten werden berechnet • Variable Kosten = Proportionale Kosten • linearer Zusammenhang • konstante Stückkosten • Fixkosten werden nicht aufgeteilt
Direct Costing • Einproduktbetrieb • G=m*(p-v)-Kf • G : Gewinn • m : Menge • p : Verkaufspreis • v : variable Kosten • Kf : Fixkosten • p-v : Deckungsspanne
Direct Costing • Mehrproduktunternehmen (z. B. Altenheim)
Direct Costing • Vorteil: • einfaches Verfahren • keine Proportionalisierung der Fixkosten • Entscheidungsvorbereitung • z. B. was passiert, wenn ein Zimmer von Pflegestufe I auf II verschoben wird? • Nachteil • exakte Trennung zwischen fix und variabel (bzw. Gemein- und Einzelkosten) • Undifferenzierte Behandlung des Fixkostenblocks
Direct Costing • Anwendung: • Bewertung der Lagerbestände • Traditionell: mit Vollkosten, d.h. inkl. Verwaltungs-, Heizungs-, etc. Gemeinkosten • Direct Costing: • nur variable Kosten • Vorteil: Leistungsmengenveränderlichkeit wird induziert • Errechnung von Preisuntergrenzen • z. B.: bis zu welchem DRG kann ich Neo-Natalogie noch betreiben? • Ermittlung von Erfolgspotentialen • z. B. BCG-Matrix: • Stars: Hoher Erlös, geringer Deckungsbeitrag • Cash Cows: hoher Deckungsbeitrag • Fragezeichen, poor Dogs: negativer Deckungsbeitrag • Make-or-Buy Entscheidungen • Fixkosten „habe ich sowieso“ – kann ich die freien Kapazitäten für Eigenproduktion nutzen?
Deckungsbeitragsrechnung • Inhalt • Weiterentwicklung des Direct Costing • Fixkosten werden nicht einfach den Bruttoerfolgen gegenübergestellt • Spaltung und Analyse • Zuordnung von Fixkostenanteilen auf Erzeugnisarten, Gruppen und Kalkulationsobjekte • Beispiel: • Gehalt des Pförtners: Fixkosten für ganzes KH • Gehalt der Stationsleitung auf Chirurgie I: Fixkosten, jedoch nur für chirurgische Patienten • Gehalt des Stomaassistenten: Fixkosten, jedoch nur für Stomapatienten • Folge: Fixkostenschichten • keine Fixkostenschlüsselung
Deckungsbeitragsrechnung • Mögliche Fixkostenschichtung • Fixkosten einzelner DRGs • fallen allein für eine DRG an • z. B. Spezialinstrument für eine bestimmte OP • Fixkosten einzelner Fachdisziplinen • fallen für mehrere DRGs an • z. B. Spezialinstrumente für gyn. OPs • Fixkosten einzelner Kostenstellen • z. B. Stationsschwester • Fixkosten einzelner Betriebsbereiche • z. B. PDL, Klinikleitung • Fixkosten der Gesamtunternehmung • z. B. Krankenhausleitung, Stabsstellen,...
Optimales Leistungsprogramm Variablen-Definition: siehe „Optimierung im Krankenhaus“
LINGO-Modell • MODEL: • MAX = 2500 * X1 + 3800 * X2 + 4900 * X3 + 1000 * X4 + 2000 * X5 - 500000 * Beta1 - 800000 * Beta2; • X1 + X2 <= 100000*Beta1; • X3 + X4 + X5 <= 100000*Beta2; • 120* X1 + 20* X2 + 70* X3 + 40* X4 + 200* X5 < =70000; • 3* X1+ 6* X2+ 8* X3+ 7* X4+ 8* X5 < =3000; • @BIN(Beta1); • @BIN(Beta2); • @GIN(X1); • @Gin(X2); • @Gin(X3); • @Gin(X4); • @Gin(X5); • END
Anwendung • Im Prinzip wäre die (mehrstufige) Deckungsbeitragsrechnung gut geeignet, um eine gute Entscheidungsbasis für die Krankenhausführung zur Aufnahme von DRGs, DRG-Gruppen (z. B. MDCs) oder Hauptabteilungen in das Leistungsportfolio vorzubereiten. • Problem: Abteilungsleiter mit einem positiven Deckungsbeitrag könnten dies als „gutes Ergebnis“ interpretieren – und zwar auch dann, wenn das Unternehmen Verluste einfährt • Deshalb wird in der Praxis eher eine Zuschlüsselung der Gemeinkosten auf die Abteilungen als eine Deckungsbeitragsrechnung erfolgen.
Relative Einzelkostenrechnung • Prinzip: Kostenverursachung ist nicht die Leistungsmenge, sondern eine Entscheidung • Grundrechnung: klassische Kostenarten-, -stellen- und -trägerrechnung • Auswertungsrechnung: Beschränkung auf Kosten, die von einem Kostenstellenleiter tatsächlich beeinflusst werden • Gesundheitswesen: kaum verwendet
Weitere Verfahren • Fixkostendeckungsrechnung • Kombination aus Teilkostenrechnung und Vollkostenrechnung • Fixe Kosten je Leistungseinheit werden als Zuschlagssatz in Prozent vom Deckungsbeitrag angegeben • kaum Verwendung im Gesundheitswesen • Grenzplankostenrechnung • Form der flexiblen Plankostenrechnung • lediglich variable Plankosten werden den Kostenträgern zugeschrieben • kaum Verwendung im Gesundheitswesen
Gemeinkosten vs. Fixe Kosten • Grundsätzlich unterscheidet die „klassische“ Teilkostenrechnung zwischen fixen und variablen Kosten • Im Dienstleistungsbereich wäre eine Unterscheidung zwischen Gemein- und Einzelkosten meist sinnvoller.
3.2.4 Prozesskostenrechnung • Einordnung • Verfahren der Vollkostenrechnung • Synonym • Activity Based Costing • Vorgangskalkulation • Cost driveraccounting • Begründung • starker Anstieg der Gemeinkosten, im GW bis zu 80% • zunehmende Prozessorientierung
Prozesskostenrechnung • Probleme klassischer Kostenrechnung • Gemeinkosten werden auf Grundlage von anderen Kostengrößen zugeschlüsselt, die jedoch keinen direkten Bezug zur Gemeinkostenverursachung haben • z. B. OP-Kosten sind nicht proportional zu Kosten eines Implantats • Prozesse können von Kostenträgern oder –stellen abweichen • Zuschlagssatz bezieht sich auf Durchschnittsfall einer Station/Abteilung, nicht auf den einzelnen Kostenträger • Zuschlag ist i.d.R. ein Mehrfaches der Kostenträgereinzelkosten • Folge: Prozess ist als Kostenträger zu definieren
Ziele der Prozesskostenrechnung • Möglichst genaue Ermittlung der Kosten eines Behandlungs(teil)prozesses durch • detaillierte Abbildung der Unternehmensprozesse • Bestimmung der Kostentreiber • Verursachergerechte Kostenzuteilung • Verbesserte Kostentransparenz
Voraussetzungen • Haupt- und Teilprozesse sind bekannt • Prozesse sind nicht einmalig (z. B. selbe Diagnose und Therapie) • Kosten müssen leistungsmengeninduziert sein • Kostenbeeinflussungsgrößen können pro Prozess benannt werden
Vorgehen der Prozesskostenrechnung • Kostenartenrechnung: keine wesentlichen Unterschiede zur klassischen Kostenrechnung • Kostenstellenrechnung: • Erfassung der Gemeinkosten in den Kostenstellen • Aufteilung der Kostenstellengemeinkosten in prozessmengenabhängige und prozessmengenneutrale • Kostenprozessrechnung • Kostenträgereinzelkosten werden direkt zugerechnet • Wahl des primären Einflussfaktors auf die prozessmengenabhängigen Kosten pro Prozess (Kostentreiber) • Berechnung der Prozesskostensätze pro Prozess
Beispiel Röntgen Ent- lassung Anamnese Labor OP ICU Normalstation Aufnahme EKG Normalstation
Prozesse und Kostenstellen • In Kostenstellen können mehrere Prozesse parallel verlaufen • Operateur und Anästhesist im OP • Prozesse können kostenstellenübergreifend verlaufen • Pflegeprozess, inkl. Bettenvorhaltung, als Parallelprozess zu Prozessen in den Kostenstellen Röntgen, Ultraschall, OP,… • Kostentreiber in einer Kostenstelle können sich unterscheiden • Operateurkosten: Schnitt-Naht-Zeit • Anästhesist: Anästhesieminuten Nur eine detaillierte Aufgliederung in Teilprozesse, eine exakte Erfassung der Teilprozesskosten, eine rationale Bestimmung der teilprozessspezifischen Kostentreiber und eine exakte Bestimmung der Prozesskostensätze ermöglicht eine verursachergerechte Zuschlüsselung von Gemeinkosten
Leistungsmengeninduzierte und leistungsmengenneutrale Teilprozesse • Leistungsmengenneutrale (lmn) Teilprozesse • Tätigkeit und Kosten fallen unabhängig von Leistungsvolumen an • Beispiel: OP-Leitung • Leistungsmengeninduzierte (lmi) Teilprozesse • Tätigkeit und Kosten fallen abhängig von Leistungsmenge an • proportionaler Zusammenhang von Leistungsmenge und Kosten kann vermutet werden • Beispiel: Schnitt-Naht-Zeit und Kosten des Operateurs
Festlegung von Maßgrößen (Cost Driver) • Cost Driver Quantität soll proportional zu Kosten sein • Beispiele: • Pflege: Pflegeminuten • OP: Schnitt-Nahtzeit • Anästhesie: Anästhesiezeit • Kreißsaal: Aufenthaltsdauer • I.d.R. Zuordnung nur für Hauptprozesse
Cost Driver: Beispiele • Versichertendaten aufnehmen • Anzahl • Vertragspapiere bearbeiten • Anzahl • Anamnese • Anzahl, evtl. Zeit (exakte Messung) • Krankenblattanlegen • Anzahl
Cost Driver: Beispiel OP • Probleme: • parallele Prozesse (z. B. Operation, Anästhesie) • Wahl der richtigen Maßgröße • z. B. Operationslänge • Schweregrad der OP • Dringlingskeitsstufe (Notfälle etc.) • …
Cost Driver: Zeiten Präsenzbeginn Anästhesiearzt Präsenzbeginn Anästhesiepflege Freigabe durch den Anästhesisten Schnitt Naht Ende der Maßnahmen Ende der Narkose Präsenzende Anästhesiepflege Präsenzende Anästhesiearzt Beginn der Narkose Schnitt-Naht-Zeit Perioperative Zeit Reine Anästhesiezeit Anästhesiepräsenzzeit Anästhesiologiezeit*
Cost Driver: Zeiten Präsenzbeginn Anästhesiearzt Präsenzbeginn Anästhesiepflege Die Wahl der richtigen Maßgröße ist entscheidend, da das Verhältnis der unterschiedlichen Zeitgrößen bei unterschiedlichen Operationen nicht konstant ist. Freigabe durch den Anästhesisten Schnitt Naht Ende der Maßnahmen Ende der Narkose Präsenzende Anästhesiepflege Präsenzende Anästhesiearzt Beginn der Narkose Schnitt-Naht-Zeit Perioperative Zeit Reine Anästhesiezeit Anästhesiepräsenzzeit Anästhesiologiezeit*
Prozesskostensatz • Inhalt: • Kosten pro Teilprozess • Prozesskostensatz = lmi-Prozesskosten / Prozessmenge • Hauptprozesskostensatz: Addition der Prozesskostensätze • Probleme: • Kostenermittlung pro Prozess • Häufig werden nur die Personalkosten detailliert erfasst und den Cost Drivers zugerechnet • z. B. Personalkosten pro Verwaltungsaufnahme • Weitere Kosten werden dann proportional zu den Personalkosten angenommen • z. B. Formulare • lmn Kosten werden zu den Prozesskostensätzen zugeschlagen • Extrem gefährliche Gemeinkostenzuschlüsselung!
Beispiel Annahme: Kosten der Stationsleitung werden allen Tätigkeiten gleichmäßig zugeteilt und innerhalb einer Tätigkeit auf die Cost Drivers verteilt. Pflegeanamnese: 2000 € /4 = 500 € Umlage pro Aufnahme: 500 € /20 = 25 €
Probleme • Leistungsmengenneutrale Kosten können auch in der Prozesskostenrechnung hoch sein und das Gesamtergebnis verfälschen • Extrem aufwendiges Verfahren • Deshalb oftmals Reduktion auf wenige Hauptprozesse, damit Rückführung von Kosten auf falsche Cost Drivers
Beispiel: Prozesskostenrechnung der Teleradiologie • Ausgangspunkt: • teleradiologische Befundung • Ziel: Selbstkosten (Stückkosten)